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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 72/05
Rechtsgebiete: BetrAVG, BGB


Vorschriften:

BetrAVG § 1 Abs. 1 Satz 3
BetrAVG § 1 b Abs. 4 Satz 1
BetrAVG § 7
BetrAVG § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
BetrAVG § 31
BGB § 313
BGB § 421
BGB § 426
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 11 Sa 72/05

Verkündet am 23.02.2006

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 11. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Bernhard, den ehrenamtlichen Richter Karl und die ehrenamtliche Richterin Kopf-Priebe auf die mündliche Verhandlung vom 23.02.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 22.07.2005, Az. 6 Ca 9/05, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Betriebsrentenansprüche der Klägerin.

Bei der Beklagten zu 1 handelt es sich um eine rechtlich selbständige Unterstützungskasse, die von der Beklagten zu 2 als dem Trägerunternehmen eingerichtet worden war.

Die am 25.05.1944 geborene Klägerin war vom 13.10.1969 bis zum 31.03.1983 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2 beschäftigt. Während ihres Beschäftigungsverhältnisses erhielt die Klägerin eine Rentenzusage, schriftliche Unterlagen hierüber existieren allerdings nicht, auch der Zeitpunkt der Zusage und deren Aussteller können nicht festgestellt werden.

Als die Klägerin am 31.03.1983 bei der Beklagten zu 2 aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, erhielt sie von der Beklagten zu 1 ein Bestätigungsschreiben, wonach ihr eine anteilige Betriebsrente in Höhe von DM 47,00 (= € 24,03) zustehe mit dem Vermerk: "Änderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen - gleich welcher Art - für die betriebliche Altersversorgung, die nach Ihrem Ausscheiden eintreten, berühren die Berechnung des zeitanteiligen Ruhegeldes nicht". Mit Schreiben vom 15.09.1998 teilte die Beklagte zu 2 der Klägerin mit, sie habe Anspruch erst nach Vollendung des 59. Lebensjahres auf Antrag unter Vorlage des Rentenbescheids.

Ab 01.06.2004 bezieht die Klägerin Altersrente für schwer behinderte Menschen. Sie übersandte mit Schreiben vom 20.04.2004 der Beklagten zu 2 ihren Rentenbescheid und beantragte Auszahlung der Betriebsrente. Dies wurde ihr von der Beklagten zu 2 jedoch verweigert.

Die Klägerin, die die Auffassung vertritt, sie habe einen Rentenanspruch in zugesagter Höhe ab 01.06.2004 gegen beide Beklagten, hat beantragt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 192,24 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins aus 24,03 € seit dem 01.06.2004 aus 48,06 € seit dem 01.07.2004 aus 72,09 € seit dem 01.08.2004 aus 96,12 € seit dem 01.09.2004 aus 120,15 € seit dem 01.10.2004 aus 144,18 € seit dem 01.11.2004 aus 168,21 € seit dem 01.12.2004 aus 192,24 € seit dem 01.01.2005 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin monatlich 24,03 € Betriebsrente zu bezahlen.

Die Beklagten haben Klagabweisung

beantragt

und vorgetragen, in der Satzung der Beklagten zu 1 sei auf die Freiwilligkeit der Versorgungsleistung hingewiesen worden. Im Hinblick darauf bestehe ein Anspruch der Klägerin nicht mehr, nachdem die Geschäftsgrundlage für die Altersversorgungszusage entfallen sei. Im Jahr 2003 nämlich sei das Vermögen der Beklagten zu 1 völlig aufgebraucht gewesen, worauf die Versorgungsleistungen eingestellt worden seien. Auch die Beklagte zu 2 sei außer Stande, die Versorgungsleistungen zu erbringen. Sie habe mehrere Jahre lang erhebliche Verluste erwirtschaftet, außerdem habe sich das Verhältnis zwischen aktiven Arbeitnehmern und Betriebsrentnern zwischen 1969 und 2000 geradezu umgekehrt. Statt ursprünglichen 500 Arbeitnehmern seien nunmehr nur noch 100 beschäftigt, denen 237 Anwartschaftsberechtigte und Leistungsempfänger gegenüber stünden.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens erster Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat dem Klagebegehren entsprochen. Es hat eine Rentenzusage der Beklagten zu 1 spätestens in der Erteilung der Betriebsrentenauskunft vom 31.03.1983 festgestellt und darüber hinaus angenommen, dass auch die Beklagte zu 2 für die Verpflichtung aus der Zusage auf betriebliche Altersversorgung einstehen müsse. Bei der eingetretenen Leistungsunfähigkeit der Beklagten zu 1 treffe die Beklagte zu 2 als Arbeitgeberin der Klägerin wegen der Grundverpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis die Einstandspflicht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG. Der Ausschluss des Rechtsanspruchs bei Unterstützungskassenzusagen, wie er sich in der Satzung der Beklagten zu 1 finde, könne lediglich als Vorbehalt des Widerrufs aus sachlichen Gründen anerkannt werden. Ein solcher Widerruf unverfallbarer und insolvenzgeschützter Anwartschaften sei schon nach früherer Rechtslage nur in seltenen Ausnahmefällen möglich gewesen, insbesondere bei Vorliegen einer schweren wirtschaftlichen Notlage des Arbeitgebers. Nach der Neufassung des BetrAVG zum 01.01.1999 aber sei auch der Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage nicht mehr zulässig. Der Gesetzgeber habe den Widerruf insolvenzgeschützter Anwartschaften und Leistungen der betrieblichen Altersversorgung mit dem Insolvenzschutz verknüpft. Nachdem nunmehr § 7 BetrAVG eine Eintrittspflicht des Pensionssicherungsvereins für den Fall einer allgemeinen schweren wirtschaftlichen Notlage des Arbeitgebers nicht mehr vorsehe, könne auch ein Widerruf mit dieser Begründung nicht mehr in Betracht kommen, ebenso wenig wie ein Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen wirtschaftlicher Notlage angenommen werden könne.

Gegen das ihnen am 04.08.2005 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts legten die Beklagten am 10.08.2005 Berufung ein und begründeten diese am 04.10.2005. Sie verfolgen ihr Begehren auf Klagabweisung weiter und begründen dies im Wesentlichen unter drei Gesichtspunkten: Zum einen seien die Leistungen der Unterstützungskasse nach ihrer Satzung freiwillig, zum anderen sei Geschäftsgrundlage der Altersversorgung gewesen, dass der Betrieb überhaupt in der Lage sei, Mittel für die Einstandspflicht nach Verbrauch der Mittel der Unterstützungskasse aufzubringen, was aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung nicht der Fall sei und zum dritten könne die Änderung des § 7 BetrAVG mit Wirkung vom 01.01.1999 keine Rückwirkung entfalten, weil es sich dabei um einen enteignungsgleichen Eingriff handle, der die Beklagten in ihren Rechten aus Art. 14 GG verletzen würde.

Die Beklagten stellen den Antrag,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 22.07.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts an, geht davon aus, dass eine Rückwirkung der Gesetzesänderung zum 01.01.1999 nicht vorliege, weil der Sicherungsfall frühestens Ende 2003 eingetreten sei, bestreitet, dass die Vermögenslage der Beklagten so schlecht sei, wie versucht werde darzustellen und bestreitet die Freiwilligkeit von Leistungen der Unterstützungskasse, weil spätestens mit dem Schreiben der Beklagten zu 2 vom 15.09.1998 eine unbedingte und unverfallbare Zusage erteilt worden sei, die den Arbeitgeber daran hindere, selbst bei einer freiwilligen Versorgungszusage sich auf die Freiwilligkeit noch zu berufen.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch begründete, somit also insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Klagebegehren der Klägerin ent- und ihr die versprochene Betriebsrente für die aufgelaufenen Monate beziffert sowie für die Zukunft feststellend zugesprochen. Entgegen ihrer Rechtsauffassung konnte die Beklagte die Rentenzusage nicht wirksam widerrufen oder sich auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1 und 2 Anspruch auf gesamtschuldnerische Zahlung der ihr zugesagten monatlichen Betriebsrente in Höhe von DM 47,00, entsprechend € 24,03. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Klägerin zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zugesagt bekommen hat. Die betriebliche Altersversorgung sollte von der Beklagten zu 1, einer Unterstützungskasse durchgeführt werden, die qua Definition auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch gewährte und dies in ihrer Satzung jedenfalls in der Fassung vom 27.10.2000 in Form eines Freiwilligkeitsvorbehaltes auch zum Ausdruck brachte. Letztlich steht die Zusage hinsichtlich gesetzlicher Unverfallbarkeit, zeitlichem Anspruchsbeginn und Höhe der Rente aufgrund der erteilten Betriebsrentenauskunft vom 31.03.1983 außer Zweifel. Aus dieser lässt sich im Übrigen entnehmen, dass aus Sicht der Beklagten zu 1 die Klägerin mit ihrem Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten zu 2 zum Kreis der Begünstigten der Beklagten zu 1 zählte mit der Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Versorgungszusage als erteilt galt und die für die Unverfallbarkeit zu berücksichtigende Verweildauer zu laufen begann. Gleichzeitig ergibt sich daraus, dass auch die Beklagte zu 1 bereits im Jahre 1969 bestanden haben muss.

Die Rentenansprüche der Klägerin bestehen zunächst gegen die Beklagte zu 1, die für die Beklagte zu 2 die Altersversorgung durchführte. Ungeachtet dessen besteht zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, also zwischen Beklagter zu 2 und Klägerin eine Zusage, in der sich die Beklagte zu 2 verpflichtet hat, dafür aufzukommen, dass die Beklagte zu 1 nach Maßgabe der Satzung und ihrer Versorgungsrichtlinien die zugesagten Leistungen erbringt. Der Arbeitgeber hat die Unterstützungskasse ausreichend zu dotieren, andernfalls muss er selbst dem Arbeitnehmer gegenüber einstehen (BAG 28.04.1977 - 3 AZR 300/76 - DB 1977, 1656; BAG 03.02.1987 - 3 AZR 208/85 - DB 1987, 2414). Damit müssen sowohl die Unterstützungskasse als auch das Trägerunternehmen gemäß §§ 421, 426 BGB gesamtschuldnerisch für den Anspruch des Arbeitnehmers auf Betriebsrente einstehen.

Da die Beklagten übereinstimmend vortragen, das Vermögen der Beklagten zu 1 sei aufgebraucht, ist der Fall der Einstandspflicht der Beklagten zu 2 eingetreten, so dass die Beklagte zu 2 die Versorgungszusage unmittelbar erfüllen muss. Bleibt nämlich die Versorgungsleistung der Unterstützungskasse aus, ist der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungsvereinbarung zur Erfüllung der versprochenen Leistung verpflichtet. Der Grund für die fehlende Leistungserbringung durch die Unterstützungskasse ist unerheblich, eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arbeitgebers nicht notwendig. Der Arbeitgeber schuldet weiterhin dem Arbeitnehmer die Primärleistung aus dem Versorgungsverhältnis, von der er sich grundsätzlich auch nicht durch Einschaltung einer Unterstützungskasse befreien kann (BAG 25.01.2000 - 3 AZR 908/98 - EzA Nr. 12 zu § 1 BetrAVG - Unterstützungskasse). Damit ist klargestellt, dass auch die Beklagte zu 2 entgegen deren Auffassung für die Verbindlichkeiten der Unterstützungskasse gesamtschuldnerisch neben der Beklagten zu 1 haftet.

Der Anspruch der Klägerin scheitert nicht am Freiwilligkeitsvorbehalt in der Satzung der Unterstützungskasse, Nämliches würde auch gelten, hätte die Klägerin eine entsprechende Einverständniserklärung unterzeichnet. Mit dem Freiwilligkeitsvorbehalt in der Satzung der Beklagten zu 1 wird der Legaldefinition des § 1 b Abs. 4 Satz 1 BetrAVG entsprochen, wonach die Unterstützungskasse dem Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf ihre Leistungen gewähren darf. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits aus der Zeit vor Inkrafttreten des BetrAVG kann die übliche Klausel über den Ausschluss eines Rechtsanspruchs jedoch lediglich als Vorbehalt des Widerrufs aus sachlichen Gründen gedeutet werden. Die dadurch bewirkte, allerdings eingeschränkte vertragliche Haftung der Unterstützungskasse lässt sich damit begründen, dass das Gesetz lediglich einen rechtsgeschäftlich begründeten Rechtsanspruch ausschließt, einem aus Vertrauenshaftung abgeleiteten Rechtsanspruch aber nicht entgegensteht. Nach der Lehre von der Vertrauenshaftung wird der Anspruch gegen die Unterstützungskasse dadurch begründet, dass von der Unterstützungskasse bewusst und in zurechenbarer Weise ein entsprechender Vertrauenstatbestand gesetzt wird. Dieser ergibt sich im Zweifel aus der Satzung, im vorliegenden Falle aber darüber hinaus auch aus der ausdrücklichen Mitteilung der Beklagten zu 1 an die Klägerin, ihr Anspruch auf eine Betriebsrente in genannter Höhe sei zum Zeitpunkt des Ausscheidens im Jahre 1983 unverfallbar gewesen. Damit aber ist von einem Rechtsanspruch der Klägerin auf Zahlung der Betriebsrente trotz des Freiwilligkeitsvorbehalts in der Satzung auszugehen. Er scheitert jedenfalls nicht am Freiwilligkeitsvorbehalt.

Vergeblich berufen die Beklagten sich auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage und machen damit ein Recht zum Widerruf der Versorgungszusage geltend. Das Bundesarbeitsgericht hatte schon vor Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes angenommen, ein Arbeitgeber könne auch ohne ausdrücklichen Widerrufsvorbehalt wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage unter ganz engen Voraussetzungen die Zahlung eines versprochenen Ruhegelds aus Gründen einer wirtschaftlichen Notlage verweigern, wenn und solange bei ungekürzter Weiterzahlung der Bestand des Unternehmens gefährdet sei (BAG 10.12.1971 - 3 AZR 190/71 - DB 1972, 491). In § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG vom 19.12.1974 hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Kürzung oder Einstellung von Versorgungsleistungen wegen wirtschaftlicher Notlage anerkannt, mit der Einführung des Insolvenzschutzes auch für diesen Fall aber deutlich gemacht, welche grundlegende Bedeutung auch im Falle einer existenzgefährdenden wirtschaftlichen Notlage des Versorgungsschuldners dem Erhalt der Versorgungsansprüche und unverfallbaren Versorgungsanwartschaften beizumessen ist. Er hat damit gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass Widerrufsrecht und Insolvenzschutz eng miteinander verknüpft sein sollten und ein Widerrufsrecht bei erdienten Versorgungsansprüchen nur erfolgen soll, wenn diese dem Insolvenzschutz unterliegen. Damit gewinnt entscheidende Bedeutung, dass der Sicherungsfall der wirtschaftlichen Notlage in § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG durch Art. 91 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 05.10.1994 mit Wirkung vom 01.01.1999 ersatzlos in Wegfall gekommen ist. Nach den Gesetzesmaterialien ist der Sicherungsfall der wirtschaftlichen Notlage so stark in die Nähe des Sicherungsfalles des außergerichtlichen Vergleichs gerückt, dass er als gesonderter Sicherungsfall entbehrlich ist. Dadurch wird die Rechtsposition des Arbeitnehmers nicht verschlechtert, weshalb aufgrund des von der Rechtsprechung hergestellten untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Berechtigung zum Widerruf einer Anwartschaft und der Eintrittspflicht des Pensionssicherungsvereins nach Streichung des Sicherungsfalls der wirtschaftlichen Notlage ein einseitiger Widerruf auch arbeitsrechtlich nicht mehr zulässig ist (BT Drucksache 12/3803, Seite 109 (110)). Auch ein Rückgriff auf die Grundsätze über die in § 313 BGB geregelte Störung der Geschäftsgrundlage zur Rechtfertigung eines solchen Widerrufsrechts ist nach der gesetzgeberischen Wertung ausgeschlossen. Vielmehr gilt auch im Betriebsrentenrecht wieder der Rechtsgrundsatz, wonach fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in aller Regel kein Grund dafür ist, sich von einer übernommenen Zahlungspflicht zu lösen (BAG 17.06.2003 - 3 AZR 396/02 -DB 2004, 324 ff.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten stehen der gesetzlichen Neuregelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, einmal geschaffene Sicherungsfälle mit Wirkung für die Zukunft wieder abzuschaffen und damit zusammenhängende, ohnehin nur in Ausnahmefällen in Betracht kommende Widerrufsrechte entfallen zu lassen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Frist vom Bekanntwerden der Änderungspläne bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung derart lang war, dass sich alle Betroffenen darauf einrichten konnten (BAG 17.06.2003 - 3 AZR 396/02 - a. a. O.). Dabei ist für die Beklagten von Bedeutung, dass die seit 01.01.1999 geltende Fassung des Betriebsrentengesetzes Sicherungsfälle, die vor dem 01.01.1999 eingetreten sind, entsprechend der Überleitungsvorschrift des § 31 BetrAVG nach der alten Fassung des Gesetzes behandeln würde. Die Beklagten berufen sich jedoch darauf, dass Ende des Jahres 2003 das Vermögen der Beklagten zu 1 aufgebraucht gewesen sei, die Berufung auf den Sicherungsfall also erst zu diesem Zeitpunkt erfolgen konnte. Somit hatten die Beklagten nicht nur die Jahre des Gesetzesvorlaufs zur Verfügung, sondern weitere vier Jahre, um sich auf die neue Gesetzeslage einzustellen.

Damit aber ist davon auszugehen, dass die Beklagten sich zur Begründung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht auf eine wirtschaftliche Notlage berufen konnten. Ob eine solche wirtschaftliche Notlage tatsächlich vorlag, konnte demzufolge offen bleiben. Eine sachverständige Betriebsanalyse war entbehrlich. Die Vorlage eines Sanierungsplanes konnte unterbleiben und es musste nicht weiter aufgeklärt werden, ob der Widerruf der Versorgungsanwartschaften und Leistungen überhaupt geeignet war, die Beklagte zu 2 zu sanieren und ob vor Erklärung eines Widerrufs der Pensionssicherungsverein eingeschaltet war, alles Voraussetzungen, die nach bisherigem Recht vom widerrufenden Arbeitgeber verlangt wurde (BAG 24.04.2001 - 3 AZR 402/00 - DB 2001, 1787; 17.09.1991 - 3 AZR 413/90 - DB 1992, 97), aber von den Beklagten nicht dargelegt worden sind.

Die Rechtslage ist nicht anders zu beurteilen, weil die betriebliche Altersversorgung von einer Unterstützungskasse durchgeführt werden sollte. Wie dargelegt, wurde der fehlende Rechtsanspruch auf die Versorgungsleistungen bei der Unterstützungskasse vom Bundesarbeitsgericht als Vorbehalt des Widerrufs aus sachlichen Gründen interpretiert (vgl. BAG 23.04.1985 - 3 AZR 194/83 - AP Nr. 6 zu § 1 BetrAVG -Unterstützungskasse). Welche Gründe eine Einschränkung rechtfertigten, bestimmte sich nach den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit. Hiernach richteten sich die Anforderungen an den sachlichen Grund nach dem Bereich, in den durch den Widerruf eingegriffen werden sollte. Sollte in Ansprüche oder nach § 2 aufrechtzuhaltende Anwartschaften eingegriffen werden, bedurfte es "zwingender" Gründe, die gleichzusetzen waren mit der wirtschaftlichen Notlage im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 a. F. BetrAVG. Allerdings war nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei den Widerrufsvoraussetzungen zwischen Alt-, Übergangs- und Neufällen zu unterscheiden (BVerfG 14.01.1987 - 1 BFR 1052/79 - AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG - Unterstützungskassen). War das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Trägerunternehmen vor Inkrafttreten des BetrAVG beendet worden (so genannte Altfälle) oder war die Zusage auf Leistungen der Unterstützungskasse vor dem Inkrafttreten des BetrAVG erfolgt und bestand das Arbeitsverhältnis noch (so genannte Übergangsfälle) genügten bereits triftige Gründe. Ein triftiger Grund lag unter anderem dann vor, wenn eine ungekürzte Versorgungslast langfristig die Substanz des Trägerunternehmens gefährden konnte und mildere Mittel nicht ausreichten (BAG 05.06.1984 - 3 AZR 33/84 - AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG - Unterstützungskassen). War dagegen die Zusage erst nach Inkrafttreten des BetrAVG erfolgt (so genannte Neufälle) galten die für die unmittelbare Versorgung maßgeblichen Regeln bei wirtschaftlicher Notlage. Nur beim Vorliegen einer solchen war ein Widerruf möglich. Ob nunmehr auch bei Alt- oder Übergangsfällen der Wegfall des Insolvenzgrundes wirtschaftliche Notlage seit 01.01.1999 das Widerrufsrecht des Arbeitgebers beseitigt, konnte das Berufungsgericht offen lassen. Denn vorliegend geht es weder um einen Altfall, die Klägerin ist erst nach Inkrafttreten des BetrAVG bei der Beklagten zu 2 ausgeschieden, noch um einen Übergangsfall, denn die Zusage auf Leistungen der Unterstützungskasse ist zwar möglicherweise vor dem Inkrafttreten des BetrAVG erfolgt, das Arbeitsverhältnis bestand aber zum Zeitpunkt des Eintritts des Sicherungsfalles und damit des in Betracht zu nehmenden Widerrufs längst nicht mehr. Da dem Rechtsstreit aber kein Alt- und kein Übergangsfall zugrunde liegt, ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass durch den Wegfall des Insolvenzgrundes wirtschaftlicher Notlage auch das Widerrufsrecht entfallen ist. Dies gilt umso mehr, als die Beklagten sich ohnehin nicht auf das Vorliegen eines Alt- oder Übergangsfalles berufen konnten, nachdem die Beklagte zu 1 im Jahre 1983 und die Beklagte zu 2 im Jahre 1989 der Klägerin den unverfallbaren Rentenanspruch, dessen Höhe und Beginn ausdrücklich bestätigt haben und damit während der zeitlichen Geltung des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 a. F. BetrAVG die Versorgungszusage gegenüber der Klägerin erneuerten.

Da die Beklagten unterlegen sind, haben sie nach § 97 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen.

Gegen dieses Urteil ist die Revision zulässig, da sie wegen grundsätzlicher Bedeutung (Recht zum Widerruf betrieblicher Versorgungsrecht wegen wirtschaftlicher Notlage bei Unterstützungskassen) zugelassen hat.

Ende der Entscheidung

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