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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 29.03.2006
Aktenzeichen: 12 Sa 135/04
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 626
StGB § 263
StGB § 266
ZPO § 578 Abs. 1
ZPO § 580 Ziff. 7 b
ZPO § 767 Abs. 2
ArbGG § 67
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 12 Sa 135/04

Verkündet am 29.03.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - - 12. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hennemann, den ehrenamtlichen Richter Heinrich und die ehrenamtliche Richterin Karcher auf die mündliche Verhandlung vom 29.03.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Karlsruhe vom 17.09.2004 - Az.: 7 Ca 264/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger stand mit der Beklagten, bzw. deren Rechtsvorgängerin seit August 1998 in einem Arbeitsverhältnis als Vertriebs-Gebietsleiter zu einem monatlichen Bruttoentgelt von - zuletzt - ca. DM 20.000,00.

In der ersten Jahreshälfte 2000 lud der Kläger Geschäftskunden zu einem sogenannten Kamingespräch nebst Abendessen am 25.05.2000 im Restaurant "V.". Einige der geladenen Gäste sagten kurzfristig ab. Das Restaurant stellte 29 Menüs am 26.05.2000 in Rechnung. Am 03.06.2000 erstellte die Beklagten wegen desselben Vorgangs eine zweite Rechnung über 39 Menüs nebst Getränken und fügte einen Gutschein über ein "festliches Essen" im Wert von DM 1.428,90 bei. Den Gutschein nahm der Kläger zu den Akten. Die zweite Rechnung zeichnete er ab. Sie wurde von der Beklagten beglichen. Am 26.06. unterzeichnete er eine Personalliste zum Nachweis von Bewirtungsaufwand am 25.05.2000 für insgesamt 39 Personen. Er hatte seine Sekretärin - Frau G. - veranlasst, eigenständig die Liste um Namen von Personen anzureichern, die dem Kamingespräch vom 25.05.2000 tatsächlich nicht beigewohnt hatten.

Mit Schreiben vom 09.11.2000 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung wie folgt an:

"Wir stützen die Kündigungsabsicht auf den nachhaltigen Verdacht, dass Herr B. der firma t. Vermögensnachteile in erheblicher Größenordnung zugefügt hat.

Im Einzelnen:

Aufgrund von Beschwerden von Mitarbeitern der Niederlassung Karlsruhe über das Vorgesetztenverhalten von Herrn B., die teils über Dritte, teils mit dem ausdrücklichen Wunsch, anonym zu bleiben, da ansonsten Repressionen zu befürchten wären, an die Geschäftsführung herangetragen wurden, suchte der Vertriebsleiter Herr W. P. am 25.10.2000 und der Geschäftsführer, Herr M. am 26.10.2000 die Niederlassung Karlsruhe auf, um in direkten Gesprächen mit den Mitarbeitern die Situation in Karlsruhe und die Stichhaltigkeit der Beschwerden zu klären.

Sie wurden in diesem Zusammenhang von den Mitarbeitern auf einen Vorgang aufmerksam gemacht, der mit einem Kamingespräch am 26.05.00 in Zusammenhang steht. Bei diesem Kamingespräch handelt es sich um ein Treffen von Mitarbeitern der Firma t. mit Kunden und Entscheidungsträgern von Unternehmen in gepflegter Atmosphäre. Wir stellen klar, dass t. keinerlei Bedenken gegen derartige Aktivitäten hat.

Die Mitarbeiter der Niederlassung Karlsruhe machten Herrn P. und Herrn M. darauf aufmerksam, dass mit der Abrechnung etwas nicht stimme und sich entsprechende Unterlagen in dem Schreibtisch von Herrn B. befinden müssten. Herr Peters hielt daraufhin Nachschau und förderten eine Originalrechnung des Restaurants V. zutage, die in eine weitere Rechnung eingeflossen ist, welche mit Schreiben vom 31.05.2000 an die Niederlassung K. und dort Herrn G. übesandt wurde. An unsere Buchhaltung wurde jedoch eine andere, weitaus höhrere Rechnung weitergereicht und von t. bezahlt. Der Vorgang stellt sich wie folgt dar:

Unsere Buchhaltung hat die Originalrechnung Nr. 62740 des Hotel-Restaurants V. über DM 7.130,20 erhalten und bezahlt. Diese Rechnung war am 13.06.00 von Herrn B. abgezeichnet worden (in Fotokopie als Anlage 1). Die Rechnung war mit Schreiben der V. von 03.06.00 an unsere K. Niederlassung und dort an Herrn G. adressiert worden (in Fotokopie als Anlage 2).

Der für die steuerliche Seite notwendige Nachweis über Bewirtungsaufwendungen und die aus steuerlichen Gründen erforderliche namentliche Auflistung der Teilnehmer wurde am 26.06.00 von Herrn B. abgezeichnet (in Fotokopie als Anlage 3).

In dem Schreibtisch von Herrn B. haben wir eine weitere Originalrechnung, und zwar über den Betrag von DM 4.701,30 (Rechnungsnr. 62470), gefunden (in Fotokopie als Anlage 4). Diese war mit einer weiteren Rechnung Nr. 34303/2 der V. mit Schreiben vom 31.05.00 an unsere K. Niederlassung übersandt worden (weitere Rechnung sowie Schreiben vom 31.05.00 in Fotokopie als Anlage 5 und 6). Der zusätzliche Betrag von DM 1.000,00 geht in Ordnung (Entgelt für die Musiker).

Weiter haben wir in dem Schreibtisch von Herrn B. einen Gutschein über ein festliches Essen im Wert von DM 1.428,90 der V. gefunden (in Fotokopie als Anlage 7). Dieser Betrag entspricht exakt der Differenz zwischen der ursprünglichen Gesamtrechung über DM 5.701,30 und dem Betrag in der zweiten, von Herrn B. eingereichten Rechnung über DM 7.130,20. Nach den Angaben von Mitarbeitern der Niederlassung K. wollte Herr B. den Gutschein für ein Essen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Niederlassung K. verwenden.

Der von uns am 30.10.2000 befragte Herr G. hat angegeben, von dem Vorgang keine Kenntnisse zu haben. Es könne sein, dass eine Rechnung an ihn adressiert worden sei, er habe sich aber darum nicht gekümmert.

Von den in der Auflistung der Teilnehmer enthaltenen Personen haben definitiv folgende Personen nicht an dem Kamingespräch teilgenommen: Hr. K., Hr. Sch., Hr. L., Hr. C., Fr. R., Hr. L., Her. O.. Frau G., die die Teinehmerliste erstellt hat, hat angegeben, dass sie Herrn B. gefragt habe, was sie in die Teilnehmerliste hineinschreiben solle. Herr B. soll daraufhin geantwortet haben, dass sie sich zusätzliche Teilnehmer einfallen lassen solle, was sie dann getan hat, d. h. Personen in die Liste aufgenommen hat, die nicht an dem Kamingespräch teilgenommen haben.

Wir haben Herrn B. direkt und seinen Anwalt, Herrn B., unter dem 03.11.00 angeschrieben und ihn zu einer Stellungnahmen aufgefordert. Das Anschreiben sowie die Stellungnahme des Anwalts vom 06.11.00 fügen wir in Fotokopie bei.

Dazu folgende Anmerkungen:

1. Dass im Rahmen der Budget-Planung Beträge für Mitarbeiter zur Verfügung stehen, beispielsweise für Weihnachtsfeiern, hat mit dem Vorgang nichts zu tun. Kaminabende dienen der Vertriebsunterstützung und werden auch darunter verbucht. Mitarbeiterincentives sind ebenfalls vorgesehen, werden jedoch auf ein anderes Konto gebucht und unterliegen ferner der Versteuerung.

2. Was das Stattfinden der Kaminabende und den Veranstaltungsort anbetrifft, haben wir nichts zu beanstanden.

Frau G., eine Mitarbeiterin von H. B., bestellte am 22.5. telefonisch bei der V. 32 Essen.

Die Ausführungen von Herrn B. zu den Kosten für Essen von nicht erschienenen Teilnehmern sind uns unverständlich.

Die V. hat mit ihrer ersten Rechnung vom 26.05.00 den tatsächlichen Verzehr (29 Menüs) abgerechnet und nicht mehr. Was bei der Bestellung des Restaurants zu befürchten war und was Herr B. vorgeschlagen hat, ist irrelevant.

Herr B. ist gefragt worden und gibt an, dass es häufig vorkommt, dass eine Gaststätte die bestellten Essen in Rechnung stellt und für den Differenzbetrag zu den tatsächlich gegessenen Essen dann eine Gutschrift erteilt. Dies war jedoch im vorliegenden Fall nicht so.

3. Faktum ist, dass die Niederlassung K. eine Rechnung über DM 5.701,30 erhalten hat und nicht diese, sondern eine wesentlich höhere Rechnung an die Buchhaltung weitergeleitet hat, wobei Herr B. an diesem Vorgang maßgeblich mitgewirkt hat, was zum einen durch die Abzeichnung der Rechnung und der Teilnehmerliste dokumentiert ist und zum anderen durch die Zuständigkeit von Herrn B. als Niederlassungsleiter für solche Vorgänge. Herr B. hatte auch von der Differenz Kenntnis, da er das Vorhandensein des Gutscheins nicht leugnet.

4. Es ist irrelevant, für welche Zwecke der Gutschein hätte verwendet werden sollen, zumal es hier anderslautende Aussagen gibt. Tatsache ist, dass t. die Kosten für solchen Veranstaltungen übernimmt und auch für ein weiteres Kamingespräch übernommen hätte, aber eben nur die tatsächlich angefallenen Kosten und keine überhöhten Rechnungen.

5. Insgesamt gesehen nimmt Herr B. bzw. sein Rechtsanwalt zu den entscheidenden Punkten, nämlich der Existenz zweier Rechnungen und der Weiterleitung der nachträglich erstellten, höheren Rechnung an unsere Buchhaltung in S. keine Stellung. Die Versuche einer Erklärung sind nichtssagend.

6. Deshalb drängt sich der Verdacht auf, dass t. durch das Verhalten von Herrn B., jedenfalls unter maßgeblicher Einflussnahme von ihm auf die Vorgänge eine um nahezu DM 1.500,00 zu hohe Rechnung bezahlt hat.

Herr B. als verantwortlicher Niederlassungsleiter der Niederlassung K. ist für die korrekte Rechnungsstellung und ihre Überprüfung verantwortlich. Er ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen und hat t. Schaden zugefügt. Es ist in diesem Zusammehnhang darauf hinzuweisen, dass Bewirtungskosten zu einem Prozentsatz von 20 % nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind und - um die steuerliche Abzugsfähigkeit sicherzustellen - absolut korrekte Angaben, insbesondere über die Anzahl der tatsächlichen Teilnehmer unter namentlicher Nennung gemacht werden müssen.

Nach allen Erfahrungen ist einer der Hauptprüfungspunkte bei Betriebsprüfungen auch die Richtigkeit und Korrektheit der Bewirtungsaufwendungen. Ergeben sich Unkorrektheiten, ist die steuerliche Anerkennung der Bewirtungsaufwendung insgesamt gefährdet, d. h. die Steuer akzeptiert möglicherweise nicht die Reduzierung der Bewirtungsaufwendungen auf die tatsächliche Teilnehmerzahl.

Es besteht deshalb der nachhaltige Verdacht, dass Herr B. einen groben Verstoß gegen die ihm obliegenden Verpflichtungen begangen hat. Unser Vertrauen in Herrn B. ist zerstört. Wir sehen nicht die Alternative einer Abmahnung, da dadurch die Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Die Niederlassungsleiter sind bei der Bearbeitung solcher Vorgänge weitgehend selbstständig, so dass Wiederholungen nicht ausgeschlossen werden können..."

Der Betriebsrat verweigerte am 13.11.2000 seine Zustimmung. Noch am gleichen Tage kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.

Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage blieb in allen Instanzen erfolglos:

Mit Urteil vom 15.02.2001 wies das Arbeitsgericht Stuttgart unter dem Aktenzeichen 18 Ca 9305/00 die Kündigungsschutzklage ab. Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 17 Sa 27/01 zurück. Das Bundesarbeitsgericht wies mit Beschluss vom 22.10.2002 die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das vorerwähnte Urteil des Landesarbeitsgerichtes zurück.

Das Landesarbeitsgericht legte die Akte der Staatsanwaltschaft vor. Diese stellte am 01.02.2002 das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachtes der Steuerhinterziehung mit der Begründung ein, die Bewirtungsbelege seien der Steuerbehörde nicht vorgelegt worden, sodass es noch nicht zu einem strafrechtlich bedeutsamen Versuch gekommen sei - Az.: 55 Js 3255/02 -. Am 16.05.2003 sprach das Amtsgericht Karlsruhe den Kläger nach Vernehmung einer Vielzahl von Zeugen vom Vorwurf des Betrugs und der Untreue aus tatsächlichen Gründen frei - Az.: 5 Cs 11 Js 3255/02 -. Dieses Urteil wurde am 15.09.2003 rechtskräftig.

Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 24.11.2003 begehrte der Kläger daraufhin seine Wiedereinstellung mit der Begründung, er sei in vollem Umfang rehabilitiert. Die Beklagte war anderer Meinung.

Das Arbeitsgericht Karlsruhe hat die am 14.05.2003 erhobene Klage auf Wiedereinstellung mit Urteil vom 17.09.2004 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, es bestehe nach wie vor der dringende Verdacht, dass der Kläger die Rechtsvorgängerin der Beklagten durch eine teilweise fingierte Bewirtungsteilnehmerliste "in potentielle Schwierigkeiten" mit der Finanzbehörde gebracht und diese um einen Betrag in Höhe von DM 1.428,90 geschädigt habe.

Hiergegen wehrt sich der Kläger mit seiner Berufung. Er führt im wesentlichen aus, der Schwerpunkt der gegen ihn erhobenen Vorwürfe hätten auf einer strafrechtlich relevanten Untreue- und Betrugs-Handlung gelegen. In dem einen Fall sei er durch Freispruch, in dem anderen durch Verfahrenseinstellung rehabilitiert worden. Dem Kläger könne auch nicht der Vorwurf einer schwerwiegenden Vertragsverletzung gemacht werden. Wegen der Abwicklung nicht verzehrter Essen habe er mit Herrn M. B. vom S. Haupthaus der Rechtsvorgängerin der Beklagten Rücksprache genommen; er habe ihm die praktizierte Gutschein-Lösung ausdrücklich empfohlen. Der Kläger habe nicht heimlich hinter dem Rücken der Beklagten gehandelt, sondern die gesamten Unterlagen in einem für jeden zugänglichen Ordner aufbewahrt. Insbesondere habe er sich nicht persönlich bereichert.

Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die bisherige Stelle des Klägers durch Umorganisation weggefallen sei; zumindest stünde ihm ein Anspruch auf Wiedereinstellung nach Maßgabe der nachfolgenden Anträge zu.

Der Kläger beantragt:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Karlsruhe vom 17.09.2004, Az.: 7 Ca 264/04 abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt

a. das Angebot des Klägers auf Wiedereinstellung zu den Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages vom 14.08.1998 in der Fassung der Vertragsänderung vom 28.06.1999 als Vertriebsleiter Süd anzunehmen.

b. hilfsweise, das Angebot des Klägers auf Wiedereinstellung zu den Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages vom 14.08.1998 in der Fassung der Vertragsänderung vom 28.06.1999 als Regionalvertriebsleiter Großkunden Süd anzunehmen.

c. hilfsweise, das Angebot des Klägers auf Wiedereinstellung zu den Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages vom 14.08.1998 in der Fassung der Vertragsänderung vom 28.06.1999 als Regionalvertriebsleiter Mittelstand Süd anzunehmen.

d. hilfsweise, das Angebot des Klägers zu den Arbeitsbedingungen des Arbeitvertrages vom 14.08.1998 in der Fassung der Vertragsänderung vom 28.06.1999 als Regionalvertriebsleiter Kooperationspartner Süd anzunehmen.

e. hilfsweise, das Angebot des Klägers auf Wiedereinstellung zu den Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages vom 14.08.1998 in der Fassung der Vertragsänderung vom 28.06.1999 als Key Account Manager für die Vertriebsgebiete Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Frankfurt oder Saarbrücken anzunehmen.

f. den Kläger nach rechtskräftigem Obsiegen mit einem der Klaganträge Ziffer 1a bis Ziffer 1 e zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird verwiesen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichtes Stuttgart vom 15.02.2001 - Az.: 18 Ca 9305/00 und die Gründe des Urteils des Landesarbeitsgerichtes vom 14.11.2001 - Az.: 17 Sa 27/01 - sowie auf die des Arbeitsgerichtes Karlsruhe vom 17.09.2004 - Az.: 7 Ca 264/04 -.

Entscheidungsgründe:

1.

Die Berufung ist nicht begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten nicht seine Wiedereinstellung mit der Erwägung verlangen, diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, mit denen die Beklagte ihre außerordentliche Verdachtskündigung vom 13.11.2000 vor den Arbeitsgerichten erfolgreich begründet hatte, hätten sich aufgrund später im Strafverfahren gewonnener Erkenntnisse als unzutreffend erwiesen.

Nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichtes (20.08.1997, Az.: 2 AZR 620/96 = AP Nr. 27 zu § 626 BGB, Verdacht strafbarer Handlung, zu II. 4. a. der Gründe; 19.09.1991, Az.: 2 ABR 141/91), der sich die Literatur im wesentlichen angeschlossen hat (vgl. Berkowski, Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 144 Rndz. 16 ff; HaKo-Gallner, 2. Aufl., § 1 Rndz. 581 m. w. N.), kommt allenfalls dann ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung oder einer Vertragsverletzung rechtswirksam gekündigt worden war, sich später aber die Unschuld des Arbeitnehmers herausstellt oder zumindest nachträgliche Umstände bekannt werden, die den bestehenden Verdacht beseitigen. Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen jedoch nicht gegeben.

a.

Zwar hat die Strafverfolgungsbehörde am 01.02.2002 das gegen den Kläger eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes einer Steuerhinterziehung mit der zutreffenden Begründung eingestellt, die vom Kläger - unstreitig - veranlasste Erstellung einer zum Teil fingierten Liste von Teilnehmern einer betrieblich veranlassten Kunden-Bewirtung habe mangels Einreichung bei der Finanzbehörde nur eine straflose Vorbereitungshandlung, nicht jedoch bereits einen strafbaren Versuch der Steuerhinterziehung dargestellt. Aber die Beklagte hat den Kläger gar nicht ausdrücklich und ausschließlich wegen des Verdachtes, sich insoweit strafbar gemacht zu haben, gekündigt, sondern wegen des Verdachts der Gefährdung der steuerlichen Absetzbarkeit der gesamten Bewirtungskosten. Dies ergibt sich bereits aus dem Anhörungsschreiben an den Betriebsrat vom 09.11.2000, mit welchem die Beklagte diejenigen Gründe dargelegt hat, mit denen die Kündigung ausschließlich subjektiv determiniert wurde. Insoweit schildert die Beklagte den relvanten Sachverhalt wie folgt:

"... Frau G., die die Teilnehmerliste erstellt hat, hat angegeben, dass sie Herrn B. gefragt habe, was sie in die Teilnehmerliste hineinschreiben solle. Herr B. soll daraufhin geantwortet haben, dass sie sich zusätzliche Teilnehmer einfallen lassen solle, was sie dann getan hat, d. h., Personen in die Liste aufgenommen hat, die nicht an dem Kamingespräch teilgenommen haben. ..."

Dieses Zitat macht deutlich, dass die Beklagte eben nicht darauf abgestellt hat, sie hätte das Vertrauen in die strafrechtliche Unbescholtenheit des Klägers verloren, sondern dass bereits die Vorbereitungshandlung einer Manipulation von Steuerbelegen die abstrakte Gefahr einer mit Nachteilen verbundenen Betriebsprüfung heraufbeschworen habe.

Diese Befürchtung war nicht abwegig. Im Falle einer Betriebsprüfung wäre nicht nur der Teilbetrag in Höhe von 10 Menüs "aufgeflogen", sondern die Beklagte hätte höchstwahrscheinlich die gesamte Rechnung, weil unglaubwürdig, nicht steuermindernd absetzen können.

Darüber hinaus hätte diese Unkorrektheit mit hoher Wahrscheinlichkeit auch den Eifer der Steuerprüfer, nach weiteren Unkorrektheiten zu suchen, geweckt. Einen derartigen "Lawinen"-Effekt zu vermeiden, war das erkennbare Interesse der Beklagten.

Der Beklagten kam es nach Lage der Dinge ersichtlich darauf an, ihren eigenen Ruf als korrekt handelnde Steuerschuldnerin gegenüber der Finanzbehörde nicht zu gefährden. Deswegen wollte sie sich vom Kläger trennen. Ob der Kläger darüber hinaus sich selbst strafbar gemacht hat und ob ein derartiger Verdacht eine Kündigung rechtfertigen könnte, war der Beklagten ausweislich ihres Anhörungsschreibens kein Gedanke wert. Die Beklagte hat demgemäß auch keine Strafanzeige gestellt. Vielmehr hat dies das Berufungsgericht unabhängig von der Beklagten im Rahmen seines Ermessens (Kissel-Mayer, Kommentar zum Gerichtsverfassungsgesetz, Rndz. 2 zu § 183 GVG) getan. Die strafrechtliche Rehabilitierung des Klägers lässt daher den vorerwähnten Vorwurf der Beklagten völlig unberührt. Die Rehabilitierung bezieht sich nicht auf Vorwürfe, die die Beklagte dem Kläger gemacht hat.

b.

Im Ergebnis Gleiches gilt hinsichtlich des Freispruches vom Anklagevorwurf des Betruges und der Untreue gemäß §§ 263, 266 StGB.

Die Beklagte hat, wie bereits das oben erwähnte Anhörungsschreiben und im übrigen die Ausführungen der Beklagten im Kündigungsschutzprozess - Az.: 18 Ca 9305/00 - ausweisen, nicht den Verdacht strafbarer Handlungen zum Gegenstand der Kündigung gemacht, sondern wohl eher den Verdacht der vertragswidrigen "Umwidmung" zweckgebundener Gelder erhoben. Dies dürfte sich aus Seite 3 des Anhörungsschreibens ergeben:

"... Es ist irrelevant, für welche Zwecke der Gutschein hätte verwendet werden sollen, zumal es hier anderslautende Aussagen gibt. Tatsache ist, dass t. die Kosten für solche Veranstaltungen übernimmt und auch für ein weiteres Kamingespräch übernommen hätte, aber eben nur die tatsächlich angefallenen Kosten und keine überhöhten Rechnungen..."

c.

Überhöht war die Rechnung bei isolierter Betrachtung selbst dann, wenn sich darin auch ein Schadenersatzanspruch in Gestalt entgangenen Gewinns für 10 Menüs verbirgt, weil das Restaurant infolge der Reduzierung der ausgegebenen Essen nicht unerhebliche Aufwändungen erspart hat.

Bezieht man jedoch die Hingabe des Gutscheins über DM 1.248,90 in die Betrachtung dieser atypischen Schadensabwicklung mit ein, könne die Beklagte per Saldo eigentlich ein vorteilhaftes Geschäft gemacht haben.

Eine derartige Sichtweise übersieht allerdings, dass damit im Innenverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten die "Gewichte verschoben" wurden. Die Beklagte hat den vollen Preis für 10 Menüs bezahlt. Die Gegenleistung in Gestalt des Gutscheins ist aber nicht ihr, sondern dem Kläger zugeflossen: Er hat sich dadurch den finanziellen Spielraum für die Bewirtung von Kunden oder eigenen Mitarbeitern erweitert und damit die Budgetvorgaben der Beklagten unterlaufen. Ob dies trotz der unstreitigen Einholung des Placets des Herrn B. von der Hauptverwaltung einen Kündigungsgrund gemäß § 626 BGB unter Verdachtsgesichtspunkten darstellt, kann allerdings im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Der Kündigungsrechtsstreit ist zu Lasten des Klägers in drei Instanzen rechtskräftig abgeschlossen.

d.

Im vorliegenden Rechtsstreit um seine Wiedereinstellung kann der Kläger nicht tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte einbringen, die bereits während des Kündigungsrechtsstreites hätten vorgebracht werden können. Andernfalls würden die Wirkungen einer rechtskräftigen Entscheidung mittelbar unterlaufen. Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann nämlich selbst die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil abgeschlossenen Verfahrens nur durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen. Gemäß § 580 Ziffer 7 b ZPO findet eine Restitutionsklage u. a. statt, wenn die unterlegene Partei "eine andere Urkunde auffindet und zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde". Ein ähnlicher Rechtsgedanke findet sich in § 767 Abs. 2 ZPO wieder, wonach "Einwändungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch betreffen, nur insoweit zulässig sind, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind".

Derselbe Rechtsgedanke findet auch Anwendung bei der Begründung eines Wiedereinstellungsanspruches: Er setzt Umstände voraus, die erst nachträglich entstanden oder nachträglich bzw. später bekannt geworden sind (vgl. oben).

e.

Im Ergebnis ist der Kläger durch die Verfahrenseinstellung hinsichtlich des Verdachtes einer Steuerhinterziehung und durch den Freispruch vom strafrechtlichen Vorwurf der Untreue und des Betruges nicht auch hinsichtlich eines verbleibenden spezifisch arbeitsrechtlichen Vorwurfs rehabilitiert worden.

Ein solcher besteht zumindest bezüglich der Anweisung, eine fingierte Teilnehmerliste zu erstellen und deren anschließender Abzeichnung und Weiterleitung. Hinsichtlich dieses Teilkomplexes besteht allerdings nicht nur ein Verdacht. Tatsächlich ist das gesamte objektive Geschehen unstreitig. Der Kläger behauptet lediglich, insoweit gutgläubig gehandelt zu haben, weil er zuvor - ebenfalls unstreitig - das Placet des in der Hauptverwaltung tätigen Mitarbeiters B. eingeholt hat. Auf dessen Einwilligung konnte der Kläger allerdings nicht bauen. Es ist offensichtlich, dass dieser Rat evident die Vorbereitung einer Steuerhinterziehung zum Gegenstand hatte, sofern er auch beinhaltete, die Teilnehmerliste um Namen von Personen zu ergänzen, die tatsächlich nicht am Kaminabend teilgenommen hatten.

Die behauptete Gutgläubigkeit des Klägers ist verblüffend. Sie ist weder Indiz eines vermeidbaren, noch eines unvermeidbaren Verbotsirrtums, sondern eher Beweis eines verkümmerten Unrechtsbewusstseins im Zusammenhang mit der Fälschung von Steuerunterlagen.

f.

Die Beklagte hat sich hinsichtlich dieses Teilkomplexes auf Verdachtsgesichtspunkte, nicht aber auf eine erwiesene Tat gestützt. Dies ist jedoch in Ansehung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 06.12.2001 - Az.: 2 AZR 496/00 - unschädlich: Zwar ist der Verdacht gegenüber dem Tatvorwurf ein eigenständiger Kündigungsgrund, also nicht nur ein Minus, sondern ein Aliud (d. h. etwas Anderes), aber trotzdem stehen beide Gründe nicht beziehungslos nebeneinander. Wird eine Kündigung zunächst mit dem Verdacht begründet, steht jedoch nach der Überzeugung des Gerichtes - etwa nach einer Beweisaufnahme - die Pflichtwidrigkeit fest, lässt dies die Wirksamkeit der Kündigung aus materiellrechtlichen Gründen unberührt. Das Gericht ist nicht gehindert, die nachgewiesene Pflichtwidrigkeit als wichtigen Grund anzuerkennen.

Erst Recht hat dies zu gelten, wenn es nicht um die Wirksamkeit einer Kündigung, sondern - wie vorliegend - um die Wiedereinstellung nach erfolgter Verdachtskündigung geht. Der feststehende oder sogar erwiesene Vorwurf einer Vertragsverletzung wiegt ungleich schwerer als nur der Verdacht.

g.

Erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2006 hat der Kläger zu Protokoll erklärt, auf die Anwesenheitsliste einen schriftlichen Vorbehalt gesetzt zu haben, wonach ein Teil der dort aufgeführten Personen tatsächlich an dem Kamingespräch nicht teilgenommen hätten. Derartiges hatte der Kläger im Laufe des Vorprozesses und auch im vorliegenden Verfahren weder erstinstanzlich noch innerhalb offener Berufungsbegründungsfrist schriftsätzlich behauptet. Die mit Schriftsatz vom 27.12.2000 von der Beklagten vorgelegte Anlage A 2 widerlegt im übrigen diese Behauptung. Nachdem dies offenbar wurde, hat der Kläger korrigierend zu Protokoll erklärt, mit einem entsprechenden Begleitschreiben einen Vorbehalt gemacht zu haben. Ein solches Begleitschreiben hat der Kläger jedoch nicht vorgelegt. Sein Inhalt ist nicht bekannt.

Der Vortrag des Klägers ist daher materiellrechtlich unsubstantiiert, prozessual verspätet in Ansehung von § 67 ArbGG und im übrigen, da von der Beklagte bestritten, nicht unter Beweis gestellt.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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