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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 18.02.2009
Aktenzeichen: 12 TaBV 17/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 40 Abs. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3
BetrVG § 92 a
BetrVG § 102
Internet-Zugang für Betriebsrat eines Einzelhandels-Unternehmens der Konfektions-Branche.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 25.09.2008 - Az.: 8 BV 25/08 - abgeändert.

2. Die Antragsgegnerin/Arbeitgeberin wird verpflichtet, dem Antragsteller/Betriebsrat der Filiale 612 in Mannheim, Auf den Planken, 07, 4 - 8 einen Internet-Zugang zur Verfügung zu stellen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe: I.

Der Betriebsrat - Beteiligter Ziffer 1 - begehrt von der Arbeitgeberin - Beteiligte Ziffer 2 - die Zurverfügungstellung eines Internetzugangs.

Die Arbeitgeberin ist ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen mit Hauptsitz in H.. Sie betreibt in Deutschland mehr als 300 Verkaufsfilialen, die jeweils als eigenständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes geführt werden. Insgesamt beschäftigt sie zirka 16 000 Arbeitnehmer. Der Betriebsrat ist der am Standort 7, 7 - 8 in M. gewählte Betriebsrat der Filiale 612, in der 54 Arbeitnehmer beschäftigt sind.

In dieser Filiale werden im wesentlichen Bekleidungsartikel und Accessoires verkauft. Die Mitarbeiter der Filiale sind überwiegend im Verkauf tätig; nur ein geringer Teil arbeitet im Lager bzw. in der Abteilung für Schaufensterdekoration. Eine Mitarbeiterin ist als sogenannte Kassenverantwortliche tätig und erledigt anfallenden Verwaltungsaufgaben. Die Verkaufsmitarbeiter und Lagermitarbeiter verfügen über keine festen Arbeitsplätze in Gestalt eines Schreibtisches. Über einen PC-Zugang verfügen ausschließlich die Kassenverantwortliche und die Dekorateure. Die PC sind mit einer Software zur Erfassung des täglichen Umsatzes und der Arbeitszeit der Mitarbeiter ausgerüstet. Die beiden Geräte in den Bereichen der Dekorateure und der Kassenverantwortung haben keinen Internetanschluss und ermöglichen keinen e-Mail-Verkehr.

Ein dritter PC befindet sich im Büro des Betriebsrates; er ist mit einem persönlichen Laufwerk zur Datenspeicherung, einem Zugang zum Intranet der Arbeitgeberin sowie einem Office-Standardpaket (Word, Excel, Powerpoint) ausgerüstet, er einen sogenannten e-Mail-Account und ermöglicht den Empfang und die Versendung von e-Mails sowohl über das externe Internet, als auch das unternehmensweit eingerichtete Intranet.

Die Mitglieder des Gesamtbetriebsratsausschusses und die Personalverwaltung der Unternehmensleitung in H. haben jeweils einen Internet-Zugang.

Der Betriebsrat hat vor dem Arbeitsgericht beantragt, zur Erledigung seiner Betriebsratsaufgaben einen Zugang zum externen Internet zu gewähren. Zur Begründung hat er ausgeführt, mit Hilfe des Internets und den damit zugänglichen Suchmaschinen wäre er in der Lage, zu einzelnen betrieblichen Problemen Informationen einzuholen.

Demgemäß hat er beantragt:

Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, dem Betriebsrat einen Zugang zum Internet zur Verfügung zu stellen.

Die Arbeitgeberin hat Zurückweisung dieses Antrages begehrt und zur Begründung ausgeführt, die konkreten Aufgaben des Betriebsrates würden eine Erforderlichkeit i. S. v. § 40 Abs. 2 BetrVG nicht begründen. Es entspreche der Unternehmens-Philosophie, die Anzahl der eingesetzten PC mit Internet-Zugang aus Kostengründen und zur Vermeidung von Missbrauch gering zu halten.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 25.09.2008 den Antrag zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und der Erwägungen des Arbeitsgerichtes wird auf die Beschlussbegründung unter I. und II. verwiesen.

Gegen diesen am 27.10.2008 zugestellten Beschluss wehrt sich der Betriebsrat mit seiner am 26.11.2008 eingegangenen Beschwerde und seiner am 08.01.2009 eingegangenen Beschwerdebegründung, nachdem auf seinen Verlängerungsantrag vom 17.12.2008 die Begründungsfrist bis zum 08.01.2009 verlängert worden war.

II.

1. Die Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig. Sie ist statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und ausgeführt worden.

2. Der Antrag des Betriebsrates ist begründet. Ihm steht gegen die Arbeitgeberin ein Anspruch auf Einrichtung eines Internetzuganges gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG zu.

Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber den Betriebsrat für die Sitzung, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung im erforderlichen Umfang Räume, sachliche Mittel, Büropersonal sowie Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) zur Verfügung zu stellen.

Zu den Sachmitteln gehören diejenigen Hilfsmittel, die geeignet sind, dem Betriebsrat die zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben notwendigen Informationen zu vermitteln. Dazu gehören je nach Lage des Falles arbeitsrechtliche Gesetzestexte, entsprechende Kommentare, Fachliteratur und Zeitschriften, aber auch Mittel der IuK.

Die Prüfung, ob und in welchem Umfang sächliche Mittel zur Verfügung zu stellen sind, obliegt dem Betriebsrat. Im steht bei der Bewertung der Frage der Erforderlichkeit ein sogenannter Beurteilungsspielraum zu (allgemeine Auffassung, Fitting, 24. Aufl., 2008 § 40 Rnr. 127; Erfurter Kommentar/Eisemann/Koch, 9. Aufl. 2009, § 40 BetrVG Rnr. 1). Im Rahmen seines Beurteilungsspielraums darf sich der Betriebsrat jedoch nicht allein an subjektiven Erwägungen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er bei seiner Entscheidungsfindung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Er hat die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes abzuwägen gegen die berechtigten Interessen des Arbeitgebers an einer Begrenzung der Kosten. Diese Grundsätze gelten auch für das Verlangen auf Überlassung von Mitteln der IuK (BAG, 23.08.2006, 7 ABR 55/05; 03.09.2003, 7 ABR 8/03).

Die Beurteilungsentscheidung des Betriebsrates unterliegt arbeitsgerichtlicher Kontrolle. Sie ist jedoch auf die Prüfung beschränkt, ob das Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben dient und ob der Betriebsrat bei seine Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft, sondern auch die vorerwähnten Belange des Arbeitnehmers hinreichend berücksichtigt hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben des Betriebsrates und hält sich die Interessenabwägung im Rahmen des Beurteilungsspielraums des Betriebsrates, kann das Gericht die Entscheidung nicht durch seine eigene ersetzen (BAG 16.05.2007, 7 ABR 45/06; 23.08.2006, 7 ABR 55/05; 04.09.2004, 7 ABR 8/03; LAG Nürnberg 19.03.2008, 4 TaBV 35/07; LAG Berlin-Brandenburg 09.07.2008, 17 TaBV 607/08).

Das erkennende Gericht schließt sich hinsichtlich der vorerwähnten "Erforderlichkeit" den Erwägungen der 16. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg, Kammern Mannheim vom 30.10.2008 - Az.: 16 TaBV 2/08 - an und macht sie sich teilweise - soweit auf den vorliegenden Fall übertragbar - zu eigen:

Die dem Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz obliegenden umfangreichen Aufgaben (vgl. allein §§ 80 Abs. 1, 87 ff, 92 ff, 106 ff BetrVG) lassen sich sachgerecht nur durch laufende und aktuelle Unterrichtung über die arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie insbesondere durch die daraus gewonnenen Erkenntnisse über mögliche Handlungsspielräume lösen.

Diese Aufgaben kann der Betriebsrat nur sachgerecht wahrnehmen, wenn er über die erforderlichen Informationen verfügt. Diese kann er sich nicht allein durch Unterrichtung in den einschlägigen Gesetzen oder deren Erläuterungen in Kommentaren verschaffen. Vielmehr ist er zur verantwortlichen Wahrnehmung seiner Befugnisse auch auf die Unterrichtung durch andere Veröffentlichungen angewiesen, in denen diese Themen nach neuestem Stand fachlich dargestellt werden. Dazu gehört insbesondere die aktuelle Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, die - ebenso wie gelegentlich auftretende "hektische" Gesetzesänderungen mit Rückwirkung - nur mit relativ großer Verzögerung in die einschlägigen Kommentare eingestellt werden kann. Allerdings kann der Betriebsrat nicht ohne Rücksicht auf betriebliche Belange oder betriebsratsbezogene Notwendigkeiten den Zugang zu jeder Informationsquelle verlangen, die sich mit Themen seiner gesetzlichen Aufgabenstellung befasst. Vielmehr verlangt § 40 Abs. 2 BetrVG eine sachgerechte Abwägung der Belange der Betriebspartner. Da der Betriebsrat jedoch seine Geschäfte grundsätzlich eigenständig und eigenverantwortlich führt, ist er in der Entscheidung darüber frei, auf welche Weise er sich die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Informationen verschafft. Diesem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit würde es im übrigen widersprechen, wenn der Betriebsrat Mitglieder des GBR-Ausschusses, die einen Internet-Zugang haben, um Erledigung einer Internet-Recherche bitten müsste.

Das Internet ist geeignet, dem Betriebsrat die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Informationen zu vermitteln. Über dieses Medium kann er sich nicht nur auf dem schnellsten Weg über die arbeits- und betriebsverfassungsrechtlichen Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung unterrichten, die von den Gesetzgebungsorganen, Gerichten, Universitäten, Tarifvertragsparteien und sonstigen Verbänden im Internet dargestellt werden (vgl. z.B. www.aus.portal.de ; www.bmas.de ; www.bundesarbeitsgericht.de ; www.arbeitsagentur.de ;). Darüber hinaus kann er sich mit Hilfe der im Internet zur Verfügung stehenden Suchmaschinen zu einzelnen betrieblichen Problemstellungen umfassend informieren, ohne auf Zufallsfunde in Zeitschriften oder Zeitungen, veralteten Kommentierungen oder längere Zeit zurückliegenden Gerichtsentscheidungen angewiesen zu sein (so zu Recht BAG vom 03.09.2003, - 7 ABR 8/03).

Die Bedeutung des Internets für die Betriebsratsarbeit erschöpft sich dabei nicht in der Bearbeitung konkret anstehender betrieblicher Fragestellungen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, dass dem Betriebsrat gemäß § 92 a BetrVG vom Gesetzgeber das Initiativrecht eingeräumt worden ist, dem Arbeitgeber Vorschläge zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung zu unterbreiten, welche eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit, eine Förderung von Teilzeitarbeit und Altersteilzeit, neue Formen der Arbeitsorganisation, Änderungen der Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe, Qualifizierung von Arbeitnehmern, Alternativen zur Ausgliederung von Arbeit oder ihrer Vergabe an andere Unternehmen sowie Produktions- und Investitions-Programme zum Gegenstand haben können. Denn die Entscheidung des Betriebsrats, ob und in welcher Weise er sich einer bestimmten gesetzlichen Aufgabe annehmen will, hängt naturgemäß von dem im Betriebsrat vorhandenen Kenntnisstand und dem dadurch hervorgerufenen Problembewusstsein ab. Diese können aber durch die Nutzung des Internets beeinflusst werden; sie sind dann der konkreten Tätigkeit des Betriebsrats in einer bestimmten Angelegenheit vorgelagert. Das erkennende Gericht teilt insoweit die Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg vom 09.07.2008 (Az. 17 TaBV 607/08, Rechtsbeschwerde eingelegt, BAG -7 ABR 79/08) wonach es nicht gerechtfertigt ist, die Nutzung des Internets durch den Betriebsrat jeweils davon abhängig zu machen, welche konkreten Aufgaben derzeit vom Betriebsrat bereits bearbeitet wurden.

Überhaupt scheint die tendenzielle Zurückhaltung des Bundesarbeitsgerichtes gegenüber einer Internetnutzung durch den Betriebsrat nicht mehr zeitgemäß zu sein. Bis vor wenigen Jahren durfte in der Tat noch angenommen werden, dass für die alltägliche Betriebsratsarbeit das Internet nicht erforderlich sei, es sei denn, die Aufgaben des Betriebsrates könnten nur unter Einsetzung dieser neuen Informations- und Kommunikations-Instrumente zeitnah erledigt werden. Indes haben sich mittlerweile die dieser Einschätzung zugrunde liegenden Verhältnisse radikal verändert. Infolge eines - nicht zuletzt durch die Globalisierung ausgelösten - großen Kostendrucks im Wirtschaftsleben, vollzieht sich neuerdings eine rasante Beschleunigung der Entwicklung auf dem Gebiet der IuK.

Dieser Druck verändert nicht nur das Kommunikationsverhalten im herkömmlichen Bereich der Büroarbeit, sondern erfasst auch die Industriearbeit und das Handwerk ebenso wie den Bereich des Handels. Computer, Mobiltelefon und Internet gehören in all diesen Bereichen mittlerweile zum alltäglichen Arbeitswerkzeug der Beschäftigten.

Selbst die staatliche Exekutive bedient sich des Internets. Die Finanzbehörden ermuntern zur Abgabe einer elektronischen Steuererklärung und verweisen auf aus dem Internet herunterladbare Formulare (ELSTER). Die Bundesagentur für Arbeit und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales werben neuerdings in großen Zeitungsanzeigen (z. B.: Süddeutsche Zeitung vom 27.02.2009, Seite 7) im Rahmen des "Konjunkturpaketes II" für das mit Rückwirkung zum 01.02.2009 in Kraft getretene "Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland" und das dort erweiterte Instrument der Kurzarbeit. In diesem Zusammenhang wird auf weitere Einzelheiten unter "www.einsatz-für-arbeit.de" verwiesen, also u. a. auf Tabellen zur individuellen Berechnung des Kurzarbeitergeldes. Gerade diese neugeschaffene Kurzarbeitsregelung kann für die Arbeit des Betriebsrates jederzeit und unvorhersehbar von aktueller Bedeutung werden, etwa wenn der Arbeitgeber sich zu betriebsbedingten Kündigungen entschließt und das - nur einwöchige - Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG einleitet. Der Betriebsrat hat nicht nur im oben abgehandelten Fall des § 92 a BetrVG, sondern auch gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 BetrVG ein Initiativrecht zur Einführung von Kurzarbeit als Alternative zur Entlassung. Seit dem 01.02.2009 ist Kurzarbeit nach dem SGB III auch dann förderungsfähig, wenn weniger als ein Drittel der Belegschaft betroffen ist. Vor diesem Hintergrund muss der Betriebsrat die Möglichkeit haben, sich rasch kundig zu machen, die Vorteile und Risiken für die betreffenden Arbeitnehmer zu wägen und von seinem Initiativrecht so schnell Gebrauch zu machen, dass es gar nicht erst zu Kündigungen kommt. In diesem Zusammenhang kann dem Betriebsrat wohl kaum angesonnen werden abzuwarten, bis die handelsüblichen Gesetzestexte zugänglich sind. (Bis zum 05.03.2009, dem Datum der Fertigstellung der vorliegenden Entscheidungsgründe, lag sogar dem erkennenden Gericht das Bundesgesetzblatt mit dem Volltext der neuen Kug-Regelung noch nicht vor.)

Betriebsräte haben gelegentlich Dienstreisen durchzuführen, sei es, dass sie zu Schulungsveranstaltungen anreisen, sei es, dass sie zum persönlichen Erscheinen in einem Beschlussverfahren in einem nicht ganz nahegelegenen Landesarbeitsgericht geladen werden. Wäre ihnen der Zugang zum Internet verwehrt, müssten sie ihre Reise mit der Bundesbahn sehr umständlich und zeitaufwendig planen: Da telefonische Reiseauskünfte der Bundesbahn nicht mehr verfügbar sind, herkömmliche Kursbücher ebenfalls nicht mehr zur Hand sind, müssten sie entweder ein Reisebüro aufsuchen, oder aber sich zum Schalter des nächstgelegenen Bahnhofes (wenn er denn überhaupt einen mit Personal besetzten Schalter besitzt) begeben, sich in die dortige Warteschlange einreihen, um sodann sich die Verbindung ausdrucken und einen Fahrschein aushändigen zu lassen. Über das Internet geschieht dies in wenigen Minuten, ohne dass eine zuweilen mehrstündige Arbeitszeit aufgewandt werden müsste. An diesem Beispiel wird deutlich, dass die unternehmerische Philosophie, durch Vorenthaltung eines Internet-Zuganges Kosten zu sparen, insoweit widersprüchlich ist. Im übrigen kann die Arbeitgeberin mit diesem allgemeinen Kostenargument deswegen nicht gehört werden, weil der Gesetzgeber die Informations- und Kommunikationstechnik ausdrücklich in den Katalog von § 40 Abs. 2 BetrVG aufgenommen hat.

Auch das Bundesarbeitsgericht öffnet sich dem Internet, in dem es die zur Veröffentlichung bestimmten Entscheidungen der letzten fünf Jahre im Volltext zugänglich macht. Es wäre unredlich zu verlangen, der Betriebsrat könne warten, bis die Entscheidungen Monate später in den Fachzeitschriften veröffentlicht werden, während die Personalverwaltung in Hamburg über einen sofortigen Zugriff hierauf über das Internet verfügt und damit die "Waffengleichheit" mit dem Betriebsrat verzerrt. (In diesem Zusammenhang ist nicht zu klären, ob angesichts dieser neuen Publikationsformen in bisherigen Umfang gemäß § 40 BetrVG ein Anspruch auf Periodika besteht.)

Als weiteres Beispiel sei schließlich sei - colorandi causa - angeführt, dass in einem vor dem erkennenden Gericht geführten Beschlussverfahren (12 TaBV 12/08) ein Arbeitgeber ausdrücklich vorgetragen hatte, die Kosten für die Teilnahme des Betriebsrates an einer ortsfremden Informationsveranstaltung seien nicht notwendig gewesen im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG, weil er sich ebenso gut über das Internet hätte informieren können.

Vorliegend kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Weise auch die Leitung der Filiale 612 das Internet mittelbar durch Anfrage bei der Unternehmensleitung nutzt und ob der Betriebsrat die von ihm für nötig gehaltenen Informationen auch durch eine - wesentlich kostenträchtigere - Beauftragung eines Rechtsanwaltes erlangen könnte.

Überwiegende berechtigte betriebliche Interessen der Arbeitgeberin, insbesondere solche an einer Begrenzung der Kosten, sind nicht gegeben, bzw. sind gerade wegen der Aufnahme von IuK in den Katalog von § 40 Abs. 2 BetrVG ohne maßgebliche Bedeutung.

III.

Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgeberin war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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