Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: 13 Sa 12/07
Rechtsgebiete: MTV 1996, ArbGG, ZPO, TV-Alt


Vorschriften:

MTV 1996 § 5 Ziff. 2
ArbGG § 64 Abs. 2 Buchs. b
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 519
ZPO § 520
TV-Alt § 2.1.1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 27.09.2006 (11 Ca 353/05) wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche des Klägers, die sich aus einem von ihm geltend gemachten Anspruch auf eine höhere Eingruppierung ergeben.

Der am ... 1961 geborene Kläger arbeitet seit 16.05.1988 bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängern zunächst als Facharbeiter. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit ursprünglich der "Manteltarifvertrag der Tarifgemeinschaft Technischer Überwachungs-Vereine e.V. für Mitarbeiter, soweit sie zum Stichtag 31.12.1994 betriebszugehörig waren" vom 11.10.1996 (künftig: MTV 1996), später ab 01.01.2001 der "Tarifvertrag für Altbeschäftigte" der Unternehmensgruppe TÜV Süddeutschland vom 18.09.2000 in der Fassung vom 23.07.2003 (künftig: TV-Alt) Anwendung.

Der Kläger war zu Beginn seiner Tätigkeit im Jahr 1988 der Sache nach in die spätere Vergütungsgruppe A 7 Nr. 10 der Anlage 1 zu § 5 Ziffer 2 Vergütungsgruppenkatalog A des MTV 1996 (künftig Verg.Gr. A 7 Nr. 10 MTV 1996) eingruppiert. Er wurde im Mai 1996 in Verg.Gr. A 8 Nr. 17 MTV 1996 eingruppiert. Die tariflichen Regelungen haben, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:

"Verg.Gr. A 7 Nr. 10 MTV 1996

Einstellungsgruppe für Mitarbeiter mit einschlägiger Lehrabschlussprüfung und mehrjähriger Berufspraxis

oder

Einstellungsgruppe für Mitarbeiter mit langjähriger Praxis, die einer solchen Lehrausbildung gleichgesetzt werden kann, bei entsprechender Tätigkeit Verg.Gr. A 8 Nr. 17 MTV 1996

Mitarbeiter aus Gruppe A 7 Nr. 10 oder Nr. 11 nach acht Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit Verg.Gr. A 9 Nr. 19 MTV 1996

Mitarbeiter aus Gruppe A 8 Nr. 16 nach spätestens zwei Jahren TÜV-Tätigkeit"

Seit Inkrafttreten des TV-Alt im Jahr 2001 war der Kläger in Vergütungsgruppe A 8 Nr. 2 der Anlage 1 "Eingruppierungsmerkmale" Teil A "Operative Tätigkeit" zum TV-Alt (künftig: Verg.Gr. A 8 Nr. 2 TV-Alt) eingruppiert, die der Sache nach der bisherigen Verg.Gr. A 8 Nr. 17 MTV 1996 entsprach. Der Kläger schloss im Jahr 2002 eine Ausbildung zum staatlich geprüften Maschinenbautechniker ab und übernahm in der Folgezeit selbständige Prüftätigkeiten. Seit 10.07.2002 wurde der Kläger nach Verg.Gr. A 8 Nr. 1 TV-Alt vergütet, ohne dass sich dadurch an der Höhe seiner Vergütung etwas änderte.

Im Jahr 2003 kam es zwischen der Beklagten und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat zu Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit einer Höhergruppierung des Klägers, insbesondere betreffend die Frage der höchstens zu erreichenden Endstufe. Nach Beilegung der Meinungsverschiedenheiten im Oktober 2003 gruppierte die Beklagte den Kläger rückwirkend zum 01.04.2003 in Verg.Gr. A 9 Nr. 1 TV-Alt ein. Auf einer Mitteilung an den Betriebsrat vom Oktober 2003 (vgl. Akten 1. Instanz Bl. 5; I/5) ist in diesem Zusammenhang handschriftlich angemerkt: "Nächste Aufrückung: 01.04.2005". Ferner heißt es in der nächsten Zeile "Endstufe gem. A 11 (3)".

Die Beklagte bezahlte an den Kläger auch über April 2005 hinaus Vergütung nach Verg.Gr. A 9 Nr. 1 TV-Alt. Einen vom Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Vergütung nach Verg.Gr. A 10 Nr. 3 TV-Alt lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 06.10.2005 (I/6 f.) ab. Zwischen den Vergütungsgruppen A 9 Nr. 1 TV-Alt und A 10 Nr. 3 TV-Alt besteht eine monatliche Vergütungsdifferenz von EUR 291,00 brutto. Die diesbezüglichen tariflichen Regelungen haben, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:

"Verg.Gr. A 8 TV-Alt

1) Einstellungsgruppe für Mitarbeiter mit staatl. Techniker- oder einschlägiger Meisterprüfung.

2) Vorrückungsgruppe für Mitarbeiter der Gruppe 7 Nr. 1 und 2, nach 10 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit.

Verg.Gr. A 9 TV-Alt

1) Vorrückungsgruppe für Mitarbeiter der Gruppe A 8 Nr. 1 bei Erteilung amtl. Befugnisse. Mitarbeiter der Gruppe A 8 Nr. 1 bei Durchführung selbständiger Prüftätigkeit spätestens nach 2 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit.

2) Vorrückungsgruppe für Mitarbeiter (ohne selbständige Aufgaben) der Gruppe A 8 Nr. 1 nach 10 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit.

Verg.Gr. A 10 TV-Alt

1) Einstellungsgruppe für Mitarbeiter mit abgeschlossenem Fachhochschulstudium.

2) Vorrückungsgruppe für Mitarbeiter der Gruppe A 9 Nr. 1 mit erweiterten amtlichen Befugnissen und Mitarbeiter der Gruppe A 9 Nr. 1 bei Durchführung entsprechend erweiterter selbständiger Prüftätigkeit nach 8 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit.

3) Vorrückungsgruppe für Mitarbeiter der Gruppe A 9 Nr. 1 (ohne erweiterte amtliche Befugnisse oder ohne erweiterte selbständige Prüftätigkeit) nach 10 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit

Verg.Gr. A 11 TV-Alt

1) Einstellungsgruppe für Mitarbeiter mit abgeschlossenem Fachhochschulstudium und mehrjähriger einschlägiger Berufspraxis.

2) Vorrückungsgruppe für Mitarbeiter der Gruppe A 10 Nr. 1 nach 2 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit.

3) Vorrückungsgruppe für Mitarbeiter der Gruppe A 10 Nr. 2 nach 12 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit.

4) Vorrückungsgruppe für Mitarbeiter der Gruppe A 10 Nr. 3 nach 18 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit."

Mit seiner am 09.11.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 16.11.2005 zugestellten Klage verfolgt der Kläger diesen Anspruch weiter.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe Anspruch auf Vergütung nach Verg.Gr. A 10 Nr. 3 TV-Alt. Dieser Anspruch bestehe für Mitarbeiter der Verg.Gr. A 9 Nr. 1 TV-Alt nach 10 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit. Da er bereits seit 1988 bei der Beklagten beschäftigt sei, habe er das Eingruppierungsmerkmal erfüllt. Trotz der Vereinbarung vom Oktober 2003 und der eindeutigen Regelung im Tarifvertrag verweigere die Beklagte die entsprechende Eingruppierung und Zahlung. Eine 10-jährige Tätigkeit als Techniker sei nicht erforderlich, da dies, anders als beispielsweise bestimmte Regelungen im Bundesangestelltentarifvertrag (BAT), nicht ausdrücklich erwähnt sei. Die Beklagte habe auch bei zwei Eingruppierungsfällen in der Vergangenheit (Herr M. 1994 und Frau S. 1992) bei der Eingruppierung in die damalige Verg.Gr. A 9 Nr. 19 MTV 1996 auf die Gesamtdauer der Tätigkeit bei der Beklagten und nicht auf die Dauer der Tätigkeit in einer bestimmten Vergütungsgruppe abgestellt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.037,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen

aus EUR 291,00 seit dem 01.05.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.06.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.07.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.08.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.09.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.10.2005

sowie aus EUR 291,00 seit dem 01.11.2005

zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, dass der Kläger seit dem 01.04.2005 nach der Vergütungsgruppe A 10 der Anlage 1 A Operative Tätigkeit des Tarifvertrages für Altbeschäftigte TÜV Süddeutschland zu vergüten ist.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, der vom Kläger geltend gemachte Anspruch stehe diesem nicht zu. Eine "bewährte TÜV-Tätigkeit" im Sinne von Verg.Gr. A 10 Nr. 3 TV-Alt sei eine Tätigkeit, die der Tätigkeit der Einstellungsgruppe entspreche. Der Kläger sei als Techniker in Einstellungsgruppe A 8 TV-Alt eingruppiert. Eine Eingruppierung nach Verg.Gr. A 10 Nr. 3 TV-Alt komme erst nach 10 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit als Techniker in Betracht, wie sich aus Wortlaut, Logik und tatsächlicher praktischer Handhabung des Tarifvertrags ergebe. Es gebe keine "Vereinbarung" zwischen Beklagter und Betriebsrat, dass der Kläger zum 01.04.2005 in Verg.Gr. 10 TV-Alt eingruppiert werde. Die vom Kläger erwähnten Arbeitnehmer seien Einzelfälle. Die damalige Eingruppierung von Frau S. sei irrtümlich erfolgt und werde rückgängig gemacht. Die Eingruppierung von Herrn M. betreffe einen anderen Tarifvertrag und sei hinsichtlich der genauen zeitlichen Abfolge nicht mehr nachvollziehbar. Würde man der Rechtsansicht des Klägers folgen, wäre dieser nie in Verg.Gr. A 9 Nr. 1 TV-Alt einzugruppieren gewesen, sondern direkt in Verg.Gr. A 10 Nr. 2 TV-Alt, da er bereits 10 Jahre bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei. So könne der Tarifvertrag nicht verstanden werden.

Das Arbeitsgericht hat mit einem am 27.09.2006 verkündeten Urteil die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger sei zutreffend in Verg.Gr. A 9 Nr. 1 TV-Alt eingruppiert. Ein Anspruch auf Vergütung nach Verg.Gr. A 10 Nr. 3 TV-Alt bestehe nicht, da der Kläger noch nicht 10 Jahre "bewährte TÜV-Tätigkeit" zurückgelegt habe. Darunter sei die Tätigkeit zu verstehen, die der Tätigkeit der Einstellungsgruppe entspreche. Dies ergebe sich aus Wortlaut und Systematik des Tarifvertrages. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, hätte er nie in Verg.Gr. A 8 TV-Alt, sondern gleich in Verg.Gr. 11 TV-Alt eingruppiert werden müssen, was offenkundig nicht dem Sinn und Zweck des Tarifvertrages entspreche.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 04.01.2007 zugestellt. Er wendet sich hiergegen mit seiner Berufung, die am 05.02.2007 (Montag) beim Landesarbeitsgericht einging und die er mit einem am 05.03.2007 (Montag) eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger trägt vor, der Begriff "bewährte TÜV-Tätigkeit" betreffe, anders als vom Arbeitsgericht angenommen, alle Beschäftigungszeiten des Klägers seit 1988. Hierbei sei der von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes abweichende Wortlaut zu beachten. Daher stehe dem Kläger ein Anspruch auf Vergütung nach Verg.Gr. 10 Nr. 3 TV-Alt ab April 2005 zu.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts, Az. 11 Ca 353/05, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.037,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen

aus EUR 291,00 seit dem 01.05.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.06.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.07.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.08.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.09.2005

aus EUR 291,00 seit dem 01.10.2005

sowie aus EUR 291,00 seit dem 01.11.2005

zu zahlen. 3. Es wird festgestellt, dass der Kläger seit dem 01.04.2005 nach der Vergütungsgruppe A 10 der Anlage 1 A Operative Tätigkeit des Tarifvertrages für Altbeschäftigte TÜV Süddeutschland zu vergüten ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das mit der Berufung angegriffene Urteil. Im Monatsgespräch mit dem Betriebsrat im Jahr 2003 sei versehentlich ein weiteres Aufrücken des Klägers am 01.04.2005 mitgeteilt worden. Eine Vereinbarung zu Gunsten des Klägers folge daraus nicht. Im Jahr 2002 sei eine "Erst-Techniker-Eingruppierung" in Verg.Gr. 8 Nr. 1 TV-Alt erfolgt. Die "bewährte TÜV-Tätigkeit" im Sinne der tariflichen Regelung betreffe eine bewährte TÜV-Tätigkeit als Techniker. Die Technikerlaufbahn, die den Weg zu Verg.Gr. A 11 TV-Alt erst eröffne, beginne erst ab erfolgreich bestandener Prüfung und entsprechender Eingruppierung. Die gegenteilige Ansicht des Klägers führe zu dem Ergebnis, dass er niemals in Verg.Gr. 9 TV-Alt hätte eingruppiert werden können, sondern diese "übersprungen" hätte.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze und Anlage Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 600,00 übersteigt, § 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG. Die Berufung ist auch zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung des Klägers ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat seine Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Die Klage des Klägers ist zulässig. Dies gilt insbesondere für den Klageantrag zu 2. (Berufungsantrag zu 3.). Es handelt sich insoweit um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die für den Bereich des öffentlichen Dienstes allgemein als zulässig angesehen wird. Ihr kann auch im Bereich der Privatwirtschaft nicht die Zulässigkeit abgesprochen werden (vgl. Germelmann, ArbGG, 6. Auflage 2008, § 46 Rn. 106, 108 m.w.N.).

2. Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte keine Vergütung nach Verg.Gr. A 10 TV-Alt ab April 2005 zu.

a) Dem Kläger steht der begehrte Anspruch gegen die Beklagte nicht aufgrund der kraft Tarifgebundenheit der Parteien geltenden Regelungen des TV-Alt, insbesondere nicht aufgrund der Eingruppierungsmerkmale der Anlage 1 zu. Dabei ist das Tarifvertragswerk der Beklagten bezüglich der vorliegenden Streitfrage grundsätzlich aus sich heraus auszulegen. Der Hinweis in § 2.1.1 TV-Alt, wonach die Vergütung der Mitarbeiter in Anlehnung an das für Bundesbeamte geltende Besoldungsrecht erfolgt, gibt vorliegend für die Beantwortung der Streitfrage keine Hilfe, da das Besoldungsrecht für Bundesbeamte keinen "Bewährungsaufstieg" kennt. Auf Tarifverträge für Angestellte des öffentlichen Dienstes nimmt das Tarifvertragswerk der Beklagten keinen Bezug.

aa) Die Eingruppierungsmerkmale der Anlage 1 zum TV-Alt Teil A Operative Tätigkeit zeichnet eine strenge Trennung zwischen den Erfordernissen der jeweiligen "Einstellungsgruppe" und der "Vorrückungsgruppe" aus. Dabei werden für die grundlegende Eingruppierung der Arbeitnehmer bestimmte Erfordernisse vorgeschrieben, die jeweils aus den Einstellungsgruppen ersichtlich sind, denen die "bewährten TÜV-Tätigkeiten" gegenübergestellt werden, nach denen sich der weitere tarifliche Aufstieg des Arbeitnehmers richtet (vgl. zum insoweit vergleichbar strukturierten "Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Technischen Überwachungsvereine" [künftig: MTV-TÜV] vom 31.05.1974: BAG, Urteil vom 14.03.1984, 4 AZR 45/82; n.v.; in juris, dort Rn. 36 f.). Die Vergütungsgruppen bauen in der Weise aufeinander auf, dass aus der Eingangsvergütungsgruppe in Verbindung mit den jeweiligen Fallgruppen ("Nummern") ein Bewährungsaufstieg stattfindet. Dabei kommt es für Zeiten des Bewährungsaufstiegs in die "Vorrückungsgruppe" auf Tätigkeiten in der für den Bewährungsaufstieg vorausgesetzten Tätigkeit (d.h. der "Einstellungsgruppe") an (vgl. zum insoweit vergleichbaren MTV-TÜV: BAG, Urteil vom 19.03.1986, 4 AZR 370/84; n.v.; in juris, dort Rn. 24).

bb) Dieses aus der Systematik gewonnene Ergebnis rechtfertigt sich auch aus dem Wortlaut der tarifvertraglichen Vorschrift und einem Vergleich mit dem vorhergehenden MTV 1996. Die Vergütungsgruppen des TV-Alt sehen in der Fallgruppe 1 ("Nr. 1") zumeist (so in den Verg.Gr. A 3, 4, 5, 6, 8, 10, 11, 13, 14) so genannte "Einstellungsgruppen" vor, wobei die anderen Fallgruppen ("Nummern") sowie die kompletten Verg.Gr. A 7, 9, 12, 15 nur "Vorrückungsgruppen" betreffen. Dabei sind bestimmte Aufstiegsmöglichkeiten vorgesehen, die je nach "Einstellungsgruppe" zu einer bestimmten höchsten "Vorrückungsgruppe" führen. So ist beispielsweise von der Einstellungsgruppe Verg.Gr. A 5 Nr. 1 TV-Alt ein Bewährungsaufstieg über die Verg.Gr. A 6 Nr. 2 TV-Alt, zu Verg.Gr. A 7 Nr. 2 TV-Alt bis zu Verg.Gr. A 8 Nr. 2 TV-Alt möglich. Aus der Vorrückungsgruppe A 8 Nr. 2 TV-Alt ist dann im Wege des Bewährungsaufstiegs kein weiteres Vorrücken mehr möglich. Es handelt sich um eine Endstufe. Der in den Vorrückungsgruppen jeweils verwendete Begriff "bewährte TÜV-Tätigkeit" bezieht sich dabei auf die Erfüllung der Anforderungen dieser "Vergütungsgruppenlaufbahn". Denn "bewähren" kann man sich nur in einer bestimmten Tätigkeit. Ohne Bezug zu jedweder konkreten Tätigkeit wäre das Merkmal "Bewährung" inhaltsleer. Nur wenn für die Tätigkeit des Arbeitnehmers überhaupt ein Maßstab besteht, kann erkannt werden, ob dieser sich "bewährt" hat. Mangels jedweder anderen konkreten Eingruppierungsmerkmale in der Anlage 1 kann dieser Maßstab aber nur auf die "Einstellungsgruppe" bezogen werden. Die Einstellungsgruppe ist die Grundlage für die Vergütungsgruppenlaufbahn und damit Maßstab für die als Voraussetzung für die Vorrückungsgruppen geforderte "Bewährung".

cc) Sinn und Zweck einer tariflichen Regelung eines Bewährungsaufstiegs ist der Umstand, dass sich ein Arbeitnehmer während der Bewährungszeit nach bestimmten Merkmalen der tariflichen Vergütungsordnung qualifizierten Tätigkeit über einen längeren Zeitraum bewährt hat. Das Erfordernis der Bewährung ist erfüllt, wenn der Arbeitnehmer während der vorgeschriebenen Bewährungszeit sich den in der ihm übertragenen Tätigkeit auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt hat.

dd) Dies wird auch aus dem historischen Vergleich mit dem vom Kläger in Bezug genommenen MTV 1996 deutlich. Diese tarifliche Regelung kannte noch, insoweit abweichend vom TV-Alt, neben dem Bewährungsaufstieg den reinen Zeitaufstieg. Dies wird daran verdeutlicht, dass beispielsweise die Verg.Gr. A 5 Nr. 3, A 6 Nr. 6, A 6 Nr. 8, A 7 Nr. 11, A 7 Nr. 14 und A 9 Nr. 19 MTV 1996 für ein Vorrücken nur die bestimmte Dauer einer "TÜV-Tätigkeit" verlangt haben, während beispielsweise Verg.Gr. A 6 Nr. 9, A 7 Nr. 12, A 7 Nr. 15, A 8 Nr. 17 und A 8 Nr. 18 für ein Vorrücken die bestimmte Dauer einer "bewährten TÜV-Tätigkeit" erfordern. Daran ist erkennbar, dass bei der Beklagten grundsätzlich zwischen "TÜV-Tätigkeiten" als Voraussetzung für einen Zeitaufstieg und "bewährten TÜV-Tätigkeiten" als Voraussetzung für einen Bewährungsaufstieg unterschieden wird. Bei einem Zeitaufstieg mag der Ablauf bestimmter Zeiten einer Beschäftigungsdauer reichen. Bei einem Bewährungsaufstieg muss dazu aber das Merkmal der Bewährung erfüllt sein. Hierfür ist, wie oben aufgeführt, ein Maßstab erforderlich, der nur den "Einstellungsgruppen" entnommen werden kann, auf die die "Vorrückungsgruppen" aufbauen.

b) Nach diesem Maßstab steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Vergütung nach Verg.Gr. A 10 TV-Alt ab April 2005 zu.

aa) Der Kläger ist nach absolvierter Ausbildung zum staatlich geprüften Maschinenbautechniker im Juli 2002 in Verg.Gr. A 8 Nr. 1 TV-Alt eingruppiert. Das entspricht dem klaren Wortlaut der tarifvertraglichen Regelung und ist zwischen den Parteien der Sache nach unstreitig. Der Kläger hat in der Folgezeit selbständige Prüftätigkeiten übernommen. Zur Frage der eigenen "Bewährung" hat der Kläger zwar nichts vorgetragen. Zu Gunsten des Klägers kann das ebensolche Schweigen der Beklagten zum übrigen Vortrag des Klägers - der sich immerhin auf das Merkmal "Bewährung" bezieht - so gedeutet werden, dass sich der Kläger den Tätigkeiten eines Technikers gewachsen gezeigt hat. Damit war der Kläger "spätestens nach 2 Jahren" in Verg.Gr. A 9 Nr. 1 TV-Alt eingruppiert ("vorgerückt"). Die Beklagte hat ihm entsprechende Vergütung bereits ab 01.04.2003 gezahlt und damit das tarifvertragliche Merkmal "spätestens" eher zu Gunsten des Klägers ausgelegt. Ein weiteres Vorrücken in Verg.Gr. A 10 TV-Alt kommt nicht in Betracht. Der Kläger erfüllt nicht die tarifvertraglichen Merkmale der Verg.Gr. A 10 Nr. 1 TV-Alt ("Einstellungsgruppe"; Mitarbeiter mit abgeschlossenem Fachhochschulstudium). Zu den Merkmalen der Vorrückungsgruppe A 10 Nr. 2 TV-Alt (insbesondere: "erweiterte amtliche Befugnisse" oder "erweiterte selbständige Prüftätigkeit") hat der Kläger nichts vorgetragen. Für ihn kommt am ehesten die Vorrückungsgruppe A 10 Nr. 3 TV-Alt in Betracht, bei der eine "selbständige Prüftätigkeit" im Sinne von Verg.Gr. A 9 Nr. 1 TV-Alt ausreichen würde. Allerdings setzt dies "10 Jahre bewährte TÜV-Tätigkeit" voraus, die der Kläger in dieser Vergütungsgruppenlaufbahn nicht erfüllt.

bb) Der Kläger mag seit Beginn seiner Betriebszugehörigkeit im Jahr 1988 sich den an ihn gestellten Anforderungen gewachsen gezeigt haben. Dies betraf aber bis zum Jahr 2002 nur die Anforderungen der ehemaligen Einstellungsgruppe A 7 Nr. 10 MTV 1996 (Mitarbeiter mit einschlägiger Lehrabschlussprüfung und mehrjähriger Berufspraxis), aufgrund dessen er schließlich die Vorrückungsgruppe A 8 Nr. 2 TV-Alt erreichte. Die neu erfolgte Eingruppierung in die Einstellungsgruppe A 8 Nr. 1 TV-Alt ab Juli 2002 begründet einen anderen Maßstab für die folgend möglichen Vorrückungen, die aus der (End-) Vorrückungsgruppe A 8 Nr. 2 TV-Alt nicht mehr möglich gewesen wären. Die Bewährung als "Mitarbeiter mit einschlägiger Lehrabschlussprüfung und mehrjähriger Berufspraxis" (so die ehemalige Einstellgruppe A 7 Nr. 10 MTV 1996; vgl. jetzt Einstellgruppe A 5 Nr. 1 TV-Alt: "Mitarbeiter mit für die Tätigkeit einschlägiger Lehrabschlussprüfung") gestattet allein ein Vorrücken bis Verg.Gr. A 8 Nr. 2 TV-Alt. Auch bei weitergehender Bewährung in dieser Tätigkeit ist ein weiteres Vorrücken nicht mehr möglich. Dies gestattet nur die Einstellungsgruppe A 8 Nr. 1 als Techniker. Daran sieht man um so mehr, dass die Frage der "Bewährung" in den Vorrückungsgruppen auf die Anforderungen der Einstellungsgruppe bezogen werden muss. Hinsichtlich der Anforderungen der Einstellungsgruppe A 8 Nr. 1 TV-Alt kann sich der Kläger aber erst seit Juli 2002 bewähren. Die für die Vorrückungsgruppe A 10 Nr. 3 TV-Alt erforderliche Bewährungszeit von 10 Jahren war damit im April 2005 noch nicht abgelaufen. Gleiches gilt im Übrigen für die Bewährungszeit von 8 Jahren für die allenfalls noch denkbare Vorrückungsgruppe A 10 Nr. 2 TV-Alt.

c) Dem Kläger steht die begehrte Vergütung auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund zu. Die Änderungsmitteilung der Beklagten an den Betriebsrat vom Oktober 2003 (vgl. I/5) stellt erkennbar keine Vereinbarung mit dem Kläger dar, sondern ist eine bloße Wissenserklärung gegenüber einem Dritten. Ansprüche des Klägers werden dadurch nicht begründet. Es besteht auch kein Anspruch aus betrieblicher Übung oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Hierzu hat der Kläger nichts Substantiiertes vorgetragen. Insbesondere ist die Bezugnahme auf die Arbeitnehmer M. und S. und deren Eingruppierung nach dem früheren MTV 1996 bedeutungslos. Der Kläger weist in diesem Zusammenhang lediglich darauf hin, dass diese Arbeitnehmer unmittelbar nach Ablegung der Meisterprüfung (Einstellungsgruppe A 8 Nr. 16 MTV 1996) gleich in die Entgeltgruppe A 9 Nr. 19 MTV 1996 eingruppiert worden seien. Dabei übersieht der Kläger, dass die Entgeltgruppe A 9 Nr. 19 MTV 1996 einen bloßen Zeitaufstieg ("nach spätestens zwei Jahren TÜV-Tätigkeit") regelt, nicht aber einen Bewährungsaufstieg wie Verg.Gr. A 10 Nr. 3 TV-Alt ("nach 10 Jahren bewährter TÜV-Tätigkeit"). Da es bei Verg.Gr. A 9 Nr. 19 MTV 1996 nicht auf das Merkmal der Bewährung ankommt, spielt es hier auch keine Rolle, im Rahmen welcher "Vergütungsgruppenlaufbahn" die Zeiten der TÜV-Tätigkeit absolviert wurden.

3. Da der Eingruppierungsfeststellungsantrag des Klägers unbegründet ist, erweist sich auch sein bezifferter Zahlungsantrag als unbegründet. Die insoweit geltend gemachte Differenzvergütung würde ihm nur zustehen, wenn er Anspruch auf Vergütung nach Verg.Gr. A 10 TV-Alt hätte.

III.

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision geschieht gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Der Auslegung des tarifvertraglichen Eingruppierungsmerkmals "bewährte TÜV-Tätigkeit" kommt angesichts der Vielzahl von Beschäftigten, für die die Tarifverträge der Firmengruppe der Beklagten gelten, grundsätzliche Bedeutung zu.

Ende der Entscheidung

Zurück