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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 18.02.2009
Aktenzeichen: 13 TaBV 10/08
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, GKG


Vorschriften:

BetrVG § 1 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 2 Abs. 2
BetrVG § 5 Abs. 3
BetrVG § 9
BetrVG § 14 a
BetrVG § 16 Nr. 2
BetrVG § 16 Nr. 2 b
BetrVG § 16 Abs. 2 Satz 3
BetrVG § 17
BetrVG § 17 Abs. 3
BetrVG § 17 Abs. 4
BetrVG § 17 Abs. 4 Satz 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 11
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 2
GKG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 02.10.2008 (8 BV 10/08) wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die antragstellende Gewerkschaft begehrt mit dem von ihr eingeleiteten Beschlussverfahren die Bestellung eines Wahlvorstandes zur erstmaligen Wahl eines Betriebsrates im Betrieb der Arbeitgeberin und Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin stellt in ihrem Betrieb in B., in dem sie jedenfalls 323 (so die Angaben der Antragsgegnerin), nach Auffassung der Antragstellerin sogar etwa 800, wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt Tiernahrung für Hunde und Katzen her. Bislang wurde im Betrieb der Antragsgegnerin kein Betriebsrat gewählt. Es besteht auch weder ein Gesamt- oder Konzernbetriebsrat. Mit Einschreiben vom 14.04.2008 (vgl. Akten 1. Instanz Bl. 64 d.A.; I/64) teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie zu einer Betriebsversammlung am 30.04.2008 in den Räumen der Antragsgegnerin einlade, um die Wahl eines Betriebsrates einzuleiten und bat um Weiterleitung der Einladung an alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Dies wies die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24.04.2008 (vgl. I/66-68) zurück und verweigerte Gewerkschaftssekretären den Zugang zum Betrieb. Im Betrieb der Antragsgegnerin wurde am 15.04.2008 eine Mitarbeiterversammlung durchgeführt, bei der auch die Wahl eines Betriebsrates erörtert aber jedenfalls kein Wahlvorstand bestellt wurde. In der Folgezeit sprach die Antragsgegnerin gegenüber mehreren Arbeitnehmern, von denen jedenfalls einige, nach Angaben der Antragstellerin sämtliche, Mitglied der antragstellenden Gewerkschaft sind eine Reihe ordentlicher und außerordentlicher Kündigungen aus.

Mit ihrem am 29.05.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Antragsgegnerin am 09.06.2008 zugestellten Antrag begehrt die antragstellende Gewerkschaft die Einsetzung eines Wahlvorstandes zur Wahl eines Betriebsrates im Betrieb B. der Antragsgegnerin, bestehend aus betriebsfremden Personen.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich vorgetragen, auf ihren Antrag sei ein Wahlvorstand zur Wahl eines Betriebsrats im Betrieb der Antragsgegnerin in B. zu bestellen. Sie sei eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft, da ihr mindestens ein, nicht zu den leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG gehörender Arbeitnehmer des Betriebs als Mitglied angehöre. Es komme nicht darauf an, ob die Antragstellerin für den Betrieb der Antragsgegnerin sachlich zuständig sei. Im vorliegenden Fall liege aber sogar eine Tarifzuständigkeit der Antragstellerin für die Antragsgegnerin vor, wie sich aus der Satzung der Antragstellerin ergebe (vgl. Schriftsatz vom 27.08.2008, dort Seite 2 f.; I/58 f.). Die Antragstellerin könne aus eigenem Recht die Bestellung eines Wahlvorstandes beantragen und bedürfe hierzu keiner Ermächtigung durch Mitglieder. Auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 BetrVG seien erfüllt. Entgegen den Angaben der Antragsgegnerin gebe es auch keinen Verzicht der Belegschaft auf die Wahl eines Betriebsrates. Da keine ausreichende Anzahl von Arbeitnehmern des Betriebes zur Ausübung des Amtes als Wahlvorstand bereit sei, seien die von ihr benannten Mitarbeiter der antragstellenden Gewerkschaft beziehungsweise des Deutschen Gewerkschaftsbundes in den Wahlvorstand zu bestellen, welche sich mit Schreiben jeweils vom 09.06.2008 (vgl. I/16-18) auch mit der Übernahme des Amtes einverstanden erklärt hätten. Dies gelte umso mehr als die Antragsgegnerin bekundet habe, in ihrem Betrieb keinen Betriebsrat zu wünschen. Zudem sei abzusehen, dass die sehr förmliche Wahl aufgrund der erstmaligen Einrichtung eines Betriebsrats und des damit verbundenen schon jetzt spürbaren Widerstandes der Antragsgegnerin von den Arbeitnehmern des Betriebs nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden könne. Im Betrieb der Antragsgegnerin bestehe die begründete Gefahr, dass ein Arbeitnehmer bei Bekanntwerden seiner Gewerkschaftszugehörigkeit Belastungen in seinem Arbeitsverhältnis ausgesetzt sei, wie sich aufgrund der Kündigung von sieben Gewerkschaftsmitgliedern und der Rücknahme von drei Kündigungen gegenüber solchen Mitarbeitern, die dann aus der Gewerkschaft ausgetreten seien, zeige. Daher könne der Nachweis, dass Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglieder der Antragstellerin seien nur in einer solchen Weise erbracht werden, dass der Antragsgegnerin die Namen der betreffenden Mitarbeiter nicht bekannt würden.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt:

Im Betrieb der Antragsgegnerin in der R. Straße, B. wird zur Durchführung der Betriebsratswahl ein aus drei Personen bestehender Wahlvorstand bestellt.

Der Wahlvorstand setzt sich zusammen aus

1. Herrn C. S. als Vorsitzender,

2. Herrn E. C. als weiteres Mitglied und

3. Herrn W. Z. als weiteres Mitglied

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Antrag zurückzuweisen,

hilfsweise für den Fall, dass ein Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht Karlsruhe bestellt wird,

den Wahlvorstand zusammenzusetzen aus

1. Herrn Dr. G. K. als Vorsitzenden,

2. Herrn T. M. als weiteres Mitglied und

3. Herrn M. L. als weiteres Mitglied.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich vorgetragen, der Antrag sei bereits unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt, da sie keine im Betrieb vertretene Gewerkschaft sei. Die Antragstellerin sei bereits nach ihrer eigenen Satzung sachlich für die Antragsgegnerin, die ausschließlich im Bereich Tierfuttermittel für Haustiere tätig sei, nicht zuständig. Es sei auch kein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der Antragstellerin. Zumindest sei solches der Antragsgegnerin nicht bekannt. Es fehle auch an der erforderlichen Ermächtigung der Antragstellerin durch Mitglieder, die Arbeitnehmer der Antragsgegnerin seien, zur Durchführung des vorliegenden Verfahrens. Der Antrag sei auch unbegründet. § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG setze unter anderem voraus, dass trotz Einladung keine Betriebsversammlung stattgefunden habe. Eine solche Einladung habe nicht vorgelegen. Das Schreiben der Antragstellerin vom 14.04.2008 genüge nicht den Anforderungen, da es gegen das Gebot einer vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoße. Dies ersehe man daraus, dass es zuvor keinen Kontakt zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gegeben habe und die Antragstellerin die Form eines Einschreibens gewählt habe. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung genüge nicht zum Nachweis, dass Mitglieder der Antragstellerin Arbeitnehmer der Antragsgegnerin seien. Ferner lägen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht vor. Die Vorschrift sei teleologisch zu reduzieren. Es bedürfe im Betrieb der Antragsgegnerin keines Betriebsrates. Es handele es sich um ein familiengeführtes Unternehmen mit flachen Hierarchien, bei der die Türen der Geschäftsführung für jeden offen stünden. Zudem könnten sich die Beschäftigten auch über einen Kummerkasten anonym an die Geschäftsführung wenden, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Die Errichtung eines Betriebsrates würde den direkten Kontakt zwischen der Geschäftsführung und den Arbeitnehmern nur unnötig erschweren. Bei der Mitarbeiterversammlung am 15.04.2008 habe etwa die Hälfte der Arbeitnehmer teilgenommen und einvernehmlich auf die Wahl eines Betriebsrates verzichtet. Die von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Kündigungen hätten nichts mit einer Gewerkschaftsmitgliedschaft der Arbeitnehmer zu tun. Hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass ein Wahlvorstand grundsätzlich aus den Reihen der Arbeitnehmer zu bilden sei. Deshalb seien zumindest die von der Antragsgegnerin benannten Mitarbeiter als Wahlvorstand zu bestellen, die mit Schreiben vom 22.07.2008 (vgl. I/45 f.) beziehungsweise 23.07.2008 (vgl. I/46) dazu ihr Einverständnis erklärt hätten.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich zum Nachweis, dass mindestens ein wahlberechtigter Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der antragstellenden Gewerkschaft ist, eine eidesstattliche Versicherung des Gewerkschaftssekretärs C. S. (vgl. I/15) vorgelegt. Auf Vorschlag des Vorsitzenden der Kammer des Arbeitsgerichts (vgl. Verfügung vom 24.06.2008; I/21), mit dem beide Beteiligte einverstanden waren, hat die Antragsgegnerin eine Liste der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer mit Namen und Geburtsdatum (vgl. I/50-56) und die Antragstellerin eine Liste der ihrer Auffassung nach im Betrieb beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder unter Nennung von Namen und Geburtsdatum bei Gericht eingereicht. Die zuletzt genannte Liste der antragstellenden Gewerkschaft hat das Arbeitsgericht nicht zur Gerichtsakte genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit einem am 02.10.2008 verkündeten Beschluss für den Betrieb der Antragsgegnerin in B. einen aus drei Personen bestehenden Wahlvorstand, nämlich Herrn C. S. als Vorsitzenden und Herrn T. M. sowie Herrn M. L. als weitere Mitglieder, bestellt und im Übrigen die Anträge der Beteiligten zurückgewiesen. Der Antrag der Antragstellerin sei zulässig. Die Antragstellerin sei antragsbefugt, da sie eine im Betrieb der Antragsgegnerin vertretene Gewerkschaft sei. Aufgrund der der Kammer vorliegenden Namenslisten habe sich diese die Überzeugung bilden können, dass im Betrieb der Antragsgegnerin mehrere Arbeitnehmer beschäftigt würden, die Mitglied der Antragstellerin seien. Unter anderem aufgrund des Vortrags der Antragsgegnerin zu flachen Hierarchieebenen sei auch davon auszugehen, dass es sich nicht um leitende Angestellte handele. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin setze nicht voraus, dass diese für die Antragsgegnerin auch tarifzuständig sei, solange kein Missbrauchsfall vorliege. Darüber hinaus sei aber auch von einer solchen Tarifzuständigkeit auszugehen. Einer Ermächtigung der Antragstellerin durch Mitglieder bedürfe es für das Verfahren nicht. Auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 BetrVG lägen vor. Auf einen etwaigen Verzicht der anwesenden Mitarbeiter auf eine Betriebsratswahl komme es nicht an, da die Antragstellerin ein eigenes Antragsrecht habe. Als Vorsitzender des Wahlvorstandes sei Herr C. S. als Betriebsfremder zu bestimmen, da ausschließlich seine Kompetenz als Gewerkschaftssekretär gewährleiste, dass eine ordnungsgemäße Betriebsratswahl in rechtlich verlässlicher Weise durchgeführt werden könne. Das folge aus der rechtlichen Schwierigkeit der Materie und der deutlich erkennbaren Haltung der für die Antragsgegnerin handelnden Personen, die Arbeitnehmer nicht selbst entscheiden lassen zu wollen, sowie dem sich aufdrängenden Verdacht, die Wahl eines Betriebsrates mit allen Mitteln, bis an die Grenze der Rechtswidrigkeit, verhindern zu wollen. Ferner habe die Kammer nicht ausschließen können, dass es sich bei dem von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Herrn Dr. K. um einen leitenden Angestellten handele. Die Beisitzer des Wahlvorstandes seien aus der Belegschaft zu bestimmen, da es insoweit kein Erfordernis für die Bestellung betriebsfremder Personen gebe.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde der Antragsgegnerin am 29.10.2008 zugestellt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer Beschwerde, die am 13.11.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist und die sie mit einem am 29.12.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Antragsgegnerin trägt vor, die Antragstellerin sei keine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Dies habe das Arbeitsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, da sich die angeblich von der Antragstellerin vorgelegte Liste nicht in der Akte befinde, was zu einer Verkürzung der Rechte der Antragsgegnerin führe. Die Antragstellerin müsse die Namen der Gewerkschaftsmitglieder offenbaren. Es sei ferner erforderlich, dass die Antragstellerin für den Betrieb der Antragsgegnerin tarifzuständig sei, was nicht gegeben sei. Der Gesetzeswortlaut müsse ferner systemkonform dahin eingeschränkt werden, dass eine Gewerkschaft nur dann zur Antragstellung befugt sei, wenn sie von Mitgliedern dazu ermächtigt worden sei. Bei der Mitarbeiterversammlung am 15.04.2008 sei von den Mitarbeitern einvernehmlich auf die Gründung eines Betriebsrates verzichtet worden. Niemand habe dort die Gründung eines Betriebsrates gefordert. Vielmehr sei die Frage der Geschäftsleitung, ob jemand an der Gründung eines Betriebsrates Interesse habe, von den anwesenden Mitarbeitern verneint worden. Im Rahmen des Hilfsantrages sei zumindest auch der Vorsitz des Wahlvorstandes mit einem betriebsangehörigen Arbeitnehmer zu besetzen. Es liege keine Erforderlichkeit für die Bestellung eines betriebsfremden Wahlvorstandsvorsitzenden vor. Die Erwägungen des Arbeitsgerichts hierzu seien fehlerhaft. Es könne einem Arbeitgeber nicht zum Nachteil gereichen, wenn er sich auf die geltende Rechtslage berufe. Herr Dr. K. sei auch kein leitender Angestellter. Herr C. S. sei persönlich nicht geeignet, als Vorsitzender des Wahlvorstandes bestellt zu werden, insbesondere weil er sich im Vorfeld und im Laufe des Verfahrens in einer Weise öffentlich geäußert habe, der es der gebotenen Neutralität für die Ausübung des Amtes mangele.

Die Antragsgegnerin beantragt:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts (8 BV 10/08) vom 02.10.2008 wird aufgehoben. Die Anträge werden abgewiesen.

2. Hilfsweise für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Wahlvorstands vorliegen, wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe (8 BV 10/08) vom 02.10.2008 hinsichtlich der Bestellung von Herrn C. S. als Vorsitzender des Wahlvorstandes aufgehoben und Herr Dr. G. K. als Vorsitzender des Wahlvorstandes bestimmt.

Die Antragstellerin beantragt,

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 02.10.2008 - Az 8 BV 10/08 wird zurückgewiesen.

2. Der Hilfsantrag der Antragsgegnerin wird abgewiesen.

Die Antragstellerin verteidigt den angegriffenen Beschluss. Das Arbeitsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Antragstellerin eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft sei. Die Vorgehensweise sei nicht zu beanstanden und von den Beteiligten akzeptiert worden. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Auf die Tarifzuständigkeit komme es nicht an, unbeschadet, dass diese ausweislich der Satzung ohnehin gegeben sei. Die Antragstellerin habe ein eigenes Antragsrecht, so dass es keiner Ermächtigung durch Mitglieder bedürfe. Das Arbeitsgericht habe zu Recht Herrn C. S. als Vorsitzenden des Wahlvorstandes eingesetzt. Es sei davon auszugehen, dass die Installierung eines Betriebsrates weiter aktiv erschwert werde und die Antragsgegnerin Druck auf die Mitglieder des Wahlvorstandes ausüben werde, um die Wahl eines Betriebsrates zu verhindern. Dies zeigten bereits die von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Kündigungen gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern. Ein schädlicher Einfluss auf die Betriebsratswahl könne nur dann verhindert werden, wenn ein Externer Wahlvorstandsvorsitzender werde. Herr C. S. habe als Gewerkschaftssekretär, zu dessen Aufgabe gerade die Unterstützung von Wahlvorständen gehöre, hierzu auch die fachliche Eignung. Die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer hätten zudem keine Erfahrung mit der Arbeit eines Wahlvorstandsmitglieds.

Die Kammer des Landesarbeitsgerichts hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S. und C.. Hinsichtlich der Aussagen der Zeugen wird auf das Protokoll vom 18.02.2009 Bezug genommen. Ferner lag der Kammer die beglaubigte Abschrift einer von Notar Dr. J. M. zu UR Nr. 190/2009 aufgenommenen eidesstattlichen Versicherung des Herrn C. S. sowie die Ausfertigung einer von Notar Dr. J. M. zu UR Nr. 189/2009 aufgenommenen Tatsachenbescheinigung, jeweils vom 06.02.2009, vor, auf welche Bezug genommen wird.

II.

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 87 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig.

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist aber nicht begründet und war daher zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat zu Recht einen Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl im Betrieb der Antragsgegnerin in B. bestehend aus Herrn C. S., Herrn T. M. und Herrn M. L. bestellt. Die hiergegen von der Antragsgegnerin in der Beschwerdeinstanz erhobenen Einwendungen verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg.

a) Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es sich bei der Antragstellerin um eine im Betrieb der Antragsgegnerin vertretene Gewerkschaft im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG handelt.

aa) Die antragstellende Gewerkschaft kann den erforderlichen Beweis, im Betrieb der Antragsgegnerin vertreten zu sei, auch mittelbar führen, ohne den Namen ihres im Betrieb beschäftigten Mitglieds zu benennen (vgl. BAG, Beschluss vom 25.03.1992, 7 ABR 65/90, NZA 1993, 134 ff. m.w.N.; vgl. auch BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschluss vom 21.03.1994, 1 BvR 1485/93, NZA 1994, 891 f.). Allerdings hat in einem solchen Fall eine besonders sorgfältige und intensive Prüfung der Gerichte für Arbeitssachen zu erfolgen, ob der erforderliche Nachweis im Rahmen mittelbarer Beweisführung von der antragstellenden Gewerkschaft erbracht wurde. Dieser Nachweis ist nach der Überzeugung der Kammer im vorliegenden Fall erbracht.

bb) Der Umstand, dass mindestens ein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der Antragstellerin ist, ergibt sich aus der Tatsachenbescheinigung des Notars Dr. J. M. zu UR Nr. 189/2009 vom 06.02.2009. Darin wird festgestellt, dass eine männliche Person auf sie ausgestellte Lohnabrechnungen der Antragsgegnerin für die Monate Oktober bis Dezember 2008 erhalten hat und die in den Abrechnungen ausgewiesenen Beträge auch auf den Kontoauszügen der Person auftauchen. Ferner ist im Kontoauszug für den Monat Dezember 2008 die Überweisung eines Betrages an die antragstellende Gewerkschaft dokumentiert. Schließlich hat die Person einen Auszug aus der Datenbank der antragstellenden Gewerkschaft vom 03.02.2008 vorgelegt, in der eine Mitgliedschaft dieser Person seit Mai 2008 dokumentiert ist. Diese Feststellungen werden abgerundet durch die gegenüber dem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung von Herrn Gewerkschaftssekretär C. S. zu UR 190/2009, wonach die zu UR 189/2009 festgestellten Tatsachen zutreffen und die mit ihm beim Notar erschienene Person Mitglied der Antragstellerin ist. Aus diesen Umständen schließt die Kammer auf die Tatsache, dass mindestens ein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der Antragstellerin ist. Nachvollziehbare Zweifel daran, dass es sich bei der erschienenen Person um ein Gewerkschaftsmitglied handelt, bestehen nicht. Dies ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung des Gewerkschaftssekretärs, vor allem aber aus dem Auszug aus der Datenbank der Gewerkschaft und der Überweisung eines Betrages an die Gewerkschaft. Allerdings sind theoretische Zweifel denkbar, die auch bei dieser Konstellation dazu führen können, dass es sich bei der beim Notar erschienenen Person nicht (mehr) um einen Arbeitnehmer der Antragsgegnerin handelt, etwa weil sein Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich (außerordentlich) gekündigt worden ist, oder die vorgelegten Unterlagen von vornherein auf einer Fälschung beruhen. Dies sind aber nur theoretische Überlegungen, für die es im vorliegenden Fall keine konkreten Anhaltspunkte gibt. So behauptet nicht einmal die Antragsgegnerin selbst, dass erst kürzlich (außerordentliche) Kündigungen von Arbeitsverhältnissen ausgesprochen worden sind. Soweit gegenüber Arbeitnehmern Kündigungen erfolgten, sind diese bereits vor mehreren Monaten ausgesprochen worden. Neuerliche Kündigungen, die erst kurzfristig erfolgten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Es gibt auch keinen Anhaltspunkt für eine Fälschung der vorgelegten Unterlagen, so dass dem Beweisantrag der Antragsgegnerin, den Notar darüber zu vernehmen, ob ihm Originale oder nur Kopien vorgelegt worden sind, nicht weiter nachgegangen zu werden brauchte. Schon aus dem Inhalt der Tatsachenbescheinigung zu UR 189/2009 geht hervor, dass dem Notar Originale vorgelegt worden sind. Der Notar unterscheidet nämlich zwischen "Unterlagen", die ihm vorgelegt wurden (Punkt 2. der Bescheinigung) und "Kopien" dieser Unterlagen (Punkt 3. der Bescheinigung), die er zu seiner Nebenakte genommen hat. Nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine Fälschung gibt es nicht. Es wäre im übrigen rechtsfehlerhaft, einen Beweis deshalb als nicht erbracht anzusehen, weil eine absolute, über jeden Zweifel erhabene Gewissheit nicht gewonnen werden konnte (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 26. Auflage 2007, § 286 Rn. 19). Es reicht insoweit eine Gewissheit, welche vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGHZ 53, 245, 256). Vorliegend bestehen nach den vorgelegten notariellen Urkunden keine vernünftigen Zweifel mehr daran, dass mindestens ein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der Antragstellerin ist. Als im Termin präsente Beweismittel konnten die von der Antragstellerin vorgelegten Urkunden auch nicht als verspätet zurückgewiesen werden (vgl. Germelmann u.a., ArbGG, 6. Auflage 2008, § 67 Rn. 9).

cc) Unabhängig vom Vorstehenden ist der Beweis der Tatsache, dass mindestens ein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der Antragstellerin ist, auch durch die Aussage des Zeugen S. erbracht. Der Zeuge S. hat im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Landesarbeitsgericht bekundet, dass sogar mehrere Mitglieder der Antragstellerin Arbeitnehmer der Antragsgegnerin sind. Der Zeuge S. erschien bei dieser Aussage persönlich glaubwürdig. Er hat ruhig und sachlich, ohne Eifer vorgetragen, sich intensiv auf die Umstände seines persönlichen Erlebens besonnen und keinen Eindruck einer Parteilichkeit erweckt. Dabei war allerdings zu würdigen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Gewerkschaftssekretär in einem besonderen Näheverhältnis zur Antragstellerin steht und er aufgrund des Umstandes, dass er selbst von der Antragstellerin als Wahlvorstandsvorsitzender benannt worden ist, in besonderer Weise auch selbst von dem Verfahren betroffen ist. Gleichwohl erweckte der Zeuge, der intensiv über seine Wahrheitspflicht vor Gericht belehrt worden ist, anlässlich seiner Vernehmung nicht den Eindruck, dass er sich nicht von seiner Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage leiten ließe. Vielmehr war erkennbar, dass sich der Zeuge seiner Pflichten bewusst gewesen ist und er auch danach handelte, was man an seinem abwägenden, detaillierten und sachlichen Äußerungen erkennen konnte. Die Angaben des Zeugen S. sind auch in der Sache glaubhaft und schlüssig. So konnte der Zeuge S. aus eigenem Erleben schildern, warum er weiß, dass die von ihm gemeinten Personen Mitglied der Antragstellerin sind. Er hat sich nach seinen schlüssigen Angaben bereits im Vorjahr mit ihnen getroffen, wobei sie angegeben haben, dass sie Arbeitnehmer der Antragsgegnerin sind und die Gründung eines Betriebsrates anstrebten. Im Anschluss an diese Besprechung sind die Personen dann Mitglied der Antragstellerin geworden, da der Zeuge S. ihnen mitteilte, dass die Antragstellerin nur dann tätig werden könne, wenn sie im Betrieb der Antragsgegnerin vertreten sei. Eine der Personen hat der Zeuge S. später auf dem Werksgelände der Antragsgegnerin gesehen. Er kann ausschließen, dass es sich bei den bei ihm erschienenen Personen um Leiharbeitnehmer gehandelt hat, da er ihre Abrechnungen gesehen hat, aus denen sich die Antragsgegnerin als Arbeitgeberin ergab. Der Zeuge S. hat auch bekundet, dass die Person, die er zum Notar begleitet hat, ein Arbeitnehmer ist, dessen Arbeitsverhältnis nicht von der Antragsgegnerin gekündigt war. Angesichts dieser Umstände sind vernünftige Zweifel daran ausgeschlossen, dass ihm Betrieb der Antragsgegnerin ein Arbeitnehmer beschäftigt wird, der Mitglied der Antragsgegnerin ist. Soweit man dennoch im Rahmen theoretischer Überlegungen gegenteilige Fallkonstellationen konstruieren wollte, kommt dem keine praktische Relevanz zu, da es auf eine "absolute" Gewissheit nicht ankommt, solange nur mangels vernünftiger Zweifel die persönliche Überzeugung von den Tatsachen gewonnen werden kann. Der Zeuge S. hat auch ausgesagt, dass die ihm bekannten Arbeitnehmer in der Produktion beschäftigt und beispielsweise nicht zur selbständigen Einstellung und Entlassung anderer Arbeitnehmer berechtigt seien. Dazu hat anlässlich der Zeugenvernehmung der Vertreter der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass es im Betrieb der Antragsgegnerin überhaupt keine leitenden Angestellten gebe, so dass ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei den vom Zeugen S. beschriebenen Arbeitnehmern um solche im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG handelt.

dd) Unabhängig von den Ausführungen unter bb) und cc) ist der Beweis der Tatsache, dass mindestens ein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der Antragstellerin ist, zumindest aus einer Zusammenschau der vorgelegten notariellen Urkunden, der Aussage des Zeugen S. und der dieses abrundenden Aussage des Zeugen C. erbracht. Der Zeuge C. hat ausgesagt, dass sogar mehrere Mitglieder der Antragstellerin Arbeitnehmer der Antragsgegnerin sind. Der Zeuge C. ist ebenfalls persönlich glaubwürdig. Auch er hat nach intensiver Belehrung über seine Wahrheitspflicht vor Gericht ruhig, besonnen und ohne Eifer ausgesagt. Auch unter Berücksichtigung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Antragstellerin sind keine Umstände bei seiner Vernehmung erkennbar gewesen, die seine persönliche Glaubwürdigkeit in Zweifel ziehen könnten. Auch die Aussage des Zeugen C. ist glaubhaft und schlüssig. Jedenfalls in der Zusammenschau mit den anderen Beweismitteln ergibt sich daraus der Nachweis der Tatsache, dass mindestens ein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der Antragstellerin ist. Der Zeuge C. war bei dem Vorbereitungstreffen zur Gründung eines Betriebsrates persönlich mit dabei und kennt einige Personen von Angesicht zu Angesicht. Er kann aus eigenem Wissen bekunden, das es sich bei diesen Personen um Gewerkschaftsmitglieder handelt. Der Umstand, dass es sich bei den Personen um Arbeitnehmer der Antragsgegnerin handelt, kann er zwar nur aus deren eigenen Angaben herleiten, unter anderem im Zusammenhang mit Gesprächen mit ihnen und mit dem von ihnen ausgefüllten Formular anlässlich der Gewerkschaftseintritts. Lohnabrechnungen der Personen, auf denen die Antragsgegnerin als Arbeitgeberin angegeben ist, hat der Zeuge C. nicht gesehen. Theoretisch ist der Fall denkbar, dass all diese Personen gegenüber dem Zeugen C. und im Rahmen ihrer Beitrittsformulare falsche Angaben über ihren Arbeitgeber gemacht haben. Dies ist aber als abstrakt-theoretischer Fall anzusehen, da auch keine Motivation erkennbar wäre, warum Personen ein Unternehmen als Arbeitgeber angeben sollten, in dem sie in Wahrheit gar nicht beschäftigt sind, wenn sie sich mit dem Anliegen der Gründung eines Betriebsrates an eine Gewerkschaft wenden. Daher sind auch insoweit, jedenfalls in einer Zusammenschau aller Beweismittel, keine vernünftigen Zweifel an der Tatsache gegeben, dass mindestens ein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin Mitglied der Antragstellerin ist. Die Aussagen des Zeugen C. zu dem Inhalt der bei der Antragstellerin geführten Datenbank bestätigen auch die Aussage, dass es sich um ungekündigte Arbeitsverhältnisse handelt, da es insoweit keine Eintragungen in der Datenbank gibt. Es ist keine naheliegende Vorstellung, dass sich ein gekündigtes Gewerkschaftsmitglied nicht rechtssuchend an seine Gewerkschaft wendet oder ausgerechnet dieses versehentlich nicht in der Datenbank eingetragen wird.

b) Es ist nicht erforderlich, dass die Antragstellerin für den Betrieb der Antragsgegnerin tarifzuständig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. insbesondere BAG, Beschluss vom 10.11.2004, 7 ABR 19/04, NZA 2005, 426 ff.), der sich die erkennende Kammer anschließt, gilt insoweit Folgendes:

aa) Eine Gewerkschaft ist im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes im Betrieb vertreten, wenn ihr mindestens ein Arbeitnehmer des Betriebs angehört (BAG 4. November 1960 - 1 ABR 4/60 - BAGE 10, 154 = AP BetrVG § 16 Nr. 2, zu 2 b der Gründe; 25. März 1992 - 7 ABR 65/90 - BAGE 70, 85 = AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 2 Nr. 14, zu B I 1 der Gründe). Dazu ist nicht erforderlich, dass die Gewerkschaft für den Betrieb oder das Unternehmen tarifzuständig ist. Die Tarifzuständigkeit reicht für das Vertretensein einer Gewerkschaft im Betrieb allein nicht aus (BAG 25. März 1992 - 7 ABR 65/90 - aaO, zu B I der Gründe). Sie ist auch nicht zusätzlich zu der Repräsentation durch eines ihrer Mitglieder im Betrieb erforderlich. Das ergibt die Auslegung von § 17 Abs. 4 BetrVG. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist die Antragsbefugnis nach § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG davon abhängig, dass die Gewerkschaft im Betrieb vertreten ist. Vertreten sein bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch anwesend, vorhanden sein (vgl. Wahrig Deutsches Wörterbuch). Das Vertretensein im Betrieb setzt daher eine personelle Präsenz der Gewerkschaft durch mindestens ein eigenes Mitglied im Betrieb voraus (BAG 25. März 1992 - 7 ABR 65/90 - BAGE 70, 85 = AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 2 Nr. 14, zu B I 1 der Gründe). Anhaltspunkte dafür, dass die Gewerkschaft zusätzliche Voraussetzungen erfüllen muss, um einen Antrag nach § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG stellen zu können, lassen sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Aus dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Bestimmungen und dem daraus zu ermittelnden Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich ebenfalls nicht, dass das Vertretensein der Gewerkschaft in dem Betrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG deren Tarifzuständigkeit voraussetzt. Der Gesetzgeber hat einer "im Betrieb vertretenen Gewerkschaft" nicht nur die Antragsbefugnis zur Bestellung eines Wahlvorstands gemäß § 17 Abs. 4, § 16 Abs. 2 BetrVG eingeräumt, sondern ihr eine ganze Reihe betriebsverfassungsrechtlicher Rechte zugebilligt, z.B. das Recht, bei einer Betriebsratswahl Wahlvorschläge zu machen (§ 14 Abs. 3 BetrVG), in betriebsratslosen Betrieben zu einer Wahlversammlung zwecks Wahl eines Wahlvorstands einzuladen (§ 17 Abs. 3 BetrVG), den Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats zu beantragen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG), im Falle der groben Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten durch den Arbeitgeber von diesem Unterlassung zu verlangen (§ 23 Abs. 3 BetrVG), an Betriebsratssitzungen und Betriebs- und Abteilungsversammlungen teilzunehmen (§§ 31, 46 BetrVG) etc. Dazu hat der Arbeitgeber den Beauftragten der Gewerkschaft nach § 2 Abs. 2 BetrVG Zutritt zum Betrieb zu gewähren. Diese Vorschriften sollen es den Gewerkschaften ermöglichen, ihre Rechte aus Art. 9 Abs. 3 GG zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder auf betrieblicher Ebene wahrzunehmen und ihre Mitglieder und die von ihnen gewählten Betriebsräte bei der Wahrnehmung ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechte zu unterstützen. Durch das Antragsrecht nach § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG können die Gewerkschaften das Verfahren zur Wahl eines Betriebsrats in Gang setzen und damit zur Schaffung einer Interessenvertretung ihrer Mitglieder im Betrieb beitragen. Dazu ist die Tarifzuständigkeit der Gewerkschaft nicht erforderlich. Die den Gewerkschaften durch das Betriebsverfassungsgesetz zugewiesenen Rechte dienen nicht dem Abschluss von Tarifverträgen. Deshalb ist es vom Zweck der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen her nicht geboten, als im Betrieb vertretene Gewerkschaften nur solche anzusehen, die für den Betrieb tarifzuständig sind. Es reicht vielmehr aus, dass die Gewerkschaft durch mindestens ein Mitglied im Betrieb repräsentiert ist. Für die Frage, ob eine Gewerkschaft im Sinne von § 17 Abs. 4 BetrVG im Betrieb vertreten ist, kommt es grundsätzlich auch nicht darauf an, ob das im Betrieb beschäftigte Gewerkschaftsmitglied die Voraussetzungen der Satzung für die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft erfüllt. Die Gewerkschaft entscheidet auf Grund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Koalitionsfreiheit selbst, in welchen Wirtschaftsbereichen sie sich betätigt und welchen Arbeitnehmerkreis sie vertreten will. Das geschieht regelmäßig durch Festlegung in der Satzung. Deshalb obliegt auch die Prüfung der Frage, ob ein Arbeitnehmer die in der Satzung bestimmten Voraussetzungen für die Mitgliedschaft erfüllt und ob er als Mitglied aufgenommen wird, der Gewerkschaft. Der Umstand, dass von der Gewerkschaftsmitgliedschaft des Arbeitnehmers auch Rechtspositionen des Arbeitgebers - unter anderem betriebsverfassungsrechtlicher Art - betroffen sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dies ist eine aus Art. 9 Abs. 3 GG resultierende Rechtsfolge, die der Arbeitgeber grundsätzlich hinzunehmen hat. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Arbeitnehmer von der Gewerkschaft als Mitglied aufgenommen wurde, obwohl er die nach der Satzung erforderlichen Voraussetzungen dafür offenkundig und zweifelsfrei nicht erfüllt. Das Tätigwerden der Gewerkschaft für dieses Mitglied ist dann von ihrer eigenen, in Ausübung der Koalitionsfreiheit erlassenen Satzung offensichtlich nicht gedeckt. Die Wahrnehmung auf dieser Mitgliedschaft beruhender gewerkschaftlicher Befugnisse in dem Betrieb des Arbeitgebers ist in diesem Fall auch unter Berücksichtigung der der Gewerkschaft nach Art. 9 Abs. 3 GG zustehenden Rechte nicht schützenswert. Aus einer mutwilligen Missachtung der eigenen Satzung kann die Gewerkschaft keine Rechte herleiten.

bb) Vorliegend liegt sogar eine Tarifzuständigkeit der antragstellenden Gewerkschaft für den Betrieb der Antragsgegnerin nahe. Jedenfalls kann nicht angenommen werden, nach den Bestimmungen der Satzung der Antragstellerin sei eine Tarifzuständigkeit "offensichtlich und zweifelsfrei" nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin beschäftigt sich in ihrem Betrieb mit der Herstellung von Tierfutter für Katzen und Hunde. Nach Nr. 11 der Satzung der Antragstellerin ist diese zuständig für Betriebe, soweit sie insbesondere die Produktion von Nahrungs-, Genuss- und Futtermitteln betreiben. Diese beispielhafte Bezugnahme auf Futtermittelbetriebe in der Satzung lässt es ausgeschlossen sein, dass die Aufnahme von Mitarbeitern der Antragsgegnerin als Mitglieder der Antragstellerin offensichtlich und zweifelsfrei von der Satzung nicht gedeckt wäre. Zum einen ist der Begriff "Futtermittel" mit dem Begriff "Tierfutter" verwandt. Im Übrigen handelt es sich nach dem Wortlaut ("insbesondere") nur um eine beispielhafte Aufzählung, die ausdrücklich auch "verwandte" Betriebe erfassen soll. Auch der Gesamtzusammenhang der Regelung, die in Nr. 2 - zwar unter der Überschrift "Getreide" - ausdrücklich die Futtermittelindustrie benennt und in Nr. 3 einen Bezug zu Unternehmen der Fleischverarbeitung und ähnlichen Bereichen herstellt, zeigt, dass zumindest eine Nähe zu einem Tierfutter herstellenden Betrieb besteht. Dies genügt im vorliegenden Fall aus, damit die Antragstellerin im Betrieb der Antragsgegnerin vertreten ist, soweit wenigstens ein Arbeitnehmer der Antragsgegnerin bei ihr Mitglied ist.

c) Unbeschadet der Frage der rechtlichen Erheblichkeit kann dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht entnommen werden, die Mitarbeiter hätten einvernehmlich auf die Gründung eines Betriebsrates verzichtet. Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich selbst vorgetragen, bei der Betriebsversammlung am 15.04.2008 habe etwa die Hälfte der Arbeitnehmer teilgenommen. Wenn dieser Teilnehmerkreis nicht die Gründung eines Betriebsrates gefordert hat und eine Frage der Geschäftsleitung, ob Interesse an der Gründung eines Betriebsrates bestehe, verneint hat, folgt daraus noch kein "einvernehmlicher Verzicht" der Belegschaft auf die Gründung eines Betriebsrates. Ein erheblicher Teil der Belegschaft hat an der Versammlung gar nicht teilgenommen und hat seine Meinung gar nicht bekundet. Es ist auch nicht ersichtlich, warum die von einem Teil der Belegschaft in einem nicht geheimen Verfahren auf Frage der Geschäftsleitung abgegebene Bekundung verbindliche Wirkung für die gesamte Belegschaft haben sollte. Unabhängig davon steht der Antragstellerin ohnehin nach § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ein eigenständiges Antragsrecht zu. Dort ist gerade der Fall geregelt, dass es auf einer Betriebsversammlung nicht zu der Bestellung eines Wahlvorstandes durch die anwesenden Arbeitnehmer kommt, wie im vorliegenden Fall. Daher bedarf es auch keiner gesonderten Ermächtigung der Antragstellerin zur Durchführung des vorliegenden Verfahrens.

d) Auch die übrigen Voraussetzungen für die Bestellung eines Wahlvorstandes im Beschlussverfahren auf Antrag einer Gewerkschaft im Sinne des § 17 BetrVG liegen vor. In der Beschwerdeinstanz hat die Antragsgegnerin keine weitergehenden Einwendungen vorgetragen. Solche sind auch nicht ersichtlich. Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Gründen des angegriffenen Beschlusses zu II. und III. (dort Seite 4 bis 6; I/85-87) Bezug genommen.

e) Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch nicht in Bezug auf ihren Hilfsantrag erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat zu Recht nur zwei der von der Antragsgegnerin benannten Arbeitnehmer zu weiteren Mitgliedern des Wahlvorstandes, als dessen Vorsitzenden aber den Gewerkschaftssekretär C. S. bestellt.

aa) Für Betriebe mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern ist das Arbeitsgericht bei der Bestellung des Wahlvorstands nicht auf wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs beschränkt, sondern kann auch nicht der Belegschaft angehörige Mitglieder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zu Mitgliedern des Wahlvorstands bestellen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist (§ 16 Abs. 2 Satz 3 BetrVG; vgl. hierzu Richardi-Thüsing, BetrVG, 11. Auflage 2008, § 16 Rn. 44). Erforderlich ist die Bestellung eines Betriebsfremden insbesondere dann, wenn nicht mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs bereit oder in der Lage sind, das Amt eines Mitglieds im Wahlvorstand zu übernehmen (vgl. Fitting u.a., BetrVG, 24. Auflage 2008, § 16 Rn. 70). Jedoch ist keineswegs notwendig, dass anderenfalls die Durchführung einer Betriebsratswahl unmöglich wird, sondern die Erforderlichkeit ist bereits gegeben, wenn auf Grund der Verhältnisse im Betrieb die Bestellung eines betriebsfremden Gewerkschaftsbeauftragten geboten ist, um sicherzustellen, dass die Betriebsratswahl rechtzeitig und ordnungsgemäß durchgeführt wird (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.1974, 7 TaBV 87/74, DB 1975, 260; vgl. auch Richardi-Thüsing, BetrVG a.a.O.). Regelmäßig es wird aber zu diesem Zweck genügen, dass der Wahlvorstand lediglich mit einem betriebsfremden Mitglied ergänzt wird. Nur wenn kein wahlberechtigter Betriebsangehöriger bereit ist, die Mitgliedschaft im Wahlvorstand zu übernehmen, kann der Wahlvorstand auch allein aus betriebsfremden Mitgliedern gebildet werden (vgl. Fitting u.a., BetrVG, 24. Auflage 2008, § 16 Rn. 71). Der Betriebsfremde muss Mitglied einer Gewerkschaft sein, die im Betrieb vertreten ist. Außerdem muss er über die für die Aufgaben des Wahlvorstands erforderliche Sachkunde verfügen; denn andernfalls ist seine Bestellung nicht zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 07.11.1974, 7 TaBV 87/74, DB 1975, 260, 261).

bb) Die vorstehend benannten Voraussetzungen liegen hier vor.

(1) Im Betrieb der Antragsgegnerin werden mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt. Herr C. S. ist Mitglied einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, nämlich der Antragstellerin. An seiner persönlichen und fachlichen Eignung hat die erkennende Kammer keine Zweifel. Als Gewerkschaftssekretär gehört es gerade auch zu seinen Aufgaben, Arbeitnehmer bei der Durchführung einer Betriebsratswahl zu beraten. Herr S. hat sich auch, anders als von der Antragsgegnerin angenommen, nicht durch öffentliche Äußerungen als Wahlvorstand disqualifiziert. Soweit Herr S. in einem Fernsehbericht Fragen der Lohnabrechnung und der Betriebsratswahl in einen Zusammenhang gebracht haben soll, kann daraus nicht gefolgert werden, ihm gehe es gar nicht um die Wahl eines Betriebsrates, sondern um die Lohnfrage. Immerhin können in diesem Bereich auch nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bestehen. Soweit die Antragsgegnerin Bezug auf einen Bericht in den B. N. Nachrichten vom 26.11.2008 (vgl. II/36) im Zusammenhang mit einer geplanten Flugblattaktion nimmt, heißt es dort am Ende: "Auf die geplante Flugblatt-Aktion ... habe er [C. S.] nach dem Treffen mit der Geschäftsleitung verzichtet. "Das wäre Öl ins Feuer gegossen." Er habe vielmehr "ein gutes Gefühl, dass wir uns auch ohne das Gericht einigen können."" Hieraus kann kein Verstoß gegen ein etwaiges Neutralitätsgebot abgeleitet werden. Vielmehr spricht der Zeitungsartikel für die Besonnenheit von Herrn S..

(2) Die Bestellung eines externen Wahlvorstandes von insgesamt drei Mitgliedern ist angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls auch erforderlich im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Der Betrieb der Antragsgegnerin gehört zu den schon größeren Betrieben, in denen das vereinfachte Wahlverfahren nach § 14 a BetrVG nicht mehr möglich ist. Sollten sich die Angaben der Antragsgegnerin über die Beschäftigtenzahl als zutreffend erweisen, ist nach § 9 BetrVG ein aus 9 Mitgliedern bestehender Betriebsrat zu wählen, nach den diesbezüglichen Mitteilungen der Antragstellerin sogar ein Betriebsrat mit 13 Mitgliedern. Im Betrieb der Antragsgegnerin hat bisher kein Betriebsrat bestanden, so dass es im Betrieb keine Erfahrung mit der Durchführung einer Betriebsratswahl gibt. Nach den Angaben der Antragsgegnerin besteht kein Interesse der Belegschaft an der Wahl eines Betriebsrates. Die Antragsgegnerin hält nach ihrem eigenen Vortrag die Wahl eines Betriebsrates zumindest für überflüssig, da die Interessen der Arbeitnehmer bereits durch die Geschäftsleitung und die Anbringung eines anonymen Kummerkastens gewahrt seien, so dass von ihr keine Unterstützung bei der Wahl eines Betriebsrates zu erwarten ist, sondern eher ein Widerstand, wie auch das vorliegende Verfahren zeigt. Angesichts dessen ist die Kammer davon überzeugt, dass eine ordnungsgemäße Betriebsratswahl nur dann erfolgen kann, wenn mindestens ein externes Mitglied im Wahlvorstand ist, welches neben den fachlichen Kenntnissen auch persönlich unabhängig gegenüber der Antragsgegnerin ist, so dass es auch nicht zu Irritationen durch die Kündigung von Arbeitnehmern, die Gewerkschaftsmitglied sind, im zumindest zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsratswahl kommen kann, wie sie von der Antragstellerin beschrieben wurden, unabhängig von der Frage, ob ein kausaler Zusammenhang bestand. Wenn die erstmalige Wahl eines Betriebsrates in einem schon größeren Betrieb bei der Belegschaft auf Interesselosigkeit und beim Arbeitgeber auf Ablehnung stößt, bedarf es externen Sachverstandes, um eine ordnungsgemäße Wahl zu gewährleisten, zumal wenn es im Vorfeld bereits Irritationen im Zusammenhang mit der Kündigung von Gewerkschaftsmitgliedern gegeben hat. Dem Gebot des § 16 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, dass zu Mitgliedern des Wahlvorstandes grundsätzlich Arbeitnehmer des Betriebes zu bestimmen sind, hat das Arbeitsgericht dadurch genügt, dass es die Herren M. und L. , die von der Antragsgegnerin in ihrem Hilfsantrag benannt worden sind, zu weiteren Mitgliedern des Wahlvorstands bestellt hat.

III.

Im vorliegenden Verfahren werden Kosten nicht erhoben, § 2 Abs. 2 GKG. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen der §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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