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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 18.02.2009
Aktenzeichen: 13 TaBV 8/08
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO, TVG


Vorschriften:

BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG § 99 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 4
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 2
ZPO § 519
ZPO § 520
TVG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 19.08.2008 (8 BV 29/07) abgeändert und die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die antragstellende Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung des vom Antragsgegner, dem in ihrer Niederlassung W. gebildeten Betriebsrat, wo mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt werden, verweigerten Zustimmung zuletzt zur Eingruppierung der im Bereich Kundenservice eingesetzten Mitarbeiter S.E., S. Sc.. und A.G. in die Beschäftigungsgruppe II des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen des Einzelhandels in Baden-Württemberg (künftig: GTV) vom 10.07.2008 (gültig ab 01.04.2007). Der Antragsgegner hält die Eingruppierung dieser Mitarbeiter in die Beschäftigungsgruppe III GTV für zutreffend.

Auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung finden auf die Arbeitsverhältnisse der bei der Antragstellerin beschäftigten Arbeitnehmer in der Niederlassung W. die tarifvertraglichen Bestimmungen für den Einzelhandel in Baden-Württemberg in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Der Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen des Einzelhandels in Baden-Württemberg (GTV) vom 10.07.2008 (gültig ab 01.04.2007), enthält zur Frage der Eingruppierung unter anderem folgende Regelungen:

"I. Gehälter

1. Beschäftigungsgruppen Gruppe I

Tätigkeitsmerkmale:

Vorwiegend schematische oder mechanische Tätigkeiten.

Beispiele:

Verkaufskräfte, die die Voraussetzungen der Gruppe II nicht erfüllen. Angestellte die mit Ablegen, Einheften, Postabfertigen, Abschreibearbeiten, Vervielfältigen, einfachen Karteiarbeiten, Warenauszeichnen, Sortieren u.ä. beschäftigt sind.

Gruppe II

Tätigkeitsmerkmale:

Einfache kaufmännische Tätigkeiten, für die die Tätigkeitsmerkmale einer höheren Beschäftigungsgruppe nicht zutreffen.

Beispiele:

Verkäufer und Verkäuferinnen, Kassierer/-innen mit einfacher Tätigkeit, auch an SB-Kassen, Angestellte am Packtisch mit Kontrolltätigkeit.

Angestellte in der Dekoration, Dekorateure/Dekorateurinnen.

Angestellte in Lager und Expedition. Sachkundiges Prüfen von ein- und ausgehender Ware.

Einfache Arbeiten in der Buchhaltung, in der Lohn- und Gehaltsabrechnung und im Mahnwesen. Angestellte in Registratur, Statistik, Kalkulation, Rechnungsprüfung, Auftragsbearbeitung.

Stenotypisten/-innen, Phonotypisten/-innen, Telefonisten/-innen.

Gruppe III

Tätigkeitsmerkmale:

Tätigkeiten, die selbständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeübt werden.

Beispiele:

Erste Verkäufer/-innen (Lagererste). Sortimentskontrollen, Kassierer/-innen mit gehobener Tätigkeit, z.B. an Etagen-, Bereichs-, Regional- und Sammelkassen sowie an Verbrauchermarkt- und sonstigen SB-Kassen.

Kassenaufsichten.

Verkaufstellenleiter/-innen (außerhalb des Lebensmitteleinzelhandels), denen bis zu vier Verkaufskräfte unterstellt sind (Auszubildende zählen als halbe Verkaufskraft).

Schaufenstergestalter/-innen (Dekorateure).

Lagerverwalter/-innen, Materialverwalter/-innen, Versandangestellte mit den notwendigen Branchen- und Gesetzeskenntnissen.

Angestellte am Informationsstand, soweit Fremdsprachenkenntnisse erforderlich sind.

Buchhalter/-innen und Lohnbuchhalter/-innen, Bearbeiter/-innen von Kreditfragen und Kundenreklamationen. Statistiker/-innen. Stenotypisten/Stenotypistinnen, die den Schriftwechsel nach Angaben vorwiegend selbständig erledigen oder Stenogramme mit fremdsprachigem Text aufnehmen und wiedergeben. Telefonisten/-innen an Fernsprech- und/oder Fernschreibanlagen, soweit fremdsprachige Kenntnisse erforderlich sind.

Gruppe IV

Tätigkeitsmerkmale:

Tätigkeiten, die selbständig mit entsprechender Verantwortung für den Tätigkeitsbereich ausgeübt werden.

Beispiele:

Erste Verkaufskräfte mit Einkaufsbefugnis, Einkäufer/-innen, Substituten/Substitutinnen, Kassen-, Etagen- und Verkaufsaufsichten.

Verkaufsstellenleiter/-innen (außerhalb des Lebensmitteleinzelhandels), denen mehr als vier Verkaufskräfte unterstellt sind (Auszubildende zählen als halbe Verkaufskraft).

Schaufenstergestalter/-innen (Dekorateure/-innen), denen mehrere Dekorateure/-innen ständig unterstellt sind. Selbständige lnnendekorateure/-innen mit Kundenberatung im Außendienst.

Selbständige Lager-/Materialverwalter/-innen, die für den Warenein- und -ausgang und die Lagerhaltung verantwortlich sind. Kontrolleure/Kontrolleurinnen des Warenein- und -ausgangs. Hausmeister/-innen, die den/die Hausinspektor/ -in vertreten.

Stenotypisten/Stenotypistinnen für fremdsprachigen Schriftwechsel. Selbständige Sekretäre/Sekretärinnen.

Gruppe V

Tätigkeitsmerkmale:

Leitende Tätigkeiten mit entsprechender Verantwortung für den Aufgabenbereich oder mit Anweisungs- und/oder Dispositionsbefugnissen.

Beispiele:

Einkäufer/-innen, Abteilungsleiter/-innen (Einkauf, Verkauf, Hauptkasse, Hauptbuchhaltung, Ausbildung, Hausaufsicht, Hausinspektion, Dekoration usw.), hauptberufliche Ausbilder/-innen.

Leiter/-innen von Haupt- und/oder Zentrallagern und/oder Versandabteilungen.

Filialleiter/-innen mit Dispositions- und Einkaufsbefugnissen sowie Leiter/-innen von Verkaufsstellen mit einem Jahresumsatz von mindestens EUR 1.022.583,70 (ausgenommen in Lebensmittelfilialbetrieben). Bezirksleiter/-innen und Einkäufer/ -innen in Lebensmittelfilialbetrieben."

Der Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg (künftig: MTV) vom 13.01.1994 (zuletzt in der Fassung vom 10.07.2008) enthält zur Frage der Eingruppierung folgende Regelungen:

"§ 11 Einreihung der Arbeitnehmer/-innen in Beschäftigungsgruppen und Lohnstufen

1. Die Angestellten werden in Beschäftigungsgruppen, die gewerblichen Arbeitnehmer/-innen in Lohnstufen eingereiht, die Bestandteile des Gehalts- und Lohntarifvertrages sind.

2. Für die Einreihung des/der Angestellten in eine Beschäftigungsgruppe ist ausschließlich die Art seiner/ihrer Tätigkeit entscheidend. Maßgebend sind die jeder Gruppe vorangestellten Tätigkeitsmerkmale.

Die bei den Beschäftigungsgruppen aufgeführten Beispiele sind weder erschöpfend noch für jeden Betrieb zutreffend.

...

5. Angestellte mit Tätigkeiten, die nicht in den Beschäftigungsgruppen erwähnt sind, werden in die Gruppe eingereiht, die ihrem Aufgabenkreis am nächsten kommt.

6. Üben Angestellte dauernd Tätigkeiten aus, die unter verschiedene Beschäftigungsgruppen fallen, so werden sie in die Beschäftigungsgruppe eingruppiert, die ihrer überwiegenden Tätigkeit entspricht.

..."

Mit den im Betrieb der Antragstellerin üblicherweise für personelle Einzelmaßnahmen verwendeten Anhörungsbögen (vgl. Akten 1. Instanz Bl. 8 ff.; I/8 ff.), wurde der Antragsgegner über die beabsichtigte Einstellung der genannten Mitarbeiter im Bereich "Kundenservice, überwiegend Backoffice/Return" in Kenntnis gesetzt und um diesbezügliche Zustimmung gebeten. Gleichzeitig wurde der Antragsgegner über die beabsichtigte Eingruppierung - Beschäftigungsgruppe II GTV - informiert und gleichfalls hierzu um Zustimmung gebeten. Der Antragsgegner stimmte den beabsichtigten Einstellungsmaßnahmen zu, verweigerte jedoch schriftlich die Zustimmung zu den beabsichtigten Eingruppierungen binnen der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG mit jeweils identischer Begründung, auf deren Inhalt verwiesen wird (vgl. I/9 ff.).

In der Stellenausschreibung für die Tätigkeiten im Kundenservice (Backoffice/Return) heißt es auszugsweise:

"Dank Dir kommen die Kunden gerne wieder.

Als Mitarbeiter im Kundenservice liegt es in deiner Hand, dass die Kunden unser Einrichtungshaus nicht nur mit einem Lächeln betreten. Sondern auch mit einem Lächeln wieder verlassen. Und gerne wiederkommen. Was du dafür mitbringen musst, ist vor allem ein sicheres Gespür für die Wünsche der Kunden. Eine freundliche Art. Und eine große Portion Gelassenheit. Denn egal wie stressig es ist - du behältst immer einen kühlen Kopf. Du stehst den Kunden mit Rat und Tat zur Seite und begegnest ihnen immer mit einem freundlichen Lächeln. Du hast Lust darauf, Verantwortung in deinem Team zu übernehmen, das I. Konzept mit Leben zu füllen und mit und für uns immer besser zu werden. Deshalb gibst du wichtige Informationen und Ideen zur Serviceverbesserung auch umgehend an deinen Teamleiter oder seine rechte Hand weiter. Natürlich hast du selbst Freude am Einrichten.

Dein Verantwortungsbereich im Überblick.

- Im Eingangsbereich: Du begrüßt die Kunden und sorgst von Anfang an dafür, dass sie sich willkommen und gut informiert fühlen. Du leitest die Kunden stets an die richtigen Ansprechpartner weiter.

- Im Umtausch: Du findest immer eine schnelle, unkomplizierte und kundenorientierte Lösung für alle Herausforderungen.

- In der Warenausgabe: Du kontrollierst und übergibst die Waren an unsere Kunden. Dabei hast Du immer ein Auge darauf, dass die Wartezeiten so kurz wie möglich sind.

- Im Backoffice: Du findest immer eine schnelle, unkomplizierte und kundenorientierte Lösung für alle Herausforderungen. Du findest immer einen Kompromiss zwischen Unternehmens- und Kundeninteressen.

...."

Mit ihrem am 14.11.2007 (Fax) / 16.11.2007 (Original) beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag, der dem Betriebsrat am 22.11.2007 zugestellt wurde macht die Antragstellerin geltend, der Antragsgegner habe die Zustimmung zur beantragten Eingruppierung zu Unrecht verweigert, weshalb diese zu ersetzen sei.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich vorgetragen, dass nach der bisherigen jahrzehntelangen betrieblichen Übung die im Bereich Kundenservice eingesetzten Mitarbeiter stets mit Zustimmung des Antragsgegners in die zutreffende Tarifgruppe II GTV eingruppiert wurden. Es habe zwischen den Betriebsparteien immer Einvernehmen darüber bestanden, dass es sich bei den im Bereich Kundenservice zu verrichtenden Tätigkeiten um einfache kaufmännische Tätigkeiten im Sinne der Beschäftigungsgruppe II GTV handele. Auch die vorliegend streitgegenständlichen Eingruppierungsmaßnahmen beträfen Mitarbeiter mit einfachen kaufmännischen Tätigkeiten im Sinne der Beschäftigungsgruppe II GTV, die nach Abschluss einer entsprechenden Berufsausbildung ohne weiteres verrichtet werden könnten. Der Antragsgegner übersehe, dass die Antragstellerin in ihren Einrichtungshäusern genau die tarifvertragliche Eingruppierungsstruktur nachbilde. Danach seien "Mitarbeiter" (Angestellte mit kaufmännischer Tätigkeit ) in die Beschäftigungsgruppe II GTV, die diesen Mitarbeitern vorgesetzten "Teamassistenten" (Erstkräfte) hingegen in die Beschäftigungsgruppe III GTV eingruppiert. Diesen seien wiederum die sogenannten "Teamleiter" (Substituten) vorgesetzt, die in die Beschäftigungsgruppe IV GTV eingruppiert seien. Schließlich gebe es darüber noch die Abteilungsleiter. Auch aus den übertragenen Aufgaben folge, dass die Mitarbeiter im Kundenservice nicht in die Beschäftigungsgruppe III GTV, wie vom Antragsgegner reklamiert, aufzunehmen seien. Die zu verrichtenden Tätigkeiten seien nämlich:

- Annahme schriftlicher, telefonischer und persönlicher Reklamationen

- kundenfreundliche Abwicklung von Reklamationen

- Kundenkorrespondenz mit Textbausteinen

Es handele sich um klassische Tätigkeiten, wie sie im Rahmen einer Berufsausbildung zum Einzelhandelskaufmann beziehungsweise zur Einzelhandelskauffrau vermittelt würden. Diese Tätigkeiten seien auch beispielhaft, nämlich als "einfache Arbeiten in der Buchhaltung" und "Auftragsbearbeitung" unter Beschäftigungsgruppe II GTV aufgeführt. Es handele sich nicht um Tätigkeiten, die selbstständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeübt würden. Wie sich aus den Richtbeispielen zur Beschäftigungsgruppe III GTV ergebe, seien darunter insbesondere solche Tätigkeiten zu verstehen, die mit Vorgesetztenfunktion ausgeübt würden. Dies werde auch daraus deutlich, dass dort "Erstverkäufer, Kassenaufsichten" und "Verkaufsstellenleiter, denen bis zu vier Verkaufskräften unterstellt sind" eingruppiert seien. Auch handele es sich bei den vorliegend einzugruppierenden Mitarbeitern insbesondere nicht um "Bearbeiter/-innen von Kreditanfragen und Kundenreklamationen". Dieses Tätigkeitsbeispiel sei nämlich erst dann erfüllt, wenn die Bearbeitung von Kreditanfragen und von Kundenreklamationen kumulativ vorzunehmen sei, was vorliegend jedoch nicht gegeben sei. Auch müssten die Mitarbeiter im Kundenservice nicht selbstständig Kundenreklamationen bearbeiten, da ihnen diesbezüglich nur ein ausgesprochen geringer Spielraum eingeräumt sei. Eine weitere beziehungsweise letzte Entscheidungskompetenz habe der Mitarbeiter im Backoffice jedenfalls gerade nicht.

Die Antragstellerin hat erstinstanzlich beantragt:

1. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn S. E. in die Tarifgruppe II/2. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.

2. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn S. Sc. in die Tarifgruppe II/2. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.

3. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn R. P. G. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.

4. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung des Herrn S. B. in die Tarifgruppe II/1. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.

5. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Frau A. G. in die Tarifgruppe II/4. Berufs-/Tätigkeitsjahr wird ersetzt.

Der Antragsgegner hat erstinstanzlich beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Antragsgegner hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe zu Recht die beantragte Zustimmung zu der Eingruppierung in die Beschäftigungsgruppe II des GTV verweigert. Dies folge aus dem Umstand, dass die Tätigkeiten der genannten Mitarbeiter selbstständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeführt würden und folglich in die Beschäftigungsgruppe III GTV einzustufen seien. Die Stellen seien nämlich so ausgeschrieben worden, dass man "Verantwortung im Team übernehmen" solle. Man solle "immer eine schnelle unkomplizierte und kundenorientierte Lösung für alle Herausforderungen" und "immer einen Kompromiss zwischen Unternehmens- und Kundeninteressen" finden. Daraus gehe die Befugnis hervor, tatsächlich selbstständig bei Verzweigungssituationen Entscheidungen treffen zu können. Schließlich könne der Mitarbeiter mit einer Reklamation in unterschiedlicher Art und Weise verfahren. Im Übrigen sehe der Einarbeitungsplan für die Mitarbeiter im Kundenservice (vgl. I/81 ff.) unter anderem vor:

- Hantierung von Rückkäufen, Auszahlungen und Preisnachlässen

- Kulanzentscheidungen

- kundenfreundliches Verhalten in schwierigen Situationen (Überkauf, Verkaufsfehler, Lieferschwierigkeiten etc.)

- Kennenlernen der Rechte des Kunden (Wandlung, Umtausch, Minderung, Schadensersatz etc.).

- kundenfreundliche Abwicklung von Reklamationen.

Auch diese Aufgabenstellung bringe zum Ausdruck, dass die Mitarbeiter im Kundenservice die Möglichkeit hätten, zwischen verschiedenen Lösungen zu wählen und in diesem Zusammenhang selbstständige Entscheidungen zu treffen.

Das Arbeitsgericht hat mit einem am 19.09.2008 verkündeten Beschluss nach den Anträgen der Antragstellerin erkannt. Die verweigerte Zustimmung des Antragsgegners zur Eingruppierung der Mitarbeiter sei zu ersetzen, da diese zutreffend in die Gruppe II des GTV einzugruppieren seien. Es seien weder die Tätigkeitsmerkmale noch die Merkmale eines der Richtbeispiele der Gruppe III GTV erfüllt. Dies ergebe sich aus der Auslegung der tarifvertraglichen Eingruppierungsmerkmale und einem wertenden Vergleich mit der zu erbringenden Tätigkeit eines Mitarbeiters im Arbeitsbereich "Kundenservice, überwiegend Backoffice/Return". Die Beschäftigung der Mitarbeiter erfülle die Voraussetzung der "einfachen kaufmännischen Tätigkeit" im Sinne von Gruppe II GTV. Es handele sich aber um keine Tätigkeit, die hervorgehobene Fachkenntnisse und im wesentlichen Umfang ein selbständiges Erarbeiten des Arbeitsergebnisses erfordere. Die Mitarbeiter hätten im Bereich Kundenservice die Aufgabe, die schriftlichen, telefonischen und persönlichen Reklamationen der Kunden entgegenzunehmen, diese kundenfreundlich zu bearbeiten und hierbei die Korrespondenz mit vorgegebenen Textbausteinen zu erledigen. Dabei hätten die Mitarbeiter im Backoffice nur einen geringen Entscheidungsspielraum und gerade keine letzte Entscheidungskompetenz. Dies gehe auch aus der Stellenbeschreibung für den Kundenservice und dem Einarbeitungsplan hervor.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde dem Antragsgegner am 07.10.2008 zugestellt. Hiergegen wendet er sich mit seiner Beschwerde, die am 06.11.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist und die er mit einem am 08.12.2008 (Montag; Fax) / 09.12.2008 (Original) eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Die Beteiligten haben anlässlich der mündlichen Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht das Verfahren betreffend die Arbeitnehmer G. und B. übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Antragsgegner trägt vor, die Mitarbeiter im Backoffice seien in Gruppe III GTV einzugruppieren. Das Arbeitsgericht nehme zu Unrecht an, dass die Mitarbeiter keine eigene Entscheidungskompetenz hätten. Dies gelte zwar nicht für Tätigkeiten im Eingangsbereich, wo Kunden nur an die richtigen Ansprechpartner weitergeleitet würden. Im Umtausch hätten die Mitarbeiter aber mehrere Möglichkeiten auf die Reklamation eines Kunden zu reagieren. Sie könnten ein Produkt zurücknehmen und dafür ein anderes ausliefern, sie könnten die Reklamation als unbegründet ablehnen oder eine Nachmontage veranlassen oder Frachtkosten nicht in Rechnung stellen oder einen Betrag bis EUR 250,00 nachlassen. Erst für höhere Beträge bedürfe es einer Genehmigung. Dies sei eine "Tätigkeit, die selbständig im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeübt" werde im Sinne der Gruppe III des GTV. Das ergebe sich auch aus der Beschreibung des Verantwortungsbereichs der Mitarbeiter. Auch bei der Bearbeitung von Rechnungskäufen und Finanzierungen hätten die Mitarbeiter einen eigenen Entscheidungsspielraum. Dies gelte auch für so genannte Redline-Routinen. Hier würden zwar gewisse Vorgaben gemacht. Die Mitarbeiter hätten aber im Rahmen dieser allgemeinen Arbeitsanweisungen selbst freie Entscheidungsmöglichkeiten. Die Mitarbeiter müssten wegen der besonderen Struktur der Kundschaft auch gut englisch sprechen und sich mit Steuerbestimmungen auskennen. Auch zahlreiche andere Mitarbeiter der Antragstellerin im Backofficebereich, die dieselbe Tätigkeit ausübten, wie die vorliegend betroffenen Mitarbeiter, seien in Gruppe III GTV eingruppiert. Wegen der herausgehobenen Tätigkeit gebe es für die Abteilung Backoffice/Return auch besondere Schulungen.

Der Antragsgegner beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mannheim vom 19.08.2008 Az.: 8 BV 29/07 werden die Anträge zurückgewiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 19.08.2008 - 8 BV 29/07 - zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt den angegriffenen Beschluss. Für die Tätigkeit der Mitarbeiter sei eine kaufmännische Ausbildung erforderlich, aber auch ausreichend, weshalb eine Eingruppierung in Gruppe II GTV vorzunehmen sei. Diese Vergütungsgruppe betreffe nicht allereinfachste Tätigkeiten, sondern stelle Anforderungen, die nur mit einer abgeschlossenen kaufmännischen Ausbildung erfüllt werden könnten. Die Tätigkeit im Backofficebereich sei durch von der Antragstellerin vorgegebene Routinen bis ins kleinste Detail geregelt. Damit solle sichergestellt werden, dass es nicht vom Willen einzelner Arbeitnehmer abhängig sei, wie ein Kunde behandelt werde. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass von einer höherwertigen Tätigkeit auszugehen sei.

Im Rahmen der mündlichen Anhörung vor dem Landesarbeitsgericht ist zwischen den Beteiligten unstreitig geworden, dass die betreffenden Arbeitnehmer im Bereich Backoffice/Return Kundenreklamationen bis zu einem Warenwert von EUR 250,00 allein - unter Beachtung vorgegebener Routinen - bearbeiten. Dazu gehört beispielsweise bei einer Rückabwicklung eines Kaufs auch die Rückabwicklung einer etwaigen Kreditvereinbarung. Bei einem Warenwert über EUR 250,00 bedürfen die Arbeitnehmer der Genehmigung durch ihren Vorgesetzten, was der Antragsgegner als bloße Formalie ansieht.

II.

1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 87 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig.

2. Die Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch darauf, dass die fehlende Zustimmung des Antragsgegners zur Eingruppierung der betreffenden Arbeitnehmer in Gruppe II des GTV nach § 99 Abs. 4 BetrVG ersetzt wird, da der Antragsgegner seine Zustimmung hierzu zu Recht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigert hat. Die Tätigkeit der betreffenden Mitarbeiter im "Kundenservice, überwiegend Backoffice/Return" rechtfertigt keine Eingruppierung nach Gruppe II des GTV, sondern nach Gruppe III GTV, so dass der Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern und die diesbezüglichen Anträge der Antragstellerin - soweit in der Beschwerdeinstanz noch anhängig - zurückzuweisen waren.

a) Die Mitarbeiter im "Kundenservice, überwiegend Backoffice/Return" sind in Gruppe III des GTV einzugruppieren, da sie bereits eines der dort genannten Richtbeispiele ("Bearbeiter/innen von Kundenreklamationen") erfüllen.

aa) Maßgebend für die tarifliche Bewertung ist die vom Arbeitnehmer überwiegend ausgeübte Tätigkeit (§ 11 Nr. 6 MTV). Dies ist die Tätigkeit, die mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit in Anspruch nimmt. Die Eingliederung der überwiegenden Tätigkeit in die Gruppen des GTV erfolgt nach allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen und Beispielen (vgl. hierzu auch BAG, Beschluss vom 07.11.1990, 4 AZR 67/90, AP Nr. 41 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). In den Beispielen erfassen die Tarifvertragsparteien Tätigkeiten, die für den Geltungsbereich des GTV typisch sind. Mit der Zuordnung der Beispiele zu den Gruppen bringen die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, dass eine Tätigkeit, die als Beispiel in einer Gruppe genannt wird, die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gruppe erfüllt (vgl. BAG, Urteile vom 08.02.1984, BAGE 45, 121 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung sowie - 4 AZR 369/83 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; BAG Urteil vom 07.11.1984, 4 AZR 286/83, AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Wird die von einem Arbeitnehmer überwiegend ausgeübte Tätigkeit von einem Tätigkeitsbeispiel nicht oder nicht in vollem Umfange erfasst, so sind für die Eingliederung die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale heranzuziehen, bei deren Auslegung wiederum die Tätigkeitsbeispiele zu berücksichtigen sind (vgl. BAG, Urteil vom 04.04.1979, 4 AZR 618/77, AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; BAG, Urteil vom 28. 09.1988, 4 AZR 326/88, AP Nr. 22 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie, m. w. N.).

bb) Die von den vorliegend betroffenen Arbeitnehmer überwiegend ausgeübte Tätigkeit im "Backoffice/Return" erfüllt die Voraussetzung des Beispiels der Gruppe III GTV "Bearbeiter/innen von Kundenreklamationen".

(aaa) Die Arbeitnehmer bearbeiten nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten zu dem überwiegenden Teil ihrer Beschäftigung Reklamationen von Kunden. Dem von der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht geschilderten Ansicht, es handele sich nicht um "Bearbeiter", sondern um "Abwickler" von Kundenreklamationen, da sie an Vorgaben der Antragstellerin gebunden seien, vermochte die erkennende Kammer keine entscheidende Bedeutung beizumessen. "Bearbeiter" ist jemand, "der etwas bearbeitet (hat)" (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Auflage 2008). Dabei bedeutet "bearbeiten" soviel wie "arbeiten an, sich eingehend beschäftigen mit" (vgl. Wahrig, a.a.O.). Der Begriff des "Bearbeiters" setzt keine Weisungsfreiheit voraus. An ihr wird es sogar regelmäßig fehlen. So bezieht sich der verwandte Begriff des "Sachbearbeiters" ("Beamter oder Angestellter, der ein bestimmtes Sachgebiet bearbeitet", nach Wahrig a.a.O.) gerade auf Beschäftigtengruppen, die nach sehr detaillierten Vorgaben arbeiten. Es hieße geradezu den Begriff zu verbiegen, Arbeitnehmer, die nach eigenem Vortrag der Antragstellerin mit "der Annahme schriftlicher, telefonischer und persönlicher Reklamationen und deren kundenfreundlicher Abwicklung" beschäftigt werden, nicht als "Bearbeiter von Kundenreklamationen" anzusehen. Der von der Antragstellerin verwendete Begriff der "Abwicklung" bedeutet "ordnungsgemäße, schrittweise Erledigung" (vgl. Wahrig a.a.O.) und bringt im Ergebnis nichts anderes zum Ausdruck wie eine "Bearbeitung".

(bbb) Für die Erfüllung dieses Beispiels der Gruppe III ist es nicht erforderlich, dass die Arbeitnehmer gleichzeitig noch "Bearbeiter/innen von Kreditfragen" sind. Zwar sind die Worte "Kreditfragen" und "Kundenreklamationen" mit einem "und" verbunden. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass die betreffenden Mitarbeiter kumulativ beide Bereiche bearbeiten müssen.

(1) Der bloße Wortlaut der Regelung ist nicht ergiebig. Zwar kann das Wort "und" darauf hindeuten, dass Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen, während das Wort "oder" dafür spricht, dass die Erfüllung einer Alternative ausreicht. Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien diese Begriffe aber nicht stringent verwendet. So sind in Gruppe II (" Angestellte in Registratur, Statistik, Kalkulation, Rechnungsprüfung, Auftragsbearbeitung") und Gruppe III (" Lagerverwalter/-innen, Materialverwalter/-innen, Versandangestellte mit den notwendigen Branchen- und Gesetzeskenntnissen." ) mit einem bloßen Komma aneinandergereiht, ohne das Wort "oder" zu verwenden. In Gruppe III gibt es daneben aber Beispiele, die mit einer Kombination von "und/oder" verbunden sind (" Telefonisten/-innen an Fernsprech- und/oder Fernschreibanlagen, soweit fremdsprachige Kenntnisse erforderlich sind" ) aber gleichzeitig auch Beispiele, in denen nur das Wort "oder" auftaucht (" Stenotypisten/Stenotypistinnen, die den Schriftwechsel nach Angaben vorwiegend selbständig erledigen oder Stenogramme mit fremdsprachigem Text aufnehmen und wiedergeben" ), ohne dass ernsthaft angenommen werden könnte, die kumulative Erfüllung dieser Beispiele genüge nicht für Gruppe III, obwohl hier nicht ein "und/oder" wie an anderer Stelle verwandt worden ist. Darüber hinaus gibt es Beispiele in Gruppe II (" Angestellte in Lager und Expedition" ) und Gruppe III (" Buchhalter/-innen und Lohnbuchhalter/-innen" ), welche zwar mit einem "und" verbunden sind, ohne dass angenommen werden kann, dass hier kumulativ beide Fälle erfüllt sein müssten. Vielmehr reicht hier offenkundig nach dem Bedeutungszusammenhang die Erfüllung einer der genannten Alternativen. Bei einem derartig uneinheitlich verwendeten Wortgebrauch kann aus der Verwendung des Wortes "und" zwischen den Worten "Kreditfragen" und "Kundenreklamationen" nichts abgeleitet werden.

(2) Zur Entstehungsgeschichte der tarifvertraglichen Norm liegen keine dem Gericht zugänglichen Informationen vor.

(3) Als Auslegungskriterium ist daher zunächst die Systematik heranzuziehen. Mit Gruppe II GTV werden "einfache kaufmännische Tätigkeiten, für die die Tätigkeitsmerkmale einer höheren Beschäftigungsgruppe nicht zutreffen" bewertet. Das heißt, dass es für eine Einstufung in Gruppe III GTV grundsätzlich der Hervorhebung aus der "einfachen kaufmännischen Tätigkeit" durch ein besonderes Merkmal bedarf. Anhand der übrigen Beispiele in Gruppe III GTV ist zu ersehen, dass es hierfür regelmäßig genügt, ein einzelnes Heraushebungsmerkmal zu erfüllen. Dem widerspräche es, wenn bei "Bearbeiter/innen von Kreditfragen und Kundenreklamationen" verlangt würde, dass sie eine herausgehobene Tätigkeit in zwei unterschiedlichen Bereichen ausführen müssen. Bei der uneinheitlichen Wortwahl im Tarifvertrag, die männliche und weibliche Formen zum Teil ausdrücklich aufführt (Gruppe II GTV: "Verkäufer und Verkäuferinnen"; Gruppe III GTV: "Stenotypisten/Stenotypistinnen"), nach dem unmittelbar folgenden Komma bzw. Punkt aber die Variante "Kassierer/innen" bzw. "Statistiker/innen" verwendet, spricht viel dafür, dass auch im Übrigen die Bezeichnung nach aktuellen Zweckmäßigkeitsüberlegungen erfolgt ist und man sich beispielsweise die lange Formulierung "Bearbeiter und Bearbeiterinnen von Kreditfragen sowie Bearbeiter und Bearbeiterinnen von Kundenreklamationen" hat ersparen wollen, ohne dass mit der gewählten Formulierung das Erfordernis der Verdoppelung von Heraushebungsmerkmalen verbunden sein sollte. Vielmehr spricht auch die übrige Systematik der Gruppenbeispiele dafür, dass es für eine Eingruppierung in Gruppe III GTV ausreicht, wenn ein Mitarbeiter Kreditfragen bearbeitet oder wenn er Kundenreklamationen bearbeitet.

(4) Auch Sinn und Zweck der Regelung spricht dafür, dass es für eine Eingruppierung in Gruppe III GTV ausreicht, wenn ein Mitarbeiter Kundenreklamationen bearbeitet. Mit der Gruppe III GTV sollen kaufmännische Tätigkeiten erfasst werden, die sich in besonderer Weise von den "einfachen kaufmännischen Tätigkeiten" der Gruppe II GTV unterscheiden. Dies ist aber schon bei der Erfüllung eines Heraushebungskriteriums wie dem Bearbeiten von Kundenreklamationen der Fall. Es ist kein Grund dafür erkennbar, warum erst bei der Erfüllung zweier Heraushebungskriterien den Anforderungen der Gruppe III GTV genügt sein soll, zumal andere Beispiele dort (z.B. Schaufenstergestalter) auch nur ein Kriterium benennen. Dem von Gruppe III GTV vorausgesetzten Umstand, dass es sich um mehr als eine einfache kaufmännische Tätigkeit handelt, wird schon durch ein Heraushebungskriterium, wie dem "Bearbeiten von Kundenreklamationen" entsprochen.

ccc) Unabhängig von den Ausführungen unter bbb) erfüllen die hier betroffenen Arbeitnehmer auch dann ein Beispiel der Gruppe III GTV, wenn man die kumulative Erfüllung des "Bearbeitens von Kreditfragen und Kundenreklamationen" fordern würde. Die Arbeitnehmer bearbeiten nämlich auch Kreditfragen. Dies gehört zu ihrer Tätigkeit, soweit im Rahmen von Kundenreklamationen der Kauf von Waren rückabgewickelt wird und ein etwaig geschlossener diesbezüglicher Kreditvertrag ebenso rückabgewickelt werden muss. Nach der oben angegebenen Bedeutung des Wortes "bearbeiten" genügt es für die Erfüllung des Merkmals "Bearbeiten von Kreditfragen", wenn sich die Beschäftigung der Angestellten (auch) darauf bezieht, Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kreditverträgen zu entfalten ("arbeiten an, sich eingehend beschäftigen mit"), auch wenn es nicht deren Zustandekommen, sondern deren Rückabwicklung betroffen. In Gruppe III GTV wird gerade nicht auf den "Abschluss von Kreditverträgen" abgestellt, sondern die "Bearbeitung von Kreditfragen", was offenkundig einen weiten Anwendungsbereich umfasst. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Antragstellerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht geäußert wurde, nicht darauf an, dass nach den Vorgaben im Betrieb eine "Alleinentscheidung" des Angestellten ohne Genehmigung seines Vorgesetzten nur bis zum einem Warenwert von EUR 250,00 zulässig ist. Der Begriff des "Bearbeitens" stellt gerade nicht auf ein (Allein-) Entscheidungsrecht ab, sondern ist weiter gefasst. Sehr häufig sogar wird ein "Bearbeiter" nicht allein entscheiden können. Ferner besteht ein solches Alleinentscheidungsrecht der betroffenen Arbeitnehmer bis zu einem Warenwert von EUR 250,00. Gruppe III GTV setzt bei dem "Bearbeiten von Kreditfragen" aber nicht voraus, dass dies unbeschränkt oder bis zu einem besonders hohen Warenwert ohne Rücksprache mit dem Vorgesetzten geschehen könne. Dass sich die Tarifvertragsparteien durchaus darüber Gedanken gemacht haben, ob sich aus dem wirtschaftlichen Umfang der Tätigkeit Folgen für die Eingruppierung ableiten lassen, zeigt Gruppe V GTV, wo für ein Beispiel auf den Jahresumsatz abgestellt wird. Solche Grenzen fehlen bei dem Beispiel "Bearbeiter/innen von Kreditfragen und Kundenreklamationen".

cc) Soweit die Antragstellerin auf Entscheidungen des Hessischen Landesarbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts Köln hinweist, ist dies unergiebig. Nach den dort anzuwendenden Tarifverträgen des Einzelhandels kommt es auf das Beispiel "Bearbeiter/innen von Kreditfragen und Kundenreklamationen" nicht an, da es in den Eingruppierungsmerkmalen der Einzelhandelstarifverträge von Hessen und Nordrhein-Westfalen nicht genannt ist.

b) Da bereits eines der Beispiele der Gruppe III GTV erfüllt ist, kam es nicht darauf an, ob die betreffenden Arbeitnehmer auch das allgemeine Tätigkeitsmerkmal der Gruppe III GTV erfüllen.

III.

Im vorliegenden Verfahren werden Kosten nicht erhoben, § 2 Abs. 2 GKG. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen der §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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