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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.07.2001
Aktenzeichen: 15 Sa 28/01
Rechtsgebiete: SGB I, ArbGG, ZPO, AFG, BGB, BAT Zuwendungs-TV


Vorschriften:

SGB I § 32
ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 222 Abs. 2
ZPO § 518
ZPO § 519
AFG § 106
AFG § 128
BGB § 133
BGB § 134
BGB § 138
BGB § 242
BGB § 305
BGB § 611
BAT Zuwendungs-TV § 22
BAT Zuwendungs-TV § 23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
15 Sa 28/01

verkündet am 23. Juli 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch, den ehrenamtlichen Richter Beck und den ehrenamtlichen Richter Völkel auf die mündliche Verhandlung vom 23.07.2001

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 07. Februar 2001 - Az.: 24 Ca 6265/00 - wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten, den seitens der Klägerin an die Bundesanstalt für Arbeit geleisteten Erstattungsbetrag zu ersetzen.

Der am 29. August 1938 geborene, verheiratete Beklagte stand seit dem 19. März 1973 in den Diensten der Klägerin. Er war im Textilzuschnitt, im Versand und im Ersatzteilbereich eingesetzt. Seine Ehefrau erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von ca. DM 1.600,00.

Im Rahmenvertrag vom 09. Mai 1994 haben die Parteien eine Regelung zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses - Frühpensionierung - zum 30. September 1994 getroffen. Unter dem Datum des 05. September 1994 schlossen die Parteien eine sogenannte Ausscheidensvereinbarung. Darin war einleitend neben dem Zeitpunkt des Ausscheidens (30. September 1994) bestimmt: Mitarbeiter und Firma gehen davon aus, dass ab 01.09.1998 ein Altersruhegeld der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird. Als Ausgleich für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses erhielt der Beklagte eine Kapitalabfindung in Höhe von DM 96.418,90 brutto. Diese setzte sich aus mehreren Teilbeträgen u. a. als Ausgleich für die Sperrfrist von 3 Monaten in Höhe von DM 13.073,00, einem Einkommensausgleich für 29 Monate Arbeitslosengeldbezug unter Berücksichtigung einer Aufstockung auf 80 % des Nettogehalts in der Gesamthöhe von DM 21.628,10, einem weiteren Einkommensausgleich ab Ende des Bezugs des Arbeitslosengeldes bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Bezuges der Altersrente für insgesamt 15 Monate in Höhe von DM 41.023,50 sowie einem Betrag als Arbeitgeberanteil zur freiwilligen Weiterversicherung in Höhe von DM 12.444,30 sowie Weihnachtsgeld und vorgezogene Jubiläumszuwendung zusammen.

Unter Punkt 4.3 der Ausscheidensvereinbarung war geregelt:

Die Abfindung ersetzt Leistungen aus der Arbeitslosenhilfe. Bezieht der Mitarbeiter dennoch Arbeitslosenhilfe, so hat er der Firma die daraus entstehenden Erstattungsleistungen an die Bundesanstalt für Arbeit zu ersetzen.

Der Beklagte erzielte zuletzt ein Nettogehalt in Höhe von DM 3.418,63. Im Anschluss an Arbeitslosengeld hat der Beklagte Arbeitslosenhilfe bezogen. Die Klägerin hat in den Jahren 1993 bis 1998 5477 derartige Vereinbarungen, wie mit dem Beklagten getroffen, abgeschlossen. In 71 Fällen hat sie Rückforderungsansprüche gegen die ausgeschiedenen Arbeitnehmer geltend gemacht. Durch Bescheid des Arbeitsamtes Stuttgart vom 01. Februar 2000 wurde die Klägerin zur Erstattung der vom Beklagten bezogenen Arbeitslosenhilfe in der Gesamthöhe von DM 32.082,63 in Anspruch genommen. Diesen Betrag hat sie an das Arbeitsamt überwiesen. Mit Aufforderungsschreiben vom 24. März 2000 wurde der Beklagte zur Erstattung dieses Betrages aufgefordert. Nachdem der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

Zur Begründung des erhobenen Anspruchs hat die Klägerin auf die Regelung unter Ziffer 4.3 der Ausscheidensvereinbarung verwiesen. Sie hat geltend gemacht, der Beklagte habe in den Monaten, in denen er Arbeitslosenhilfe bezogen habe, auf Grund des in der Abfindung enthaltenen Einkommensausgleichs für diese Zeit mehr Geld zur Verfügung gehabt, als wenn er gearbeitet hätte. In einem Einzelgespräch sei die Ausscheidensvereinbarung Punkt für Punkt durchgegangen worden, in dem jeweils eine Ziffer vorgelesen und das Vorgelesene nochmals mit eigenen Worten wiederholt worden sei. Zu der maßgeblichen Ziffer der Ausscheidensvereinbarung sei erläutert worden, der Arbeitnehmer erhalte für den Zeitraum vom Ende des Bezuges des Arbeitslosengeldes bis zum Eintritt der Altersrentenleistung Leistungen des Arbeitgebers in Höhe von 80 % seines letzten Nettomonatsgehaltes, so dass der Arbeitnehmer nicht gezwungen sei, im Anschluss an Arbeitslosengeld Arbeitslosenhilfe zu beziehen. Auch sei neben der Ausscheidensvereinbarung selbst das beigefügte Berechnungsblatt hinsichtlich der Ermittlung der Abfindung Punkt für Punkt durchgesprochen worden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, DM 32.082,63 nebst 4 % Zinsen seit dem 01. Mai 2000 an die Klägerin zu bezahlen.

Der Beklagte hält sich zur Rückzahlung für nicht verpflichtet. Er hat ausgeführt, er sei im Jahre 1994 persönlich in die Personalabteilung gebeten worden. Am 09. Mai 1994 sei anlässlich des Abschlusses des Rahmenvertrages nur ein fünfminütiges Gespräch geführt worden. Bei Abschluss der Ausscheidensvereinbarung am 05. September 1994 habe die Mitarbeiterin der Klägerin M. lediglich die schriftlich formulierten Zwischenüberschriften wiederholt. Er habe nach Vertragsunterzeichnung mit 50 bis 60 Kollegen, die von der Frühpensionierung Gebrauch gemacht hätten, an einer Informationsveranstaltung des Arbeitsamtes teilgenommen. Diese habe ca. 30 Minuten gedauert. Der Unterschied zwischen Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe sei nicht erläutert worden und ihm auch nicht bekannt gewesen. Konsequenzen des Bezuges der einen oder anderen Leistung für die Abwicklung der Ausscheidensvereinbarung seien ihm nicht bewusst gewesen. Es sei an versteckter Stelle und nicht deutlich genug auf eine Ersatzpflicht für den Fall des Bezuges der Arbeitslosenhilfe hingewiesen worden. Zudem sei die Klausel unter Ziffer 4.3 der Ausscheidensvereinbarung im Hinblick auf § 32 SGB I nichtig. Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe es versäumt, ihn darüber zu informieren, dass es beim Bezug von Arbeitslosenhilfe in jedem Fall zu Rückforderungen kommen würde. Nach ihren eigenen Bekundungen sei nur von "einer möglicherweise eintretenden Rückforderung" gesprochen worden. Es handle sich auch bei der Vertragsklausel um eine überraschende unklare Regelung.

Das Arbeitsgericht hat durch sein Urteil vom 07. Februar 2000 den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Bezug von Arbeitslosenhilfe knüpfe an weitere Voraussetzungen an und setze einen neuen Antrag voraus. Die Klägerin hätte den Umstand, dass die Abfindung zum Ersatz von Leistungen aus der Arbeitslosenhilfe habe dienen sollen und der Beklagte sich für den Fall des Bezuges von Arbeitslosenhilfe zum Ersatz der Erstattungsleistungen verpflichte, wesentlich deutlicher machen können und wohl auch aus der Fürsorgepflicht heraus deutlicher machen müssen. Der Beklagte sei jedoch nach der nach dem Wortlaut eindeutigen Regelung der Ziffer 4.3 dennoch zur Rückzahlung verpflichtet. Die Regelung in der Ausscheidensvereinbarung sei auch nicht nach den Vorschriften des SGB nichtig.

Gegen diese am 22. Februar 2001 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beklagte mit seiner am 22. März 2001 eingereichten Berufung, die er mit dem am 23. April 2001 eingereichten Schriftsatz ausgeführt hat. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, er habe die Ausscheidensvereinbarung weder gelesen noch habe er sie verstehen können. Die Ersatzpflicht sei an versteckter Stelle nicht deutlich genug aufgeführt gewesen. Er sei auch erkennbar intellektuell einfach strukturiert. Er stelle in Abrede, dass die Klägerin einer Erstattungspflicht unterlegen habe, weil nach den einschlägigen Vorschriften eine solche nicht eingetreten sei. Das Arbeitsgericht habe sich auch nicht mit seinen Argumenten, die Regelung in der Ausscheidensvereinbarung verstoße gegen Vorschriften des SGB, auseinandergesetzt. Im Ansatz habe das Arbeitsgericht zutreffend die im Streit befindliche Vertragsklausel für nicht hinreichend klar angesehen. Der konkrete Umfang seiner Ersatzpflicht sei nicht erkennbar. Außerdem handle es sich um eine ungewöhnliche und überraschende Klausel. Nach der ständigen Rechtsprechung bestehe eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitgebers, bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses Hinweis- und Aufklärungspflichten zu genügen. Auf Grund seiner Vorbildung und seines Kenntnisstandes sei er offenkundig nicht in der Lage gewesen, die mit der Ausscheidensvereinbarung verbundenen Pflichten und Ersatzrisiken zu erkennen und zu bewerten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 07. Februar 2001 - 24 Ca 6265/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat zur Abwehr des Rechtsmittels insbesondere ausgeführt, wenn ein Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss einer Ausscheidensvereinbarung wahrnehme, treffe ihn auch die Pflicht, sich vor Abschluss über die rechtlichen Folgen selbst Klarheit zu verschaffen. Die Regelung der Ausscheidensvereinbarung sei nicht irreführend gewesen. Ein Verstoß gegen § 32 SGB I liege nicht vor. Nach dieser Vorschrift sei der Arbeitgeber nicht gehindert, den Umfang seines finanziellen Aufwandes mit Hilfe einer Rückforderungsklausel abschließend festzulegen. Auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Hinweis- und Aufklärungspflicht könne sich der Kläger nicht berufen.

Die Berufungskammer hat durch Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugin M. zu der Behauptung, mit dem Beklagten sei in einem Einzelgespräch die Ausscheidensvereinbarung Punkt für Punkt durchgegangen worden, in dem jeweils die Ziffer vorgelesen und das Vorgelesene nochmals mit eigenen Worten wiederholt worden sei, Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Juli 2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 lit. b ArbGG i. d. F. des Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetzes vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 333) statthaft. Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig und ordnungsgemäß ausgeführt worden, so dass es gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519, 222 Abs. 2 ZPO zulässig ist. Es konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Wenn auch die von der Klägerin im zweiten Rechtszug erneut benannte und vernommene Zeugin die in ihr Wissen gestellte Behauptung nicht bestätigen konnte, weil sie sich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Ausscheidensvereinbarung im Urlaub befunden hat, so ergibt sich doch aus ihren glaubhaften Bekundungen, dass dem Beklagten bereits bei Abschluss des Rahmenvertrages hinreichend deutlich der Sinn und Zweck des Einkommensausgleichs erläutert worden ist.

II.

Der Beklagte ist, wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat, auf Grund der in der Ausscheidensvereinbarung unter Ziffer 4.3 Satz 2 getroffenen Regelung zur Zahlung in der geltend gemachten Höhe verpflichtet. Die Regelung ist weder nichtig noch handelt es sich um eine überraschende Vertragsklausel.

1. Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, das Arbeitsgericht habe sich mit seinen Argumenten, die die an § 32 SGB I orientierte Nichtigkeit der Ziffer 4.3 der Ausscheidensvereinbarung begründen, nicht auseinander gesetzt. Er verkennt, dass das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausführlich begründet hat, warum die in der Ausscheidensvereinbarung getroffene Vereinbarung, nach welcher der Beklagte, wenn er, da die Abfindung Leistungen aus der Arbeitslosenhilfe ersetzen sollte, gleichwohl Arbeitslosenhilfe beziehen sollte, er der Klägerin die daraus entstehenden Erstattungsleistungen an die Bundesanstalt für Arbeit zu ersetzen habe, nicht zu seinem Nachteil von den Vorschriften des Sozialgesetzbuches und damit auch des Arbeitsförderungsgesetzes, welches bereits vor seiner Eingliederung in das Sozialgesetzbuch als dessen besonderer Teil galt (Art. II § 1 Nr. 2 SGB [Allgemeiner Teil] vom 11. Dezember 1975), abwich und deshalb nicht nichtig ist.

a) Der Beklagte hat sich in der Ausscheidensvereinbarung nicht verpflichtet, keine Arbeitslosenhilfe zu beziehen (vgl. dazu BAG, Urteil v. 22. Juni 1989 - 8 AZR 761/87, EzA § 128 AFG Nr. 2), sondern die Parteien haben vereinbart, dass der Beklagte, da die Abfindung Leistungen aus der Arbeitslosenhilfe ersetzen sollte, im Falle des Bezuges von Arbeitslosenhilfe die daraus der Klägerin entstehenden Erstattungsleistungen an die Bundesanstalt für Arbeit zu ersetzen habe. Durch diese Regelung wurde die sozialrechtlich begründete Rechtsstellung des Beklagten nicht beeinträchtigt, denn es blieb ihm überlassen, Leistungen der Arbeitsverwaltung in Anspruch zu nehmen (vgl. dazu BAG, Urteil v. 25. Januar 2000 - 9 AZR 144/99, AP Nr. 3 zu § 128 AFG). Im Rahmen der Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) konnten die Parteien wirksam den Umfang des die Klägerin mit dem Ausscheiden des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 56. Lebensjahres verbundenen finanziellen Aufwandes mit Hilfe der Klausel begrenzen.

b) Die Parteien sind davon ausgegangen, dass der Beklagte ab dem 01. September 1998 Altersruhegeld der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen werde. Da der Beklagte mit Ablauf des 30. September 1994 im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden sollte, waren bis zum Bezug des (vorgezogenen) Altersruhegeldes 47 Monate zu überbrücken. Die geleistete Abfindung setzte sich aus mehreren Teilbeträgen zusammen. Neben der Sperrfristleistung wurden zwei Einkommensausgleiche gewährt. Die Klägerin hat im ersten Rechtszug ausführlich dargelegt, der Beklagte habe für 15 Monate, für welche ihm der Einkommensausgleich 2 zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur freiwilligen Weiterversicherung gewährt worden sei, infolge des Bezuges von Arbeitslosenhilfe mehr Geld zur Verfügung gehabt, als wenn er gearbeitet hätte. Der Hinweis des Beklagten, er habe nicht nur während der Zeit der Arbeitslosigkeit ein erheblich geringeres Einkommen als während des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses gehabt, sondern er müsse auch wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme des Altersruhegeldes dauerhaft erhebliche Rentenminderungen in Kauf nehmen, verkennt, dass die Parteien für den Zeitraum zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Bezug von Altersruhegeld mit den Zahlungen den Beklagten so stellen wollten, dass er 80 % seines letzten Nettoverdienstes zur Verfügung hatte. Der für 15 Monate gewährte Einkommensausgleich 2 in Höhe von DM 41.023,50 entspricht dem Fünfzehnfachen des Betrages von vier Fünftel des letzten Nettoverdienstes in Höhe von DM 3.418,63 DM. Wenn der Beklagte für einen Zeitraum, für den der Einkommensausgleich 2 bestimmt war, darüber hinaus Arbeitslosenhilfe bezog, so überstieg die Summe beider Leistungen unzweifelhaft seinen während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses erzielten Nettoverdienst.

c) Soweit der Beklagte im ersten Rechtszug geltend gemacht hat, die Ziffer 4.1 i. V. m. Ziffer 4.3 der Ausscheidensvereinbarung sei nichtig, soweit darin das Arbeitslosengeld auf 29 Monate beschränkt und der Bezug von Arbeitslosenhilfe ausgeschlossen sei, enthält die Ausscheidensvereinbarung solche Regelungen gerade nicht. Nach Ziffer 4.1 war der Beklagte verpflichtet, sich unmittelbar nach dem Ausscheiden persönlich arbeitslos zu melden und für die Dauer von max. 32 Monaten (abzüglich 3 Monaten Sperrfrist) Arbeitslosengeld zu beziehen. Wenn der Beklagte sich verpflichtete, Arbeitslosengeld zu beziehen, wurde von den Vorschriften des Sozialgesetzbuches nicht abgewichen. Die angeführte Bezugsdauer richtete sich nach § 106 AFG. Der Bezug von Arbeitslosenhilfe war gerade nicht ausgeschlossen. Woraus sich der Ausschluss ergeben soll, ist vom Beklagten nicht dargetan worden. Der Wortlaut der Vereinbarung gibt dafür keinen Anhaltspunkt.

In der Entscheidung vom 22. Juni 1989 hat das BAG den Rechtssatz aufgestellt, vertragliche Vereinbarungen, in denen sich der Arbeitnehmer unwiderruflich verpflichte, kein Arbeitslosengeld zu beziehen, seien rechtsunwirksam. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien vorliegend nicht geschlossen. Dem Beklagten stand die Entscheidung frei, Arbeitslosenhilfe zu beantragen und auch zu beziehen. Die Klägerin wollte, da sie im Falle des Bezuges von Arbeitslosenhilfe vom Arbeitsamt auf Erstattung in Anspruch genommen werden würde, ihren finanziellen Aufwand zulässigerweise begrenzen.

2. Bei der Regelung der Ziffer 4.3 der Ausscheidensvereinbarung handelt es sich auch nicht um eine überraschende Vertragsklausel. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. zuletzt BAG, Urteil v. 13. Dezember 2000 - 10 AZR 168/00, EzA § 611 BGB Inhaltskontrolle Nr. 8) werden überraschende Vertragsklauseln deshalb nicht Vertragsbestandteil, weil es gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn ein Arbeitgeber die Unerfahrenheit eines Vertragspartners dadurch ausnützt, dass er ihm durch Verwendung eines formulierten Regelwerkes in einer Weise eine Vertragsklausel unterschiebt, mit welcher dieser auf Grund der Umstände des Einzelfalles nicht zu rechnen brauchte und auf die er auch nicht auf Grund der Gestaltung der Vertragsurkunde aufmerksam werden musste.

a) Bei der maßgeblichen Regelung handelte es sich deswegen nicht um eine Überraschungsklausel, weil sie in einer vier Seiten umfassenden Vereinbarung enthalten ist. Die Vereinbarung gliedert sich in acht Hauptpunkte, in denen im Hinblick auf die Bedeutung des Rechtsgeschäfts eine große Anzahl regelungsbedürftiger Punkte aufgeführt sind. Bereits unter Ziffer 2.3 ist klargestellt worden, die Abfindungszahlung diene der Einkommenssicherung des Arbeitnehmers bis zum frühestmöglichen Bezug der gesetzlichen Altersrente. Unter Punkt 4. "Arbeitslosenmeldung" ist nicht nur der vorliegend gemachte Ersatzanspruch geregelt. Unter Ziffer 4.2 wird der Zweck der Abfindung noch einmal erwähnt. Danach konnte es sowohl zu einer Erhöhung als auch zu einer Kürzung der Abfindung kommen, wenn aufgrund einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften ein geringeres oder höheres Arbeitslosengeld oder das Arbeitslosengeld für einen längeren oder kürzeren Zeitraum gewährt werden würde. Somit hat sich die Klägerin zur Nachzahlung verpflichtet, um den mit 80 % des Nettogehaltes festgelegten Lebensstandard des ausgeschiedenen Mitarbeiters zu sichern. Damit sind unter der Ziffer 4 der Ausscheidensvereinbarung ausgewogene Regelungen für beide Vertragsparteien aufgeführt.

b) Arbeitsvertragliche Vereinbarungen, sei es bei der Begründung oder sei es im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sind insbesondere dahingehend zu überprüfen, ob sie sittenwidrig (§ 138 BGB) sind, ob sie gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), gegen zwingendes Gesetzesrecht (§ 134 BGB) oder gegen tragende Grundsätze des Arbeitsrechts verstoßen. Anhaltspunkte dafür, dass die maßgebliche Klausel sittenwidrig ist, sind nicht vorhanden. Ein Verstoß gegen zwingendes Gesetzesrecht (§ 32 SGB I) ist mit dem Arbeitgericht zu verneinen. Der Klägerin ist es auch nicht versagt, sich auf die unter Ziffer 4.3 geregelte Ersatzpflicht zu berufen, weil sie gegen die sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebenden Hinweis - und Aufklärungspflichten verstoßen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (vgl. Urteil vom 10. März 1988 - 8 AZR 420/85, AP Nr. 99 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; Urteil vom 25. Januar 2000 - 9 AZR 144/99, AP Nr. 3 zu § 128 AFG; Urteil vom 17. Oktober 2000 - 3 AZR 605/99, AP Nr. 116 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht) kann im Einzelfall auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung die Rechtspflicht des Arbeitgebers bestehen, den Arbeitnehmer unaufgefordert über Tatsachen und rechtliche Zusammenhänge aufzuklären, die für seine Rechtsstellung von Bedeutung sind. Solche Aufklärungs- und Belehrungspflichten kommen insbesondere bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines vom Arbeitgeber veranlassten Aufhebungsvertrages in Betracht. Das Bestehen und der Umfang der Aufklärungs- und Belehrungspflichten bestimmen sich nach dem im konkreten Einzelfall bestehenden Informationsbedarf des Arbeitnehmers. Regelmäßig schuldet der Arbeitgeber unaufgefordert eine Mitteilung nur, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet keine Kenntnis von den für seine Rechtsstellung erheblichen Tatsachen hat und er deshalb auf die Unterrichtung durch den Arbeitgeber angewiesen ist. Die Verpflichtung zur Aufklärung durch den Arbeitgeber darf jedoch nicht überspannt werden, da jeder Vertragspartner für die Wahrnehmung seiner Vermögensinteressen selbst zu sorgen hat. Eine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers besteht nur bei einem besonderen, dem Arbeitgeber erkennbaren Aufklärungsbedarf des Arbeitnehmers (vgl. BAG, Urteil vom 18. August 1999 - 10 AZR 424/98, AP Nr. 22 zu §§ 22, 23 BAT Zuwendungs-TV).

c) Die maßgebliche Klausel ist in den Ausscheidensvereinbarung vom 05. September 1994 enthalten, die der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen nicht gelesen hat. Derjenige, der sich vom Inhalt eines Schriftstückes, das er ungelesen unterschrieben hat, eine unrichtige Vorstellung macht, kann gegebenenfalls zur Irrtumsanfechtung berechtigt sein (vgl. BAG, Urteil vom 27. August 1970 - 2 AZR 519/69, AP Nr. 33 zu § 133 BGB). Ist eine Vereinbarung ungelesen unterschrieben worden, sind die Parteien daran gebunden. Hinsichtlich der Aufklärungs- und Belehrungspflichten kommt es auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung der Ausscheidensvereinbarung nicht entscheidend an, weil die maßgebliche Aufklärung bereits vor der Unterzeichnung des Rahmenvertrages am 09. Mai 1994 erfolgt ist. Während die Klägerin sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtszug behauptet hat, die Ausscheidensvereinbarung als auch die Anlage dazu seien durch die Personalbetreuerin M. mit dem Beklagten Punkt für Punkt durchgegangen worden, hatte der Beklagte eingewandt, im endgültigen Gespräch über den Abschluss der Ausscheidensvereinbarung am 05. September 1994 habe die Personalbetreuerin lediglich die schriftlich formulierten Zwischenüberschriften wiederholt, ohne auf den Inhalt näher einzugehen. Die als Zeugin vernommene Personalbetreuerin hat demgegenüber bekundet, sie habe sich im September 1994 im Urlaub befunden, sodass sie bei der Unterzeichnung der Ausscheidensvereinbarung nicht dabei gewesen sei. Damit haben sich beide Parteien von der unzutreffenden Vorstellung leiten lassen, die Zeugin sei bei der Unterzeichnung im September 1994 anwesend gewesen. Nach der Aussage der Zeugin hat diese ein Gespräch mit dem Beklagten im Mai des Jahres 1994 geführt. Diese Angabe beruht auf einem Vermerk im Kalender der Zeugin, den sie zur Berufungsverhandlung mitgebracht hatte. Dieses Gespräch hat nach der glaubhaften Aussage der Zeugin nicht, wie vom Beklagten behauptet, nur ca. fünf Minuten gedauert, sondern währte nach der Erinnerung der Zeugin zwanzig Minuten. Anhand ihres Kalenders hat die Zeugin ausgeführt, für den Beklagten sei ein Termin um 10.30 Uhr am 09. Mai 1994 eingetragen gewesen. Der nächste Termin sei für 11.00 Uhr bestimmt gewesen. Des weiteren hat die Zeugin aufgrund eines entsprechenden Vermerks bekundet, der Beklagte habe den Rahmenvertrag bereits bei dem Gespräch am 09. Mai 1994 unterzeichnet.

Hinsichtlich des Gesprächsinhalts vom 09. Mai 1994 hat die Zeugin bekundet, dem Beklagten seien die einzelnen Positionen, aus denen sich die Abfindung zusammensetzen sollte, erläutert worden. Hinsichtlich des Einkommensausgleich 2, der die Zeit nach dem Bezug von Arbeitslosengeld bis zum Bezug des Altersruhegeldes betraf, sei dem Beklagten erläutert worden, dadurch solle seine wirtschaftliche Absicherung bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Rentenbezuges erfolgen. In diesem Zeitraum sollten ihm durch den Einkommensausgleich 2 80 % seines Nettogehaltes zur Verfügung stehen. An der Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen keine begründeten Zweifel. Zwar hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zutreffend darauf hingewiesen, dass die von der Zeugin vorgelegte Anlage zur Ausscheidensvereinbarung das Datum des 05. September 1994 trage, so dass sie im Mai desselben Jahres noch nicht vorgelegen haben könne. Die Zeugin hat dies ohne weiteres eingeräumt jedoch bekundet, in einer vorläufigen Berechnung seien die selben Punkte aufgeführt gewesen. Der einzige Unterschied dürfte darin bestanden haben, dass andere Beträge hinsichtlich des Gehaltes aufgeführt gewesen seien. Wenn auch die Zeugin sich nicht daran erinnern konnte, ob der Begriff Arbeitslosengeld ausdrücklich erwähnt worden ist, kommt es darauf nicht an, denn dem Beklagten ist verdeutlicht worden, welcher Zweck mit dem Einkommensausgleich 2 verfolgt werden sollte. Dieser diente dazu, ihn im wirtschaftlichen Umfang nach Ablauf der Bezugsfrist des Arbeitslosengeldes in Höhe von 80 % seines Nettogehaltes abzusichern. Wenn der Beklagte auch, wie sein Prozessbevollmächtigter ausgeführt hat, erkennbar intellektuell einfach strukturiert ist, musste sich ihm im Hinblick auf den erläuterten Sinn des Einkommensausgleich 2 aufdrängen, dass er durch den Bezug von Arbeitslosenhilfe daneben ein höheres Einkommen zur Verfügung haben würde. Im Übrigen hat die weit überwiegende Anzahl ehemaliger Mitarbeiter der Klägerin, mit denen ebenfalls Ausscheidensvereinbarungen abgeschlossen worden sind, keine Arbeitslosenhilfe bezogen, so dass es nicht zur Erstattungsforderungen der Bundesanstalt für Arbeit gekommen ist.

Insgesamt steht aufgrund der Bekundungen der Zeugin zur Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass dem Beklagten insbesondere der Zweck des Einkommensausgleich 2 hinreichend verdeutlicht worden ist. Für den Beklagten war erkennbar, dass durch den im Abfindungsbetrag enthaltenen Teilbetrag seine wirtschaftliche Absicherung im Umfang von 80 % seines Nettogehaltes erfolgen sollte. Dementsprechend lautete es unter Ziffer 4.3 Satz 1 der Ausscheidensvereinbarung, die Abfindung ersetze Leistungen aus der Arbeitslosenhilfe.

d) Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte darauf, er habe nicht wissen können, wie hoch die aus dem Bezug von Arbeitslosenhilfe "entstehenden Erstattungsleistungen an die Bundesanstalt für Arbeit" sein würden. Dies konnte auch die Klägerin nicht wissen, da ihr nicht bekannt sein konnte, zu welchem Zeitpunkt der Beklagte einen entsprechenden Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe stellen würde. Der zeitliche Rahmen war jedenfalls durch den Zeitraum festgelegt, für den der Einkommensausgleich 2 gewährt wurde. Ebenso wenig kann der Beklagte mit der Ansicht durchdringen, ihn könne nur dann eine Ersatzpflicht treffen, wenn die Klägerin ein materiell wirksamer Erstattungsanspruch der Bundesanstalt für Arbeit getroffen hätte. Die in der Ausscheidensvereinbarung vereinbarte Ersatzpflicht ist davon abhängig gemacht worden, dass der Mitarbeiter Arbeitslosenhilfe bezieht und die Firma daraus Erstattungsleistungen treffen. Der Beklagte hat unstreitig Arbeitslosenhilfe bezogen und ausweislich des mit der Klagschrift eingereichten Bescheides der Leistungsabteilung des Arbeitsamtes Stuttgart hat das Arbeitsamt unter Beachtung des § 128 AFG für den Zeitraum 29. August 1996 bis 31. August 1998 den Erstattungsbetrag auf DM 74.949,79 festgesetzt. Die Klägerin verlangt davon DM 32.082,63, weil der Beklagte im Zeitraum 13. November 1997 bis 31. August 1998 Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Damit sind die Voraussetzungen für die vereinbarte Ersatzpflicht gemäß Ziffer 4.3 der Ausscheidensvereinbarung erfüllt.

3. Hinsichtlich der von der Klägerin begehrten und ihr auch zugesprochenen Zinsen sind von dem Beklagten keine Einwendungen erhoben worden.

III.

1. Die Kosten seiner erfolglosen Berufung hat der Beklagte gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen dieses Berufungsurteil nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht selbstständig durch den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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