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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 07.08.2002
Aktenzeichen: 15 Ta 12/02
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, KSchG, GVG


Vorschriften:

ArbGG § 68
ArbGG § 78 n.F.
ArbGG § 78 Satz 3
ArbGG § 78 Satz 1 n.F.
ArbGG § 48 Abs. 1 Nr. 2
ArbGG § 53 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 571 a.F.
ZPO §§ 567 ff. n.F.
ZPO § 572 Abs. 3
ZPO § 571 Abs. 1 n.F.
ZPO § 572 Abs. 1 n.F.
ZPO § 572 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1 n.F.
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1 n.F.
KSchG § 5 Abs. 4
KSchG § 5 Abs. 3 Satz 1
KSchG § 5 Abs. 4 Satz 1
GVG § 17a Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

Aktenzeichen: 15 Ta 12/02

Stuttgart, 07. August 2002

Beschluss

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 15. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Braasch ohne mündliche Verhandlung am 07.08.2002 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14. Juni 2002 - Az.: 4 Ca 542/02 - aufgehoben.

2. Die Sache wird an das Arbeitsgericht Stuttgart zur Nachholung der Abhilfeentscheidung unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zurückverwiesen.

3. Kosten werden für diese Beschwerdeentscheidung nicht erhoben.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung des auf die nachträgliche Zulassung ihrer Kündigungsschutzklage gerichteten Antrags.

Die am 1. Oktober 1950 geborene, verheiratete Klägerin ist Mutter von zwei Söhnen im Alter von 21 und 16 Jahren. Sie steht seit dem 5. April 1977 als Montiererin in den Diensten der Beklagten. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Klägerin belief sich im Jahre 2001 auf 4.863,37 DM.

Die Beklagte schloss infolge eines beabsichtigten Restrukturierungsprogramms mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat am 13. Juli 2001 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan ab. Dieses Restrukturierungsprogramm sollte sich auf den Montagebereich dahin auswirken, dass die bislang an 6 Bändern mit jeweils sieben Mitarbeitern durchgeführte Fertigung durch 3 von jeweils 2 Mitarbeitern zu bedienenden Automaten ersetzt werden sollte.

Der Klägerin war für die Zeit vom 19. November 2001 bis zum 4. Januar 2002 Urlaub gewährt worden. Sie kehrte am 28. Dezember 2001 von einer Reise zu ihrem schwerkranken Vater in der Türkei zurück.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28. November 2001 zum 30. Juni 2002. Die der Klägerin gemäß dem abgeschlossenen Sozialplan zustehende Sozialabfindung wurde darin mit 76.518,74 DM beziffert. Das an die Wohnanschrift der Klägerin adressierte Kündigungsschreiben befand sich in einem Briefumschlag, auf welchem ein Stempelabdruck der Beklagten wiedergegeben war und auf welchem auf der Vorder- und der Rückseite das Wort Kündigung angegeben war. Das Kündigungsschreiben wurde am 4. Dezember 2001 per Boten zugestellt.

Mit der am 14. Januar 2002 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht und die nachträgliche Zulassung der Klage beantragt. Zur Begründung dieses Antrags hat die Klägerin vortragen lassen, sie habe nach ihrer Rückkehr nach Deutschland unverzüglich nach Hannover reisen müssen, wo einer ihrer Söhne wegen einer Infektionskrankheit in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei. Der andere der beiden Söhne habe sich bereits bei seinem Bruder in Hannover aufgehalten. Dieser Sohn habe erst nach der Rückkehr aus Hannover nach Stuttgart am 4. Januar 2002 die zwischenzeitlich eingegangene Post - darunter auch das Kündigungsschreiben - übergeben. In Folge der Abwesenheit sei sie nicht in der Lage gewesen, die Kündigungsschutzklage fristgerecht zu erheben. Zur Glaubhaftmachung hat sich die Klägerin auf ihre eigene eidesstattliche Versicherung mit dem Inhalt ihres Vorbringens berufen.

Das Arbeitsgericht hat, nachdem es zuvor durch Verfügung vom 18. März 2002 die Parteien darauf hingewiesen hatte, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss der Kammer vom 11. April 2002 den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie nach ihrer Rückkehr (aus der Türkei) schuldlos außer Stande gewesen sei, Kenntnis von der eingegangenen Post zu nehmen. Auch sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin nach Kenntnisnahme vom Inhalt des Kündigungsschreibens schuldlos daran gehindert gewesen sei, während der verbleibenden Zeit der 2-Wochen-Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zu stellen. Es liege auf alle Fälle ein als unverschuldet anzusehender Grund, dass die Klägerin erst auf den 14. Januar ein Besprechungstermin bei ihrem Prozessbevollmächtigten vereinbart habe, nicht vor.

Gegen diese am 15. Mai 2002 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 27. Mai 2002 beim Arbeitsgericht eingereichten sofortigen Beschwerde. Die Beschwerde ist mit dem weiteren am 12. Juni 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz ausgeführt worden. Die Klägerin macht geltend, ihr zu Hause verbliebener Sohn habe ihr nicht mitgeteilt, es sei ein Schreiben des Arbeitgebers eingegangen. Sie sei am 28. Dezember 2001 gegen 22.00 Uhr in ihre Wohnung gekommen. Sie sei in großer Sorge um ihren 16-jährigen Sohn gewesen, der mit Krampfanfällen in ein Krankenhaus in Hannover gebracht worden sei und sich dort auf der Intensivstation befunden habe. Sie sei am folgenden Morgen um 6.50 Uhr mit dem Zug nach Hannover gefahren. Da sie weder Zeit noch Ruhe zu allgemeinen Gesprächen gehabt habe, ihren Koffer habe leeren und neu packen müssen und kaum Zeit zum Schlafen gehabt habe, habe sie erst am 4. Januar 2002 Kenntnis von der Kündigung erlangt. Die Klägerin hat eine erneute eidesstattliche Versicherung diesen Inhalts vorgelegt. Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss des Vorsitzenden vom 14. Juni 2002 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Der die Beschwerdebegründung beinhaltende Schriftsatz ist nach einem Aktenvermerk vom 4. Juli 2002 "erst nach Abgabe des Beschlusses am 14. Juni 2002 auf der Geschäftsstelle vorgelegt" worden. Der Beschluss vom 14. Juni 2002 ist am 11. Juli 2002 zur Post gegeben worden.

Die Beklagte weist darauf hin, das Vorbringen der Klägerin in ihrer Klagschrift stimme mit dem in der Beschwerdeschrift nicht überein.

II.

1. Die an sich statthafte sofortige Beschwerde (§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG), hinsichtlich derer sich das Verfahren nach § 78 ArbGG n.F. i.V.m. §§ 567 ff. ZPO n.F. (die Vorschriften sind durch Art. 30 Nr. 15 bzw. Art. 2 Nr. 72 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001, BGBl. I S.1887 neu gefasst worden) richtet, denn der angefochtene Beschluss datiert vom 11. April 2002 und die Geschäftsstelle hat am 13. Mai 2002 die Zustellung an die Prozessbevollmächtigten der Parteien verfügt (§ 26 Nr. 10 EGZPO), ist frist- und formgerecht eingelegt worden (§ 569 Abs. 1 und 2 ZPO n.F.). Der Beschluss ist am 15. Mai 2002 an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt worden. Die sofortige Beschwerde ist vor Ablauf der zweiwöchigen Notfrist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. beim Arbeitsgericht eingegangen. Sie ist auch nach der Soll-Vorschrift des § 571 Abs. 1 ZPO n.F. mit dem am 12. Juni 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet worden. Die somit zulässige Beschwerde, über die das Beschwerdegericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 78 Satz 3 ArbGG n.F. zu entscheiden hat, hat insoweit Erfolg, als der Nichtabhilfebeschluss aufzuheben und die Sache an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen ist. Während der Mangel der Nichtberücksichtigung der am 12. Juni 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerdebegründung in der Beschwerdeinstanz korrigiert werden könnte, ist dies hinsichtlich der unterlassenen Heranziehung der ehrenamtlichen Richter bezüglich des Nichtabhilfebeschlusses nicht der Fall.

2. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 KSchG i.d.F. des Art. 3 des Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetzes vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 333) entscheidet über den Antrag auf Zulassung einer verspäteten Kündigungsschutzklage die Kammer durch Beschluss, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Dabei handelt es sich um eine Spezialnorm zu § 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Nach dieser Vorschrift erlässt die nicht auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse und Verfügungen, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Vorsitzende allein. Davon abweichend bestimmt § 5 Abs. 4 Satz 1 KSchG, dass die Kammer zu entscheiden hat. Zur alten Fassung des § 5 Abs. 4 KSchG, wonach das "Arbeitsgericht" über den Antrag durch Beschluss zu entscheiden hatte, ist die Auffassung vertreten worden, wenn über die nachträgliche Zulassung ohne mündliche Verhandlung befunden werde, entscheide der Vorsitzende allein (so APS-Ascheid, § 5 KSchG Rn. 96; ErfK/Ascheid, 2. Aufl., § 5 KSchG Rn. 28). Durch die Ersetzung des Merkmals "Arbeitsgericht" durch das der "Kammer" ist nunmehr klargestellt, dass über einen Antrag auf nachträgliche Zulassung auch ohne mündliche Verhandlung die vollbesetzte Kammer des Arbeitsgerichts zu entscheiden hat (vgl. KR-Friedrich, 6. Aufl., § 5 KSchG Rz. 126). Für den zweiten Rechtszug ist durch die Neufassung des § 78 Satz 3 ArbGG i.d.F. des Art. 30 Nr. 15 des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887 [1916]) nunmehr bestimmt, dass über die sofortige Beschwerde ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden ist. Damit ist die Streitfrage (vgl. Wenzel in Bader/Bram/Dörner/Wenzel, KSchG, § 5 Rz. 175; GK-ArbGG/Wenzel, § 78 Rz. 94 [Stand Dezember 1995]), ob außerhalb der mündlichen Verhandlung der Vorsitzende der Beschwerdekammer allein entscheidet, erledigt (vgl. GK-ArbGG/Wenzel, § 78 Rz. 100 [Stand Februar 2002]).

Das Arbeitsgericht hat, nachdem es seine Absicht, über den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage außerhalb einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden, den Parteien durch Verfügung vom 18. März 2002 mitgeteilt hatte, unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss vom 11. April 2002 den Antrag zurückgewiesen.

3. Das Arbeitsgericht hat es jedoch verfahrensfehlerhaft unterlassen, den Nichtabhilfebeschluss vom 14. Juni 2002 unter Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter zu fassen.

Das Recht des Beschwerdeverfahrens ist durch Art. 2 Nr. 72 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 grundlegend geändert worden. So wurde die bisherige Zwei- bzw. Dreiteilung der Beschwerdearten in einfache unbefristete, einfache befristete und sofortige Beschwerde zu Gunsten einer einheitlichen im Regelfall auf 2 Wochen befristeten Beschwerde (§§ 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO; Ausnahmen: § 127 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 ZPO) abgeändert. Die sich nach dem alten Recht nur auf die einfache Beschwerde (§ 577 Abs. 3 ZPO a.F.) beziehende Abhilfebefugnis bzw. Entscheidungsverpflichtung des Ausgangsgerichts nach § 571 ZPO a.F. gilt nunmehr generell für das Beschwerdeverfahren gemäß § 572 Abs. 1 ZPO n.F.. Für das arbeitsgerichtliche Verfahren verweist § 78 Satz 1 ArbGG n.F. hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen des Arbeitsgerichts oder ihrer Vorsitzenden auf die für die Beschwerde gegen Entscheidungen des Amtsgerichts maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung.

Nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO haben, wenn das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet erachten, ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Ist die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung vom Vorsitzenden erlassen worden, so trifft diesen die Entscheidungsverpflichtung nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Ist die Ausgangsentscheidung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter wie z. B. nach § 17a Abs. 4 GVG i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG oder § 5 KSchG ergangen, sind diese auch zu der Abhilfeentscheidung hinzuzuziehen (vgl. Müller-Glöge im Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 4. Aufl., § 78 Rn. 10; Schmidt/Schwab/Wildschütz, Die Auswirkungen der Reform des Zivilprozesses auf das arbeitsgerichtliche Verfahren (Teil 2), NZA 2001, 1217 [1225]; Holthaus/Koch, Auswirkungen der Reform des Zivilprozessrechts auf arbeitsgerichtliche Verfahren, RdA 2002, 140 [157]). Vorliegend ist die Nichtabhilfeentscheidung durch den Vorsitzenden ohne Heranziehung ehrenamtlicher Richter und damit nicht durch den gesetzlichen Richter ergangen.

4. Dieser Mangel des Verfahrens hat die Zurückweisung an das Arbeitsgericht zur Folge. Dem steht das Zurückweisungsverbot des § 68 ArbGG nicht entgegen, welches nach h.M. (vgl. GK-ArbGG/Vossen, § 68 Rz. 9; GK-ArbGG/Wenzel, § 78 Rz. 105; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O. § 68 Rn. 3) für das Beschwerdeverfahren nicht eingreift. § 78 ArbGG verweist auf die die Beschwerde betreffenden Vorschriften der Zivilprozessordnung. § 572 Abs. 3 ZPO enthält eine Sondervorschrift hinsichtlich der Zurückverweisung, welche auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt. Soweit angenommen wird, im Beschwerdeverfahren komme eine Zurückverweisung nur in Betracht, wenn es sich um einen schweren Verfahrensmangel im Sinne des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. handle (Baumbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 572 Rn. 14), der in der Beschwerdeinstanz nicht behoben werden könne, ist ein solcher Fall vorliegend gegeben (vgl. für das Berufungsverfahren Schmidt/Schwab/Wildschütz, a.a.O. S. 1222; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 68 Rn. 5; Hauck, ArbGG, § 68 Rn. 4). Nur der Vorsitzende der zur Nichtabhilfeentscheidung berufenen Kammer des Arbeitsgerichts kann die seiner Kammer zugewiesenen ehrenamtlichen Richter zur Entscheidung nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. heranziehen. Dabei ist allerdings nicht erforderlich, dass die Kammer in der gleichen Besetzung wie bei der Ausgangsentscheidung auch über die Abhilfe befindet (vgl. Schmidt/Schwab/Wildschütz, a.a.O. S. 1225; Holthaus/Koch, a.a.O. S. 157).

Das Arbeitsgericht wird somit erneut - diesmal unter Heranziehung der ehrenamtlichen Richter - darüber zu befinden haben, ob es der sofortigen Beschwerde der Klägerin abhilft oder nicht.

5. Bei dieser Entscheidung wird das Arbeitsgericht auch die Ausführungen in der Beschwerdebegründungsschrift zu berücksichtigen haben, die es verfahrensfehlerhaft bei seiner Nichtabhilfeentscheidung unbeachtet gelassen hat.

Ein Nichtabhilfebeschluss ist nicht zu verkünden, sondern nur den Parteien mitzuteilen. Bis zum Existentwerden eines solchen Beschlusses sind die bis dahin eingegangenen Schriftsätze noch zu berücksichtigen. Ein solcher Beschluss wird existent, wenn er nach dem Willen des Gerichts aus dem inneren Geschäftsbereich herausgetreten ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 329 Rn. 18); wenn etwa der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Beschluss der Post zur Beförderung übergeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1981 - II ZR 85/80, NJW 1982, 888 [889]; Beschluss vom 12. Dezember 1996 - I ZB 8/96 (BPatG), NJW 1997, 2524).

Der Beschwerdebegründungsschriftsatz ist am 12. Juni 2002 beim Arbeitsgericht eingegangen. Der Nichtabhilfebeschluss datiert vom 14. Juni 2002. Darauf, dass der Begründungsschriftsatz nach einem Vermerk des Vorsitzenden des Arbeitsgerichts vom 4. Juli 2002 erst "nach Abgabe des Beschlusses vom 14. Juni 2002 auf der Geschäftsstelle vorgelegt" worden ist, kommt es nicht an. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, die bis zum Erlass der Entscheidung eingegangen sind (BVerfG, Beschluss vom 4. August 1992 - 2 BvR 1129/92, NJW 1993, 51). Der Beschluss vom 14. Juni 2002 ist am 11. Juli 2002 zur Post gegeben worden. Eine entsprechende Verfügung der Geschäftsstelle datiert vom 9. Juli 2002. Somit war der vom Vorsitzenden unterzeichnete Beschluss noch nicht existent, als der am 12. Juni 2002 eingegangene Begründungschriftsatz vorgelegt wurde. Die Ausführungen in der Begründungsschrift hätten somit berücksichtigt werden müssen. Dieser Mangel allein hätte nicht zur Zurückweisung geführt, da das Beschwerdegericht selbst hätte entscheiden und somit die fehlerhafte Nichtberücksichtigung hätte korrigieren können. Da jedoch die unterlassene Heranziehung der ehrenamtlichen Richter die Zurückverweisung zur Folge hat, wird das Arbeitsgericht bei seiner erneuten Entscheidung nach § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO den von den Ausführungen in der Klagschrift abweichenden Vortrag in der Begründungsschrift, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, zu würdigen haben.

III.

1. Kosten für diese Beschwerdeentscheidung sind nicht zu erheben (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GKG). Zwar kann nicht festgestellt werden, ob die Klägerin auch dann, wenn das Arbeitsgericht unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter den Nichtabhilfebeschluss erlassen und den Inhalt der Begründungsschrift dabei berücksichtigt hätte, sofortige Beschwerde eingelegt hätte. Der Mangel der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter kann jedoch nicht zu Lasten einer der beiden Parteien gehen, so dass sich eine Kostenentscheidung verbietet.

2. Begründete Veranlassung, die Rechtsbeschwerde gemäß § 574 ZPO n.F. zuzulassen, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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