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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 19.09.2001
Aktenzeichen: 17 Sa 9/01
Rechtsgebiete: DÜG, BGB, ArbGG, ZPO, GKG


Vorschriften:

DÜG § 1
BGB § 242
BGB § 254
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 282
BGB § 284 Abs. 2
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 362
BGB § 387
BGB § 388
BGB § 389
BGB § 394
BGB § 611
BGB § 667
BGB § 695
ArbGG § 64 Abs. 2 b
ArbGG § 72 a
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 519 b Abs. 1
ZPO § 522 a Abs. 1
ZPO § 522 Abs. 3
ZPO §§ 850 ff.
ZPO § 850 a Ziff. 3
ZPO § 850 d
ZPO § 850 d Abs. 1
GKG § 19 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
17 Sa 9/01

verkündet am 19. September 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 17. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Auweter, die ehrenamtliche Richterin Kohler und den ehrenamtlichen Richter Oberschelp auf die mündliche Verhandlung vom 29.08.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 09.01.2001 - Az.: 4 Ca 440/00 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere DM 1.090,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgeseztes vom 09. Juni 1998 seit 28.07.2000 zu bezahlen.

II. Die Anschlussberufung der Beklagten (Widerklage) wird als unzulässig verworfen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 29 %, die Beklagte 71 %.

IV. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um Restlohn- und Spesenansprüche des Klägers in Höhe von 2.000,-- DM netto, die die Beklagte mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.000,-- DM verrechnet hat.

Der Kläger war vom 02. bis 15.07.2000 für die Beklagte in Portugal, wo er beim Aufbau eines Messestandes eingesetzt wurde. Am Samstag, den 01.07.2000, händigte die Beklagte dem Kläger neben einem kleineren Betrag in Divisen 4.000,-- DM in bar aus, die der Kläger in einer Geldtasche verwahrte. Nach den unbestrittenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2001 brach er am Sonntagabend gegen 21.30 Uhr auf und erreichte das angegebene Ziel in Portugal am darauffolgenden Dienstag gegen 21.30 Uhr. Dort stellte er seinen Koffer samt der Geldtasche im Hotel ab, um kurz zum Essen zu gehen. Am darauffolgen-den Tag (Mittwoch) arbeitete er von ca. 7.00 bis 24.00 Uhr beim Messeaufbau. Während dieser Zeit hatte er die Reisetasche mit der Geldtasche im Lkw eingeschlossen. Gegen 1.00 Uhr nachts traf er in dem ab Mittwoch reservierten Hotel ein. Den Koffer samt Geldtasche nahm er dort mit auf sein Zimmer. Am Donnerstag arbeitete er von ca. 5.30 Uhr bis Freitag früh um 3.00 Uhr. Während dieser Zeit befand sich der Koffer samt Geldtasche im Hotelzimmer. Erst in der Nacht von Donnerstag auf Freitag legte der Kläger die Geldtasche, ohne zuvor deren Inhalt geprüft zu haben, in den Zimmersafe. Bei der Abreise bemerkte der Kläger, dass von den 4.000,-- DM der Beklagten 2.000,-- DM fehlten. Weder am Schloss des Lkw's noch dem des Zimmersafes befanden sich Spuren eines gewaltsamen Öffnens. Die Polizei alarmierte der Kläger nicht. Ebenso wenig wartete er das Eintreffen des Hotelmanagers ab.

Die dem Kläger nach dem übereinstimmenden Parteivortrag für die Portugalreise zustehenden Spesen in Höhe von unstreitig 1.090,54 DM behielt die Beklagte deshalb ein. Von dem sich aus der Juniabrechnung 2000 ergebenden Nettolohnanspruch in Höhe von 4.051,76 DM zahlte die Beklagte nach Abzug der "Reisekosten" in Höhe von 909,46 DM, einer Rechnung in Höhe von 12,75 DM und den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 78,-- DM noch 3.051,55 DM netto aus.

Sie meint, der Kläger habe den Geldbetrag für sich selbst verbraucht.

Das Arbeitsgericht hat mit am 17.01.2001 dem Kläger zugestelltem Urteil vom 09.01.2001 die Klage betreffend die Reisespesen und den Restlohnanspruch für Juni 2000 abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass dem Kläger in Anlehnung an § 282 BGB die Darlegungslast dafür obliege, dass ihm das Geld in Portugal gestohlen worden sei. Insoweit handle es sich jedoch nur um eine Schutzbehauptung des Klägers, der die ihm anvertrauten Gelder vorsätzlich für sich oder sonst wie zweckentfremdet verwendet habe.

Hiergegen richtet sich die am 16. Februar 2001 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.04.2001 rechtzeitig ausgeführte Berufung des Klägers. Der Beklagten stehe ein Anspruch weder wegen zu vertretender Unmöglichkeit der Herausgabe noch nach den Grundsätzen der Mankohaftung zu. Den Kläger treffe allenfalls leichte Fahrlässigkeit.

Der Kläger beantragt daher,

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 09.01.2001 - AZ: 4 Ca 440/00 - wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt über den im angefochtenen Urteil zugesprochenen Betrag hinaus an den Kläger zu bezahlen:

Für Monat Juli 2000 Vergütung in Höhe von 6.190,-- DM brutto, abzüglich am 28.07.2000 bezahlter DM 3.051,55 netto, nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Ba-siszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit 28.07.2000, sowie Reisespesen in Höhe von DM 1.090,54 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit 28.07.2000.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,

die Zurückweisung der Berufung.

In der mündlichen Verhandlung vom 29.08.2001 erhebt die Beklagte durch Erklärung zu Protokoll Widerklage mit dem Antrag, den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 1.090,54 DM zu bezahlen.

Der Kläger beantragt,

ohne in dieselbe einzuwilligen, die Abweisung der Widerklage.

Hinsichtlich des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Ur-teils und auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 64 Abs. 2b) ArbGG statthafte und im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist zum Teil begründet. Da der Spesenanspruch des Klägers weder durch Erfüllung noch durch Aufrechnung erloschen ist, war die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.090,54 DM netto zu bezahlen. Im Übrigen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen. Die als Widerklage eingelegte Anschlussberufung der Beklagten war als unzulässig zu verwerfen.

I.

Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass dem Kläger für die Reise nach Portugal noch ein Spesenanspruch in Höhe von 1.090,54 DM zusteht.

1. Gemäß § 362 BGB erlischt ein Anspruch, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Dies kann auch dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auf die künftige Vergütung einen Vorschuss gewährt. Dies setzt allerdings voraus, dass die Parteien sich darüber einig sind, dass die Erfüllung vorgezogen wird und der Vorschuss bei Fälligkeit mit dem Anspruch verrechnet werden soll. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt die Beklagte (Preis, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2000, § 611 BGB, Rz. 19 ff.).

Demnach kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte den Anspruch des Klägers erfüllt hat. Sie hat eine Vorschussvereinbarung nicht näher dargelegt. Insbesondere hat sie nicht vorgetragen, welche Zweck- oder Leistungsbestimmung sie bei Übergabe des Geldbetrages getroffen hat.

2. Durch Aufrechnung gemäß §§ 387, 389 BGB konnte der Anspruch nicht erlöschen. Gemäß § 394 BGB findet die Aufrechnung gegen eine Forderung nicht statt, soweit diese der Pfändung nicht unterworfen ist. Gemäß § 850a Ziff. 3 ZPO sind jedoch Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäfti-gung unpfändbar. Selbst wenn man bei einer vorsätzlichen Vertragsverletzung das Aufrechnungsverbot gemäß § 242 BGB zurücktreten lässt, hätte dem Kläger das in Anlehnung an § 850d ZPO bestimmte Existenzminimum zu verbleiben (BAG, Urteil vom 18.03.1997, 3 AZR 756/95, NZA 1997, 1108). Auch nach § 850d Abs. 1 ZPO sind aber die Aufwendungsersatzansprüche gemäß § 850a Ziff. 3 ZPO unpfändbar. Die Aufrechnung ist daher insoweit unzulässig. Dem Kläger stehen deshalb weitere 1.090,54 DM (netto) zu. Insoweit war das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen abzuändern.

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 284 Abs. 2 in Verbindung mit § 288 BGB.

II.

Dagegen kann der Kläger das nicht ausbezahlte Entgelt für Juli 2000 in Höhe von 909,46 DM netto nicht mehr beanspruchen. Insoweit hat die Aufrechnung der Beklagten den Anspruch zum Erlöschen gebracht (§ 389 BGB). Die Berufung war insoweit zurückzuweisen.

1. Die Aufrechnung gegenüber dem Nettoentgeltanspruch des Klägers ist zulässig.

a) Die Beklagte hat nicht im Prozess die Aufrechnung gegenüber dem Klaganspruch, der grundsätzlich als Bruttobetrag abzüglich eines Nettobetrages zulässig ist, erklärt. Vielmehr liegt die Aufrechnungserklärung gemäß § 388 BGB in der Abrechnung für Juli 2000, in der die Beklagte den Schadensersatzanspruch vom errechneten Netto-lohn einbehält. Damit verstößt die Aufrechnung weder gegen § 387 BGB (Gebot der Gleichartigkeit der Forderungen) noch gegen § 394 BGB (Preis, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2000, § 611 BGB, Rnr. 661 ff.).

b) Für Juni 2000 verblieb dem Kläger ausweislich der Abrechnung (ABl. 4 d. erstinstanzl. Akte) trotz Aufrechnung ein Nettobetrag in Höhe von 3.051,55 DM. Die Pfändungsfreigrenzen gemäß § 850 ff. ZPO sind damit eingehalten.

2. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 909,46 DM.

a) Dieser Anspruch ergibt sich allerdings nicht aus § 280 Abs. 1 BGB. Danach hat der Schuldner dem Gläubiger den durch die Nichterfüllung entstandenen Schaden zu er-setzen. Dies würde voraussetzen, dass der Kläger nach den Grundsätzen der Ver-wahrung oder des Auftrags zu behandeln ist. Dann gehört die Herausgabe des Erlang-ten zu den Leistungspflichten gemäß §§ 667, 695 BGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitnehmer aber in der Regel nicht Besitzer der ihm zur Erfüllung der Arbeitsleistung überlassenen Sachen, sondern nur Besitzdiener. Unmittelbarer Besitz des Arbeitnehmers setzt zumindest den Alleinzugang zu der Sache und deren selbstständige Verwaltung voraus. Dazu gehört unter anderem, dass der Arbeitnehmer wirtschaftliche Überlegungen anzustellen und Entscheidungen über die Verwendung der Sache zu treffen hat, also zum Beispiel, wenn ihm eigene Ver-triebsbemühungen obliegen oder er die Preise selbstständig kalkulieren muss (BAG, Urteil vom 17.09.1998, 8 AZR 175/97, NZA 1999, 141; Urteil vom 02.12.1999, 8 AZR 386/98, NZA 2000, 715). Danach hat das Bundesarbeitsgericht weder den Kassierer in einem Spielcasino noch die verantwortliche Ladenverwalterin eines Filialbetriebes nach § 280 Abs. 1 BGB haften lassen. Auch im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, inwieweit der Kläger selbstständig Entscheidungen über die Verwendung des Reisegeldes hätte treffen dürfen.

b) Der Kläger haftet jedoch wegen einer positiven Vertragsverletzung (§§ 280, 286 BGB analog).

(1) Danach hat der Arbeitnehmer für eine zu vertretende Vertragsverletzung einzustehen, soweit nicht die Grundsätze über die Beschränkung der Arbeitnehmerhaf-tung eingreifen. Bei fahrlässigem Handeln haftet der Arbeitnehmer nur eingeschränkt, wenn es um Tätigkeiten geht, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund des Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Eine Haftung bei leichter Fahrlässigkeit gibt es danach nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verteilen, wobei die Gesamtumstände von Schadensanlass und Schadensfolgen nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gegeneinander abzuwägen sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören der Grad des dem Arbeitnehmer zur Last fallenden Ver-schuldens, die Gefahren der Arbeit, die Höhe des Schadens, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung deckbares Risiko, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe des Arbeitsentgelts, in dem möglicherweise eine Risikoprämie enthalten ist. Ferner gehören hierzu die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers, die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit, sein Lebensalter, seine Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten. Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer in aller Regel voll. Es sind auch insoweit Ausnahmen möglich, vor allem wenn ein Missverhältnis von Einkommen und Haftungsri-siko vorliegt. Diese Einschränkungen der Arbeitnehmerhaftung folgen aus einer entsprechenden Anwendung des § 254 BGB. Diese Grundsätze gelten auch für die sogenannte Mankohaftung (BAG, Urteil vom 17.09.1998, 8 AZR 175/97, NZA 1999, 141).

(2) Der Arbeitgeber trägt nicht nur die Darlegungs- und Beweislast für eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, sondern entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts auch für den Verschuldensgrad. Allerdings dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, wenn das schädigende Ereignis näher am Arbeitnehmer als am Arbeitgeber gelegen ist. Der Arbeitnehmer hat sich im Sinne einer gestuften Darlegungslast substanziiert zu äußern. Vom Arbeitgeber vorgetragene Indizien, die auf ein haftungsbegründendes Verschulden des Arbeitnehmers hinweisen, sind sorgfältig zu würdigen. Auch die Tatsache, dass der Arbeitnehmer die alleinige Kontrolle über bestimmte Bereiche hatte, ist ein solches Indiz. Unterlässt es der Arbeitnehmer, sich zu den konkreten Umständen des Schadensfalles zu erklären, können daraus entsprechende Schlüsse gezogen werden. Bleibt streitig, ob bestimmte Indiztatsachen vorliegen oder nicht, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers. Gleiches gilt für eventuelle Unklarheiten nach Abschluss der Würdigung aller Indizien und gegebenenfalls der erhobenen Beweise (BAG, Urteil vom 17.09.1998, 8 AZR 175/97, NZA 1999, 141).

Will der Arbeitgeber geltend machen, der Kläger habe als Arbeitnehmer den Schaden vorsätzlich herbeigeführt, so dass jede Haftungsmilderung ausscheidet, hat der Arbeitgeber in Bezug auf den Streitfall einen Sachverhalt vorzutragen, aus dem sich unzweifelhaft ergibt, dass der Arbeitnehmer die Sache entweder vernichtet oder sich zugeeignet hat (BAG, Urteil vom 22.05.1997, 8 AZR 562/95, NZA 1997, 1279). Gegebenenfalls ist der Grad der Fahrlässigkeit zu bestimmen, der davon abhängig ist, ob und in welcher Weise der Geldbetrag abhanden gekommen ist.

(3) Daran gemessen ist dem Kläger zumindest mittlere Fahrlässigkeit anzulasten.

(a) Schon nach der Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2001 hat dieser den Geldbetrag während seines Aufenthalts in Portugal nicht zuverlässig sicher aufbewahrt. Er hat vielmehr seinen Koffer, in dem sich die Geldtasche befand, unbeaufsichtigt sowohl am Abend der Ankunft, als auch am dritten Tag vor Ort (Donnerstag) von 5.30 Uhr bis zur Rückkehr am Freitag früh gegen 3.00 Uhr im Hotelzimmer abgestellt. Da weder am Lkw noch am Zimmersafe Spuren eines gewaltsamen Öffnens erkennbar waren, spricht alles dafür, dass dem Kläger das Geld während dieser Zeit abhanden kam. Es liegt aber auf der Hand, dass gerade Bargeld als beliebtes Objekt eines Diebstahls nicht lediglich im Koffer aufbewahrt werden kann, zu dem im Prinzip außer dem Personal des Hotels auch Dritte ohne Schwierigkeit sich Zugang verschaffen können.

(b) Die Kammer hat für die vorliegende Entscheidung dahinstehen lassen, ob der Kläger den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Allein die Tatsache, dass der Kläger den Geldbetrag nicht herausgeben kann, lässt jedoch nicht auf eine vorsätzliche Schädigung schließen (BAG, Urteil vom 22.05.1997, 8 AZR 562/95, NZA 1997, 1279). Weiter konnte dahinstehen, ob der Kläger die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (grobe Fahrlässigkeit) und inwieweit die Beklagte gegebenenfalls einen Teil des Schadens selbst zu tragen verpflichtet ist. Zwar konnte der Vertreter der Beklagten bislang nicht plausibel rechtfertigen, weshalb diese eine besondere Gefahrenlage dadurch geschaffen hatte, dass sie dem Kläger einen so hohen Bargeldbetrag mitgab. Auch wäre zu berücksichtigen, dass der Kläger vor Ort durch außergewöhnliche Arbeitszeiten besonders eingespannt war.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger aber unschwer erkennen konnte, dass der Bargeldbetrag nur im Koffer im Hotelzimmer nicht sicher verwahrt war, hat er den Schaden zumindest in der Höhe zu tragen, in der die Beklagte gegenüber dem Nettolohnanspruch aufgerechnet hat.

III.

Die Anschlussberufung der Beklagten (Widerklage) ist unzulässig.

Zwar kann bis zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung, also auch in zweiter Instanz, eine Widerklage erhoben werden. In der Rechtsmittelinstanz ist dies jedoch nur in Form eines Rechtsmittels, hier also der Anschlussberufung möglich (BAG, Urteil vom 08.09.1998, 3 AZR 368/98, NZA 1999, 611). Auch wenn man die zu Protokoll erklärte Widerklage als Anschlussberufung versteht, entbehrt sie der Form des § 522a Abs. 1 ZPO. Danach hat die Anschließung durch Einreichung einer Berufungsanschlussschrift zu erfolgen. Die von der Beklagten zu Protokoll erklärte Widerklage ist deshalb verfahrensrechtlich unwirksam (BAG, Urteil vom 28.10.1981, 4 AZR 251/79, NJW 1982, 1175). Sie war gemäß § 522 Abs. 3 in Verbindung mit § 519 b Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Bei einem Gegenstandswert in erster Instanz in Höhe von 3.163,-- DM und im Berufungsverfahren unter Berücksichtigung der Widerklage gemäß § 19 Abs. 1 GKG in Höhe von 3.090,54 DM ist der Kläger jeweils mit 909,46 DM unterlegen. Dies entspricht einer Kostenquote von 29 %.

V.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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