Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 17 TaBV 5/04
Rechtsgebiete: BetrVG, ERTV, BGB, UmwG, ArbGG, AentG


Vorschriften:

BetrVG § 83 Abs. 1 Satz 2
BetrVG § 87 Abs. 1
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG § 99
BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 1 Nr. 4
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG § 99 Abs. 4
ERTV § 1
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 3
TVG § 4 Abs. 3
BGB §§ 305 ff.
BGB § 613a Abs. 1
BGB § 613a Abs. 1 Satz 3
UmwG § 20 Abs. 1 Nr. 1
UmwG § 20 Abs. 1 Satz 1
UmwG § 36
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 83
ArbGG § 83 Abs. 2
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 2
ArbGG § 89 Abs. 2
AentG § 1 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 17 TaBV 5/04

Stuttgart, 23.03.2005

In dem Beschlussverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 17. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Dr. Auweter, den ehrenamtlichen Richter Dannenmann und den ehrenamtlichen Richter Stillfried auf die mündliche Verhandlung vom 23.02.2005

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 26.07.2003 - Az.: 30 BV 203/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

A.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG um die Frage, welches Vergütungssystem, insbesondere welche Tarifverträge, auf das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin B. und des Arbeitnehmers L. Anwendung finden.

Antragstellerin ist die ehemalige d. S. GmbH, die mit Eintrag in das Handelsregister am 28.11.2001 in die T. I. GmbH umfirmierte. Mit Eintrag in das Handelsregister vom 11.12.2001 wurde die damalige T. I. GmbH (künftig: T. alt) auf die T. I. GmbH verschmolzen. Mit Eintrag vom gleichen Tag wurde sodann die T. I. GmbH in die Firma der Antragstellerin umbenannt.

Die T. I. GmbH war bis zum Austritt durch die Antragstellerin als deren Rechtsnachfolgerin am 30.06.2003 Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg. Deshalb fand neben den Flächentarifverträgen auch der Ergänzungstarifvertrag für Beschäftigte von d. Unternehmen vom 03.09.1998 zwischen der Tarifgemeinschaft von Dienstleistungsunternehmen, die Mitglieder im Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg e.V. sind und der IG-Metall, Bezirksleitung S. (künftig: DLTV, ABl. 98 ff. d. erstinstanzl. Akte) Anwendung.

Die T. alt hatte am 20.03.2002 mit der Gewerkschaft ver.di unter anderem einen Manteltarifvertrag (ABl. 15 ff. d. erstinstanzl. Akte) und den Entgeltrahmentarifvertrag für die T. (künftig: ERTV T., ABl. 34 ff. d. erstinstanzl. Akte) abgeschlossen. Mit Änderungstarifvertrag vom 11.10.2002 wurden die den Buchungskreisen 08 und 10 zugeordneten Arbeitnehmer vom persönlichen Geltungsbereich des ERTV T. ausgenommen. Für diese sollte der DLTV fortgelten (ABl. 56 ff. d. Berufungsakte). Diese Bereichsausnahme endete gemäß der Protokollnotiz zu § 1 des Entgeltsrahmentarifvertrags für die T. I. GmbH vom 04.11.2004 (ABl. 70 ff. d. Berufungsakte) mit Wirkung vom 01.01.2005.

Zwischen den Beteiligten ist im Streit, nach welchen tarifvertraglichen Bestimmungen die Tätigkeit der hier betroffenen Arbeitnehmer nach der Verschmelzung der T. alt auf die T. I. GmbH einzugruppieren sind. Diesbezüglich unterzeichneten die Antragstellerin und die Gewerkschaft ver.di am 09.01.2003 den dritten Tarifvertrag zur Änderung des TV SR der T. I. GmbH (ABl. 59 ff. d. erstinstanzl. Akte), aufgrund dessen unter anderem die Mitarbeiter der Buchungskreise 49 und 59 der T. I. GmbH nach Maßgabe des ERTV T. eingruppiert werden.

Der Arbeitsverträge der zum 01.06.2000 bei der d. S. GmbH eingetretenen Arbeitnehmerin B. und der Arbeitsvertrag des zum 15.05.2002 bei der T. I. GmbH eingetretenen Arbeitnehmers L. (beide Buchungskreis 49) enthalten unter Ziff. 12 jeweils nachfolgende Regelung:

Für Ihr Arbeitsverhältnis gilt der Ergänzungstarifvertrag sowie die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie NW/NB bzw. Berlin - je nach den ergänzungstarifvertraglichen Bestimmungen zum Geltungsbereich - soweit diese nicht durch den Ergänzungstarifvertrag (ETV) abgeändert wurden. Die Tarifverträge gelten solange Sie in einer Gesellschaft der Tarifgemeinschaft, die den Ergänzungstarifvertrag gem. § 3 Abs. 1 TVG abgeschlossen hat, beschäftigt sind, für das Arbeitsverhältnis in ihrer jeweils gültigen Fassung, wenn nicht abweichende einzelvertragliche Regelungen getroffen sind oder in späteren Abmachungen getroffen werden. Finden in Ihrem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung, so bezieht sich diese Verweisung auf den für den Betrieb spezielleren (insbes. Branchen-) Tarifvertrag. Verweise auf andere Tarifverträge, andere Vergütungsbestimmungen und -vereinbarungen werden durch die Übernahme dieser Regelung abgelöst.

Mit Schreiben vom 10.09.2003 beantragte die Antragstellerin die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung u.a. der Arbeitnehmer B. und L.. Mit Schreiben vom 29.10.2003 verweigerte der Betriebsrat innerhalb der seitens der Antragstellerin verlängerten Frist die Zustimmung hierzu mit der Begründung, die Eingruppierung beziehe sich auf den falschen Tarifvertrag; der gültige Tarifvertrag für die Mitarbeiter des Buchungskreises 49 sei der DLTV. Außerdem führe die Umgruppierung zu einer geringeren tariflichen Bezahlung.

Mit beim Arbeitsgericht am 27.11.2003 eingegangenem Antrag begehrt die Antragstellerin nun die Ersetzung der Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmer B. und L. in den ERTV T. mit der Begründung, die mit der Verschmelzung aufgetretene Tarifpluralität im Betrieb der Antragstellerin sei nach dem Prinzip der Tarifeinheit dahingehend zu lösen, dass die spezielleren Tarifverträge, namentlich die Haustarifverträge mit ver.di, zur Anwendung gelangten. Für nicht in der IG-Metall organisierte Arbeitnehmer gelte dies unabhängig davon auch kraft Arbeitsvertraglicher Inbezugnahme.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin, die Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung der Arbeitnehmer J. B., Personalnummer: 1. und D. L., Personalnummer: 1., jeweils in die Vergütungsgruppe 4 des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2002 zu ersetzen, stattgegeben. Für tarifgebundene Arbeitnehmer seien nach der Verschmelzung die ver.di Tarifverträge als die spezielleren Tarifverträge anwendbar. Für den Fall, dass die Arbeitnehmer B. und L. nicht tarifgebunden seien, ergebe sich dieselbe Folge aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel, welche ausdrücklich den spezielleren Tarifvertrag für anwendbar erkläre, und gegen die auch keine Bedenken aus §§ 305 ff. BGB bestünden. Hinsichtlich des Sachverhalts und der Begründung wird im Übrigen auf die Entscheidung vom 26.07.2004 Bezug genommen.

Gegen den dem Vertreter des Betriebsrats am 23.08.2004 zugestellten Beschluss richtet sich die am 25.08.2004 eingelegte und mit beim Landesarbeitsgericht am 22.10.2004 eingegangenem Schriftsatz vom 21.10.2004 ausgeführte Beschwerde des Betriebsrats. Für den hier vorliegenden Fall der Verschmelzung durch Aufnahme könne der mit ver.di geschlossene Firmentarifvertrag keine kollektivrechtliche Fortgeltung beanspruchen. Anders als bei dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall der Verschmelzung durch Neugründung hätten im vorliegenden Fall außerdem sowohl Mutter- wie Tochtergesellschaft eigene Arbeitnehmer gehabt und Betriebe gebildet. Die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer sei in diesem Fall nur dadurch zu wahren, dass der Grundsatz der Tarifeinheit keine Anwendung finde. Auch bei einem Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 1 BGB werde der Arbeitnehmer nicht zwangsweise einem anderen Tarifvertrag unterworfen, weil die Anwendung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB die kongruente Tarifbindung des neuen Betriebsinhabers und des Arbeitnehmers voraussetze. Im Übrigen gebe es auch keinen Grund, die Antragstellerin durch das Prinzip der Tarifeinheit zu schützen. In dem Gemeinschaftsbetrieb in L., zu dem der Betriebsrat gebildet sei, gebe es ohnehin keine Tarifeinheit. Insoweit ist unstreitig, dass auf die überwiegende Zahl der Mitarbeiter der Antragstellerin (ca. 2200 von 2500 Arbeitnehmern) bis 31.12.2004 unstreitig die Metalltarifverträge weiterhin Anwendung fanden; die ca. 300 Arbeitnehmer der T. G. GmbH haben Arbeitsverträge ohne Verweis auf Tarifverträge und die ca. 120 Mitarbeiter der D. T. T. GmbH werden in Anlehnung an die T.tarife bezahlt.

Der Betriebsrat beantragt deshalb,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 26.07.2004 - 30 BV 203/03 - abzuändern und den Antrag abzuweisen. Die Antragstellerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Der Firmentarifvertrag sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Verbindlichkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG und gelte deshalb auch im Falle der Verschmelzung durch Aufnahme kollektivrechtlich fort. Hierbei stehe nicht die Tarifzuständigkeit der IG-Metall im Streit, sondern die Frage, welches der beiden konkurrierenden Tarifwerke Geltung beanspruchen könne. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts komme der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung, um eine praktikable und überschaubare Regelung der Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Dabei sei ungeachtet des Vorliegens eines Gemeinschaftsbetriebes auf den jeweiligen Vertragsarbeitgeber abzustellen. Für die Mitarbeiter der Buchungskreise 08 und 10 sei eine Tarifpluralität gar nicht erst aufgetreten, weil für diese mit ver.di der DLTV (Metall) als fortgeltend vereinbart wurde. Im Übrigen sei diese Bereichsausnahme zum 31.12.2004 entfallen. Dem Arbeitsgericht sei schließlich darin zu folgen, dass die mit ver.di geschlossenen Tarifverträge als Firmentarifverträge gegenüber den Flächen/Verbandstarifverträgen der Metallindustrie spezieller seien. Damit gelte für die hier betroffenen Arbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung der ERTV T., weshalb das Arbeitsgericht die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung zu Recht ersetzt habe.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens im Übrigen wird auf die Beschwerdebegründung vom 21.10.2004, die Beschwerdeerwiderung vom 16.11.2004 und den Schriftsatz der Antragstellerin vom 08.02.2005 Bezug genommen.

Auf die Aufforderung der Kammer an den Betriebsrat, offen zu legen, ob die betroffenen Arbeitnehmer Mitglied der IG-Metall waren oder sind, hat dieser mitgeteilt, der Mitarbeiter L. sei nicht Gewerkschaftsmitglied; im Hinblick auf die Mitarbeiterin B. könne nicht mitgeteilt werden, ob sie Gewerkschaftsmitglied sei oder nicht, sie sei nicht erreichbar.

B.

Gründe:

Die gem. § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte und gem. §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 89 Abs. 2 ArbGG zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmer B. und L. jeweils in Vergütungsgruppe 4 des ERTV T. vom 20.03.2002 zu Recht ersetzt. Für den nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer L. gilt der ERTV T. gemäß arbeitsvertraglicher Inbezugnahme unabhängig von der Frage, ob die im Betrieb bestehende Tarifpluralität nach dem Grundsatz der Tarifeinheit gelöst wird (I.1.). Dasselbe gilt für die Arbeitnehmerin B., nachdem der Betriebsrat nicht dargelegt hat, dass die Eingruppierung gegen einen Tarifvertrag verstößt (I.2.a). Unabhängig davon schließt sich die Kammer im vorliegenden Fall der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Tarifeinheit im Betrieb an, auf die auch das Arbeitsgericht die Zustimmungsersetzung gestützt hat (I.2.b).

I.

Der Betriebsrat kann gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG einer vom Arbeitgeber geplanten Umgruppierung die Zustimmung mit der Begründung verweigern, die vom Arbeitgeber angewandte Vergütungsordnung sei nicht diejenige, die zur Anwendung kommen müsse (BAG, Beschluss vom 30. Januar 1990, Az.: 1 ABR 98/88, AP Nr. 78 zu § 99 BetrVG, NZA 1990, 493). Die Ein- oder Umgruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG ist die Zuordnung eines Arbeitnehmers aufgrund der von ihm vertragsgemäß auszuübenden Tätigkeit zu einer bestimmten Vergütungsgruppe einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung. Dabei ist unerheblich, ob diese Vergütungsordnung kraft Tarifbindung wirkt, auf einer Betriebsvereinbarung beruht oder aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen zur Anwendung kommt. Zustimmungsbedürftig ist nicht nur die Subsumtion der vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeit unter die Tätigkeitsmerkmale, sondern auch die Entscheidung des Arbeitgebers, welche Vergütungsordnung der Ein- oder Umgruppierung zu Grunde zu legen ist (BAG, Beschluss v. 27.01.1987, 1 ABR 66/85, BAGE 54, 147, NZA 1987, 489 ff.). In der zutreffenden Eingruppierung in eine Vergütungsordnung kann auch keine Benachteiligung gem. § 99 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG liegen.

1. Der Arbeitnehmer L. ist nach dem ERTV T. einzugruppieren.

a) Der Arbeitnehmer L. war und ist nicht Gewerkschaftsmitglied. Eine Vergütungsordnung kraft Tarifbindung kommt deshalb nicht zur Anwendung. Die Anwendung des ERTV T. ergibt sich jedoch aus Ziff. 12 des Arbeitsvertrags vom 06.05.2002. Danach sind zwar an erster Stelle ergänzend die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden und insbesondere der DLTV in Bezug genommen. Finden jedoch im Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung (1), so soll sich die Verweisung auf den für den Betrieb spezielleren, insbesondere Branchentarifvertrag (2) beziehen. Damit ermöglicht der Arbeitsvertrag unabhängig davon, ob man diese Regelung als Gleichstellungsabrede ansieht, einen Tarifwechsel unter der Prämisse, dass (auch) ein speziellerer Tarifvertrag im Betrieb Anwendung findet. Der Branchentarifvertrag wird hier nicht abschließend, sondern als Beispiel aufgeführt. Nach dem Willen der Vertragsparteien soll stets der speziellere Tarifvertrag Vorrang haben.

(1) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass im Betrieb der Antragstellerin unterschiedliche Tarifverträge Anwendung finden. Zum einen war die Antragstellerin bis zum 30.06.2003 Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden. Für die Mitglieder der IG-Metall galten deshalb gem. §§ 3 Abs. 1, 3 Abs. 3 TVG die Metalltarifverträge auch über den 30.06.2003 hinaus fort, bis diese endeten. Zum anderen sind mit der Verschmelzung der T. alt auf die Antragstellerin per 11.12.2002 die zwischen der T. alt und ver.di abgeschlossenen Firmentarifverträge als Verbindlichkeit gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwG auf die Antragstellerin übergegangen (BAG, Urteil v. 24. Juni 1998, 4 AZR 208/97, AP Nr. 1 zu § 20 Umwandlungsgesetz, NZA 1998, 1346). Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in dieser Entscheidung nur ausgeführt, dass jedenfalls bei einer Verschmelzung durch Neugründung ein Firmentarifvertrag wegen der in § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG angeordneten Gesamtrechtsnachfolge uneingeschränkt auf den neu gegründeten Rechtsträger übergehe und kollektiv fortwirke. Dasselbe gilt jedoch auch im Fall der Verschmelzung durch Aufnahme. Betrachtet man mit dem Bundesarbeitsgericht den Firmentarifvertrag als Verbindlichkeit, die zum Vermögen des übertragenden Rechtsträgers gehört, unterscheidet das Gesetz nicht zwischen den verschiedenen Formen der Verschmelzung, was die Verweisung in § 36 Umwandlungsgesetz auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 Umwandlungsgesetz zeigt. Diese rein gesellschaftsrechtliche Frage lässt allerdings die tarifrechtliche Frage, ob die dadurch bedingte Tarifpluralität nach dem Prinzip der Tarifeinheit gelöst werden soll, unberührt.

(2) Mit dem Arbeitsgericht ist weiter davon auszugehen, dass der ERTV T. als Firmentarifvertrag gegenüber dem DLTV als Verbandstarifvertrag die speziellere Regelung darstellt. Dies gilt unabhängig vom konkreten Inhalt des Tarifvertrags (BAG, Urteil vom 04.04.2001, 4 AZR 237/00, AP Nr. 26 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz, NZA 2001, 1085) und jedenfalls dann, wenn der Verbandstarifvertrag nach seinem persönlichen Anwendungsbereich so wie im vorliegenden Fall nicht nur das Unternehmen der Antragstellerin erfasst.

b) Die arbeitsvertragliche Inbezugnahmeklausel ist nicht gem. §§ 305 ff. BGB unwirksam. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen, die der Beschwerdeführer insoweit nicht angegriffen hat. Auch die Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften ist nicht erkennbar.

c) Die arbeitsvertragliche Vereinbarung verletzt nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Zwar hat der Betriebsrat mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber eine bislang im Betrieb zur Anwendung kommende Vergütungsordnung ändert. Soweit im Betrieb jedoch eine tarifvertragliche Regelung besteht, wofür die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreicht (Fitting u.a. BetrVG, 22. Auflage 2004, § 87 Rn. 42), ist die Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber an mehrere Tarifverträge gebunden ist. Welche Vergütungsordnung zur Anwendung kommt, unterliegt in diesem Fall nur dem Mitbestimmungsrecht gem. § 99 BetrVG.

2. Auch die Arbeitnehmerin B. ist nach dem ERTV T. einzugruppieren.

a) Zwar steht hier nicht fest, ob neben der im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Vergütungsordnung auch eine Verordnung kraft Tarifbindung zur Anwendung kommt, weil der Betriebsrat zur Tarifbindung der Arbeitnehmerin keine Angaben machen konnte. Auch in diesem Fall ist jedoch die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung in die vertraglich vereinbarte Vergütungsordnung zu ersetzen, weil der Betriebsrat spätestens im Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG darlegen muss, dass aufgrund Tarifbindung des Arbeitnehmers eine andere Vergütungsordnung Anwendung findet. Zwar trägt nach der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Arbeitgeber die "Feststellungslast" - und im Falle der Unaufklärbarkeit im Rahmen des § 83 ArbGG - die Beweislast dafür, dass Zustim-mungsverweigerungsgründe des Betriebsrats nicht vorliegen (Fitting a.a.O., § 99 Rn. 237). Allerdings hat der Arbeitgeber keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer ihm seine Gewerkschaftszugehörigkeit offen legt. Dagegen hat ein Arbeitnehmer, der Ansprüche aus einem Tarifvertrag geltend macht, seine Tarifbindung gegenüber dem Arbeitgeber gegebenenfalls nachzuweisen. Entsprechendes muss für den Betriebsrat gelten, dem im Rahmen des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ein Mitbeurteilungsrecht zusteht und der seinen Widerspruch gerade darauf stützt, abweichend vom Antrag des Arbeitgebers finde eine Vergütungsordnung kraft (kongruenter) Tarifbindung Anwendung. Richtigkeitskontrolle in diesem Sinne bedingt deshalb auch die Offenlegung der Gewerkschaftszugehörigkeit des Arbeitnehmers.

Da die gerichtlichen Möglichkeiten zur Aufklärung des Sachverhalts gem. § 83 Abs. 2 ArbGG beschränkt und der Betriebsrat seiner Mitwirkungspflicht gem. § 83 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nicht vollständig genügt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass kongruente Tarifbindung an den DLTV vorlag, so dass im Ergebnis nur die arbeitsvertraglich in Bezug genommene Vergütungsordnung Anwendung findet. Insoweit gilt das unter I.1. Gesagte entsprechend.

b) Selbst wenn die Arbeitnehmerin B. jedoch vor dem Ende der Tarifbindung der Antragstellerin an den DLTV Mitglied der IG-Metall gewesen wäre, gilt nichts anderes. Der DLTV gilt für das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin B. selbst dann nicht gem. § 4 Abs. 3 TVG, wenn er günstiger wäre, weil dieser nach dem Prinzip der Tarifeinheit hinter dem ERTV T. zurücktritt.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind auch die Fälle der Tarifpluralität wie die der Tarifkonkurrenz nach dem Prinzip der Tarifeinheit aufzulösen (BAG; Urteil v. 04.12.2002, 10 AZR 113/02, AP Nr. 28 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz, NZA 2003, 632; BAG, Urteil v. 25.07.2001, 10 AZR 599/00, AP Nr. 242 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, BB 2001, 2328; BAG, Urteil v. 14.06.1989, 4 AZR 200/89, AP Nr. 16 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz, DB 1990, 129). Danach hat in der Regel der speziellere Tarifvertrag Vorrang vor dem allgemeineren. Ein Firmentarifvertrag verdrängt dabei den Verbandstarifvertrag (BAG, Urteil v. 04.04.2001, 4 AZR 237/00, AP Nr. 26 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz, NZA 2001, 1085). Das im TVG nicht niedergelegte Prinzip der Tarifeinheit wird mit den übergeordneten Prinzipien von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit begründet. Lediglich für einen für allgemeinverbindlich erklärten Verfahrenstarifvertrag im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AentG hat das Bundesarbeitsgericht bisher eine Ausnahme zugelassen (BAG, Beschluss v. 13.05.2005, 10 AS 6/04, n.v., über Juris abrufbar).

(2) Der Grundsatz der Tarifeinheit wird hier nicht dadurch obsolet, dass die Arbeitgeberin selbst zunächst mehrere Tarifverträge im Betrieb nebeneinander anwendete. Die durch das Prinzip der Tarifeinheit bezweckte Rechtssicherheit wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Arbeitgeber vorübergehend für bestimmte Arbeitnehmergruppen an der bisherigen Regelung festhält. Soweit der Betriebsrat auf die uneinheitlichen Regelungen im Gemeinschaftsbetrieb in L. abhebt, weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass Anknüpfungspunkt für die Geltung eines Tarifvertrags nur das jeweilige Unternehmen ist.

II.

Kosten werden gemäß § 12 Abs. 5 ArbGG a.F. nicht erhoben. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück