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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 11.08.2000
Aktenzeichen: 18 Sa 38/00
Rechtsgebiete: HGB, BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

HGB §§ 74 ff.
HGB § 74 Abs. 1
HGB § 74 Abs. 2
HGB § 74 a
HGB § 74 a Abs. 1 Satz 1
HGB § 75
HGB § 75 a
HGB § 75 c
HGB § 75 c Abs. 1
HGB § 75 c Abs. 1 Satz 1
BGB § 134
BGB § 138
BGB § 242
BGB § 259
BGB § 284
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
BGB § 340
BGB § 343
BGB § 343 Abs. 1
ArbGG § 62
ArbGG § 62 Abs. 1 Satz 2
ArbGG § 72 a
ArbGG § 72 a Abs. 2
ArbGG § 72 a Abs. 4 Satz 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 263
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 522 a
ZPO § 522 Abs. 1
ZPO § 890
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
18 Sa 38/00

Verkündet am 11. August 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 18. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Arbeitsgericht Thewes, den ehrenamtlichen Richter Bauer und den ehrenamtlichen Richter Stein auf die mündliche Verhandlung vom 28.07.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Stuttgart vom 04.02.2000 - 1 Ca 2049/99 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, jegliche Tätigkeit im Vertrieb oder mit Bezug zum Vertrieb der Firma V.-Werke D., L. & Co. KG D., bis zum 31.12.2000 zu unterlassen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,-- oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 48.744,-- (Vertragsstrafe für 18 Monate à DM 2.708,-- für den Zeitraum Januar 1999 bis Juni 2000) nebst 4 % Zinsen p.a. auf DM 13.540,-- seit 28.05.1999, weitere DM 2.708,-- seit 08.07.1999, auf weitere DM 8.214,-- seit 12.10.1999 und auf weitere DM 24.372,-- seit 01.07.2000 zu bezahlen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird ebenso wie die weitergehende Anschlussberufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten der 1. Instanz tragen zu 1/5 der Beklagte, zu 4/5 die Klägerin. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 11/20 der Beklagte, zu 9/20 die Klägerin.

IV. Bezüglich der Verurteilung zur Unterlassung wird die vorläufige Vollstreckbarkeit ausgeschlossen. Im übrigen wird der Antrag auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit zurückgewiesen.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über Unterlassungs- und Zahlungsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten als ihren ehemaligen Arbeitnehmer aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot.

Mit Anstellungsvertrag vom 12.11.1982 wurde der Beklagte zum 01.01.1983 bei der Firma Karl R. KG als "Angestellter im Außendienst eingestellt. Die "Karl R. KG" wurde 1984 in "Karl R. GmbH & Co." und diese 1986 in "R. Metall GmbH & Co.", die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreites, umfirmiert. In § 13 des Anstellungsvertrages haben die Vertragsparteien folgende Regelungen getroffen:

§ 13

Die Firma und der Mitarbeiter schließen folgende Wettbewerbsvereinbarung:

1. Diese Wettbewerbsvereinbarung tritt inkraft, wenn der Mitarbeiter ununterbrochen länger als 18 Monate bei der Firma beschäftigt gewesen ist.

Bis zu einer Beschäftigungsdauer von 18 Monaten einschließlich und bei einem Ausscheiden bis zu diesem Zeitpunkt tritt die Wettbewerbsvereinbarung nicht inkraft.

2. Für die Dauer von 2 Jahren nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Mitarbeiter in allen Ländern des Bundesgebietes, in denen die Fa. Karl R. KG oder ihre Tochtergesellschaften Erzeugnisse verkaufen oder sonst vertreiben, nicht berechtigt.

a) ein Geschäft selbst oder durch einen Mittelsmann zu errichten, zu betreiben oder sich daran zu beteiligen, das Erzeugnisse herstellt oder vertreibt, mit denen der Mitarbeiter aufgrund seiner Tätigkeit bei der Firma in Verbindung gestanden hat;

b) sich um ein Arbeitsverhältnis bei einem Unternehmen der vorstehend aufgeführten Art zu bewerben oder ein Arbeitsverhältnis mit einem solchen Unternehmen einzugehen;

c) ein Unternehmen der vorstehend aufgeführten Art zu beraten oder einem solchen Unternehmen Informationen zugänglich zu machen, die dem Mitarbeiter aufgrund seiner Tätigkeit bei der Firma bekannt wurden, und die geeignet sind, einen Wettbewerb zu begründen oder zu erleichtern.

3. Für die Dauer der Karenzzeit hat der Mitarbeiter gemäß § 74 Abs. 2 HGB in Verbindung mit den §§ 74 c und 75 a HGB einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung, die 50 % seiner zuletzt bezogenen Vergütung beträgt.

4. Bei Verletzung des Wettbewerbsverbotes ist die Firma berechtigt, von der Wettbewerbsvereinbarung zurückzutreten oder Schadensersatz einschließlich Unterlassung zu verlangen.

5. Verletzt der Mitarbeiter das Wettbewerbsverbot, so ist er verpflichtet, Vertragsstrafen nach folgender Maßgabe zu zahlen:

a) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 3 Monatsgehältern Brutto in zuletzt bezogener Höhe;

b) für den Fall eines Dauerverstoßes je Monat - ein angefangener Monat zählt als ganzer Monat - 3 Monatsgehälter Brutto in zuletzt bezogener Höhe.

Verlangt die Firma für einzelne Wettbewerbsverstöße oder bei einem Dauerverstoß für einen bestimmten Zeitraum die verwirkten Vertragsstrafen, so ist insoweit der Anspruch auf Unterlassung ausgeschlossen. Der Anspruch auf Unterlassung bleibt im übrigen unberührt.

6. Steht der Firma wegen Verletzung des Wettbewerbsverbotes ein Anspruch auf Schadensersatz zu, so kann sie die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

7. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, auf Verlangen der Firma über Art und Umfang seiner Wettbewerbsverletzungen Auskunft zu erteilen und der Firma auf seine Kosten alle schriftlichen Unterlagen vorzulegen, die in Zusammenhang mit seinen Wettbewerbsverletzungen stehen.

Kommt der Mitarbeiter in Verzug, so ist er verpflichtet, die Richtigkeit seiner Auskünfte und die Vollständigkeit der vorgelegten Unterlagen eidesstattlich gemäß § 259 BGB zu versichern. Der Mitarbeiter trägt die Kosten der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung.

Die Klägerin stellt Jalousien, Fenster, Rolladen und Markisen her und vertreibt diese Produkte. Der Beklagte war gemäß Anlage zum Anstellungsvertrag für den Verkauf der Erzeugnisse der Klägerin in folgenden Gebieten zuständig:

"Stuttgart-Mitte, gemäß eingezeichneter Stadtplangrenze, sowie die Orte Stadt Esslingen, Zell, Altbach, Plochingen, Deizisau, Reichenbach, Aichschieß, Schönbuch, Baltmannsweiler, Hohengehren, Lichtenwald, Aichelberg aus dem Landkreis Esslingen (alter Kreis)".

Der Beklagte erzielte bei der Klägerin zuletzt ein Monatsfixum von DM 5.216,-- brutto zuzüglich Prämien. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 11.11.1998 zum 31.12.1998. Mit Schreiben vom 03.11.1998 hat der Beklagte durch seinen anwaltlichen Vertreter erklären lassen, dass er sich an das in § 13 Anstellungsvertrag geregelte Wettbewerbsverbot nicht gebunden halte, da dieses unzulässigerweise bedingt sei. Die Klägerin bestätigte mit Schreiben vom 24.11.1998 die Kündigung des Beklagten und wies dabei noch einmal besonders darauf hin, dass das im Anstellungsvertrag abgeschlossene Wettbewerbsverbot in jedem Falle zu beachten sei.

Seit 01.01.1999 ist der Beklagte bei der Firma V.-Werk D., L. GmbH & Co. KG in D. in leitender Position im Vertrieb beschäftigt. Bei der Firma V. handelt es sich um eine direkte Wettbewerberin der Klägerin, die ebenfalls Jalousien, Fenster, Markisen und Verdunkelungen herstellt und vertreibt; die Kundenkreise der Klägerin und der Firma V. überschneiden sich.

Mit am 12.03.1999 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangener Klage beantragte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Einstellung seiner Arbeit für die Firma V. und zur Unterlassung jeglicher Tätigkeit im Vertrieb oder mit Bezug zum Vertrieb der Firma V. bis zum 31.12.2000. In der Folge wurde bis zum erstinstanzlichen Kammertermin die Klage erweitert um Vertragsstrafenansprüche für den Zeitraum Januar bis September 1999 i.H.v. DM 195.075,-- (9 Monate à DM 21.675,--).

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, dass der Beklagte mit seiner Tätigkeit für die Firma V. gegen § 13 Nr. 5 b) Anstellungsvertrag verstoße im Sinne eines Dauerverstoßes. Der Anteil der Produkte, die sowohl von der Klägerin als auch von der Firma V. hergestellt würden, mache - gemessen am Umsatz - etwa 40 bis 45 % des Sortiments der Klägerin aus. Sie vertreibe ihre Produkte in jedem Bundesland der Bundesrepublik Deutschland, was dem Beklagten als Vertriebsmitarbeiter auch bestens bekannt sei, so dass der räumliche Geltungsbereich des Wettbewerbsverbotes eindeutig bestimmt sei. Die Klägerin habe ein Interesse daran, dass der Beklagte die Arbeit bei der Firma V. für die Dauer des vereinbarten Wettbewerbsverbotes unterlasse. Es sei nicht auszuschließen, dass der Klägerin zu Gunsten der Firma V. Aufträge verloren gingen, weil der Beklagte über die geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere auch über Preisgestaltung bei der Klägerin und ihrer Kunden bestens informiert sei. Die Vertragsstrafe betrage pro Monat des Dauerverstoßes 3 x DM 7.225,-- (Monatsgehalt) = DM 21.675,--. § 13 Anstellungsvertrag enthalte kein bedingtes Wettbewerbsverbot im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Die Klägerin habe in einigen Einzelfällen Mitarbeiter nach vorheriger Absprache aus dem Wettbewerbsverbot entlassen. Dabei sei jeweils geprüft worden, wie hoch das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbotes gewesen sei.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, jegliche Tätigkeit im Vertrieb oder mit Bezug zum Vertrieb der Firma V.-Werk D., L. & Co. KG, D., bis zum 31.12.2000 zu unterlassen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,-- oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Vertragsstrafe von DM 195.075,-- für die Monate Januar bis einschließlich September 1999 nebst 4 % Zinsen auf DM 108.375,-- seit Zustellung des Schriftsatzes vom 27.05.1999, auf weitere DM 21.675,-- seit Zustellung des Schriftsatzes vom 02.07.1999 und auf weitere DM 65.025,-- seit Zustellung des Schriftsatzes vom 05.10.1999 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Vollstreckung des Urteils gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auszuschließen.

Die Klägerin hat beantragt,

den hilfsweise gestellten Antrag auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbar- keit zurückzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich die Unwirksamkeit der Wettbewerbsvereinbarung geltend gemacht. Das Verbot der anderweitigen Bewerbung in § 13 Nr. 2 b) Anstellungsvertrag sei wegen Verstoßes gegen Artikel 12 Grundgesetz nach § 134 BGB nichtig, so dass die gesamte Klausel des § 13 Anstellungsvertrag unwirksam sei. Von der Produktpalette her gesehen ergebe sich allenfalls eine Überlappung mit der Firma V. von 20 %. Das Wettbewerbsverbot sei als sogenanntes bedingtes Wettbewerbsverbot unzulässig, weil die Klägerin ihre Wettbewerbsklausel in § 13 Nr. 2 Anstellungsvertrag so "aufgezogen" habe, dass sie nur in den Ländern des Bundesgebietes gelten sollte, in denen sie oder Tochtergesellschaften Produkte vertreiben. Im Ergebnis sei für den Arbeitnehmer nicht übersehbar, wann und in welcher Situation konkret nun das Wettbewerbsverbot nachträglich anfalle oder nicht. Das Wettbewerbsverbot sei auch als unternehmensbezogenenes Wettbewerbsverbot unwirksam, da lediglich an einem tätigkeitsbezogenen Wettbewerbsverbot ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers bestehen könne. Das Vertragsstrafeversprechen verstoße gegen § 138 BGB. Jedenfalls sei eine Unangemessenheit der Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB gegeben, so dass sie auf eine angemessene Höhe zurückzuführen sei. In seiner Tätigkeit für die Firma V. verdiene der Beklagte DM 6.000,-- netto monatlich und sei seiner Ehefrau und 2 Kindern unterhaltspflichtig. Sollte er verurteilt werden, seine Tätigkeit für die Firma V. zu unterlassen, befürchte er, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Die Klägerin habe sämtliche anderen Mitarbeiter aus früher einmal vereinbarten Wettbewerbsverboten entlassen. Sie verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn beim Beklagten als einzigem Vertriebsmitarbeiter das ursprünglich vereinbarte Wettbewerbsverbot aufrecht erhalten werden solle.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.02.2000 dem Unterlassungsantrag der Klägerin stattgegeben und - unter Klageabweisung im übrigen - den Beklagten verurteilt, an die Klägerin DM 48.744,-- nebst 4 % Zinsen zu bezahlen; hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung hat das Arbeitsgericht die vorläufige Vollstreckbarkeit ausgeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das in § 13 Nr. 2 b) Anstellungsvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot sei wirksam. Im Wege der Auslegung ergebe sich, dass § 13 Nr. 2 b), 2. Alt. Anstellungsvertrag nicht nur das Eingehen eines Arbeitsverhältnisses mit einem anderen Unternehmen im Sinne des bloßen Abschlusses eines Arbeitsvertrages, sondern u.a. das tatsächliche Tätigwerden aufgrund eines abgeschlossenen Arbeitsvertrages untersagen sollte. Bei der Firma V. handele es sich um ein Konkurrenzunternehmen. Auch in räumlicher und gegenständlicher Hinsicht bestünden keine Bedenken gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot. Die genaue Reichweite des Wettbewerbsverbotes stehe für beide Parteien erst im Moment des Ausscheidens des Arbeitnehmers fest, so dass es für das gemäß § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB erforderliche berechtigte geschäftliche Interesse des Arbeitgebers hier auf den 31.12.1998 ankommen müsse. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin im ganzen Bundesgebiet tätig und dem Beklagten dies auch bekannt sei. Außerdem hätte der Beklagte die Möglichkeit gehabt, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Auskunft darüber zu verlangen, welche genaue Reichweite das Wettbewerbsverbot hat und zu erfragen, ob die Klägerin seine Tätigkeit beim neuen Arbeitgeber in seiner neuen Position als Konkurrenz ansieht.

Bei der getroffenen Vereinbarung handele es sich nicht um ein sogenanntes bedingtes Wettbewerbsverbot. Es läge nicht der Fall vor, dass das Wirksamwerden des Wettbewerbverbotes an die freie Willensentscheidung des Arbeitgebers geknüpft werde. Es bestünden auch keine Bedenken aus dem Gesichtspunkt eines unternehmensbezogenen Wettbewerbsverbotes. Der Beklagte sei bei der Firma V. in leitender Position im Vertrieb tätig. Bei Führungskräften sei ein unternehmensbezogenes Konkurrenzverbot regelmäßig als von einem berechtigten geschäftlichen Interesse gedeckt anzusehen. Auch die Erstreckung des Verbotes auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland sei nicht zu beanstanden, da der Beklagte über die geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere auch über die Preisgestaltung bei der Klägerin und über deren Kunden bestens informiert sei. Selbst wenn man die Vereinbarung eines unternehmensbezogenen Wettbewerbsverbotes für zu weitgehend hielte oder man Bedenken wegen der Unbestimmtheit des verwendeten Begriffs "Tochtergesellschaft" hätte, bliebe das Wettbewerbsverbot im zu entscheidenden Fall verbindlich, denn der Beklagte sei im Vertrieb der Firma V. und damit in seinem früheren Tätigkeitsbereich für eine Konkurrentin der Klägerin selbst tätig, so dass insoweit jedenfalls ein verbindliches Wettbewerbsverbot und ein Verstoß hiergegen vorliegen würde.

Da der Beklagte durch seine Tätigkeit für die Firma V. bis 31.12.2000 gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoße, sei dem Unterlassungsanspruch stattzugeben. Dieser werde für die Zukunft auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin für den zurückliegenden Zeitraum Januar bis September 1999 die verwirkte Vertragsstrafe verlangt habe. Der Vertragsstrafenanspruch sei ebenfalls dem Grunde nach gegeben, in der Höhe jedoch herabzusetzen. Unter "Bruttomonatsgehalt" i.S.v. § 13 Nr. 5 Anstellungsvertrag sei ein Betrag von DM 5.416,-- gemäß § 4 Nr. 1 Arbeitsvertrag zu verstehen. Eine Vertragsstrafe von 3 x DM 5.415,-- = DM 16.248,-- für jeden Monat der Tätigkeit des Beklagten für die Firma V. sei jedoch unverhältnismäßig hoch und deshalb gemäß § 343 BGB auf den für angemessen erachteten Betrag i.H.v. einem Bruttomonatsgehalt je Monat des Dauerverstoßes zu reduzieren, somit auf DM 48.744,-- (9 Monate à DM 5.416,--) für den Zeitraum Januar bis September 1999.

Auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes könne der Beklagte sich nicht berufen, da es seine Sache gewesen wäre, vergleichbare Mitarbeiter namentlich zu benennen, also solche, die eine entsprechende Stellung im Betrieb innegehabt hätten.

Bei der Entscheidung über den Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit hat das Arbeitsgericht hinsichtlich der ausgesprochenen Unterlassungsverpflichtung das Interesse des Beklagten, einen jedenfalls möglichen Verlust des Arbeitsplatzes zu verhindern, bei der im Rahmen der Entscheidung nach § 62 ArbGG vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegen lassen, denn die Klägerin habe nichts dazu vorgetragen, dass eine weitere Tätigkeit des Beklagten für die Firma V. ihr Nacheile zufügen würde, die durch Zahlung einer Vertragsstrafe nicht kompensiert werden könnten.

Das erstinstanzliche Urteil ist der Klägerin am 07.02.2000 und dem Beklagten am 09.02.2000 zugestellt worden. Der Beklagte hat am 08.03.2000 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb bis zum 10.05.2000 verlängerter Begründungsfrist am 09.05.2000 ausgeführt. Die Klägerin hat ihrerseits am 23.06.2000 Anschlussberufung eingelegt.

Der Beklagte bestreitet zunächst, dass aus dem Arbeitsvertrag mit der Firma Karl R. KG der Klägerin überhaupt Ansprüche zustünden. Zudem bedürfe die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes gemäß § 74 Abs. 1 HGB der Schriftform und der Aushändigung der Originalurkunde an den Arbeitnehmer, und zwar im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss.

Von einem Konkurrenztätigkeitsverbot sei in § 13 Nr. 2 b) Anstellungsvertrag nicht die Rede. Es könne nicht verboten werden, einen Arbeitsvertrag mit einem Konkurrenzunternehmen abzuschließen; was alleine verboten werden könne, sei Konkurrenztätigkeit, nichts anderes. Ein solches Verbot liege aber hier nicht vor.

Es liege ein bedingtes Wettbewerbsverbot von Anfang an vor, mit der Folge der Unwirksamkeit desselben; es komme nicht auf die Frage des "Ausscheidenszeitpunktes" an. Die Klägerin wolle nur dann eine Karenzentschädigung bezahlen und nur dann eine Bindung an das Wettbewerbsverbot, wenn der Beklagte in einem Land des Bundesgebietes tätig werde, in dem auch sie tätig sei; ansonsten betrachte sie die Zahlung einer Karenzentschädigung für sinnlos bzw. die Wettbewerbssituation für hinnehmbar. Insofern liege ein bedingtes Wettbewerbsverbot vor und der Beklagte sei nicht verpflichtet, sich an dieses zu halten.

Auch verkenne das Arbeitsgericht, dass hier ein unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot nicht habe vereinbart werden dürfen. Es komme dabei nicht auf die Position an, die der Beklagte jetzt innehabe, sondern auf die Position, die er bei der Klägerin innegehabt habe. Nur das tätigkeitsbezogene Wettbewerbsverbot sei angemessen. Eine übergreifende Führungskraft sei der Beklagten bei der Klägerin nicht gewesen, sondern nur Vertriebsmitarbeiter für den im Anstellungsvertrag festgelegten Bereich. Somit hätte ein Wettbewerbsverbot allenfalls auf diesen Bezirk ausgesprochen werden können. Der Beklagte kenne außerhalb seines Gebietes die Preisgestaltung bei anderen Kunden nicht; er wisse nicht einmal, wer außerhalb seines Gebietes Kunde der Klägerin sei, und habe keinerlei Berührungspunkte mit Abnehmern der Produkte der Klägerin außerhalb seines Gebietes. Selbst wenn dem Beklagten außerhalb seines Gebietes irgendwelche Kunden bekannt sein würden, so würde sich dadurch nicht ein so weitreichendes Wettbewerbsverbot hinsichtlich des ganzen Bundesgebietes rechtfertigen.

Selbst wenn man unterstelle, ein Anspruch auf Unterlassung hätte bestanden und gegen diesen sei verstoßen worden, dann rechtfertige dies nicht, die Vertragsstrafe in der Höhe auszuwerfen, wie dies das erstinstanzliche Gericht getan habe. Die von der Klägerin verlangte Vertragsstrafe sei sittenwidrig und könne deshalb gemäß § 138 BGB nicht verlangt werden. Die Höhe der Vertragsstrafe sei horrend im Verhältnis zum Einkommen des Beklagten. Die Klägerin wolle nicht wirklich Konkurrenz vermeiden, sondern lasse sie zu, wolle jedoch ausschließlich über die Vertragsstrafe den Arbeitnehmer "abzocken". Der Beklagte habe der Klägerin "null" Schaden durch seinen Wechsel verursacht, nicht einmal ein möglicher hypothetischer Schaden sei dargelegt, geschweige denn behauptet worden. Bei dieser Sachlage sei allenfalls eine einmalige Vertragsstrafe von 3 Monatsgehältern gerechtfertigt.

Der Beklagte beantragt:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer des Arbeitsgerichts Stuttgart (Az.: 1 Ca 2049/99) wie folgt abgeändert:

Die Klage wird (insgesamt) abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Die Klägerin beantragt:

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Zudem beantragt die Klägerin im Wege der Anschlussberufung:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Stuttgart vom 04.02.2000, Az.: 1 Ca 2049/99, wird abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, jegliche Tätigkeit im Vertrieb oder mit Bezug zum Vertrieb der Firma V.-Werke D., L. GmbH & Co. KG, D., bis zum 31.12.2000 zu unterlassen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,-- oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 97.488,-- nebst 4 % Zinsen p.a. auf DM 27.080,-- seit 28.05.1999, auf weitere DM 5.416,-- seit 08.07.1999, auf weitere DM 16.428,-- seit 12.10.1999 und auf weitere DM 48.744,-- seit Zustellung dieser Anschlussberufung zu zahlen.

Der Beklagte beantragt:

Zurückweisung der Anschlussberufung.

Außerdem beantragt der Beklagte

die Zulassung der Revision und den Ausschluss der Vollstreckbarkeit.

Die Klägerin trägt vor, dass das Bestreiten eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien durch den Kläger wider besseren Wissens erfolge. Auch könne der Beklagte nicht die Einhaltung der Schriftform des Wettbewerbsverbotes bestreiten; mit Schreiben vom 18.11.1982 sei ihm ein unterschriebenes Exemplar seines Arbeitsvertrages zugesandt worden, außerdem sei das Arbeitsverhältnis 16 Jahre lang durchgeführt worden.

Fern aller Logik und Lebenserfahrung sei es, wenn der Beklagte meine, er und die Klägerin seien bei Vertragsschluss davon ausgegangen, dass eine Tätigkeit des Beklagten für ein Konkurrenzunternehmen nicht zu beanstanden sei, sondern lediglich die Bewerbung und der Vertragsschluss. Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch angenommen, dass das Wettbewerbsverbot zwischen den Parteien nicht als sogenanntes bedingtes Wettbewerbsverbot unwirksam sei. Das Wettbewerbsverbot gemäß § 13 Anstellungsvertrag sei endgültig und in sich abgeschlossen. Es sei einer einseitigen Änderung durch die Klägerin nicht zugänglich. Der Beklagte habe bis zu seinem Ausscheiden jederzeit und ohne Schwierigkeiten nachvollziehen können, in welchem Umfang er gebunden gewesen sei.

Die Erstreckung des Wettbewerbsverbotes auf das gesamte Bundesgebiet sei gerechtfertigt. Dass der Beklagte dabei angeblich weder die Kunden der Klägerin außerhalb seines Gebietes noch die Preisgestaltung bei diesen Kunden kenne, sei unerheblich, da die Grundsätze der Preisgestaltung bei der Klägerin für alle Kunden gleich seien. Selbst wenn man unterstellen würde, angesichts des örtlich begrenzten Tätigkeitsbereiches des Beklagten sei die Erstreckung des Wettbewerbsverbotes auf - im Ergebnis - das gesamte Bundesgebiet nicht vom berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt, mache der Beklagte jedenfalls innerhalb des räumlichen Bereiches, in dem er bei der Klägerin tätig gewesen sei, dieser Konkurrenz. Auch soweit der Beklagte auf die Unzulässigkeit eines unternehmensbezogenen Wettbewerbsverbotes abstelle, helfe ihm dies nicht. Die Reduzierung des Wettbewerbsverbotes auf ein tätigkeitsbezogenes Wettbewerbsverbot treffe ihn weiter, da er sowohl bei der Klägerin als auch bei der Firma V. im Vertrieb tätig sei bzw. gewesen sei.

Die Vertragsstrafe sei nicht wegen ihrer Höhe sittenwidrig. § 138 BGB werde im Anwendungsbereich des § 343 BGB (Herabsetzung der Vertragsstrafe) verdrängt. Es gebe auch keine Priorität der Untersagungsverfügung gegenüber der Vertragsstrafe. Wenn der Beklagte meine, das Wettbewerbsverbot mit der Vereinbarung der Vertragsstrafe diene nur dem "Abzocken", hätte er den Vertrag nicht unterzeichnen sollen. Ob der Beklagte der Klägerin tatsächlich keinerlei Schaden durch seinen Wechsel verursacht habe, sei für die Klägerin nicht eindeutig feststellbar. Eben darum habe sie die Vertragsstrafe vereinbart, weil es regelmäßig nicht feststellbar sei, ob der Verlust von Aufträgen an das Konkurrenzunternehmen, bei dem der ehemalige Arbeitnehmer tätig ist, auf dieser Tätigkeit beruht. Entscheidend sei, welcher Schaden theoretisch hätte eintreten können.

Mit ihrer Anschlussberufung macht sich die Klägerin die Berechnung der Vertragsstrafe durch das Arbeitsgericht zu Eigen und verlangt die Vertragsstrafe von monatlich DM 5.416,-- für weitere 9 Monate von Oktober 1999 bis einschließlich Juni 2000.

Der Beklagte hält die Anschlussberufung für unzulässig, da nicht im Rahmen der Beschwer der Klägerin hinsichtlich der erstinstanzlichen Teilabweisung der Zahlungsklage etwas geltend gemacht werde. Es handele sich vielmehr um eine Klageerweiterung, die nicht sachdienlich sei und zu welcher der Beklagte auch nicht seine Zustimmung erteile. Darüber hinaus seien die Ansprüche auch unbegründet.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg, nämlich insoweit, als die Höhe der vom Arbeitsgericht auf DM 5.416,-- pro Monat des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot festgesetzten Vertragsstrafe herabzusetzen gewesen ist auf DM 2.708,-- pro Monat. In diesem Umfang hat für den weiteren Zeitraum von Oktober 1999 bis Juni 2000 auch die Anschlussberufung der Klägerin Erfolg. Darüber hinausgehend bleiben Berufung und Anschlussberufung erfolglos.

A. Berufung des Beklagten

I. Zulässigkeit der Berufung

Die Berufung des Beklagten ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Sie ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG, § 518, § 519 ZPO).

II. Begründetheit der Berufung

1. Unterlassungsklage

Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Unterlassungsantrag der Klägerin zulässig und begründet ist. Die Berufungskammer folgt insoweit dem ausführlich und sorgfältig unter Heranziehung der einschlägigen Fundstellen aus Literatur und Rechtsprechung begründeten Urteil des Arbeitsgerichtes im Ergebnis und allen wesentlichen Erwägungen. Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz Rügen gegen das erstinstanzliche Urteil erhoben hat und neue rechtliche Gesichtspunkte erörtert worden sind, sind hierzu folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:

a) Es kann nicht in Zweifel gezogen werden, dass das Arbeitsverhältnis des Beklagten zwar im Jahr 1982 mit der Firma Karl R. KG begründet worden ist, aber seit 1986 mit der Klägerin besteht. Die Klägerin hat durch Vorlage des entsprechenden Auszuges aus dem Handelsregister des Amtsgerichtes Geislingen/Steige (Anlage zur Berufungsbeantwortung vom 21.06.2000) den Nachweis geführt, dass es sich bei der Firma Karl R. KG, sodann ab 1984 der Firma Karl R. GmbH & Co. und schließlich ab 1986 der Firma R. Metall GmbH & Co. (Klägerin) um ein- und dieselbe Rechtsperson handelt; lediglich die Firmenbezeichnung bzw. Rechtsform hat sich geändert. Die Rechte aus dem Anstellungsvertrag vom 12.11.1982 können daher sehr wohl von der Klägerin in Anspruch genommen werden.

b) Der Beklagte kann der Wirksamkeit des Wettbewerbsverbotes auch nicht einen Verstoß gegen das Schriftformgebot und die Pflicht zur Aushändigung der Vertragsurkunde entgegenhalten.

Der Schriftform ist Genüge getan, wenn die Wettbewerbsabrede fest mit dem Arbeitsvertrag zu einer Gesamturkunde verbunden ist und im Arbeitsvertrag auf die Wettbewerbsklausel verwiesen wird (BAG vom 30.10.1984, AP Nr. 46 zu § 74 HGB; von Hoyningen-Huene in Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, § 74, Rdnr. 34). Im vorliegenden Fall ist die Wettbewerbsklausel sogar in die Arbeitsvertragsurkunde selbst aufgenommen und ihr nicht nur als Teil einer Gesamturkunde angefügt worden. Die Vertragsurkunde ist auch von beiden Vertragsparteien unterzeichnet und dem Beklagten mit Schreiben vom 18.11.1982 übersandt worden. Damit ist den formalen Anforderungen des § 74 Abs. 1 HGB in jeder Hinsicht ausreichend Rechnung getragen.

c) Der Beklagte sieht § 13 Nr. 2 b) Anstellungsvertrag deshalb im vorliegenden Fall nicht für einschlägig an, weil eine Betätigung für ein Konkurrenzunternehmen durch diese Vertragsnorm überhaupt nicht verboten werde, sondern nur - aus Sicht des Beklagten unzulässigerweise - die Bewerbung bei und das Eingehen eines Arbeitsverhältnisses mit einem Konkurrenzunternehmen.

Indessen hat das Arbeitsgericht zu Recht im Wege der Auslegung festgestellt, dass auch das tatsächliche Tätigwerden aufgrund eines abgeschlossenen Arbeitsvertrages untersagt werden sollte. Die Auslegungsbedürftigkeit ergibt sich daraus, dass der Einsatz der Arbeitskraft in einem Arbeitsverhältnis nun einmal die - wenn nicht unbedingt zwingende, so doch allgemein übliche - Folge des Eingehens desselben ist. Wenn hierzu die Vertragsbestimmung des § 13 Nr. 2 b) Anstellungsvertrag keine ausdrückliche Aussage trifft, ist diese "planwidrige Unvollständigkeit" im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen und die Regelung entsprechend dem hypothetischen Parteiwillen zu ergänzen. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dabei ist zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Zugleich sind mit Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte auch objektive Maßstäbe zu berücksichtigen (Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 59. Aufl., § 157 BGB, Rdnr. 7 m.w.N.). Insoweit erscheint es abwegig und in der Tat fern aller Lebenserfahrung, wenn den Vertragsparteien unterstellt würde, sie hätten zwar die Bewerbung und den Vertragsschluss bei einem Konkurrenzunternehmen, nicht aber die Tätigkeit für eben dieses Unternehmen als vom Wettbewerbsverbot erfasst sehen wollen. Dem wirklichen Parteiwillen entspricht vielmehr allein der Vertragsinhalt, so wie er vom Arbeitsgericht richtig ausgelegt worden ist.

d) Die Wettbewerbsvereinbarung ist auch nicht als sogenanntes "bedingtes Wettbewerbsverbot" unwirksam.

Bedingte Wettbewerbsverbote verstoßen gegen den Grundsatz der bezahlten Karenz (§ 74 Abs. 2 HGB) und sind bereits aus diesem Grunde unwirksam. Zugleich sind bedingte Wettbewerbsverbote wegen Umgehung des § 75 a HGB nichtig (BAG vom 13.05.1986, AP Nr. 51 zu § 74 HGB; BAG vom 04.06.1985, AP Nr. 50 zu § 74 HGB; BAG vom 10.08.1973, AP Nr. 33 zu § 74 HGB; Münchener Kommentar - von Hoyningen-Huene, § 75 a HGB, Rdnr. 15, m.w.N.).

§ 13 Nr. 2 Anstellungsvertrag enthält ein solches "bedingtes Wettbewerbsverbot" nicht. Zwar hatte der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in der Tat keine Kenntnis über den abschließenden örtlichen Geltungsbereichs des Wettbewerbsverbotes zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Denn dieser ist davon abhängig, in welchen Ländern des Bundesgebietes "die Karl R. KG oder ihre Tochtergesellschaften Erzeugnisse verkaufen oder sonst vertreiben". Dadurch allein ist aber noch keine unzulässige Bedingung begründet worden. Unter einem "bedingten Wettbewerbsverbot" ist eine Vertragsgestaltung zu verstehen, die dem Arbeitgeber (entschädigungsfrei) die Entscheidung vorbehält, gegenüber dem Arbeitnehmer durch einseitige Erklärung bei Vertragsende ein Wettbewerbsverbot in Anspruch zu nehmen oder darauf zu verzichten. Die Geltung oder Nichtgeltung läge somit allein in der Hand des Arbeitgebers, ohne dass die Voraussetzungen des § 75 a HGB erfüllt sein müssten (BAG vom 05.09.1995, AP Nr. 67 zu § 74 HGB; Münchener Kommentar - von Hoyningen-Huene, § 75 a HGB, Rdnr. 15, m.w.N.). Die Ratio der §§ 74 ff. HGB läuft bei solchen Vertragsgestaltungen erkennbar leer, der Grundsatz der bezahlten Karenz wird ausgehöhlt. Bedingte Wettbewerbsverbote behindern den Arbeitnehmer bei seiner Suche nach einem neuen Arbeitsplatz, da sie ihn im Unklaren darüber lassen, ob er zu einer Konkurrenztätigkeit befugt ist. Der Arbeitgeber wird in die Lage versetzt, bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, zu einem Zeitpunkt also, zu dem der Arbeitnehmer seine Suche nach einem neuen Arbeitsplatz längst abgeschlossen hat, seine Zustimmung zu Wettbewerbshandlungen des Arbeitnehmers zu erklären und sich so seiner Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung zu entziehen. Nimmt der Arbeitnehmer etwa unter dem Druck des potenziellen Konkurrenzverbotes eine konkurrenzfremde Tätigkeit in Aussicht, so führt ein nach Kenntnis hiervon erklärter Verzicht des Arbeitgebers zum Verlust der Karenzentschädigung. Dem Arbeitnehmer ist es andererseits verwehrt, eine Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen zu planen. Er muss dann Unterlassungs- oder gar Schadensersatzansprüche befürchten, wenn der Arbeitgeber wider Erwarten doch auf dem Wettbewerbsverbot besteht. Bis zu der vorbehaltenen Erklärung des Arbeitgebers bleibt er daher im Ungewissen über das Bestehen eines Wettbewerbsverbotes (Henssler, Anm. zu BAG AP Nr. 67 zu § 74 HGB).

So liegt der Fall hier aber gerade nicht. § 13 Nr. 2 Anstellungsvertrag legt objektiv feststellbare Kriterien für den örtlichen Geltungsbereich fest, nämlich ob die Klägerin (oder ihre Tochtergesellschaften) in einem Bundesland ihre Erzeugnisse verkauft oder sonst vertreibt. Also gilt das Wettbewerbsverbot grundsätzlich in allen Bundesländern mit Ausnahme derjenigen, in denen die Klägerin keine Verkaufs-/Vertriebsaktivitäten entfaltet. Richtig ist zwar, dass das objektive Kriterium wiederum von einer subjektiven Vertriebsentscheidung des Arbeitgebers abhängt. Diese Konstellation fällt aber nicht unter die o.g. Definition des "bedingten Wettbewerbsverbotes". Es ist lediglich eine bestimmte Voraussetzung für die örtliche Geltung des Wettbewerbsverbotes vereinbart worden, deren Eintritt - jedenfalls regelmäßig - nicht willentlich im Hinblick auf die Wettbewerbsklausel herbeigeführt wird und die lediglich dazu führt, dass die Unterlassungspflicht des Arbeitnehmers eingeschränkt oder präzisiert wird. Derartige Klauseln sind zulässig (BAG vom 30.04.1971, AP Nr. 2 zu § 340 BGB = Der Betrieb 1971, 1673 = NJW 1971, 2008, Ziff. I. 1. b. der Gründe).

e) Ebensowenig ergibt sich eine Unwirksamkeit der Wettbewerbsvereinbarung hinsichtlich ihres gegenständlichen/sachlichen Geltungsbereiches.

Ein Wettbewerbsverbot ist insoweit unverbindlich, als es nicht zum Schutze eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient, § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB. Da die Wettbewerbsklausel den Arbeitgeber vor Nachteilen schützen soll, die ihm aus einer möglichen Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers erwachsen können, muss sich dieser Zweck im Inhalt der durch die Abrede verbotenen Tätigkeit widerspiegeln. Es muss daher ein Zusammenhang zwischen dem Verbot einerseits sowie der bisherigen Funktion des Arbeitnehmers andererseits bestehen. Das Verbot muss sich deshalb auf spezifische Gefahren beziehen, die aus dieser Funktion erwachsen können und an deren Vermeidung der Arbeitgeber ein geschäftliches Interesse hat. Da die mögliche Interessengefährdung bezogen auf den Arbeitgeber und seinen Geschäftsbetrieb individualisierbar sein muss, ist eine Abrede unverbindlich, wenn das in ihr vereinbarte Verbot keine Beziehung zur früheren Tätigkeit hat, sondern allgemein die Möglichkeit von Konkurrenz beschränken will (Münchener Kommentar - von Hoyningen-Huene, § 74 a HGB, Rdnr. 5, Rdnr. 7, m.w.N.).

Im vorliegenden Fall sollte dem Beklagten durch § 13 Nr. 2 b) Anstellungsvertrag die Tätigkeit in einem Unternehmen verboten werden, "das Erzeugnisse herstellt oder vertreibt, mit denen der Mitarbeiter aufgrund seiner Tätigkeit bei der Firma in Verbindung gestanden hat". Diese Vereinbarung begegnet nach Maßgabe der genannten Grundsätze keinen Wirksamkeitsbedenken. Die erforderliche Beziehung zwischen der Tätigkeit des Beklagten bei der Klägerin und dem untersagten Wettbewerb ist gegeben. Bedenken bestehen auch nicht etwa deshalb, weil das Wettbewerbsverbot auf die Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen abstellt ohne Rücksicht darauf, ob der Beklagte an seiner neuen Stelle Konkurrenztätigkeit ausübt oder nicht. Die Notwendigkeit, derart allgemein gefasste Wettbewerbsverbote zuzulassen, folgt einmal daraus, dass es für den früheren Arbeitgeber fast unmöglich ist, zu überwachen, was der Angestellte in dem Konkurrenzunternehmen tut. Hinzu kommt die Erfahrungstatsache, dass der Angestellte vielfältig in der Lage ist, im neuen Betrieb auch außerhalb seines Arbeitsbereiches durch Wettbewerbsverbot geschützte Geheimnisse seines früheren Arbeitgebers preiszugeben (BAG vom 30.01.1970, AP Nr. 24 zu 133 f GewO; BAG vom 16.12.1968, AP Nr. 21 zu § 133 f GewO; Schaub in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 74 a HGB, Rdnr. 16).

Diese Erwägungen treffen auch für den Beklagten zu. Der Beklagte hatte bei der Klägerin aufgrund seines Tätigkeitsfeldes als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb die Möglichkeit, Kenntnisse und Erfahrungen zu sammeln, die für die Konkurrenz wertvoll sind, so dass ein schützenswertes Interesse der Klägerin anerkannt werden muss, die Weitergabe dieser Erfahrungen und Kenntnisse an Firmen, deren Produktpalette und Kundenkreis sich mit demjenigen der Beklagten überschneidet, durch das Wettbewerbsverbot zu verhindern.

f) Schließlich führt auch die Ausdehnung der örtlichen Reichweite des Wettbewerbsverbotes auf das gesamte Bundesgebiet nicht zur Unwirksamkeit der Wettbewerbsvereinbarung.

Zum einen ist ein Wettbewerbsverbot nur insoweit unverbindlich, wie es die Grenzen des § 74 a HGB überschreitet. Soweit das Wettbewerbsverbot sich im zulässigen Rahmen hält, bleibt es wirksam und muss vom Arbeitnehmer eingehalten werden. Es findet eine sogenannte rechtserhaltende Reduktion statt (BAG vom 02.02.1968, AP Nr. 22 zu § 74 HGB; Erfurter Kommentar - Schaub, § 74 a HGB, Rdnr. 10). Auf jeden Fall ist der Klägerin ein berechtigtes geschäftliches Interesse i.S.v. § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB zuzuerkennen, das der Beklagte nicht innerhalb seines bisherigen Wirkungskreises nunmehr für eine Konkurrenzfirma tätig wird.

Zum anderen ist darüber hinaus im vorliegenden Fall aber ein berechtigtes geschäftliches Interesse der Klägerin auch für ein bundesweites Wettbewerbsverbot gegeben. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Beklagte über die geschäftlichen Verhältnisse - insbesondere auch über die Preisgestaltung bei der Klägerin - bestens informiert gewesen ist. Wenn der Beklagte seinerseits geltend macht, dass ihm weder die Kunden der Klägerin außerhalb seines Bezirkes noch die Preisgestaltung bei diesen Kunden bekannt gewesen seien, so kommt es darauf deshalb nicht an, weil die Grundsätze der Preisgestaltung bei der Klägerin für alle Kunden im gesamten Bundesgebiet gleich sind. Ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers i.S.v. § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB liegt nicht bereits in dem bloßen Interesse, Konkurrenz einzuschränken; es ist jedoch anzuerkennen, wenn das Wettbewerbsverbot entweder dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dient oder den Einbruch in den Kunden- oder Lieferantenkreis verhindern soll (BAG vom 01.08.1995, AP Nr. 5 zu § 74 a HGB, m.w.N.). Die zweitgenannte Alternative kann vorliegend bejaht werden. Gerade die Kenntnis der Preisgestaltungsgrundsätze von Mitbewerbern in der Branche lassen sich dazu nutzbar machen, durch Abgabe entsprechender Angebote Kunden abzuwerben. Deshalb ist jede Tätigkeit des Beklagten im Vertriebsgebiet der Klägerin - also bundesweit - eine Gefährdung deren Kundenkreises, da die Möglichkeit besteht, dass die erworbenen Kenntnisse im Aufgabenbereich des neuen Arbeitgebers genutzt werden können, um Kunden zu diesem "herüberzuziehen".

Aus diesen Gründen ist das im Anstellungsvertrag vom 12.11.1982 vereinbarte Wettbewerbsverbot in jeder Hinsicht rechtswirksam. Verstößt der Arbeitnehmer während der Laufzeit des Wettbewerbsverbotes gegen die ihm auferlegten Unterlassungsverpflichtungen, so kann der Arbeitgeber auf Unterlassung oder Beseitigung der fortbestehenden Störungen klagen (Erfurter Kommentar - Schaub, § 74 HGB, Rdnr. 44). Demzufolge hat das Arbeitsgericht dem Unterlassungsantrag der Klägerin zu Recht stattgegeben. Die Androhung von Ordnungsmitteln für den Fall der Zuwiderhandlung rechtfertigt sich aus § 890 ZPO.

2. Zahlungsklage

Das Arbeitsgericht hat ebenfalls zu Recht entschieden, dass der Vertragsstrafenanspruch dem Grunde nach gegeben ist. Hinsichtlich der Höhe der vom Arbeitsgericht festgesetzten Vertragsstrafe hat die Berufungskammer Veranlassung zu einer weiteren Herabsetzung nach § 343 BGB gesehen.

a) Anspruchsgrundlage für die Vertragsstrafe ist § 75 c Abs. 1 HGB i.V.m. § 13 Nr. 5 Anstellungsvertrag. Unbedenklich ist, dass in der Vertragsstrafenvereinbarung zwischen der einzelnen Zuwiderhandlung und einem Dauerverstoß differenziert wird. Im Fall des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot durch Aufnahme einer anderweitigen Tätigkeit handelt es sich um einen Dauerverstoß, bei dem die Vertragsstrafe für jeden Monat des Verstoßes neu fällig wird (BAG vom 26.09.1963, AP Nr. 1 zu § 75 HGB; Erfurter Kommentar - Schaub, § 75 c HGB, Rdnr. 2). Gemäß § 75 c Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. § 340 BGB hat der Arbeitgeber ein Wahlrecht: Wählt er im Fall der Zuwiderhandlung die Vertragsstrafe, so erlangt er für den Wettbewerbsverstoß die Vertragsstrafe; für die Zukunft behält er aber den Unterlassungsanspruch. Im Fall eines erneuten Wettbewerbsverstoßes erwächst erneut das Wahlrecht (BAG vom 26.01.1973, AP Nr. 4 zu § 75 HGB = NJW 1973, 1717; Erfurter Kommentar - Schaub, § 75 c HGB, Rdnr. 5).

Indem vorliegend der Beklagte fortlaufend seit 01.01.1999 gegen das bis zum 31.12.2000 rechtswirksam vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen hat, hat er die für diesen Fall versprochene Vertragsstrafe dem Grunde nach verwirkt.

b) Die Vertragsstrafenregelung ist als solche nicht sittenwidrig gemäß § 138 BGB.

§ 138 BGB ist nicht schon bei unverhältnismäßiger Höhe der Vertragsstrafe anwendbar; es müssen vielmehr besondere Umstände in Bezug auf Inhalt, Beweggrund oder Zweck der Abrede hinzutreten (Palandt-Heinrichs, § 343 BGB, Rdnr. 3, m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind hier nicht ersichtlich. Der Kläger kann sich insoweit nicht auf die von ihm zitierte Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes Köln (Urteil vom 09.04.1998, 10 Sa 1493/97, LAGE Nr. 13 zu § 339 BGB = NZA-RR 1999, 350) stützen. Dort ging es um die Wirksamkeit einer mit einem Eishockey-Profi in einer vorformulierten Urkunde vereinbarten Vertragsstrafe. Das LAG Köln hat diese Vereinbarung "wegen der mit längerer Dauer der Vertragserfüllung ansteigenden Strafsumme und wegen der naheliegenden Verletzung der Menschenwürde eines Leistungssportlers" als im Zweifel sittenwidrig und damit nichtig angesehen, zumal die Vertragsstrafenklausel nur an untergeordneter Stelle "versteckt" aufzufinden gewesen ist. Mit jener Sachverhaltskonstellation ist der vorliegende Fall in keiner Weise vergleichbar. Was an dem hier in Streit stehenden Vertragsstrafeversprechen in rechtlicher Hinsicht ausschließlich zu beanstanden ist, ist - wie noch auszuführen sein wird - die Höhe der Vertragsstrafe. Hierzu führt aber auch das LAG Köln (Urteil vom 09.04.1998, a.a.O., Ziff. I. 1. a. der Gründe) aus, dass eine Sittenwidrigkeit des Strafversprechens gemäß § 138 BGB nicht schon bei unverhältnismäßiger Höhe der versprochenen Strafe gegeben ist.

c) Der Klägerin ist es auch nicht unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB verwehrt, die Vertragsstrafe zu fordern.

Der Beklagte unterstellt der Klägerin, dass sie in Wirklichkeit nicht Wettbewerbstätigkeit verhindern, sondern vielmehr nur den Arbeitnehmer "gnadenlos abzocken" wolle; diesen Schluss zieht er insbesondere daraus, dass die Klägerin erst nach nahezu 3-monatiger Konkurrenztätigkeit den Unterlassungsanspruch gerichtlich eingefordert hat. Indessen wird der Anspruch auf Vertragsstrafe gerade nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gläubiger mit Erfolg einen Unterlassunganspruch wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens hätte gerichtlich geltend gemacht werden können (BGH NJW 1984, 919, 920 ff.). Außerdem hatte die Klägerin bereits mit dem Bestätigungsschreiben vom 24.11.1998 gegenüber dem Beklagten besonders darauf hingewiesen, dass das im Anstellungsvertrag geschlossene Wettbewerbsverbot zu beachten sei.

d) Die Rüge des Beklagten, durch die Vertragsstrafenforderung verletze die Klägerin den Gleichbehandlungsgrundsatz, greift nicht durch.

Es braucht nicht entschieden zu werden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden ist, wenn er von vertragsbrüchigen Arbeitnehmern eine Vertragsstrafe in der vereinbarten oder einer geringeren Höhe fordert. Der Beklagte hat einen Fall (Herrn G. D.) namentlich genannt, in welchem die Klägerin angeblich mit anderem Maß als bei ihm selbst gemessen hat. Es kann aber nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Situation für die Klägerin in jenem Fall die gleiche war wie im Fall des Beklagten. Außerdem kann aus einem Einzelfall nicht geschlossen werden, dass die Klägerin - wie vom Beklagten behauptet - generell "alle anderen Mitarbeiter aus dem Wettbewerbsverbot entlassen hat".

e) Der Höhe nach hat der Beklagte eine Vertragsstrafe von DM 2.708,-- pro Monat des fortlaufenden Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot verwirkt.

Den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes (Ziff. II. 2. a. der Entscheidungsgründe zum Urteil vom 04.02.2000) folgend, die sich auch die Klägerin in der Berufungsinstanz zu Eigen gemacht hat, ist unter einem Bruttomonatsgehalt i.S.v. § 13 Nr. 5 Anstellungsvertrag ein Betrag von DM 5.416,-- zu verstehen, so dass sich nach § 13 Nr. 5 b) Anstellungsvertrag für jeden Monat der Tätigkeit des Beklagten für die Firma V. an sich eine verwirkte Vertragsstrafe i.H.v. 3 x DM 5.416,-- = DM 16.248,-- ergeben würde. Das Arbeitsgericht hat weiterhin mit zutreffenden Erwägungen (Ziff. II. 2. b. der Entscheidungsgründe), auf welche Bezug genommen wird und denen sich die Berufungskammer anschließt, festgestellt, dass dieser Betrag unverhältnismäßig hoch und deshalb gemäß § 343 Abs. 1 BGB auf den angemessenen Betrag herabzusetzen ist. Als angemessenen Betrag in diesem Sinne sieht die Berufungskammer - insoweit abweichend vom erstinstanzlichen Gericht, welches ein volles Bruttomonatsgehalt pro Monat des Wettbewerbsverstoßes in Ansatz gebracht hat - eine Vertragsstrafe von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Monat des wettbewerbswidrigen Verhaltens an.

Unter Berücksichtigung der Funktion der Vertragsstrafe als Druck- und Sicherungsmittel einerseits (BGB NJW 1983, 941, 942) und als pauschalierter Schadensersatz andererseits (BGH NJW 1994, 45) sowie des Interesses des Gläubigers an der Verhinderung der Handlung (BGH NJW 1984, 921) ist die Festsetzung eines halben Bruttomonatsgehaltes pro Monat des Wettbewerbsverstoßes geboten, aber auch ausreichend. Die Festsetzung eines vollen Bruttomonatsgehaltes würde nach Auffassung der Berufungskammer nicht hinreichend dem Schadensersatzkriterium Rechnung tragen. Das Fehlen eines tatsächlich eingetretenen Schadens rechtfertigt allein zwar eine Herabsetzung nicht; dies folgt schon aus dem Charakter der Vertragsstrafe u.a. als Schadensersatzpauschale. Dennoch muss darauf abgestellt werden, welcher Schaden durch das Schuldnerverhalten hätte eintreten können (BAG vom 21.05.1971, AP Nr. 1 zu § 75 c HGB; Palandt-Heinrichs, § 343 BGB, Rdnr. 7; Gottwald in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 3. Aufl., § 343, Rdnr. 17). Der Prozessvortrag der Klägerin hierzu rechtfertigt nicht die Festsetzung einer monatlichen Vertragsstrafe in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehaltes. Andererseits ist die Festsetzung einer dennoch empfindlichen Vertragsstrafe angezeigt im Hinblick auf den Sicherungs- und Sanktionscharakter des Vertragsstrafeversprechen. Das Institut der Vertragsstrafe ist bewußt in den Dienst der Gläubigerinteressen gestellt und soll in legitimer Weise Druck auf den Schuldner ausüben, um eine Leistungsstörung zu verhindern; dazu gehört auch die Abschreckung von einem unerwünschten Wettbewerbsverhalten (H.P. Westermann in Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 9. Aufl., § 343, Rdnr. 3; Vorbemerkung zu §§ 339 bis 345 BGB, Rdnr. 1, m.w.N.). Bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ergibt sich nach alledem eine angemessene Vertragsstrafe in Höhe von 50 % eines vom Beklagten zuletzt bei der Klägerin bezogenen Bruttomonatsgehaltes.

Die Verwirkung einer Vertragsstrafe von DM 2.700,-- pro Monat führt für den Zeitraum von Januar bis September 1999 zu einer Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von DM 24.372,-- nebst der sich aus §§ 284, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebenden Zinsen.

B. Anschlussberufung der Klägerin

I. Zulässigkeit der Anschlussberufung

Die von der Klägerin gemäß 521 Abs. 1, § 522 Abs. 1, § 522 a ZPO eingelegte (unselbständige) Anschlussberufung ist zulässig.

1. Die Anschlussberufung ist möglich bis zur letzten mündlichen Verhandlung (Gummer in Zöller, Zivilprozessordnung, 21. Aufl., § 522 a ZPO, Rdnr. 1). Von einer Frist ist die Zulässigkeit der Anschließung nicht abhängig, solange das Verfahren über die Hauptberufung noch nicht beendet ist (Zöller-Gummer, § 522 a ZPO, Rdnr. 6). Die Anschließung ist nicht selbst ein Rechtsmittel, sondern nur ein auch angriffsweise wirkender Antrag innerhalb der fremden Berufung (BGH NJW 1984, 1240; Zöller-Gummer, § 521 ZPO, Rdnr. 6). Mithin ist eine Beschwer als Zulassungsvoraussetzung nicht gefordert (BGH NJW 1980, 702; Zöller-Gummer, § 521 ZPO, Rdnr. 20, m.w.N.). Eine unselbständige Anschlussberufung zur Erweiterung des Rechtsschutzziels kann daher auch einlegen, wer durch das Urteil der Vorinstanz nicht beschwert ist (BAG vom 29.09.1993, NZA 1994, 761; Zöller-Gummer, § 521 ZPO, Rdnr. 22).

2. Inhaltlich stellt die von der Klägerin eingelegte Anschlussberufung eine Erweiterung des Klageantrages dar, indem nunmehr auch die Vertragsstrafenansprüche für den Zeitraum Oktober 1999 bis Juni 2000 in das Verfahren einbezogen worden sind. Zwar liegt kein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO, welcher mangels Behandlung als Klageänderung eine Einwilligung des Gegners oder eine Sachdienlicherklärung nach § 263 ZPO überflüssig machen würde, vor, da durch die Ausdehnung des Anspruchszeitraumes eine Änderung des Klagegrundes, d.h. des Sachverhaltes, auf den die klagende Partei ihren Anspruch stützt, gegeben ist. Es handelt sich vielmehr um einen Fall nachträglicher Klagehäufung, auf den § 263 ZPO entsprechend anwendbar ist (Zöller-Greger, § 263 ZPO, Rdnr. 2, m.w.N.) .Der Beklagte hat nicht in die Klageänderung eingewilligt (§ 263 1. Alt. ZPO), sondern hat ausdrücklich die Einwilligung verweigert. Indessen kann die Sachdienlichkeit der Klageänderung (§ 263 2. Alt. ZPO) vorliegend bejaht werden. Zwar ist die Sachdienlichkeit in zweiter Instanz strenger zu prüfen als in der ersten Instanz, aber es stehen ihr nicht bereits der Verlust einer Tatsacheninstanz entgegen (Zöller-Greger, § 263 ZPO, Rdnr. 14, m.w.N.). Maßgeblicher Gesichtspunkt vielmehr ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit, wobei es allein darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen. So wäre etwa die Sachdienlichkeit zu verneinen, wenn die Klageänderung zur Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffes nötigen würde, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden könnte (Zöller-Gummer, § 523 ZPO, Rdnr. 8, m.w.N.). So liegt der Fall hier aber nicht. Die Vertragsstrafenforderung der Klägerin für die Monate Oktober 1999 bis Juli 2000 stützt sich auf dieselbe Anspruchsgrundlage wie diejenige für die bereits in erster Instanz streitgegenständlichen Monate Januar bis September 1999. Auch ist der Sachverhalt unverändert geblieben, da der Beklagte nach wie vor fortlaufend bei derselben Konkurrenzfirma beschäftigt ist. Vor diesem Hintergrund kann das Erfordernis der Sachdienlichkeit, dessen Beurteilung dem pflichtgebundenen Ermessen des Gerichtes unterliegt, vorliegend bejaht werden, da mit der erweiterten Klage unter möglicher Verwertung des bisherigen Prozessstoffes der Streit endgültig behoben und ein neuer Prozess vermieden werden kann.

II. Begründetheit der Anschlussberufung

Die Anschlussberufung hat in der Sache Erfolg i.H.v. weiteren DM 24.372,-- nebst Zinsen.

1. Die teilweise Begründetheit der Anschlussberufung folgt aus den Ausführungen oben zu A. II. 2. der Entscheidungsgründe. Da der Beklagte seine vertragswidrige Tätigkeit für die Firma V. auch nach September 1999 fortgesetzt und somit die Vertragsstrafe i.H.v. DM 2.708,-- pro Monat verwirkt hat, ergibt sich für den Zeitraum Oktober 1999 bis Juni 2000 ein Anspruch der Klägerin in Höhe weiterer DM 24.372,--. Der Zinsanspruch ist gemäß § 284, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet.

2. Die Zahlungsverpflichtung des Beklagten für den gesamten in zweiter Instanz streitgegenständlichen Zeitraum von 18 Monaten (Januar 1999 bis Juni 2000) beläuft sich demzufolge auf DM 48.744,-- zuzüglich Zinsen.

C. Nebenentscheidungen

I. Die Kostenentscheidung beruht für beide Instanzen auf § 92 Abs. 1 ZPO. Entsprechend dem Verhältnis des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens zum jeweiligen Streitwert sind in der ersten Instanz der Klägerin 4/5, dem Beklagten 1/5 und in der zweiten Instanz der Klägerin 9/20, dem Beklagten 11/20 der Verfahrenskosten aufzuerlegen gewesen.

II. Dem Vollstreckungsschutzantrag des Beklagten ist bezüglich der Verurteilung zur Unterlassung stattzugeben, bezüglich der Verurteilung zur Zahlung ist er zurückzuweisen gewesen.

1. Der Antrag auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit kann auch in der Berufungsinstanz gestellt werden (Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 3. Aufl., § 62 ArbGG, Rdnr. 20) und macht auch für den - hier gegebenen - Fall der Nichtzulassung der Revision Sinn, da bei Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde diese aufschiebende Wirkung nach § 72 a Abs. 4 Satz 1 ArbGG haben und der Eintritt der Rechtskraft des Berufungsurteils gehemmt würde.

2. In der Sache gelten die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes (Ziff. III. der Entscheidungsgründe zum Urteil vom 04.02.2000), auf die Bezug genommen wird, für die zweitinstanzliche Entscheidung entsprechend.

III. Die Voraussetzungen des § 72 a Abs. 2 ArbGG für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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