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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 14.12.1999
Aktenzeichen: 18 Sa 56/99
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG, BGB, BetrAVG, LuftpersV, BBiG


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 313 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 794
ArbGG § 46 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
BGB § 242
BGB § 611
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt.
BetrAVG § 1
LuftpersV § 14
BBiG § 5 Abs. 2 Ziff. 1
BBiG § 5 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
18 Sa 56/99

verkündet am 14. Dezember 1999

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 18. Kammer - durch den Direktor des Arbeitsgerichts Dr. Natter, den ehrenamtlichen Richter Zeile und den ehrenamtlichen Richter Ritter auf die mündliche Verhandlung vom 14.12.1999

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13.04.1999 - Az: 11 Ca 6207/98 - abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 18.000,00 nebst 4 % Zinsen seit 31.07.1999 zu bezahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zur Zurückzahlung eines Kostenbeitrags verpflichtet ist, den der Kläger zu Beginn des Arbeitsverhältnisses für den Erwerb einer flugverkehrsrechtlichen Musterberechtigung an die Beklagte gezahlt hat.

Der am 10.11.1972 geborene Kläger war vom 12.08.1996 bis 15.04.1998 bei der Beklagten zuletzt als Kopilot beschäftigt. Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Stuttgart, die im Auftrag der Lufthansa CityLine Linienflugdienste durchführt. Sie beschäftigt in der Regel 260 Arbeitnehmer. Die Flugzeugflotte der Beklagten besteht aus 11 Propeller-Flugzeugen des Typs "Fokker 50". Dieser Flugzeugtyp wird speziell von kleineren Fluggesellschaften zu Kurzstreckenflügen eingesetzt. Europaweit sind ca. 60 Flugzeuge dieses Typs im Einsatz.

Vor Eintritt in das Arbeitsverhältnis hatte der Kläger die Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer erworben. Er hatte diese Ausbildung auf eigene Kosten (ca. DM 125.000,00) absolviert. Nach dem Erwerb der Verkehrsflugzeugführerlizenz (ATPL) trat der Kläger auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 11.07.1996 bei der Beklagten ein und begann eine Ausbildung zum Erwerb der Musterberechtigung für den Flugzeugtyp "Fokker 50". Die Beklagte hatte sich am 22.04.1996 mit der Lufthansa CityLine auf die Miete der bislang bei der Lufthansa CityLine eingesetzten 11 "Fokker 50"-Flugzeuge geeinigt. Sie erhielt von der Lufthansa CityLine einen Betrag von DM 5.614.994,00 an Umstellungskosten. Gleichzeitig war die Beklagte mit der Lufthansa CityLine übereingekommen, den Betrieb der in der Vergangenheit von der Beklagten eingesetzten Dash 8-300-Flugzeuge einzustellen und den damit erforderlichen Erwerb der Musterberechtigung für den neuen Flugzeugtyp solange durch die Lufthansa CityLine durchführen zu lassen, bis die Trainingskapitäne der Beklagten über die erforderlichen Kenntnisse verfügten. Ob und in welcher Höhe der Beklagten für dieses Flugtraining Kosten entstanden sind, ist zwischen den Parteien streitig.

Im Arbeitsvertrag vom 11.07.1996 regelten die Parteien den Erwerb der Musterberechtigung durch den Kläger in folgenden Punkten:

6.1 Herr S. trägt einen Teil der Kosten für das Type-Rating. Er begleicht dazu vor Antritt der Ausbildung eine Rechnung über DM 18.000,--.

13.1 Das Anstellungsverhältnis beginnt mit dem Eintrag der Typenberechtigung für Piloten.

15.1 Muß die Ausbildung aus Gründen abgebrochen werden, die Herr S. zu vertreten hat (z. B. mangelnde Qualifikation), und kommt damit das Anstellungsverhältnis nicht zustande, zahlt er die bis dahin im Rahmen der Ausbildung entstandenen Kosten. Ein etwa verbleibender Rest aus dem geleisteten Eigenanteil an Ausbildungskosten wird zurückbezahlt.

15.2 Endet das Anstellungsverhältnis vor Ablauf von 36 Monaten ab Eintragung des Type-Rating aus Gründen, die Herr S. zu vertreten hat, zahlt er je Monat, der zu dieser Frist fehlt, DM 1.000,-- anteilige Ausbildungskosten zurück. Ein etwa verbleibender Rest aus dem geleisteten Eigenanteil an Ausbildungskosten wird zurückbezahlt.

Der Kläger zahlte den Beitrag an den Kosten der Ausbildung in Höhe von DM 18.000,00 aufgrund einer Rechnung der Beklagten vom 30.07.1996. Das Training zum Erwerb der Musterberechtigung begann am 12.08.1996. Der Kläger absolvierte ein theoretisches und praktisches Flugtraining, u. a. im Flugsimulator bei der FSC Friendship Simulation Company in Maastrich. Anfang Oktober 1996 schloss der Kläger das Training ab und erwarb die Musterberechtigung für den Flugzeugtyp "Fokker 50". Hieran schloss sich eine Supervisions-Phase an, die ca. 100 Flugstunden umfasste. Während dieser Zeit unterlag der Kläger gravierenden Einsatzbeschränkungen. Während der ersten Monate des Arbeitsverhältnisses belief sich die Vergütung des Klägers auf DM 2.000,00 brutto.

Ab dem 02.01.1997 wurde der Kläger im regulären Passagierverkehr als Kopilot bei der Beklagen eingesetzt. Sein Gehalt steigerte sich auf DM 3.700,00 und zuletzt auf rd. DM 4.600,00,00 brutto. Am 15.04.1998 schlossen die Parteien auf Bitte des Klägers einen Aufhebungsvertrag ab. Hiernach stimmte die Beklagte einer vorfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.04.1998 zu. Zu den finanziellen Ansprüchen beider Parteien enthält der Aufhebungsvertrag unter Ziffer 2 folgende Regelung:

C. Air und Herr S. vereinbaren Gehalts-, Spesen- und Mehrflugstunden-Verzicht für die Zeit vom 01.03.1998 - 15.04.1998. Damit sind jedwede C. Air Ansprüche aus dem Fokker 50 type-rating abgegolten.

Unter Ziffer 5 des Aufhebungsvertrags hielten die Parteien weiter fest, dass dieser Aufhebungsvertrag vollständig sei und Nebenabsprachen nicht getroffen seien.

Mit seiner am 24.07.1998 eingegangenen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung des vorab bezahlten Kostenbeitrags für den Erwerb der Musterberechtigung in Höhe von DM 18.000,00. Er hat vorgetragen, die Regelung in Ziffer 6.1 des Arbeitsvertrags stelle eine unzulässige Umgehung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Rückzahlung von Ausbildungskosten dar. Durch diese Vereinbarung sei er gezwungen worden, sich seinen Arbeitsplatz durch die vorherige Zahlung von DM 18.000,00 zu erkaufen. Die Vereinbarung sei somit unwirksam. Es komme hinzu, dass der Beklagten durch das Type-Rating keine Kosten entstanden seien. Es treffe nicht zu, dass von dem Betrag, den die Lufthansa CityLine an die Beklagte für die Umstellung des Flugbetriebes und der Technik von "Dash 8-300" auf "Fokker 50" einen bestimmten Betrag als pauschalierte Ausbildungskosten abgezogen habe. Die Beklagte habe die Höhe der pauschalierten Ausbildungskosten nicht substanziiert dargelegt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 18.000,00 netto nebst 4 % Zinsen seit Zustellung dieser Klageschrift zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, entgegen der Auffassung des Klägers sei die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Rückzahlung von Ausbildungskosten nicht auf die vorliegende Vertragsgestaltung anwendbar. Die Rechtsprechung betreffe ausschließlich Rückzahlungsklauseln, nicht hingegen Vertragsklauseln, wonach sich der Arbeitnehmer zur Zahlung eines Eigenbeitrags zu den Ausbildungskosten verpflichte. Der Kläger habe im Übrigen durch den Erwerb der Musterberechtigung einen beruflichen Vorteil erworben, weil er nach 6 Monaten eine Gehaltserhöhung erhalten und sich im Übrigen beruflich weiterqualifiziert habe. Die weitere Behauptung des Klägers, die Lufthansa CityLine habe die Kosten für das Type-Rating übernommen, sei schlichtweg falsch. Denn von dem Betrag, den ihr die Lufthansa CityLine für die Umstellung des Flugbetriebs und der Technik entrichtet habe, seien die Kosten für Ausbildung und Flugtraining durch die Lufthansa CityLine pro auszubildenden Besatzungsmitglieds pauschaliert und abgezogen worden. Die tatsächlichen Kosten von DM 61.035,00 seien auf DM 54.000,00 pauschaliert worden. Die tatsächlichen Kosten setzten sich aus der Ausbildungsvergütung von DM 19.713,00 und den Ausbildungskosten von DM 41.322,00 zusammen. Schließlich stehe dem Rückzahlungsbegehren des Klägers der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Denn sie habe dem Abschluss des Aufhebungsvertrags zugestimmt, obgleich sich ihre "Investition" in den Kläger noch lange nicht amortisiert gehabt hätte. Sie sei bei der Berechnung der Kosten für das Type-Rating von einer mindestens fünfjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers ausgegangen.

Der Kläger hat erwidert, die Betrachtungsweise der Beklagten, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts betreffe ausschließlich Rückzahlungsklauseln, sei unzutreffend. Denn das Bundesarbeitsgericht habe insbesondere in der Entscheidung vom 16.03.1994 allgemeine Grundsätze zur richterlichen Inhaltskontrolle einzelvertraglicher Klauseln aufgestellt. Im Ergebnis stelle die streitgegenständliche Vorauszahlungsklausel eine Umgehung der von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze dar. Was die Kosten des Type-Rating angehe, so habe die Lufthansa CityLine die Ausbildung durchgeführt, so dass der Beklagten keine Kosten entstanden seien. Es treffe nicht zu, dass von der Zahlung der Lufthansa CityLine an die Beklagte die Ausbildungskosten abgezogen worden seien. Sein Rückzahlungsbegehren verstoße schließlich nicht gegen Treu und Glauben. Er habe sein Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendet und dadurch seinen grundrechtlich geschützten Anspruch auf berufliches Fortkommen wahrgenommen.

Mit Urteil vom 13.04.1999 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Geltendmachung der streitgegenständlichen Forderung stehe jedenfalls der Einwand der Verwirkung entgegen. Die Beklagte habe für den Kläger ersichtlich die Frage des Type-Rating im Aufhebungsvertrag abschließend regeln wollen. Sie sei unter Verzicht auf weitergehende Ansprüche auf Abgeltung ihrer Kosten mit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden gewesen. Die Beklagte habe auf Grund des Verhaltens des Klägers damit rechnen dürfen, dass der Kläger seinerseits keine Rückzahlungsansprüche bezüglich der Ausbildungskosten erhebe.

Gegen das ihm am 18.05.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.06.1999 Berufung eingelegt. Er trägt vor, rechtsirrig meine das Arbeitsgericht, dass im vorliegenden Sachverhalt die Voraussetzungen einer Verwirkung des Anspruchs gegeben seien. Er habe bei der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags in keiner Weise ein Vertrauen dahingehend geschaffen, dass er auf die Rückforderung der vorab gezahlten Ausbildungskosten verzichte. Die in Ziffer 2 Satz 2 des Aufhebungsvertrags enthaltene Regelung beziehe sich eindeutig nur auf die Beklagte. Die Beklagte sei auch nicht schutzwürdig. Sie habe ihm den Aufhebungsvertrag vorformuliert vorgelegt. Durch den von der Lufthansa CityLine an die Beklagte gezahlten Ausgleichsbetrag seien im Wesentlichen die Kosten für den Erwerb des Type-Rating abgedeckt worden. Da die Beklagte somit die Ausbildungskosten von der Lufthansa CityLine erhalten habe, bedeute die Regelung in Ziffer 6.1 des Arbeitsvertrags nichts anderes, als dass die Beklagte eine höhere Kostenbeteiligung verlange als ihr selbst an Kosten entstanden seien. Diese Regelung stelle keinen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Parteien dar. Die Beklagte habe ihre übermächtige Position ihm gegenüber ausgenutzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es Aufgabe der Gerichte, darauf zu achten, dass Verträge nicht als Mittel der Fremdbestimmung benutzt würden. Er sei gezwungen gewesen, sich seinen zukünftigen Arbeitsplatz durch die vorherige Zahlung von DM 18.000,00 für die Ausbildungskosten zu erkaufen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13.04.1999, Aktenzeichen 11 Ca 6207/98, abzuändern und nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, das Arbeitsgericht habe zutreffend festgestellt, dass dem Rückforderungsbegehren der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe. Sie habe dem Wunsch des Klägers auf vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsprochen. Es sei Ziel des Gesprächs gewesen, eine einvernehmliche und generelle Erledigung aller gegenseitigen Ansprüche herbeizuführen. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise angedeutet, dass er die Ausbildungskosten zurückfordern wolle. Sie habe im Aufhebungsvertrag auf Rückzahlungsansprüche aus Ziffer 15.2 des Arbeitsvertrages in Höhe von DM 19.500,00 verzichtet. Angesichts dieses Entgegenkommens habe sie darauf vertrauen dürfen, dass der Aufhebungsvertrag eine abschließende und endgültige Regelung beinhalte.

Darüber hinaus stehe dem Kläger ein Rückerstattungsanspruch nicht zu. Es treffe nicht zu, dass die Kosten für die Durchführung des Type-Ratings von der Lufthansa CityLine übernommen worden seien. Der Betrag von DM 5.614.994,00 sei von der Lufthansa CityLine an sie für die Kosten der Umstellung der Flugzeugflotte gezahlt worden. Die Kosten für das Type-Rating der Crew seien hierbei betragsmindernd berücksichtigt worden. Im Übrigen finde die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Inhaltskontrolle von Rückzahlungsklauseln im vorliegenden Fall keine Anwendung.

Der Kläger erwidert, die Beklagte habe davon ausgehen müssen, dass die von ihr gewählte Vertragskonstruktion zu einem späteren Zeitpunkt gerichtlich überprüft würde. Die Beklagte habe gewusst, dass die im Arbeitsvertrag unter Ziffer 15.2 enthaltene Rückzahlungsvereinbarung unwirksam sei. Daher habe sich die Beklagte die Ausbildungskosten vor Ausbildungsbeginn erstatten lassen. Im Übrigen vertrete er nach wie vor die Auffassung, dass mit dem Zahlungsbetrag von DM 5,6 Mio. im Wesentlichen die Kosten für das Type-Rating getragen worden seien.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstands statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG). Sie ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO). Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Das Rückzahlungsbegehren des Klägers verstößt nicht gegen Treu und Glauben (dazu II.). Die Beklage ist auch zur Rückzahlung der vorab vom Kläger verauslagten Ausbildungskosten verpflichtet (dazu III.).

II.

Die Kammer kann sich nicht der Auffassung des Arbeitsgerichts anschließen, im Streitfall sei das Rückzahlungsbegehren im Sinne einer unzulässigen Rechtsausübung verwirkt.

1. Das Arbeitsgericht ist offenkundig davon ausgegangen, dass die Geltendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs nicht schon auf Grund des Wortlauts des Aufhebungsvertrags vom 25.03.1998 ausgeschlossen ist. Andernfalls hätte das Arbeitsgericht seine klageabweisende Entscheidung nicht auf das Rechtsinstitut der Anspruchsverwirkung gestützt. Nach dem Wortlaut des Aufhebungsvertrags ist die Geltendmachung des streitigen Anspruchs auch in der Tat nicht durch eine allgemeine Ausgleichsklausel ausgeschlossen.

a) Unter einer Ausgleichsklausel versteht man eine Regelung, die sämtliche Ansprüche ausschließt, die nicht unmissverständlich als weiterbestehende Ansprüche bezeichnet sind (vgl. nur BAG, Urteil v. 10.05.1978 - 5 AZR 97/77 - AP Nr. 25 zu § 794 ZPO; Münchener Handbuch Arbeitsrecht-Wank, § 123 Rz. 7). Eine allgemeine Ausgleichsklausel enthält regelmäßig einen Vergleich, einen Erlassvertrag oder ein deklaratorisches bzw. konstitutives negatives Schuldanerkenntnis (Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 6. Aufl., Rz. 784 ff.). Eine derartige umfassende Anspruchserledigung lässt sich weder der Ziffer 2 noch der Ziffer 5 des Aufhebungsvertrags vom 25.03.1998 entnehmen. Denn Ziffer 2 Satz 1 enthält lediglich einen Anspruchsverzicht des Klägers, was Ansprüche auf Gehalt, Spesen und Mehrflugstundenvergütung für die Zeit vom 01.03. bis 15.04.1998 angeht. Im Gegenzug verzichtete die Beklagte in Ziff. 2 Satz 2 auf ihre Ansprüche aus dem "Fokker 50 Type-Rating", womit ersichtlich die Ansprüche gemeint waren, die sich nach Auffassung der Beklagten aus der Rückzahlungsvereinbarung nach Ziffer 15.2 des Arbeitsvertrags vom 11.07.1996 ergaben.Die Regelung über den gegenseitigen Anspruchsverzicht bezog sich somit punktuell auf einzelne Ansprüche der Parteien. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Ziffer 5 Satz 1 des Aufhebungsvertrags. Hierin ist geregelt, dass der Aufhebungsvertrag vollständig ist und Nebenabsprachen nicht getroffen sind. Denn mit dieser Abrede soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass keine mündliche Nebenabreden bestehen. Nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen müsste ohnehin diejenige Partei, die mündliche Vereinbarungen gegen den Inhalt der Urkunde behauptet, beweisen, dass die Urkunde unrichtig oder unvollständig ist (vgl. nur Zöller-Geimer, ZPO, 21. Aufl., § 416 Rz. 10). Die Regelung in Ziffer 5 Satz 1 des Aufhebungsvertrags bestätigt diesen Grundsatz und soll den Vertragsparteien noch weitergehend erschweren, sich auf mündliche Nebenabreden erfolgreich zu berufen.

b) Eine darüber hinausgehende rechtliche Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Ausgleichsklausel kann der Regelung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entnommen werden, auch wenn man die Umstände der Vertragsbeendigung berücksichtigt. Es ist zwar unstreitig, dass der Wunsch zur vorzeitigen Vertragsbeendigung vom Kläger ausging. Unstreitig ist weiter, dass die Parteien am Vormittag des 25.03.1998 zu einer Besprechung zusammentrafen, um die Modalitäten der Vertragsbeendigung zu erörtern. Selbst wenn hierbei sämtliche aus Sicht der Beklagten erheblichen Punkte durchgesprochen wurden, lässt sich hieraus dennoch nicht die Schlussfolgerung der Beklagten ziehen, es seien konkludent sämtliche Ansprüche einvernehmlich erledigt worden. Dies mag die einseitige Vorstellung der Beklagten gewesen sein. Werden aber ausdrücklich in einer Ausscheidensvereinbarung nur einzelne Ansprüche erledigt, so ist eine derartige einseitige Vorstellung einer Partei unerheblich. So schließt etwa auch die - einfache - Erledigungsklausel in einem Kündigungsrechtsstreit die spätere Erhebung einer Klage auf Überstundenvergütung nicht aus. Wer sich insoweit vor der Geltendmachung weiterer Ansprüche schützen will, muss sich eine allgemeine Ausgleichsklausel im Aufhebungsvertrag ausbedingen.

2. Die Kammer kann sich nicht der Auffassung des Arbeitsgerichts anschließen, der streitige Anspruch sei im Sinne einer unzulässigen Rechtsausübung verwirkt.

a) Der Tatbestand einer unzulässigen Rechtsausübung kann in mehreren Fallgruppen erfüllt sein. Auf die Fallgruppe der Verwirkung im engeren Sinn dürfte sich das Arbeitsgericht nicht bezogen haben. Denn Voraussetzung für den Tatbestand der Verwirkung wäre, dass der Anspruchsteller den Anspruch erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhoben hat (Zeitmoment) und dadurch ein Vertrauenstatbestand beim Anspruchsgegner geschaffen wurde (Umstandsmoment). Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Anspruchsteller die Geltendmachung des Anspruchs verwehrt werden (vgl. nur BAG, Urteil v. 20.05.1988 - 2 AZR 711/87 - AP Nr. 5 zu § 242 BGB Prozessverwirkung). Im vorliegenden Fall fehlt es schon am Erfordernis eines längeren Zeitablaufs, weil der Kläger zeitnah innerhalb von drei Monaten die vorliegende Klage erhoben hat. Zudem hat die Beklagte nicht auf Grund des Zeitablaufs, sondern auf Grund ihrer unrichtigen, einseitigen Vorstellung bei Abschluss des Aufhebungsvertrags darauf vertraut, dass sämtliche wechselseitigen Ansprüche durch den Aufhebungsvertrag erledigt seien.

b) Die Beklagte hat auch primär die unzulässige Rechtsausübung des Klägers darin gesehen, dass dieser sich widersprüchlich verhalten habe. Der Kläger habe durch sein Schweigen beim Abschluss des Aufhebungsvertrags ihr Vertrauen ausgelöst, dass alle gegenseitigen Ansprüche erledigt seien. Besonders treuwidrig sei das Verhalten des Klägers deswegen, weil sie im Aufhebungsvertrag auf Rückzahlungsansprüche aus Ziffer 15.2 des Arbeitsvertrags in Höhe von DM 19.500,00 verzichtet habe.Dem kann die Kammer nicht folgen. Denn der Tatbestand des Rechtsmissbrauchs im Sinne eines widersprüchlichen Verhaltens setzt voraus, dass eine Partei durch ihre Erklärungen oder durch ihr Verhalten bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen hat, auf die sich der andere Teil verlassen durfte und verlassen hat (vgl. nur BAG, Urteil v. 11.12.1996 - 5 AZR 708/95 - AP Nr. 36 zu § 242 BGB Unzulässige Rechtsausübung - Verwirkung). Es würde unter diesen Umständen gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn es erlaubt wäre, sich nach Belieben mit eigenen früheren Erklärungen und Verhalten in Widerspruch zu setzen.Im Streitfall kann jedenfalls ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten nicht angenommen werden. Wie jede andere Vertragspartei musste sich die Beklagte beim Abschluss des Aufhebungsvertrags selbst darüber Klarheit verschaffen, welche rechtliche Bedeutung die einzelnen Regelungen des Vertrags haben (vgl. hierzu, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, BAG, Urteil v. 10.03.1988 - 8 AZR 420/85 - AP Nr. 99 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; Urteil vom 03.07.1990 - 3 AZR 383/89 - AP Nr. 24 zu § 1 BetrAVG). Da der Abschluss von Aufhebungsverträgen in mittelständischen Unternehmen zwar nicht zu den alltäglichen Personalangelegenheiten zählt, aber doch nicht selten vorkommt, musste der Kläger nicht mit der Unkenntnis seiner Arbeitgeberin rechnen. Die Beklagte hätte gegebenenfalls Rechtsrat einholen müssen, bevor sie den Aufhebungsvertrag formulierte. Das Verhalten des Klägers kann auch nicht deswegen als besonders treuwidrig beurteilt werden, weil die Beklagte im Aufhebungsvertrag nicht nur mit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden war, sondern auf erhebliche Beträge verzichtete. Denn bei rechtlicher Betrachtung des Aufhebungsvertrags enthält dieser ausschließlich einen finanziellen Verzicht zu Lasten des Klägers, indem dieser auf Vergütungsansprüche in der Zeit vom 01.03. bis 15.04.1998 verzichtete. Ein Verzicht der Beklagten hätte nur dann vorgelegen, wenn die in Ziffer 15.2 des Arbeitsvertrags enthaltene Rückzahlungsklausel, die eine Bindung des Klägers an die Beklagte für die Dauer von 36 Monaten vorsah, rechtswirksam gewesen wäre. Dies trifft jedoch nicht zu, weil bei dem Erwerb flugrechtlicher Musterberechtigungen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig nur eine Bindungsdauer von einem Jahr zulässig ist (dazu im Einzelnen unter III.2.). Das Entgegenkommen der Beklagten lag folglich nur darin, dass sie mit der Abkürzung der vertraglichen Kündigungsfrist einverstanden war.

III.

Die Beklagte ist zur Rückzahlung der vor Ausbildungsantritt vom Kläger verauslagten DM 18.000,00 verpflichtet. Der Anspruch ergibt sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB, weil die Regelung in Ziffer 6.1 des Arbeitsvertrags unwirksam ist und der Kläger demzufolge die Zahlung ohne rechtlichen Grund geleistet hat.

1. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beklagten überhaupt Kosten anlässlich des Erwerbs der Musterberechtigung für den Flugzeugtyp "Fokker 50" durch den Kläger entstanden sind. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, die tatsächlichen Ausbildungskosten hätten sich auf DM 61.035,00 belaufen. Nachdem die Ausbildung durch die Piloten der Lufthansa CityLine durchgeführt worden sei, habe man die Ausbildungskosten pauschaliert (in Höhe von DM 54.000,00 im Falle des Klägers) von dem Betrag subtrahiert, den die Lufthansa CityLine ihr für die Umstellung des Flugbetriebs und der Technik von Dash 8-Flugzeugen auf "Fokker 50" entrichtet habe. Der Kläger hat sich demgegenüber darauf berufen, die Beklagte habe von der Lufthansa CityLine ausweislich der Bescheinigung vom 07.04.1999 für die Durchführung des Type-Ratings auf "Fokker 50" einen Betrag von DM 5.614.994,00 erhalten.Im Grundsatz kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Arbeitgeber nur dann eine Kostenbeteiligung durch den Arbeitnehmer an den Ausbildungskosten verlangen kann, wenn solche Kosten tatsächlich entstanden sind. Bei Rückzahlungsklauseln hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass nur die Rückzahlung tatsächlich angefallener Kosten verlangt werden kann (BAG, Urteil v. 16.03.1994 - 5 AZR 339/92 - AP Nr. 18 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe unter VI 3 der Gründe). Im Fall einer unmittelbaren Beteiligung des Arbeitnehmers an den Ausbildungskosten kann aber nichts anderes gelten. Im Streitfall hält es die Kammer für wenig plausibel, dass der Beklagten mit dem angegebenen Betrag von DM 5.614.994,00 die Kosten des "Fokker 50"-Type-Ratings vergütet werden sollten. Wäre dies der Fall, so müsste die Beklagte bei einer Flugzeugflotte von 11 Flugzeugen und durchschnittlichen Ausbildungskosten von DM 54.000,00 rd. 100 Piloten beschäftigen. Einer näheren Aufklärung der Streitfrage bedurfte es jedoch nicht, weil die Beklagte keine Kostenbeteiligung des Klägers an den Ausbildungskosten für den Erwerb der Musterberechtigung verlangen durfte.

2. Zur Frage der Rechtswirksamkeit von Kostenbeteiligungsklauseln beim Erwerb einer flugverkehrsrechtlichen Musterberechtigung liegen - soweit ersichtlich - bislang keine höchstrichterlichen Entscheidungen vor.

a) Die Unwirksamkeit der Vertragsklausel der Ziffer 6.1 des Arbeitsvertrags folgt nicht unmittelbar aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die von beiden Parteien zitierte Rechtsprechung (zuletzt BAG, Urteil v. 26.10.1994 - 5 AZR 390/92 - AP Nr. 19 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe m. w. N.) bezieht sich ausschließlich auf Rückzahlungsklauseln, die anlässlich des Erwerbs von Musterberechtigungen zwischen Fluggesellschaften und Piloten vereinbart wurden. Kennzeichnend für Rückzahlungsvereinbarungen ist, dass der Arbeitnehmer Ausbildungskosten (teilweise) zurückzuzahlen hat, wenn er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Eine derartige Vereinbarung sieht der Arbeitsvertrag der Parteien in Ziffer 15.2 vor. Hiernach war eine Bindungsdauer von 36 Monaten und eine Minderung der Rückzahlungspflicht um DM 1.000,00 je Monat vorgesehen.Nachdem das Bundesarbeitsgericht anfangs derartigen Rückzahlungsvereinbarungen enge Grenzen gesetzt hatte (vgl. die Zusammenfassung der Rechtsprechung bei Schmid/Hertl, NZA-RR 1999, 281), hat es im Urteil vom 16.03.1994 regelmäßig eine Bindungsdauer von einem Jahr für zulässig erachtet. Hiernach wäre die Regelung des § 15.2 des Arbeitsvertrags als unwirksam anzusehen. Die Frage bedarf allerdings keiner Beantwortung, weil die Rückzahlungsklausel in Ziffer 15.2 nicht Streitgegenstand ist und sich die Rechtsprechung jedenfalls nicht unmittelbar auf die hier streitige Kostenbeteiligungsklausel bezieht. Denn kennzeichnend für die Kostenbeteiligungsklausel ist, dass der Arbeitnehmer einen Zuschuss zu den Ausbildungskosten zu leisten hat, ganz gleich, ob er später das Arbeitsverhältnis beendet oder nicht. Der Kläger behauptet eine unmittelbare Einschlägigkeit der oben zitierten Rechtsprechung auch nicht. Er vertritt lediglich die Auffassung, die hier streitige Klausel beinhalte eine "Umgehung" der Rechtsprechung zur Rückzahlungsklausel.

b) Die Rechtswirksamkeit der streitigen Kostenbeteiligungsklausel ergibt sich andererseits nicht aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.10.1974 (5 AZR 575/73 - AP Nr. 1 zu § 1 BBiG). Zwar lag dieser Entscheidung ein Fall der Kostenbeteiligung an den Ausbildungskosten zu Grunde. Gegenstand der Ausbildung war jedoch nicht der Erwerb einer Musterberechtigung im Sinne des § 66 der Verordnung über Luftfahrtpersonal vom 13.02.1984 (LuftpersV). Der damalige Kläger wurde vielmehr an einer Fliegerschule zum Flugzeugführer ausgebildet. Er erwarb somit eine Erlaubnis, die der Kläger auf eigene Kosten bereits erworben hatte (wohl heute die Erlaubnis nach § 14 LuftpersV). Während sich die Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer auf die grundsätzliche Befähigung zum Führen eines Verkehrsflugzeugs bezieht, geht es bei der Musterberechtigung um die Befugnis zum Führen eines bestimmten Flugzeugmusters. Da die Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer sich nicht gegenständlich auf das von der jeweiligen Fluggesellschaft verwendete Flugzeugmuster beschränkt, liegt ihr Erwerb ausschließlich im individuellen Interesse des angehenden Piloten. Anders verhält es sich hingegen bei der Musterberechtigung, an deren Erwerb auch die Fluggesellschaft schon wegen der Notwendigkeit einer ständigen Modernisierung des Fluggeräts (so auch im vorliegenden Fall) ein nachhaltiges Interesse hat.Auch soweit der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 24.06.1999 (8 AZR 339/98 - NZA 1999, 1275) eine Kostenbeteiligung des Auszubildenden ohne nähere Problematisierung bejaht hat, liegt ein anderer Fall vor. Der dortige Auszubildende schloss mit einem Ausbildungsbetrieb einen Vertrag über die Ausbildung zum Erwerb einer Musterberechtigung. Im Anschluss an die Ausbildung sollte kein Arbeitsverhältnis begründet werden. Vielmehr verpflichtete sich der Auszubildende, nach Abschluss der Ausbildung als "Free-Lance-Pilot" Flugaufträge durchzuführen. Im Streitfall hatten die Parteien hingegen einen Anstellungsvertrag abgeschlossen. Wenn es auch in Ziffer 13.1 heißt, dass das Anstellungsverhältnis mit dem Eintrag der Typenberechtigung beginne, so stellten doch die Ausbildung zum Erwerb der Musterberechtigung und das anschließende Arbeitsverhältnis nach den Vorstellungen der Parteien eine Einheit dar. Die gewählte Vertragsgestaltung machte es möglich, den Arbeitnehmer durch eine Rückzahlungsklausel an die Fluggesellschaft zu binden. Eine derartige Bindung ist bei einer ausschließlich schulischen Ausbildung, die ohne Eingliederung in den Betrieb des Ausbilders und ohne die beabsichtigte Begründung eines Arbeitsverhältnisses erfolgt, nicht möglich (vgl. auch BAG, Beschluss v. 24.02.1999 - 5 AZB 10/98 - NZA 1999, 557).

3. Die Kammer teilt die Auffassung des Klägers, im vorliegenden Fall stelle die Kostenbeteiligung an der Ausbildung eine übermäßige Belastung des Arbeitnehmers dar. Die Vertragsklausel in Ziffer 6.1 des Arbeitsvertrags ist zwar nicht gemäß § 5 Abs. 2 Ziff. 1 BBiG, wohl aber wegen eines Verstoßes gegen die zivilrechtlichen Generalklauseln (§§ 138, 242, 315 BGB) in Verbindung mit den Wertentscheidungen der Art. 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG unwirksam.

a) Die Kostenbeteiligungsklausel ist nicht gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nichtig. Nach der genannten Bestimmung ist die Vereinbarung einer Entschädigungszahlung für die Berufsausbildung nichtig. Diese Bestimmung gilt jedoch nur für die betriebliche, nicht aber für die rein schulische Ausbildung. Sie setzt voraus, dass der Auszubildende in einen Betrieb eingegliedert ist, in einer dem Arbeitsverhältnis nahestehenden Rechtsbeziehung zum Ausbildenden steht und für den Betrieb mit einer vom Ausbildungszweck bestimmten Zielrichtung arbeitet (zuletzt BAG, Urteil v. 24.06.1999, a. a. O., unter II 1 der Gründe). Um eine solche Ausbildung handelte es sich im Streitfall nicht. Der Kläger war während der Dauer der Ausbildung nicht in den Betrieb der Beklagten eingegliedert, weil die Ausbildung durch die Lufthansa CityLine erfolgte. Auch das Arbeitsverhältnis sollte erst mit dem Erwerb der Musterberechtigung begründet werden, wenn auch - wie oben ausgeführt - ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen der Ausbildung und der Begründung des Arbeitsverhältnisses bestand. Schließlich arbeitete der Kläger während der Ausbildung nicht zielgerichtet für den Betrieb mit. Erst ab 02.01.1997 wurde der Kläger im Liniendienst eingesetzt.

b) Das Erfordernis einer richterlichen Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (ausführlich Münchener Handbuch Arbeitsrecht-Richardi, § 14 Rz. 37 ff.). Dies ergibt sich insbesondere aus der Wertentscheidung des Grundgesetzes für die freie Wahl des Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 GG). Diese Wertentscheidung umfasst nicht nur das Recht, den gewählten Arbeitsplatz aufzugeben und zu wechseln, sondern bezieht sich auch auf Maßnahmen, die am Erwerb eines zur Verfügung stehenden Arbeitsplatzes hindern, zur Annahme eines bestimmten Arbeitsplatzes zwingen oder die Aufgabe eines Arbeitsplatzes verlangen (BVerfG, Urteil v. 24.04.1991 - 1 BvR 1341/90 - AP Nr. 70 zu Art. 12 GG unter III.1 der Gründe; BAG, Großer Senat, Beschluss v. 27.09.1994 - GS 1/89 [A] - AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers unter III 1. der Gründe). Es ist somit die Pflicht der Zivilgerichte, Vertragsklauseln, die die Berufsfreiheit einer Vertragspartei berühren, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen. Hierbei haben sie insbesondere zu prüfen, ob die fragliche Vertragsklausel eine der beiden Vertragspartner ungewöhnlich belastet und das Ergebnis strukturell ungleicher Verhandlungsstärke ist (BVerfG, Beschluss v. 19.10.1993 - 1 BvR 567/89 - AP Nr. 35 zu Art. 2 GG).

c) Die streitige Kostenbeteiligungsklausel hält im Rahmen einer Abwägung der wechselseitigen Interessen, die die Kriterien der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne berücksichtigt, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

aa) Was die Interessen der Beklagten angeht, so ist festzuhalten, dass der Erwerb von Musterberechtigungen durch die Piloten im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt. Gerade der vorliegende Fall veranschaulicht dies deutlich: Die Beklagte war auf den Erwerb der Musterberechtigung für den Flugzeugtyp "Fokker 50" angewiesen, um ihre Flugzeugflotte auf diesen neuen Flugzeugtyp umzustellen. Da die Modernisierung des Fluggeräts aus Wettbewerbsgründen im wirtschaftlichen Interesse der Beklagten lag, diente der Erwerb der Musterberechtigung jedenfalls nicht nur den Belangen des Klägers.Zutreffend ist, dass die Kosten für den Erwerb der Musterberechtigung ganz erheblich waren. Die Kammer geht hierbei davon aus, dass der angegebene Betrag von DM 50.000,00 bis DM 60.000,00 durchaus realistisch ist. Auch in anderen Verfahren wurden Ausbildungskosten in dieser Höhe mitgeteilt. Es ist ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, dass sich der Ausbildungsaufwand "lohnt", also nicht andere Fluggesellschaften durch ein alsbaldiges Ausscheiden des Piloten von der Ausbildung profitieren, indem sie den Piloten durch bessere Vertragskonditionen zum Wechsel verleiten und sich die Kosten der Ausbildung sparen.

bb) Die Interessenlage auf der Seite des Klägers ist dadurch geprägt, dass er durch den Erwerb der Musterberechtigung ein Arbeitsverhältnis als Pilot begründen konnte und sich sein Gehalt von DM 2.000,00 während der Ausbildungszeit auf über DM 4.000,00 steigerte. Darüber hinaus erlangte er berufliche Vorteile, indem er zum einen Flugerfahrung sammeln und zum anderen die erworbene Musterberechtigung bei anderen Arbeitgebern nutzen konnte. Der letztere Vorteil dürfte allerdings nicht all zu hoch sein, nachdem europaweit nur 60 Flugzeuge des Typs "Fokker 50" im Einsatz sind.Zudem ist die erworbene Musterberechtigung im Vergleich zu anderen Qualifikationsnachweisen von beschränktem Wert. Insofern hat das Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 16.03.1994 unter V 2 der Gründe vor allem auf die gegenständliche Beschränkung der Musterberechtigung auf das jeweilige Fluggerät verwiesen. Da die Fluggesellschaften ihr Fluggerät in der Regel nach einiger Zeit auswechseln, wären die Piloten im Falle der Zulässigkeit einer Kostenbeteiligung gezwungen, sich immer wieder an den Kosten für die Modernisierung des Fluggeräts zu beteiligen. Dies würde bedeuten, dass sie sich in nicht unerheblichem Umfang an den wirtschaftlichen Risiken beteiligen müssten, die an sich nach der Wirtschafts- und Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland der Arbeitgeber zu tragen hat.

cc) Zweck der richterlichen Vertragskontrolle ist es, die wechselseitigen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Würdigt man die oben beschriebenen Belange der Vertragsparteien, so mag die streitige Kostenbeteiligungsklausel geeignet sein, den beruflichen Vorteil des Klägers abzugelten. Die Regelung ist aber nicht erforderlich und im konkreten Einzelfall jedenfalls unverhältnismäßig. Der Kläger stand am Beginn seiner beruflichen Laufbahn und konnte den Eintritt in den aktiven Dienst nur erreichen, wenn er sich dem Verlangen der Beklagten nach einer Kostenbeteiligung unterwarf. Seine Vergütung war während der Ausbildungszeit - dem Zweck des Ausbildungsverhältnisses entsprechend - relativ gering. Im Gegensatz zum Kläger mussten sich die bereits bei der Beklagten beschäftigten Piloten - so die Aussage des Geschäftsführers in der Berufungsverhandlung - an den Kosten der Musterberechtigung nicht beteiligen. Vermutlich war deren Beteiligung an den Kosten im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht durchsetzbar, während sich der Kläger als Bewerber in der Lage befand, entweder die Kosten aufzubringen oder auf das Arbeitsverhältnis zu verzichten.Das Anliegen der Beklagten, die durch die Ausbildung erlangten geldwerten Vorteile abzuschöpfen, ist im Grundsatz berechtigt, lässt sich aber auch ohne eine Kostenbeteiligung verwirklichen. So hat das Bundesarbeitsgericht bereits auf die Möglichkeit des Abschlusses eines langfristigen Arbeitsvertrags oder der Vereinbarung längerer Kündigungsfristen hingewiesen. Im Streitfall hat die Beklagte die Kostenbeteiligungsklausel mit einer Rückzahlungsklausel kombiniert. Hintergrund dieser Regelung ist - so der Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung, dass die Beklagte die vom Bundesarbeitsgericht vertretene, einjährige Bindungsdauer bei Rückzahlungsklauseln nicht für ausreichend hält, um den wirtschaftlichen Interessen der Fluggesellschaften Rechnung zu tragen. Wenn sich aber nach Meinung der Beklagten die Ausbildungskosten erst nach fünf Jahren amortisieren, so hätte sie nach Auffassung der Kammer eine entsprechende Rückzahlungsvereinbarung treffen müssen anstatt den Weg eines "verlorenen" Zuschusses zu beschreiten. Sie hätte gegebenenfalls versuchen müssen, eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung zu erreichen. Selbst wenn die Beklagte die Aussichten gering einschätzte, durfte sie sich nicht für eine Vertragsgestaltung entscheiden, die die Belange des Arbeitnehmers in weitaus höherem Maße als eine Rückzahlungsklausel beeinträchtigt. Denn die Kostenbeteiligungsklausel gab dem Kläger nicht die Chance, sich durch eine längere Bindung an den Arbeitgeber die Kostenbefreiung zu "erdienen".

IV.

Nachdem die Beklagte unterlegen ist, hat sie gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Kammer hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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