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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 28.08.2001
Aktenzeichen: 19 Ta 1/01
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BSHG


Vorschriften:

ArbGG § 12 Abs. 1
ZPO § 115 Abs. 1
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
ZPO § 115 Abs. 3
BSHG § 76 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
19 Ta 1/01

Beschluss vom 28. August 2001

In dem Beschwerdeverfahren

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - - 19. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Schubert-Gerstenberg ohne mündliche Verhandlung am 28.08.2001 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Mannheim - Kammern Heidelberg - vom 19.02.2001 - Az.: 8 Ca 330/00 - wird zurückgewiesen.

Für diesen Beschluß wird eine Gebühr nach der Nr. 9301 der Anlage 1 zu § 12 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit der Nr. 1952 (alter Fassung 1905) der Anlage 1 GKG in Höhe von DM 50,00 erhoben.

Gründe:

Das Arbeitsgericht hat der Klägerin Prozeßkostenhilfe verweigert, mit der Begründung, die voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits überstiegen voraussichtlich nicht 4 Monatsraten. Das Arbeitsgericht ist von einem Monatseinkommen in Höhe von DM 2.855,33 ausgegangen, weil es das Kindergeld in Höhe von DM 900,-- als Einkommen der Klägerin eingesetzt hat und hat eine Ratenzahlungsverpflichtung von DM 230,-- ermittelt.

Dagegen wendet die Klägerin ein, das Kindergeld sei nicht zu berücksichtigen. Der Klägerin sei Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung zu bewilligen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat das Kindergeld zu Recht als Einkommen der Klägerin in Ansatz gebracht.

Nach § 115 Abs. 1 ZPO hat die Partei ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldwert, somit nach wohl überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur auch das Kindergeld (so z.B. BFH in ständiger Rechtsprechung, zuletzt Beschluß vom 30.06.1997 - XS 15/96 - n.v.; OLG Stuttgart FamRZ 00, 1586; OLG Nürnberg vom 20.05.1999 - 10 WF 1588/99 - FamRZ 00, 102; OLG Bremen vom 04.10.2000 - 4 WF 95/00 - MDR 01, 355; OLG Naumburg vom 27.05.1998 - 3 WF 17/97 - FamRZ 98, 488; LAG Brandenburg Beschluß vom 03.11.1998 - 6 Ta 57/98 - Juristisches Büro 3/99; OLG Frankfurt/Main Beschluß vom 09.07.1998 - 1 WF 29/98 - FamRZ 98, 1604 im Ergebnis wohl auch OLG Karlsruhe vom 27.05.1998 - 20 WF 25/98; Zöller 22. Aufl. Philippi Anm. 19 zu § 115 ZPO m.w.N.). Da § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO wörtlich mit § 76 Abs. 1 BSHG übereinstimmt und auch die weiteren Regelungen in § 115 Abs. 1 ZPO sozialhilferechtliche Vorschriften in Bezug nehmen, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff zugrundegelegt hat. Einkommen im Sinne des § 76 Abs. 1 BSHG ist aber auch das Kindergeld (vgl. BVerWG vom 25.11.1993 - 5 C 8/90 - BVerWGE 94, 326 m.w.N; BVerfG Beschluß vom 29.06.1990 - 1 BvR 358/90 - n.v.).

Soweit vertreten wird, das Kindergeld dürfe beim Einkommen nicht angerechnet werden, weil sonst der mit seiner Leistung verfolgte Zweck verfehlt würde und ohnedies schon aus verfassungsrechtlicher Sicht benachteiligte Personen mit Kindern zusätzlich belastet würden (vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 05.11.1997 - 10 Ta 165/97 - RPfl 98, 164; OLG Hamm vom 13.07.1999 - 7 WF 167/99 - NJW RR 00, 77;OLG Brandenburg Beschluß vom 12.03.2001 - 9 WF 28/01 - MDR 01, 648), überzeugt dies nicht.

Die Unterhaltslast der Eltern wird durch den eingeräumten Unterhaltsfreibetrag für Kinder ausreichend berücksichtigt. Er beläuft sich auf 68 % des Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand und die auf das Kind entfallenden anteiligen Wohn- und Heizungskosten. Soweit für Kinder höhere Aufwendungen erforderlich sind, kann der den Durchschnitt von 68 % übersteigende Betrag zusätzlich nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO als besondere Belastung abgesetzt werden (vgl. BR Drucksache 930/93 S. 16). Damit ist das Existenzminimum für Kinder bereits durch den eingeräumten Freibetrag gesichert. Das zur Erleichterung dieser bereits im Freibetrag berücksichtigten Unterhaltslast der Eltern gewährte Kindergeld kann bei dem Einkommen deshalb nicht außer Betracht bleiben. Dies zeigt sich auch daran, dass andernfalls die Regelung des § 115 Abs: 1 S. 3 Nr. 2 ZPO aus dem Gleichgewicht geraten würde. Wenn nämlich das Kindergeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen wäre, würde dem Empfänger von Kindergeld für seine Kinder im Ergebnis ein höherer Bedarf (nämlich Kindergeld in Höhe von mindestens DM 250,-- zuzüglich Freibetrag in Höhe von derzeit DM 484,--) als für seinen Ehepartner oder sogar für sich selbst (nämlich der Freibetrag von derzeit DM 689,-- bei fehlender Berufstätigkeit) zugestanden (so zutreffend Philippi a.a.O.): Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BGH vom 16.04.1997 - XII ZR 233/95 - FamRZ 97, 806 betrifft die Behandlung von Kindergeld bei der Berechnung des Unterhaltsanspruches im Mangelfall. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ... vom 10.11.1998 - BvR 1057/91, 1226/91 und 980/91 NJW 99, 557 betrifft die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten. In beiden Bereichen gelten andere Grundsätze als im Bereich der Sozialhilfe. Aus beiden Entscheidungen ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der in § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO vorgesehene Freibetrag für Unterhaltsberechtigte für sich allein das Existenzminimum unterhaltsberechtigter Kinder nicht deckt. Ausgehend von einem Einkommen von DM 2.855,33 hat das Arbeitsgericht auch die Ratenzahlungsverpflichtung und die. voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits zutreffend ermittelt, so dass nach § 115 Abs. 3 ZPO die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ausgeschlossen ist. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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