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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 07.02.2001
Aktenzeichen: 2 Sa 5/00
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, RTV, BetrAVG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 256 Abs. 1
RTV § 1 Abs. 3
BetrAVG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2 Sa 5/00

verkündet am 07. Februar 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 2. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hensinger, den ehrenamtlichen Richter Eiss und den ehrenamtlichen Richter Wollnik auf die mündliche Verhandlung vom 07.02.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.09.1999 (Az.: 30 Ca 3542/99) teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Betriebsrente gemäß der Ruhegeldordnung 1988 zu bezahlen bezogen auf den Zeitraum vom 01.01.1982 bis zum 31.03.1998, beginnend mit dem 01.04.1998.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Ansprüche aus der "Ruhegeldordnung 1988" hat.

Der am 30.08.1940 geborene Kläger war beim beklagten Bauunternehmen zunächst vom 16.09.1960 bis zum 31.07.1980 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Mit seiner Beförderung zum Betonpolier am 01.08.1980 erfolgte die Übernahme in das Angestelltenverhältnis. Am 31.03.1998 schied der Kläger bei der Beklagten, wo er zuletzt eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von 6.287,-- DM hatte, aus. Vom 10.12.1997 bis zum 31.08.2000 bezog der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Seit dem 01.09.2000 erhält er die gesetzliche Altersrente.

Im Jahre 1962 wurde von der Beklagten der Z. Sozialhilfe e.V. gegründet, dessen Vorstand eine Versorgungsregelung u.a. zu Gunsten der Arbeitnehmer der Beklagten erließ. 1995 änderte der Z. Sozialhilfe e.V. seinen Namen und heißt seither Z. Versorgungswerk e.V. Der Z. Versorgungswerk e.V. sagte dem Kläger auf der Basis seiner Versorgungsordnung eine monatliche Unterstützungszahlung in Höhe von 186,-- DM ab dem 01.04.1998 zu.

Der Kläger ist jedoch der Auffassung, dass er zum Kreis der Versorgungsberechtigten der im Jahre 1988 als Betriebsvereinbarung in Kraft getretenen "Ruhegeldordnung 1988" gehöre und ihm hieraus erheblich höhere Betriebsrentenansprüche zustünden.

Ziffer 1 der "Ruhegeldordnung 1988" in der Fassung vom 20.12.1993 lautet folgendermaßen:

Kreis der Versorgungsberechtigten

Einen rechtsverbindlichen Anspruch auf die nachstehend genannten Versorgungsleistungen haben alle technischen und kaufmännischen Angestellten (nachstehend "Mitarbeiter" genannt) der Firma Ed. Z. AG, Stuttgart (nachstehend "Firma" genannt), soweit sie vor dem 01. Juli 1982 in die Firma eingetreten sind, das Dienstverhältnis bis zum Eintritt des Versorgungsfalles weiterbestanden hat und zu diesem Zeitpunkt die nachstehend genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Für die technischen und kaufmännischen Angestellten, die ab dem 01. Juli 1982 in die Firma eingetreten sind, sowie für alle gewerblichen Arbeitnehmer, Poliere und Meister richtet sich die Versorgung nicht nach dieser Ruhegeldordnung sondern weiterhin nach den Bestimmungen der Z. Sozialhilfe e.V.

Das Arbeitsgericht hat mit dem am 22.09.1999 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Es ist zu der Auffassung gelangt, dass die zulässige Feststellungsklage nicht begründet sei, weil der Kläger nicht unter den Kreis der Versorgungsberechtigten gemäß Ziffer 1 der Ruhe- geldordnung 1988 falle. Nach dem eindeutigen Wortlaut von Ziffer 1 Satz 2 Ruhegeldordnung 1988 richte sich die Versorgung der Poliere nicht nach der Ruhegeldordnung 1988, sondern nach den Bestimmungen des Z. Sozialhilfe e.V. Dies gelte auch für die ins Angestelltenverhältnis übernommenen Poliere. Nach der Tradition der Tarifverträge des Baugewerbes unterfalle der Polier gerade nicht den Regelungen der technischen und kaufmännischen Angestellten, sondern tariflichen Sonderregelungen. Vor dem Hintergrund dieser Tariftradition und der Berücksichtigung des Wortlautes und der Systematik der in Ziffer 1 der Ruhegeldordnung 1988 getroffenen Regelung sei davon auszugehen, dass in Ziffer 1 Satz 1 Ruhegeldordnung 1988 ausschließlich die kaufmännischen und technischen Angestellten im Sinne der tariflichen Bestimmungen begünstigt werden sollten. Ein Anspruch des Klägers auf Versorgungsansprüche aus der Ruhegeldordnung 1988 ergebe sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, da der Kläger eine sachfremde Schlechterstellung der Poliere gegenüber den technischen und kaufmännischen Angestellten nicht behauptet habe. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 4 - 6 des angefochtenen Urteils (Bl. 85-87 der erstinstanzlichen Akte) verwiesen.

Gegen dieses dem Kläger am 20.01.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.02.2000 vom Kläger eingelegte und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 13.04.2000 ausgeführte Berufung.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass sein Feststellungsantrag zunächst zulässig sei. Es bestehe ein Feststellungsinteresse; prozesswirtschaftliche Gründe sprächen im vorliegenden Fall gegen die Erhebung einer Leistungsklage. Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Zahlung einer Betriebsrente gemäß der Ruhegeldordnung 1988 bezogen auf den Zeitraum 01.08.1980 (Übernahme in das Angestelltenverhältnis) bis zum 31.03.1998. Der Kläger falle als angestellter Polier unter den Kreis der Versorgungsberechtigten gemäß Ziffer 1 der Ruhegeldordnung 1988. Jedenfalls habe er einen Anspruch auf Betriebsrente aus dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung Anwendung finde, verbiete die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten in einem Unternehmen. Vorliegend gebe es keine sachlichen Gründe für die Herausnahme der Poliere aus der Versorgungsordnung 1988. Solche Differenzierungsgründe seien auch nicht in der Versorgungsordnung selbst enthalten. Die angeblich größere Fluktuation bei den Polieren gegenüber der bei den Angestellten, die bestritten werde, rechtfertige keine Differenzierung bei der betrieblichen Altersversorgung, da Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung ohnehin nur diejenigen Arbeitnehmer erhalten, die bereits eine erhebliche Betriebstreue (15 anrechnungsfähige Dienstjahre) gezeigt haben. Es gebe auch keine relativ höhere Versorgungslücke bei den Angestellten bei Eintritt in den Ruhestand, da technische und kaufmännische Angestellte in der Regel erheblich höhere Verdienste gegenüber Polieren hätten. Jedenfalls seien keine sachlichen Gründe für derart unterschiedliche hohe Betriebsrenten gegeben. Immerhin stehe dem Kläger nach der Versorgungsordnung 1988 eine Betriebsrente in der Größenordnung von ca. 600,-- DM zu. Weiterhin bringt der Kläger vor, dass die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Artikel 3 Abs. 1 GG) in der Vergangenheit dazu führen müsse, den Kläger rückwirkend in den Kreis der Versorgungsberechtigten aufzunehmen. Eine wirtschaftliche Überforderung der Beklagten sei nicht ersichtlich. Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers im zweiten Rechtszug wird auf die in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsätze vom 13.04.2000, 28.07.2000, 04.08.2000, 30.10.2000 und 01.02.2001 (Bl. 21- 29, 125 -126, 131 - 132, 164 - 167, 233 - 239 der zweitinstanzlichen Akte) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Stuttgart vom 22.09.1999 (Az.: 30 Ca 3542/99) wird abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Betriebsrente gemäß der Ruhegeldordnung 1988 zu bezahlen bezogen auf den 01.08.1980 bis zum 31.03.1998, beginnend mit dem 01.04.1998.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 01.04.1998 eine Betriebsrente in Höhe von DM 1.154,69 brutto monatlich zu bezahlen, zur Zahlung fällig jeweils zum Monatsersten des Folgemonats nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus jeweils ergebenden Nettobetrag seit 01.05.1998 abzüglich der von dem Z. Versorgungswerk ab 01.04.1998 bezahlter DM 186,-- brutto je Monat.

Höchsthilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 01.04.1998 eine Betriebsrente in Höhe von DM 598,72 brutto monatlich zu bezahlen, zur Zahlung fällig jeweils zum Monatsersten des Folgemonats nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus jeweils ergebenden Nettobetrag seit 01.05.1998 abzüglich erhaltener Leistungen des Z. Versorgungswerks in Höhe von monatlich DM 186,-- brutto.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bringt insbesondere vor, dass die Feststellungsklage mangels eines Feststellungsinteresses bereits unzulässig sei. Die Feststellungsklage sei jedoch auch unbegründet, weil der Kläger bereits vom Wortlaut her nicht zum Kreis der Versorgungsberechtigten der Ruhegeldordnung 1988 gehöre. Der Kläger sei als Polier und nicht als technischer oder kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Er habe auch keinen Anspruch wegen einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, da die Beklagte zwischen Arbeitern und Angestellten nach sachlich gerechtfertigten Grundsätzen differenziert habe. Bei der Differenzierung habe die Beklagte berücksichtigt, dass für die gewerblichen Arbeitnehmer, Poliere und Meister im Unterschied zu den technischen und kaufmännischen Angestellten bereits 1958 eine von der Beklagten finanzierte betriebliche Altersversorgung durch die ZVK eingerichtet gewesen sei. Weiterhin habe die Beklagte bei gewerblichen Arbeitnehmern, Polieren und Meistern von vornherein keine so dauerhafte Bindung an das Unternehmen eingeplant gehabt wie im Angestelltenbereich. Bei den technischen und kaufmännischen Angestellten habe die Beklagte ein großes Interesse gehabt, diese langfristig an das Unternehmen zu binden. Im Vergleich dazu sei das Interesse der Beklagten gering gewesen, die gewerblichen Arbeitnehmer, Poliere und Meister über einen längeren Zeitraum an das Unternehmen zu binden. Weiterhin habe die Beklagte berücksichtigt, dass die Rentenverläufe bei den Arbeitern und Angestellten sehr unterschiedlich seien. Der typische Rentenverlauf bei gewerblichen Arbeitnehmern, Polieren und Meistern, die regelmäßig früh in das Arbeitsleben einträten, führe zu höheren Renten im Vergleich zu den technischen und kaufmännischen Angestellten. Die relative Versorgungslücke bei den technischen und kaufmännischen Angestellten im Baugewerbe sei deshalb größer als bei den gewerblichen Arbeitnehmern, Meistern und Polieren. Die Beklagte führt weiter an, dass sie wirtschaftlich überfordert wäre, wenn die Poliere zum Kreis der Versorgungsberechtigten der Ruhegeldordnung 1988 gezählt würden. Zum einen führe die rückwirkende Einbeziehung der Poliere in die Ruhegeldordnung 1988 zu einem beträchtlichen Verwaltungsaufwand mit hohen zusätzlichen Kosten. Zum anderen wären die finanziellen Auswirkungen bei der Beklagten sehr erheblich. Allein zum Zeitpunkt 31.12.1997 wären auf die Beklagte unter Anwendung der Rechtsauffassung des Klägers Mehrbelastungen aus der Pensionsrückstellung für die Gruppe der Poliere in Höhe von 2,65 Millionen DM zu berücksichtigen gewesen. Die Beklagte weist schließlich darauf hin, dass dem Kläger allenfalls ab dem 01.01.1982 ein Anspruch aus der Ruhegeldordnung 1988 zustehen könne, da bis zu diesem Zeitpunkt die Beklagte darauf habe vertrauen dürfen, dass die von ihr vorgenommene Differenzierung rechtmäßig ist. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten im zweiten Rechtszug wird auf die in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsätze vom 03.07.2000 und 21.12.2000 (Bl. 101 - 120, 202 - 207 der Berufungsakte) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist fristgerecht eingelegt und ausgeführt worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 518 Abs. 1 und 2, 519 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Im Übrigen sind Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung nicht veranlasst.

II.

In der Sache hat die Berufung des Klägers weitgehend Erfolg. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hat der Kläger einen Anspruch auf Betriebsrente aus der Ruhegeldordnung 1988 wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.

1. Die im Hauptantrag verfolgte Feststellungsklage ist zulässig. Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht auch das für den Feststellungsantrag erforderliche Rechtsschutzinteresse; die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Auch wenn der Versorgungsfall eingetreten und eine Leistungsklage möglich ist, kann noch ein Feststellungsinteresse bestehen. Der Vorrang der Leistungsklage gilt nicht uneingeschränkt, sondern dient der prozesswirtschaftlich sinnvollen Erledigung von Rechtsstreitigkeiten. Dementsprechend ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG, Urteil vom 07.03.1995 -3 AZR 282/94- AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, A III. 2. b der Gründe). Im vorliegenden Fall hat der Kläger in den Hilfsanträgen die Versorgungsleistungen beziffert. Die Berechnungen des Klägers sind von der Beklagten jedoch in fast allen Punkten bestritten worden. Für die Höhe der Zahlungsansprüche wären umfangreiche Ermittlungen nebst einer Beweisaufnahme erforderlich. Dieser Aufwand kann den Prozessbeteiligten erst dann zugemutet werden, wenn feststeht, dass die Beklagte überhaupt dazu verpflichtet ist, dem Kläger eine Betriebsrente gemäß der Ruhegeldordnung 1988 zu bezahlen.

2. Die Feststellungsklage ist weitgehend begründet. Zwar fällt der Kläger nicht unter den Kreis der Versorgungsberechtigten der Ruhegeldordnung 1988 (a). Der Anspruch des Klägers ergibt sich jedoch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (b). Allerdings besteht dieser Anspruch für die Vergangenheit erst ab dem 01.01.1982 (c).

a) Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass der Kläger nicht unter den Kreis der Versorgungsberechtigten (Ziff. 1) der Ruhegeldordnung 1988 fällt.

Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist er kein Angestellter im Sinne der Ziffer 1 Satz 1 der Ruhegeldordnung 1988 gewesen. Zwar steht vorliegend außer Streit, dass der Kläger am 01.08.1980 mit der Beförderung zum Polier in ein Angestelltenverhältnis übergewechselt ist. Dieser sozialversicherungsrechtliche Vorgang hat den Kläger jedoch zu keinem Angestellten im Sinne der Tarifverträge des Baugewerbes und - da die Ruhegeldordnung 1988 erkennbar an die Tarifsystematik anknüpft - von Ziffer 1 der Ruhegeldordnung 1988 gemacht.

Die Tarifverträge des Baugewerbes unterscheiden schon immer und bis heute zwischen gewerblichen Arbeitnehmern/Arbeitern (z.B. Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe), technischen und kaufmännischen Angestellten und Polieren (z.B. Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten und die Poliere des Baugewerbes (im Folgenden: RTV). Im RTV vom 02.03.1998 in der Fassung vom 19.04.2000 wird der persönliche Geltungsbereich (§ 1 Abs. 3) wie folgt bestimmt:

Angestellte, die eine nach den Vorschriften des VI. Buches Sozialgesetzbuch - gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben und

a) als technische oder kaufmännische Angestellte ...

c) als Poliere angestellt sind.

§ 1 Abs. 3 RTV zeigt, dass den Tarifvertragsparteien erstens die mögliche Angestellteneigenschaft der Poliere bekannt ist und zweitens - gleichwohl - ausdrücklich zwischen technischen und kaufmännischen Angestellten einerseits und angestellten Polieren andererseits differenziert wird. Diese historische Unterscheidung ist auch in Ziff. 1 der Ruhegeldordnung übernommen worden, wo ebenfalls die Berufsgruppen gewerblicher Arbeitnehmer, technische und kaufmännische Angestellte, Poliere und Meister enthalten sind. Schon auf Grund dieser historischen und systematischen Auslegung fallen die angestellten Poliere nicht unter Ziff. 1 Satz 1 der Ruhegeldordnung 1988. Es bedeutet deshalb nur eine Hervorhebung und Klarstellung, dass die Poliere in Ziff. 1 Satz 2 der Ruhegeldordnung 1988 ausdrücklich vom Geltungsbereich ausgenommen worden sind. Der Kläger fällt also nicht unter den Kreis der Versorgungsberechtigten der Ruhegeldordnung 1988.

b) Dem Kläger stehen Ansprüche aus der Ruhegeldordnung 1988 jedoch aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist allgemein anerkannt. Er gilt auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung (z.B. BAG, Urteil vom 20.07.1993 - 3 AZR 52/93 - AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung). Er verbietet die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage ebenso wie die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Die Bildung von Arbeitnehmergruppen muss sachlichen Kriterien entsprechen. Eine Differenzierung ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, z.B. Urteil vom 22.11.1994 -3 AZR 349/94- AP Nr. 24 zu §1 BetrAVG Gleichbehandlung, vgl. auch Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Band I, ART, Rz. 509.1 ff.). Bei freiwilligen Leistungen, insbesondere solchen der betrieblichen Altersversorgung, ist eine Ungleichbehandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung nach dem Zweck der Leistung berechtigt ist. Der sachliche Grund hat sich am Zweck der Leistungszusage zu orientieren. Der Zweck einer betrieblichen Altersversorgung besteht darin, zur Versorgung der Arbeitnehmer im Alter beizutragen. In der Regel soll auch die Betriebstreue gefördert und belohnt werden. Im Zusammenhang damit ergeben sich mögliche Rechtfertigungen für eine Ungleichbehandlung. Sachlicher Grund für eine Differenzierung kann ein typischerweise unterschiedlicher Versorgungsbedarf sein. Es kann auch sachlich gerechtfertigt sein, die Betriebstreue bestimmter Arbeitnehmergruppen besonders zu honorieren, um sie durch die in Aussicht stehenden Versorgungsleistungen enger an das Unternehmen zu binden (BAG, Urteil vom 22.11.1994, a.a.O., B III. 2. der Gründe). Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz führt nicht zur Nichtigkeit der gesamten vom Arbeitgeber geschaffenen Ordnung, sondern dazu, dass die einschränkenden Bestimmungen entfallen, die eine Arbeitnehmergruppe ohne sachlichen Grund benachteiligen (BAG, Urteil vom 09.12.1997 -3 AZR 661/96- AP Nr. 40 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung; Urteil vom 07.03.1995 -3 AZR 282/94- AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung).

Aus dem Sachvortrag der Beklagten lassen sich keine billigenswerte Gründe erkennen, die es rechtfertigen, den Kläger als angestellten Polier aus dem Kreis der Versorgungsberechtigten der Ruhegeldordnung 1988 zu nehmen und ihn auf die - deutlich niedrigeren - Ansprüche gegen das Z. Versorgungswerk e.V. zu verweisen.

Die Beklagte hat im vorliegenden Rechtsstreit die Differenzierung in der betrieblichen Altersversorgung zwischen technischen und kaufmännischen Angestellten auf der einen Seite und Polieren und gewerblichen Arbeitnehmern (obwohl die Gruppe der gewerblichen Arbeitnehmer vorliegend nicht relevant ist) auf der anderen Seite im Wesentlichen damit begründet, dass sie kein großes Interesse gehabt habe, die Poliere langfristig an sich zu binden (aa). Außerdem habe sie die relative Versorgungslücke der technischen und kaufmännischen Angestellten verkleinern wollen (bb).

aa) Die Beklagte hat als Differenzierungskriterium angegeben, dass im produktiven Bereich des Baugewerbes, u.a. bei den Polieren, eine größere Fluktuation bestehe als im Angestelltenbereich und die Beklagte kein großes Interesse gehabt habe, die Poliere langfristig an sich zu binden. Damit stellt die Beklagte auf den vom BAG anerkannten Differenzierungsgrund ab, wonach es zulässig sein kann, die Betriebstreue bestimmter Arbeitnehmergruppen besonders zu honorieren (BAG, Urteil vom 22.11.1994 -3 AZR 349/94- AP Nr. 24 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, B III. 2. der Gründe; Urteil vom 20.07.1993 -3 AZR 52/93- AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, 3 c der Gründe; Urteil vom 11.11.1986 -3 ABR 74/85- AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung). Nach dieser Rechtsprechung muss der Arbeitgeber jedoch darlegen, weshalb ein bestimmter Personenkreis für das Unternehmen von besonderer Bedeutung und deshalb dessen Betriebstreue stärker zu fördern ist. Der Sachvortrag der Beklagten wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Es ist schon nicht ersichtlich, dass sämtliche technischen und kaufmännischen Angestellten der Beklagten zu einer besonderen Arbeitnehmergruppe gehören, die wegen ihrer besonderen Bedeutung höhere Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erhalten soll. Diese Erwägungen mögen auf die Angestellten in Führungspositionen zutreffen. In diesem Zusammenhang ist es anerkannt, dass ein nur für Führungskräfte geltendes Versorgungswerk geschaffen werden kann (BAG, Urteil vom 11.11.1986, a.a.O.). Nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil der Angestellten zählt aber zum Kreis der Führungskräfte. Hierzu hat die Beklagte keine näheren Angaben gemacht. Auf der anderen Seite differenziert der Vortrag der Beklagten bezüglich der Arbeitnehmer "im produktiven Bereich" nicht zwischen einfachen gewerblichen Arbeitnehmern und deren Führungskräfte, den Polieren. Die vom Kläger bestrittene höhere Fluktuation der Poliere wird von der Beklagten nicht näher begründet und unter Beweis gestellt. Immerhin ist der Kläger, der seit 1960 bei der Beklagten beschäftigt gewesen ist, kein geeignetes Beispiel für diese Behauptung. Außerdem erhalten Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung ohnehin nur diejenigen Arbeitnehmer, die bereits erhebliche Betriebstreue gezeigt haben (gemäß Ziffer 3 der Ruhegeldordnung 1988 immerhin 15 anrechnungsfähige Dienstjahre). Arbeitnehmer, die eine derart lange Betriebszugehörigkeit aufweisen, haben bereits gezeigt, dass sie an einer langfristigen Bindung an das Unternehmen interessiert sind. Der bloß subjektive Wunsch der Beklagten, u.a. die Poliere nicht durch besondere Anreize bei der betrieblichen Altersversorgung an sich zu binden, ist kein sachgerechtes Differenzierungskriterium. Es ist nicht billigenswert, wenn sich der Arbeitgeber dem Sinne nach darauf zurückzieht, der jahrzehntelang beschäftigte Arbeitnehmer sei von ihm nur geduldet, nicht aber erwünscht gewesen.

bb) Weiterhin hat die Beklagte die Ungleichbehandlung von Polieren und Angestellten damit begründet, sie habe eine relativ höhere Versorgungslücke der Angestellten bei Eintritt in den Ruhestand ausgleichen wollen.

Zutreffend ist, dass der Versorgungsbedarf sich nach dem Lebensstandard des Arbeitnehmers vor dem Eintritt in den Ruhestand bemisst. Dieser Versorgungsbedarf soll bei Angestellten typischerweise größer sein als bei Arbeitern. Dies soll auf den unterschiedlichen Verdienstverlauf in den beiden Gruppen zurückzuführen sein. Arbeiter treten typischerweise relativ früh in das Erwerbsleben ein und verdienen schon in jungen Jahren relativ gut, Angestellte - nach einer länger dauernden Berufsausbildung - typischerweise erst mit zunehmenden Alter (Höfer, BetrAVG, Band 1, ART, Rz. 522). Da die Arbeiter somit ein relativ höheres Rentenniveau haben sollen als die Angestellten, soll ein Ausgleich bei der betrieblichen Altersversorgung zulässig sein. (Höfer, a.a.O.). Auch das BAG hat zu erkennen gegeben, dass der gruppenspezifische und sogar der individuelle Versorgungsbedarf ohne Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beachtet werden darf (BAG, Urteil vom 05.09.1989 -3 AZR 575/88- AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung, II. 1. c der Gründe; Urteil vom 20.07.1993 -3 AZR 52/93- AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, 2 c der Gründe).

Die für das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Ungleichbehandlung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat jedoch nicht näher dargetan, dass es im Baugewerbe einen unterschiedlichen Versorgungsbedarf im Vergleich der angestellten Poliere und der Angestellten im Sinne der Tarifverträge des Baugewerbes gibt. Der diesbezügliche vom Kläger bestrittene Vortrag der Beklagten bleibt an der Oberfläche. Die Beklagte hat lediglich unter Verweis auf die Ausführungen von Höfer (a.a.O., ART 522) vorgetragen, dass die Rentenverläufe bei den technischen und kaufmännischen Angestellten einerseits und den gewerblichen Arbeitnehmern und Polieren andererseits sehr unterschiedlich seien. Die Kommentierung von Höfer, die den unterschiedlichen Versorgungsbedarf mit dem abweichenden Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Arbeitern und Angestellten begründet, stützt die Feststellung insbesondere auf einen Aufsatz von Steeger (DRV 1987, S. 435 ff.). Ob dessen Ergebnis nach Auswertung des empirischen Materials richtig ist, mag dahinstehen (immerhin belegen die vom Arbeitsgericht Karlsruhe eingeholten Stellungnahmen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Landesversicherungsanstalt Baden nicht eindeutig eine höhere Versorgungslücke der Angestellten, vgl. Höfer a.a.O., ART 522.1). Jedenfalls würde eine relativ höhere Versorgungslücke der Angestellten, d.h. aller Angestellten in der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland, nicht von vornherein einen billigenswerten Grund abgeben, in der betrieblichen Altersversorgung im Baugewerbe eine derart unterschiedliche Versorgung von angestellten Polieren und technischen und kaufmännischen Angestellten einzurichten. Dafür wäre ein Sachvortrag erforderlich, der die Versicherungsverläufe im Baugewerbe bei den Polieren und Angestellten aufnimmt. Ein solcher konkreter Sachvortrag zu den Verhältnissen im Baugewerbe fehlt vorliegend.

Die Ruhegeldordnung 1988 enthält auch keinerlei Begründung, warum u.a. Poliere von ihrem Geltungsbereich ausgenommen worden sind. Nach der Rechtsprechung des BAG muss sich der geltend gemachte Differenzierungsgrund jedoch grundsätzlich aus der betrieblichen Versorgungsordnung selbst ergeben (BAG, Urteil vom 09.12.1997 -3 AZR 661/96- AP Nr. 40 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, B II. 2. a der Gründe; Urteil vom 20.07.1993 -3 AZR 52/93- AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, 3 d der Gründe). Aus der Ruhegeldordnung 1988 geht auch nicht konkludent hervor, dass die Beklagte mit der Vereinbarung der Ruhegeldordnung 1988 eine Versorgungslücke schließen wollte.

Auch das Argument, die gewerblichen Arbeitnehmer und Poliere hätten weitere Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung gegen die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Invalidenbeihilfe im Baugewerbe [TVA]) verfängt nicht, da auch die technischen und kaufmännischen Angestellten seit 1968 in den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallen.

Im Übrigen ist kein Sachgrund für eine Differenzierung in dieser Höhe erkennbar. Nach der Versorgungsordnung des u.a. für die Poliere eingerichteten Z. Sozialhilfe e.V. erhält der Kläger eine Betriebsrente von 186,-- DM im Monat. Nach der Ruhegeldordnung 1988 stünde dem Kläger nach seinen eigenen Berechnungen eine monatliche Betriebsrente von 598,72 DM zu (wenn man - wie der Kläger - den Eintritt zum 01.08.1980 annimmt). Zwar sind die Berechnungen des Klägers von der Beklagten insgesamt bestritten worden. Sie hat aber im gesamten Rechtsstreit nicht bestritten, dass die Betriebsrente nach der Ruhegeldordnung 1988 ungleich höher wäre.

Mangels eines substanziierten Sachvortrags der Beklagten zu den im vorliegenden Rechtsstreit interessierenden Versicherungsverläufen, musste dem Beweisantritt der Beklagten "Sachverständigengutachten der Landesversicherungsanstalt und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte" nicht nachgegangen werden.

c) Der Anspruch des Klägers aus der Ruhegeldordnung 1988 besteht jedoch erst ab dem 01.01.1982. In der davor liegenden Zeit konnte der Kläger keine Rentenanwartschaften erwerben, weil die Beklagte damals darauf vertrauen durfte, dass die Differenzierung zwischen Polieren und Angestellten rechtmäßig ist.

Es ist allgemein anerkannt, dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 GG) ein Vertrauensschutz gegen die Rückwirkung richterlicher Rechtsanwendung ergeben kann (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 07.03.1995 -3 AZR 282/94- AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, B IV. der Gründe). Bei einer rückwirkenden Änderung der Rechtsprechung ist zu beachten, dass nicht nur die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit, sondern auch die Idee der materiellen Gerechtigkeit wesentliche Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips sind. Die betroffenen Rechtsgüter sind nach den Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit abzuwägen. Bei der Abwägung der Rechtsgüter sind auf der einen Seite die zusätzlichen Kosten und der entstehende Verwaltungsaufwand bei Anwendung des Versorgungssystems, auf der anderen Seite das Interesse der benachteiligten Arbeitnehmer an der uneingeschränkten Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 07.03.1995, a.a.O.).

Ob eine Rückwirkung richterlicher Rechtsanwendung zumutbar ist, hängt auch davon ab, ob die Betroffenen die Differenzierung zwischen Polieren/gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten für rechtmäßig halten durften. in diesem Zusammenhang ist der Beklagten zuzustimmen, dass die Gesetzgebung und Rechtsprechung zum Individualarbeitsrechts bis Anfang der 80-er Jahre des vorigen Jahrhunderts in vielen Bereichen von einer entsprechenden Gruppenbildung geprägt war. Diesen Rechtszustand hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung vom 25.01.1984 (5 AZR 44/82 - AP Nr. 66 zu § 242 BGB Gleichbehandlung) zur Frage der Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten bei Gratifikationen wiedergegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt (Gründe II 2), dass ein Arbeitgeber die Differenzierung bis zum Bekanntwerden der Entscheidung vom 05.03.1980 (5 AZR 881/78 - AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung) nicht habe für sachwidrig halten müssen. Deshalb sei dem Arbeitgeber eine Übergangsfrist einzuräumen, um die Gleichbehandlung zu verwirklichen. Nach Auffassung der erkennenden Kammer treffen diese Erwägungen zur Differenzierung bei Gratifikationen auch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu. Die Beklagte hätte deswegen spätestens ab dem 01.01.1982 die Poliere im Vergleich zu den Angestellten gleich behandeln müssen. Wenn die Beklagte in der Ruhegeldordnung 1988 von einer Gleichbehandlung abgesehen und die Versorgungsordnung auf die vor dem 01.07.1982 eingetretenen Angestellten beschränkt hat, ist dies auf ihr Risiko geschehen.

Die Kammer verkennt nicht, dass das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 07.03.1995 bei der Frage der Gleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung eine Rückwirkung für unbedenklich erachtet hat (BAG, a.a.O., B IV der Gründe). Das Bundesarbeitsgericht ist in dieser Entscheidung zu der Auffassung gelangt, dass die rückwirkende Anwendung des Gleichheitssatzes zu keiner unzumutbaren Belastung der Beklagten führen würde. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich jedoch erheblich von dem der Entscheidung vom 07.03.1995 zugrunde liegenden Sachverhalt. Während das Bundesarbeitsgericht am 07.03.1995 über einen Sachverhalt zu entscheiden hatte, wo die von der Versorgungsordnung ausgeschlossenen unterhälftig beschäftigten Teilzeitkräfte die klare Ausnahme waren, ist es im vorliegenden Fall ganz anders. Die von der Ruhegeldordnung 1988 ausgeschlossenen Poliere, Meister und gewerblichen Arbeitnehmer überwiegen deutlich die Gruppe der Angestellten. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang auf enorme Mehrbelastungen verwiesen, falls die Poliere und - was im vorliegenden Fall nicht zu untersuchen ist - die gewerblichen Arbeitnehmer rückwirkend in die Versorgungsordnung 1988 einbezogen würden. Im vorliegenden Fall gebietet es die Idee der materiellen Gerechtigkeit nicht, dem Arbeitgeber auch für Zeiten erhebliche finanzielle Belastungen aufzubürden, in denen auch die Gesetzgebung noch weithin und ohne größere Kritik von der Differenzierung zwischen Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer geprägt war.

III.

Nebenentscheidungen:

1. Die Kosten des Rechtsstreits waren der Beklagten gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 92 Abs. 2 ZPO aufzuerlegen.

2. Die Kammer misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung bei und hat daher die Revision zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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