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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 27.09.2006
Aktenzeichen: 20 Sa 88/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, BetrVG, TzBfG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 291
BGB § 611
BetrVG § 37 Abs. 2
BetrVG § 37 Abs. 3
BetrVG § 37 Abs. 3 Satz 1
BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 37 Abs. 6 Satz 1
BetrVG § 37 Abs. 6 Satz 2
BetrVG § 37 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz
BetrVG § 37 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz
TzBfG § 2 Abs. 1 Satz 3
TzBfG § 2 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 319
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29.08.2003 - 25 Ca 13831/02 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 158,45 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2003 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 1/4, die Beklagte 3/4 zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils, wegen des bereits in dritter Instanz anhängig gewesenen Rechtsstreits der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2005 - 7 AZR 330/04 - Bezug genommen. Das Bundesarbeitsgericht hat den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29.01.2004 - 21 Sa 104/03 - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen, da das Urteil des Berufungsgerichts der Revision nicht unterfällt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, aber nur zum Teil begründet. Der Klägerin steht für die in Anspruch genommenen 21 Arbeitsstunden Arbeitsbefreiung gemäß § 611 BGB i.V.m. § 37 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 BetrVG nur im Umfang von 16 Arbeitsstunden das vereinbarte Arbeitsentgelt in Höhe von 166,24 EUR brutto zu. Denn nur insoweit entfielen auf ihre Teilnahme an der Schulungsveranstaltung "Aller Anfang ist ... gar nicht so schwer" vom 08. bis 12.07.2002 in M. Zeiten, die außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit, aber innerhalb der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers lagen.

I.

Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu in dem o. g. Revisionsurteil zwischen den Parteien vom 16.02.2005 - 7 AZR 330/04 - unter I der Entscheidungsgründe folgende Grundsätze aufgestellt:

"1. Nach § 611 BGB iVm. § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für Zeiten einer Arbeitsbefreiung zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen war. Dies gilt nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG in der ab 28. Juli 2001 geltenden Fassung entsprechend für die erforderliche Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Insoweit sind nach § 37 Abs. 6 Satz 2 1. Halbsatz BetrVG betriebsbedingte Gründe auch gegeben, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt. Nach § 37 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Eine Besonderheit der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung iSv. § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG liegt vor, wenn die Arbeitszeit von der üblichen Arbeitszeit abweicht. Derartige Abweichungen können sich sowohl hinsichtlich der Lage als auch hinsichtlich des Umfangs der Arbeitszeit ergeben (Fitting BetrVG 22. Aufl. § 37 Rn. 189; GK-BetrVG/Wiese/Weber 7. Aufl. § 37 Rn. 212; Löwisch BB 2001, 1734, 1742) . Der betriebsübliche Umfang der Arbeitszeit ist derjenige eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Die Teilzeitbeschäftigung ist daher eine Besonderheit iSv. § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG (BT-Drucks. 14/5741 S. 41; ErfK/Eisemann 5. Aufl. § 37 BetrVG Rn. 22; Fitting BetrVG 22. Aufl. § 37 Rn. 189; Richardi/Thüsing BetrVG 9. Aufl. § 37 Rn. 135 a; DKK-Wedde BetrVG 9. Aufl. § 37 Rn. 137; GK-BetrVG/Wiese/Weber 7. Aufl. § 37 Rn. 212) . Die übliche Lage der Arbeitszeit wird durch die in dem Betrieb allgemein festgelegte Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage bestimmt. Abweichungen hiervon stellen eine Besonderheit iSd. § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG dar. Dabei muss die betriebsübliche Arbeitszeit nicht für den gesamten Betrieb einheitlich geregelt sein, vielmehr kann sie für verschiedene Arbeitsbereiche oder Arbeitnehmergruppen unterschiedlich festgelegt sein (BAG 23. Juli 1996 - 1 ABR 13/96 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 68 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 56, zu B II 1 der Gründe) . Für die Beurteilung, ob eine Besonderheit iSd. § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG vorliegt, ist in einem solchen Fall auf die betriebsübliche Arbeitszeit des Arbeitsbereichs oder der Arbeitnehmergruppe abzustellen, dem oder der das Betriebsratsmitglied angehört (BAG 10. November 2004 - 7 AZR 131/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen <zVv.>, zu II 1 der Gründe) . Daraus ergibt sich allerdings kein unbeschränkter Anspruch eines teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieds auf bezahlte Arbeitsbefreiung zum Ausgleich für die außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit liegende Teilnahme an einer Schulungs- oder Bildungsveranstaltung. Nach § 37 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs vielmehr pro Schulungstag auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers begrenzt. Da die gesetzliche Regelung ausdrücklich auf den Schulungstag abstellt, ist für den Umfang des Ausgleichsanspruchs nicht die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers maßgeblich, sondern dessen konkrete Arbeitszeit an dem betreffenden Schulungstag. Außerdem ist auf diese Arbeitszeit eine dem Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 2 BetrVG gewährte Arbeitsbefreiung anzurechnen. Durch diese Begrenzung soll verhindert werden, dass an einer Schulungsveranstaltung teilnehmende teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder besser gestellt werden als ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen im Betrieb (BT-Drucks. 14/5741 S. 41; BAG 10. November 2004 - 7 AZR 131/04 - aaO) .

2. Einen Ausgleichsanspruch nach § 37 Abs. 6, § 37 Abs. 3 BetrVG können nicht nur die reinen Schulungszeiten, sondern auch die zur An- und Abreise notwendigen Zeiten sowie die während der Schulungsveranstaltung anfallenden Pausenzeiten begründen.

a) Wege-, Fahrt- und Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied zur Erfüllung notwendiger betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben außerhalb seiner Arbeitszeit aufwendet, können einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 3 BetrVG begründen, soweit sie mit der Durchführung der entsprechenden Betriebsratstätigkeit in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen (BAG 16. April 2003 - 7 AZR 423/01 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 138 = EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 1, zu I 2 der Gründe) . Das gilt nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entsprechend. Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts kann sich daher auch für die notwendige Zeit der An- und Abreise zum bzw. vom Schulungsort ergeben (BAG 10. November 2004 - 7 AZR 131/04 - zVv., zu I der Gründe) .

b) Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung umfasst entgegen der Auffassung der Beklagten neben den reinen Schulungszeiten auch die während des Schulungstags anfallenden Pausen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG, wonach die Absätze 2 und 3 entsprechend gelten für die "Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen" und nicht nur für die Schulungs- und Bildungszeiten. Die Teilnahme an einer Veranstaltung wird zeitlich begrenzt durch deren Beginn und Ende. Deshalb erfasst die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung die Zeit zwischen dem Beginn und dem Ende der Schulung an dem betreffenden Schulungstag. Dazu gehören auch die während dieser Zeit anfallenden Pausen. Dieses Verständnis entspricht Sinn und Zweck der Regelung über den Anspruch teilzeitbeschäftigter Betriebsratsmitglieder auf bezahlte Arbeitsbefreiung zum Ausgleich für die außerhalb ihrer Arbeitszeit liegenden Schulungszeiten. Dadurch soll verhindert werden, dass teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder ein größeres Freizeitopfer anlässlich der Teilnahme an Schulungsveranstaltungen erbringen müssen als vollzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder (BT-Drucks. 14/5741 S. 41) . Dieser Regelungszweck gebietet es, die zwischen Beginn und Ende der Schulung an dem betreffenden Schulungstag liegende Zeit insgesamt und ohne Abzug der während der Schulung anfallenden Pausen als Zeit der Teilnahme an der Schulungsveranstaltung zu berücksichtigen. Soweit diese Zeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit liegt, erbringt das Betriebsratsmitglied auch während der Pausen ein Freizeitopfer. Entgegen der Auffassung der Beklagten werden teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder dadurch nicht besser gestellt als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer des Betriebs. Diese erhalten zwar für Arbeitspausen grundsätzlich keine Vergütung, sondern nur für die Arbeitszeit. Diesem Umstand wird durch die Regelung in § 37 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG jedoch dadurch Rechnung getragen, dass der Ausgleichsanspruch des teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieds auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers an dem jeweiligen Schulungstag begrenzt ist.

3. Hiernach kann die Klägerin zum Ausgleich für die außerhalb ihrer Arbeitszeit erfolgte Teilnahme an der Schulung einschließlich der während der Schulungstage angefallenen Pausen und der erforderlichen Reisezeiten grundsätzlich entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts beanspruchen. Der Umfang des Ausgleichsanspruchs ist allerdings pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch für die genommenen 21 Ausgleichsstunden hängt somit davon ab, ob auf die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung 21 Stunden entfielen, die wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung als Besonderheit der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung iSv. § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit, aber innerhalb der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers lagen. ..."

"a) ... Der Umfang der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers ist zwar weder in § 37 Abs. 6 BetrVG noch an anderer Stelle gesetzlich festgelegt. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer diejenigen Arbeitnehmer des Betriebs oder einer Betriebsabteilung anzusehen sind, die mit der durchschnittlichen oder der längsten Arbeitszeit beschäftigt sind. Denn es ist denkbar, dass in einem Betrieb nur teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer tätig sind. Wegen des Fehlens einer gesetzlichen Definition des vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers ist von dem allgemeinen Verständnis dieses Begriffs auszugehen. Danach ist der Arbeitnehmer vollzeitbeschäftigt, der einen Arbeitsvertrag über die einem Arbeitstag üblicherweise entsprechende Zeit hat (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache 3. Aufl.) . Die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers iSv. § 37 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG kann daher nur eine Arbeitszeit sein, deren Dauer sich im Rahmen der für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer allgemein üblichen regelmäßigen Arbeitszeiten bewegt. Dabei können tarifvertragliche Festlegungen als Orientierung dienen. Betriebliche Arbeitszeiten, die wesentlich geringer sind als in einschlägigen Tarifverträgen festgelegte regelmäßige Arbeitszeiten, können daher nicht als Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer iSv. § 37 Abs. 6 Satz 2 2. Halbsatz BetrVG angesehen werden. So verhält es sich bei wöchentlichen Arbeitszeiten von 21,5 Stunden oder 25 Stunden in Betrieben, die Druckerzeugnisse herstellen. Dort beträgt die tarifliche Wochenarbeitszeit zumindest 35 Stunden.

b) Das Landesarbeitsgericht wird daher tatsächliche Feststellungen sowohl zum Umfang als auch zu der Lage der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers zu treffen haben. Dabei ist grundsätzlich auf die Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebs der Beklagten abzustellen. Sollte diese unterschiedlich festgelegt sein, zB für verschiedene Abteilungen oder Arbeitnehmergruppen, kommt es für den Umfang des Ausgleichsanspruchs der Klägerin auf die Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer der Abteilung oder Arbeitnehmergruppe an, der die Klägerin angehört (BAG 10. November 2004 - 7 AZR 131/04 - zVv., zu II 1 der Gründe) . Da die Klägerin in der Korrekturabteilung beschäftigt ist, ist zunächst auf die Arbeitszeit eines in dieser Abteilung tätigen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers abzustellen. Nachdem es in dieser Abteilung keine vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer geben dürfte, ist zu prüfen, ob anhand der für diese Abteilung geltenden Arbeitszeitregelung bestimmt werden kann, mit welcher Arbeitszeit ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer dort tätig wäre. Lässt sich dies nicht ermitteln, ist entsprechend der Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 3 TzBfG auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers des Betriebs, der die gleiche oder eine ähnliche Tätigkeit ausübt wie die Klägerin, abzustellen. Fehlt ein solcher Arbeitnehmer, ist die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 4 TzBfG anhand des für den Betrieb der Beklagten fachlich geltenden Tarifvertrags, bei Fehlen eines solchen nach der Branchenüblichkeit zu bestimmen

c) Das Landesarbeitsgericht wird außerdem aufzuklären haben, um welche Uhrzeit die Schulung am 8. Juli 2002 begonnen und um welche Uhrzeit sie am 12. Juli 2002 geendet hat und welche Zeit für die Anreise zum Schulungsort am 8. Juli 2002 erforderlich war. Außerdem wird zu prüfen sein, ob und ggf. in welchem Umfang die Schulungsveranstaltung einschließlich der erforderlichen Reisezeiten an den An- und Abreisetagen innerhalb der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers lag.".

II.

Daran gemessen lagen zwar 16 Stunden der Schulungsveranstaltung inklusive der erforderlichen Reisezeiten und der Pausen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit der Klägerin, aber innerhalb der Arbeitszeit eines in der Korrekturabteilung der Beklagten fiktiv in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmers, der an der Schulungsmaßnahme teilgenommen hätte.

1. Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers

a) Mangels eines in der Korrekturabteilung der Beklagten überhaupt beschäftigten Vollzeitarbeitnehmers - die dort Tätigen arbeiten maximal 25 Stunden pro Woche - und aufgrund völlig unterschiedlicher individualvertraglicher Arbeitszeitvereinbarungen sämtlicher Mitarbeiter der Beklagten (vgl. die Aufstellung der Beklagten auf Bl. 94 bis 155 der Berufungsakte) ist die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 4 TzBfG anhand des für den Betrieb der Beklagten fachlich geltenden Tarifvertrags zu ermitteln und beträgt somit 35 Stunden pro Woche.

b) Da in der Korrekturabteilung der Beklagten unstreitig an Freitagen regelmäßig niemand arbeitet, würde sich die wöchentliche Arbeitszeit eines fiktiven Vollzeitmitarbeiters in gleichen Teilen auf die Zeit von Montag bis Donnerstag erstrecken, also - ebenfalls unstreitig - täglich 8,75 Stunden betragen (35 geteilt durch 4). Die Parteien haben zuletzt ebenfalls außer Streit gestellt, dass dieser gedachte Vollzeitmitarbeiter - in Anlehnung an den klägerischen Arbeitszeitbeginn - morgens um 08.00 Uhr mit der Arbeit begänne, eine Stunde (Mittags)pause machte und seine Arbeitszeit somit um 17.45 Uhr beendete. Wegen § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG kommt es indessen auf die Lage der Arbeitszeit des vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters an dem jeweiligen Arbeitstag nicht entscheidend an, sondern auf die Dauer der täglichen Arbeitszeit. Denn bei einem etwaigen Auseinanderfallen von Beginn und Ende der täglichen Schulungs- und der Arbeitszeit des vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers wäre der Ausgleichsanspruch auf den Umfang der täglichen Arbeitszeit des vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters beschränkt (vgl. insoweit das instruktive Rechenbeispiel bei Fitting, BetrVG, 23. Aufl., § 37 Rdnr. 193).

2. Dauer der Schulungsveranstaltung inklusive Reisekosten und Pausen

a) Zuletzt war zwischen den Parteien unstreitig, dass das Seminar "Aller Anfang ist ... gar nicht so schwer" am Montag, den 08.07.2002 um 10.30 Uhr begann, die Klägerin die Anreise um 08.00 Uhr angetreten und die Reisezeit angemessen bemessen hat. Von Dienstag, den 09.07.2002 bis Donnerstag, den 11.07.2002 war Seminarbeginn jeweils um 08.30 Uhr, von Montag, den 08.07.2002 bis Donnerstag, den 11.07.2002 dauerte das Seminar täglich jeweils bis 18.30 Uhr.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten und in Überstimmung mit den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts unter I 2 b auf Blatt 8 der Entscheidungsgründe des in Bezug genommenen Revisionsurteils betreffend die Parteien umfasst die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung neben den reinen Schulungszeiten auch die während des Schulungstags anfallenden Pausen, so dass es nicht entscheidend darauf ankommt, dass sich an die nominelle Mittagspause von 12.30 Uhr bis 13.00 Uhr eine weitere, nicht ausdrücklich als Pause bezeichnete Freizeit anschloss, bevor dann ab 14.00 Uhr der Unterricht fortgesetzt wurde.

c) Damit ist für die Vergleichsberechnung von folgenden Schulungs- inklusive Reise- und Pausenzeiten auszugehen: für Montag, den 08.07.2002 von 10,5 Stunden (8.00 Uhr bis 18.30 Uhr) und für Dienstag, den 09.07.2002 bis Donnerstag, den 11.07.2002 jeweils von 10 Stunden (08.30 Uhr bis 18.30 Uhr). Für Freitag, den 12.07.2002, scheidet ein Ausgleichsanspruch aus, da an diesem Tag ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer in der Korrekturabteilung der Beklagten nicht gearbeitet hätte.

3. Vergleich der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters mit der persönlichen Arbeitszeit der Klägerin

a) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin von 19 Stunden ist wie folgt verteilt:

Dienstag: 3 Stunden 50 Minuten in der Zeit von 8.00 Uhr bis 11.50 Uhr

Mittwoch: 8 Stunden 40 Minuten in der Zeit von 8.00 Uhr bis 17.40 Uhr (1 Stunde Mittagspause)

Donnerstag: 6 Stunden 30 Minuten in der Zeit von 8.00 Uhr bis 15.30 Uhr (1 Stunde Mittagspause).

b) Da der Umfang der berücksichtigungsfähigen Seminarzeit in der Zeit von Montag, den 08.07.2002 bis Donnerstag, den 11.07.2002, jeweils den Umfang der Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters überschritten hätte, ist für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs die gesamte Arbeitszeit des vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters, aber auch nur diese, heranzuziehen, da § 37 Abs. 6 Satz 2 BetrVG insoweit zur Vermeidung einer Besserstellung der teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieder über den Vollzeitbeschäftigten zu einer Deckelung des Ausgleichsanspruchs führt. Von den 35 Stunden Arbeitszeit des vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters sind gemäß § 37 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 BetrVG die 19 Stunden in Abzug zu bringen, in denen die Klägerin von ihrer persönlichen Arbeitszeit während der Schulungsteilnahme befreit war. Die verbleibende Differenz von 16 Stunden ist mit dem Stundenlohn der Klägerin von 10,39 EUR brutto zu multiplizieren und ergibt somit eine begründete Klageforderung in Höhe von 166,24 EUR brutto. Soweit das Arbeitsgericht der Klägerin mehr zugesprochen hat, war das angegriffene Urteil abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.

c) Der statt den 166,24 EUR brutto nur 158,45 EUR brutto ausweisende Tenor I. 1. des Berufungsurteils ist offensichtlich unrichtig. Ihm liegt ausweislich der handschriftlichen Aufschriebe des Vorsitzenden eine Ausgleichszeit von 15,25 Stunden, also 0,75 Stunden oder 7,79 EUR brutto weniger, zugrunde. Dieser von der richterlichen Willensbildung bei der Urteilsfällung abweichende Rechenfehler bedarf gemäß § 319 ZPO der Berichtigung. Diesbezüglich wird den Parteien mit gesonderter Verfügung rechtliches Gehör gewährt werden.

III.

Die Zinsforderung betreffend die zugesprochene Hauptsache ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet.

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits waren den Parteien gemäß §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO in dem Verhältnis aufzuerlegen, in dem sie in der Hauptsache unterlegen sind. Der Kostenausspruch gilt auch für die Kosten des Revisionsurteils. Die erforderlich werdende Berichtigung des Berufungsurteils führt nicht zu einer Änderung der Kostenverteilung.

V.

Die Zulassung der Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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