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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 30.01.2009
Aktenzeichen: 20 TaBV 2/08
Rechtsgebiete: BetrVG, MTV, EStG, BKGG, VTV Nr. 1, GKG


Vorschriften:

BetrVG § 99
BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 2
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG § 99 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 3 Satz 1
MTV § 12a
MTV § 12b
MTV § 24
EStG § 64
BKGG § 4
VTV Nr. 1 § 2 Abs. 1
VTV Nr. 1 § 2 Abs. 2
GKG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 12.03.2008 - 4 BV 6/07 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe: A.

Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 3 (im Folgenden: "Betriebsrat) zur Eingruppierung von 3 Arbeitnehmern der Beteiligten zu 2 (im Folgenden: "Arbeitgeberin"). Die Beteiligte zu 1 ist die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin; sie ist am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

Die Beteiligten zu 1 und zu 2 gehören zu einem Konzern, deren Unternehmen bundesweit Senioreneinrichtungen unterhalten. Die Beteiligte zu 2 betreibt mit ca. 50 Beschäftigten die "Residenz S. K.", die im Wege der Betriebsnachfolge am 01.01.2008 von der Beteiligten zu 1 auf sie übergegangen ist. Der Beteiligte zu 3 ist der dort eingerichtete Betriebsrat.

Am 24.09.2004 schloss die Konzernobergesellschaft der Arbeitgeberin, die P. S. Consulting und Conception für S. AG, mit der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) den "Manteltarifvertrag", hinsichtlich einiger Bestimmungen, wie etwa der Eingruppierung, gültig ab 01.01.2005, im Übrigen ab 01.10.2004 (Bl. 171 ff. der erstinstanzlichen Akte des Verfahrens 4 BV 5/07 vor dem Arbeitsgericht Heilbronn, in dem dieselben Beteiligten um die Eingruppierung von 8 Arbeitnehmern der Arbeitgeberin stritten und das zweitinstanzlich vor der erkennenden Kammer unter dem Aktenzeichen 20 TaBV 1/08 in einem gleichzeitig stattfindenden Anhörungstermin verhandelt worden ist; im Folgenden: "MTV") sowie den "Vergütungstarifvertrag Nr. 1 zum Manteltarifvertrag (MTV) P. S. vom 24.09.2004", gültig ab 01.01.2005 (Bl. 159 ff. der erstinstanzlichen Parallelakte; im Folgenden: "VTV Nr. 1").

Der MTV enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"§ 1

Geltungsbereich 1. Dieser Tarifvertrag findet Anwendung in den in der Anlage A zu diesem Tarifvertrag genannten Einrichtungen. 2. Dieser Tarifvertrag gilt persönlich für Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft sind. Mit In-Kraft-Treten des Tarifvertrages werden entsprechende Arbeitsverträge abgeschlossen. Ausgenommen sind Residenzleitungen, Assistenten der Geschäftsleitung, Pflegedienstleitungen sowie sonstige leitende Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG.

§ 11

Beschäftigungszeit 1. Beschäftigungszeit ist die Zeit, die der Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis verbracht hat. 2. Als Beschäftigungszeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch der Wechsel eines Arbeitnehmers innerhalb der im Geltungsbereich genannten Einrichtungen (Anlage A).

§ 12

Eingruppierung 1. Die Eingruppierung der Arbeitnehmer richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage B). Der Arbeitnehmer erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die eingruppiert ist. 2. Der Arbeitnehmer ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerk- malen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.

§ 12a

Bestandteile der Vergütung 1. Die Vergütung des Angestellten besteht aus der Grundvergütung, dem Ortszuschlag und der allgemeinen Zulage. 2. Die Beträge der Grundvergütung, des Ortszuschlags und der allgemeinen Zulage werden in einem besonderen Tarifvertrag (Vergütungstarifvertrag) vereinbart.

§ 12b

Grundvergütung 1. Vom Beginn des Monats an, in dem ein Angestellter seine Tätigkeit bei der Pro Seniore AG oder deren Tochtergesellschaften beginnt oder begonnen hat, erhält er die Anfangsgrundvergütung (1. Stufe) seiner Vergütungsgruppe. 2. Die Einstufung erfolgt nach Beschäftigungsjahren. Beschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern können dabei angerechnet werden. 3. Nach je zwei Beschäftigungsjahren erhält der Angestellte bis zum Erreichen der Endgrundvergütungen (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächst höheren Stufe seiner Vergütungsgruppe. 4. Wird der Angestellte höhergruppiert, erhält er von Beginn des Monats an, in dem die Höhergruppierung wirksam wird, in der Aufrückungsgruppe die Grundvergütung der Stufe, in der er sich in der bisherigen Vergütungsgruppe befand.

§ 12c

Grundlage des Ortszuschlages 1. Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach der Tarifklasse, der die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist (Absatz 2) und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Angestellten entspricht (Abschnitt B). Es gehören zur

Tarifklasse die Vergütungsgruppen

Ib I bis IIb bzw. II

AP XIII

Ic III bis Va/b

AP XII bis AP VII

II Vc bis X

AP VI bis AP I.

Stufen des Ortszuschlages (1) Zu der Stufe 1 gehören die ledigen und geschiedenen Angestellten sowie Angestellte, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt ist. (2) Zur Stufe 2 gehören

verheiratete Angestellte,

verwitwete Angestellte,

...

(3) Zur Stufe 3 und den folgenden Stufen gehören Angestellte in der Stufe 2, denen Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 EStG oder des § 3 oder § 4 BKGG zustehen würde. Die Stufe richtet sich nach der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder. (4) ......

§ 13

Vergütung 1. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den Vergütungstabellen. 2. Die ArbeitnehmerInnen, deren Arbeitsverhältnisse im Bereich der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland- Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein bestehen, erhalten Vergütung nach der Anlage 1 bzw. 2 des Vergütungstarifvertrages.

§ 13a

Berechnung und Auszahlung der Vergütung Die Vergütung ist für den Kalendermonat zu berechnen und spätestens am 5. Werktag eines jeden Monats (Zahltag) für den vergangenen Montag auf ein von dem Angestellten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. Sie sind so rechtzeitig zu überweisen, dass der Angestellte am Zahltag über sie verfügten kann.

§ 24

Besitzstandswahrung 1. Soweit sich aus der Anwendung dieses Tarifvertrages und diesen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge ein niedrigeres Gesamteinkommen als nach den für den jeweilige Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Tarifvertrages oder anderer Regelungen ergibt, gelten folgende Regelungen: a) Bei denjenigen Arbeitnehmern, die am 30.09.2004 schon bei P. S. beschäftigt waren und deren Stufen nach Berufsjahren bzw. Lebensalter erfolgte, bleibt diese Stufung solange bestehen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen dieses Tarifvertrages zur Höherstufung erfüllt. b) Arbeitnehmer deren bisherige Vergütung in Form eines Festbetrages höher ist als die, die sie nach jeweils gültigen Regelungen dieses Tarifvertrages bekommen würden, erhalten den Differenz- betrag als persönliche Zulage. Protokollnotiz:

Als Bestandteile des monatlichen Gesamteinkommens gelten die Grundvergütung, der Ortszuschlag und die allgemeine Zulage. ...

Die Anlage B zum MTV sieht für das Pflegepersonal vor (Bl. 208 ff. der erstinstanzlichen Akte):

Begriffsbestimmungen

Vorbemerkungen

Nr. 1

Die Bezeichnungen umfassen auch Pflegerinnen Pflegehelfer

Krankenpflegehelferinnen Krankenpflegehelfer

Krankenschwestern Krankenpfleger

Kinderkrankenschwestern Kinderkrankenpfleger

Altenpflegehelferinnen Altenpflegehelfer

Altenpflegerinnen Altenpfleger

Wohnbereichsleitungen Stationsleitungen

Nr. 2

Krankenschwestern, die Tätigkeiten von Altenpflegerinnen ausüben, sind als Altenpflegerinnen eingruppiert.

Nr. 3

Kinderkrankenschwestern, die Tätigkeiten von Altenpflegerinnen ausüben, sind als Altenpflegerinnen eingruppiert.

Nr. 4

Krankenpflegehelferinnen die Tätigkeiten von Altenpflegehelferinnen ausüben, sind als Altenpflegehelferinnen eingruppiert.

Nr. 5

Aufgrund des Artikels 37 des Einigungsvertrages und der Vorschriften hierzu als gleichwertig festgestellte Abschlüsse, Prüfungen und Befähigungsnachweise stehen ab dem Zeitpunkt ihres Erwerbs den in den Tätigkeitsmerkmalen geforderten entsprechenden Anforderungen gleich. Ist die Gleichwertigkeit erst nach Erfüllung zusätzlicher Erfordernisse festgestellt worden, gilt die Gleichstellung ab der Feststellung.

"Vergütungsgruppe Ap I 1. Pflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit

Vergütungsgruppe Ap II 1. Altenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit

2. Pflegehelferinnen mit der Vergütungsgruppe Ap I Fallgruppe 1 nach dreijähriger Bewährung in dieser Fallgruppe, mit entsprechender Tätigkeit.

Vergütungsgruppe Ap III 1. Altenpflegehelferinnen nach zweijähriger Bewährung in VG Ap II, FG 1

Vergütungsgruppe Ap IV 1. Altenpflegerinnen mit entsprechender Tätigkeit

2. Altenpflegehelferinnen nach vierjähriger Bewährung in der jeweiligen Fallgruppe, frühestens jedoch nach sechsjähriger Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis

Vergütungsgruppe Ap V 1. Altenpflegerinnen mit entsprechender Tätigkeit nach zweijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe Ap IV FG 1

Vergütungsgruppe Ap Va 1. Altenpflegerinnen, die durch ausdrückliche Anordnung als Wohnbereichsleitung bestellt sind.

2. Altenpflegerinnen, die durch ausdrückliche Anordnung als ständige Vertreterinnen von Wohnbereichsleitungen der Vergütungsgruppe AP VI Fallgruppe 3 bestellt sind.

3. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe Ap V Fallgruppe 1 nach vierjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe, frühestens jedoch nach sechsjähriger Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis.

4. Altenpflegerinnen mit erfolgreich abgeschlossener Weiterbildung in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit.

5. Altenpflegerinnen mit erfolgreich abgeschlossener geronto-psychiatrischer Zusatzausbildung (mindestens 2 Jahre) und entsprechender Tätigkeit.

Vergütungsgruppe Ap VI 1. Altenpflegerinnen mit erfolgreich abgeschlossener Weiterbildung in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit nach 2 Jahren Tätigkeit in AP Va, FG 4

2. Altenpflegerinnen mit erfolgreich abgeschlossener geronto-psychiatrischer Zusatzausbildung (mindestens 2 Jahre) und entsprechender Tätigkeit nach 2 Jahren Tätigkeit in AP Va, FG 5

3. Altenpflegerinnen als Wohnbereichsleitung, denen mindestens fünf Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind

4. Altenpflegerinnen, denen mehrere Stationen, Pflegegruppen oder abgegrenzte Funktionsbereich mit insgesamt mindestens zwölf Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.

5. Altenpflegerinnen, die durch ausdrückliche Anordnung als ständige Vertreterinnen von Wohnbereichsleitungen der Vergütungsgruppe Ap VII Fallgruppe 2 bestellt sind

6. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe Ap Va Fallgruppe 1 nach fünfjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe

7. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe Ap Va Fallgruppe 2 nach fünfjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe

Vergütungsgruppe AP VII

1. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe Ap VI Fallgruppe 5 nach fünfjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe

2. Altenpflegerinnen mit stattlicher Anerkennung/Abschluß0rüfung, die durch ausdrücklich Anordnung als WBL bestellt sind und denen mindestens zwölf Pflegepersonen durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind

3. Altenpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung, die durch ausdrückliche Anordnung als ständige Vertreterinnen von PDL bestellt sind

4. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe Ap VI Fallgruppe 4 nach fünfjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe

Vergütungsgruppe Ap VIII 1. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe Ap VII Fallgruppe 3 nach fünfjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe

2. Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe AP VII FG 2 nach 5 Jahren".

Nach entsprechender Verweigerung der Arbeitgeberseite hat der Betriebsrat beim Arbeitsgericht Heilbronn - 6 BV 6/05 - beantragt, ihr aufzugeben, unter anderem betreffend die dem streitgegenständlichen Beschluss zugrunde liegenden, namentlich bezeichneten 3 Arbeitnehmerinnen die Eingruppierung in den MTV vorzunehmen, die Zustimmung des Betriebsrats zu den beabsichtigten Eingruppierungen einzuholen und im Verweigerungsfall des Betriebsrats die fehlende Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen. Diesem Anliegen ist durch rechtskräftigen Beschluss des LAG Baden-Württemberg vom 06.07.2006 - 7 TaBV 5/06 - entsprochen worden.

Die Arbeitgeberseite hat daraufhin am 02.08.2007 dem Betriebsrat schriftliche Eingruppierungsvorschläge zugeleitet (Kopien Bl. 35 - 39 der erstinstanzlichen Akte). Diese enthalten neben Name und Vorname die Personalnummer, ein Funktionskürzel, den Beginn der Tätigkeit bei Pro Seniore, den Beschäftigungsumfang bei Vertragsbeginn und zum 01.01.2005, die Angabe einer Vergütungsgruppe und -stufe nach dem MTV sowie den Hinweis auf die Berücksichtigung der Besitzstandswahrung nach § 24 MTV. Der Betriebsrat hat am 09.08.2007, soweit hier interessierend, sämtlichen Eingruppierungsvorschlägen der Arbeitgeberseite schriftlich widersprochen (Bl. 40 bis 51 der erstinstanzlichen Akte), woraufhin die Arbeitgeberseite zur Abwendung der Zwangsvollstreckung das anhängige Verfahren eingeleitet hat.

Die Arbeitgeberin hält den zwischenzeitlich zum 31.12.2006 gekündigten MTV aus diversen Rechtsgründen für unwirksam und im Übrigen für undurchführbar. Unbeschadet dessen wäre als relevanter Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zustimmungsverweigerungen des Betriebsrats auf den Zugang dieser Erklärungen bei der Arbeitgeberseite abzustellen, weshalb danach erbrachte Bewährungszeiten ebensowenig eine Rolle spielten wie vor Inkrafttreten des MTV absolvierte Beschäftigungszeiten. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Ein-/Umgruppierungen sei auf die Mitbeurteilung der Richtigkeit der Vergütungsgruppe beschränkt; es erstrecke sich nicht auf die Vergütungsstufe.

Die Arbeitgeberin hat - nach Verfahrenseinstellung im Übrigen - beantragt:

Die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Beschäftigten

- M. D. in die Vergütungsgruppe Ap IV

- E. H. in die Vergütungsgruppe Ap I

- P. K. in die Vergütungsgruppe Ap I

gemäß der Anlage B zum MTV wird ersetzt.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er ist den Rechtsauffassungen der Arbeitgeberin im Wesentlichen entgegengetreten und deshalb überwiegend zu höheren Vergütungsgruppen und zum Teil zu höheren Vergütungsstufen gelangt.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften über die Anhörungstermine Bezug genommen.

Mit dem der Arbeitgeberin am 17.03.2008 zugestellten Beschluss vom 12.03.2008, auf den zur näheren Sachdarstellung ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Antrag der Arbeitgeberin im Übrigen zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Eine Pflicht zur Eingruppierung der Arbeitnehmer in die Anlage B des MTV bestehe. Die arbeitgeberseitigen Zustimmungsersetzungsanträge seien jedoch zurückzuweisen, weil die Arbeitnehmerinnen M. D., E. H. und P. K. die Tatbestandsvoraussetzungen der vom Betriebsrat benannten höheren Vergütungsgruppen über den jedenfalls ab 01.01.2005 in Gang gesetzten und somit per 01.01.2008 absolvierten Bewährungsaufstieg erfüllten.

Hiergegen richten sich die am 16.04.2008 bei Gericht eingegangene und am 17.06.2008 innerhalb der bis dahin verlängerten Beschwerdebegründungsfrist begründete Beschwerde der Arbeitgeberin. Beide Beteiligten wiederholen und bekräftigen im Wesentlichen ihre gegenläufigen Rechtsauffassungen und nehmen ergänzend Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 12.03.2008 - 4 BV 6/07 - abzuändern und die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Beschäftigten

- M. D. in die Vergütungsgruppe Ap IV

- E. H. in die Vergütungsgruppe Ap I

- P. K. in die Vergütungsgruppe Ap I

der Anlage B zum MTV zu ersetzen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins zur mündlichen Anhörung Bezug genommen.

B.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Satz 1 und 2, 66 Abs. 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Nachfolgend werden aus Gründen der Übersichtlichkeit unter I zunächst die sämtliche 3 Eingruppierungsvorgänge betreffenden Erwägungen vorangestellt und anschließend unter II die auf die einzelnen Eingruppierungen bezogenen Ausführungen dargestellt.

I.

Allgemeines

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich die Eingruppierungspflicht der Arbeitgeberin in den MTV bereits aus dem rechtskräftigen Beschluss des LAG Baden-Württemberg vom 06.07.2006 - 7 TaBV 5/06 - ergibt, in dem diese Pflicht unter Auferlegung der Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens sogar ausdrücklich tenoriert worden ist. Schon deshalb sind die Einwendungen der Arbeitgeberin gegen eine Eingruppierungspflicht aus Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Systematik des MTV unbeachtlich.

2. Teil der Eingruppierung in den MTV ist auch die Einreihung in die nach der Anzahl der Beschäftigungsjahre bemessenen Vergütungsstufe gemäß § 12b MTV.

a) Unter Eingruppierung ist die Einordnung des einzelnen Arbeitnehmers in ein kollektives Entgeltschema zu verstehen. Es geht typischerweise um die - nicht konstitutive - Festlegung der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Vergütungsgruppe der im Betrieb angewandten - in der Regel tariflichen - Vergütungsgruppenordnung. Zu klären ist, welchen Merkmalen dieser Vergütungsgruppenordnung die von dem Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit entspricht (vgl. BAG 27.07.1993 - 1 ABR 11/93 - BAGE 74, 10, Rn. 23). Eine bestehende Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung - wie hier die im Betrieb der Arbeitgeberin anzuwendende Anlage B zum MTV - begründet regelmäßig bereits einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers selbst auf Vergütung entsprechend dieser Ordnung und damit auch einen Anspruch auf Eingruppierung in diese Ordnung. Die Eingruppierung ist dabei keine nach außen wirkende konstitutive Maßnahme, sondern ein gedanklicher Vorgang, ein Akt der Rechtsanwendung. Der Arbeitnehmer ist eingruppiert, er wird nicht eingruppiert. Es geht um die Kundgabe des bei der Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses, welchen Tätigkeitsmerkmalen die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit entspricht und aus welcher Vergütungsgruppe er dementsprechend zu vergüten ist (BAG 27.07.1993 - 1 ABR 11/93 - aaO Rn 29).

Bei diesem dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer obliegenden Vorgang ist der Betriebsrat nach Maßgabe des § 99 BetrVG zu beteiligen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG besteht in den Fällen der Ein- und Umgruppierung in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Die korrekte Einreihung des Arbeitnehmers in einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung ist keine ins Ermessen des Arbeitgebers gestellte, rechtsgestaltende Maßnahme, sondern Rechtsanwendung. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, dass möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsordnung und damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der Vergütungspraxis (BAG 03.05.2006 - 1 ABR 2/05 - BAGE 118, 141, Rn. 25).

b) Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG reicht nicht weiter als die Notwendigkeit zur Rechtsanwendung durch den Arbeitgeber. Wo es der Anwendung abstrakter Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsordnung auf die mit einer konkreten Arbeitsstelle verbundenen Tätigkeitsaufgaben zur korrekten Einreihung des Arbeitnehmers nicht bedarf, besteht kein Erfordernis der Beurteilung der Rechtslage durch den Arbeitgeber und damit kein Erfordernis der Mitbeurteilung durch den Betriebsrat (BAG 03.05.2006 - 1 ABR 2/05 - aaO Rn. 26).

c) Allerdings umfasst das Mitbestimmungsverfahren bei einer Ein- oder Umgruppierung nach § 99 BetrVG im Sinne einer Einheitlichkeit und Vollständigkeit des Eingruppierungsvorgangs sämtliche Parameter, die für die Bemessung des Tarifgehalts maßgebend sind, also z.B. die Einreihung in die Vergütungsgruppe und in die Fallgruppe sowie die Festsetzung der Lebensaltersstufen (vgl. BAG 03.05.2006 - 1 ABR 2/05 - aaO Rn. 45; 19.08.2004 - 8 ABR 40/03 - Rn. 30, 41 f., 55; 19.08.2004 - 8 ABR 52/03 - Rn. 12, 24, 37; 27.06.2000 - 1 ABR 36/99 - AP Nr. 23 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung Rn. 36 f.; BVerwG 27.08.2008 - 6 P 11.07 - Rn. 42).

d) Die Eingruppierung verlangt also die Subsumtion eines bestimmten Sachverhalts unter eine vorgegebene Ordnung. Welche Subsumtionsschritte dabei zu vollziehen sind, hängt von der Ausgestaltung der Vergütungsordnung ab. Die vorliegende tarifliche Vergütungsgruppenordnung ist gekennzeichnet dadurch, dass die Anlage B zum MTV zahlreiche Lohngruppen enthält, denen teilweise mehrere Fallgruppen zugeordnet sind. Diese ist angelehnt und entspricht dem in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes typischen Aufbau. Die Einordnung in die einzelnen Lohngruppen ist abhängig davon, ob der Arbeitnehmer die Tätigkeitsmerkmale einer bestimmten Fallgruppe dieser Lohngruppe erfüllt. Das Bundesarbeitgericht hat zu der Gehaltsgruppenordnung des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) festgehalten, die Eingruppierung des Angestellten beinhalte nicht nur die Beurteilung und Beantwortung der Frage, ob der Angestellte in eine bestimmte Vergütungsgruppe gehöre, sondern dem vorausgehend die Frage, ob er die Tätigkeitsmerkmale einer bestimmten Fallgruppe dieser Vergütungsgruppe erfülle (BAG 24.06.1986 -1 ABR 31/84 - BAGE 52, 218, Rn. 21).

e) Dies gilt auch für die Einreihung in die nach Beschäftigungsjahren bemessene Vergütungsstufe gemäß § 12b MTV. Denn diese ist neben den durch bestimmte Tätigkeitsmerkmale bestimmten Vergütungs- und Fallgruppen als Kernbestandteil für das tarifliche Entgelt gemäß § 12a MTV maßgeblich (vgl. die Vergütungstabellen der Anlagen 1, 1a, 2 und 2a zu § 2 Abs. 1 und 2 VTV Nr. 1 [Bl. 161 ff. der erstinstanzlichen Parallelakte]). Die Richtigkeitskontrolle bliebe unvollständig, wenn sie sich auf die Einreihung in die Vergütungs- und Fallgruppen beschränkte, andere für die Bemessung der Grundvergütung wesentliche Merkmale, bei denen ebenfalls ein Kontrollbedürfnis besteht, aber nicht erfasste. Ist daher bei der Eingruppierung eines Arbeitnehmers neben der Einordnung in eine Vergütungs- und Fallgruppe für die Bemessung der tariflichen Grundvergütung die Zuordnung zu einer Stufe innerhalb der Entgeltgruppe vorzunehmen, so ergeben diese Vorgänge zusammen die mitbestimmungspflichtige Eingruppierung (BVerwG 27.08.2008 - 6 P11.07 - Rn. 26).

3. Ob die Zustimmung des Betriebsrats zur verweigerten Eingruppierung zu ersetzen ist, richtet sich nach den vom Betriebsrat form- und fristgerecht vorgebrachten Gründen zum Zeitpunkt des Zugangs der Zustimmungsverweigerung beim Arbeitgeber.

a) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Eingruppierungen oder Umgruppierungen ist kein Mitgestaltungs-, sondern als Mitbeurteilungsrecht ein Akt der Rechtsanwendung (BAG 28.04.1998 - 1 ABR 50/97 - BAGE 88, 309, Rn. 18). Welche Vergütungsgruppe und/oder -stufe zutreffend ist, bestimmt sich allein nach den in der jeweiligen Vergütungsordnung geregelten Voraussetzungen. Die vom Arbeitgeber vorgenommene Eingruppierung, d.h., seine Entscheidung, dass die Voraussetzungen einer bestimmten Vergütungsgruppe und/oder -stufe erfüllt sind, kann nur richtig oder falsch sein. Daraus folgt, dass der Betriebsrat einer Eingruppierung oder Umgruppierung auch nur mit der Begründung widersprechen kann, diese verstoße gegen die maßgebende Vergütungsordnung. Dies ist ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Ist die Eingruppierung zutreffend, besteht für den Betriebsrat kein Grund, seine Zustimmung dazu zu verweigern (BAG 15.04.1986 - 1 ABR 55/84 - BAGE 51, 345, Rn. 43).

b) Dabei muss der Betriebsrat alle Gründe, mit denen er seine Zustimmung zu einer vom Arbeitgeber geplanten personellen Einzelmaßnahme verweigern will, innerhalb einer Woche dem Arbeitgeber mitteilen. Er kann im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren keine neuen tatsächlichen Gründe nachschieben.

aa) Zwar ist in § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nur die Rede davon, dass der Betriebsrat die Verweigerung unter Angabe "von Gründen" mitzuteilen hat. Klarer wäre die Vorschrift, wenn ausdrücklich gefordert wäre, dass der Betriebsrat seine Zustimmung nur unter Angabe "der Gründe" verweigern könnte. Aus der Verwendung des unbestimmten Artikels kann jedoch nicht geschlossen werden, es genüge die Angabe von Gründen schlechthin, um die Verweigerung der Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu begründen. Zunächst einmal kann der Betriebsrat nur die im Gesetz (§ 99 Abs. 2 BetrVG) ausdrücklich genannten Gründe anführen.

Für die Angabe dieser Gründe sind Form und Frist vorgeschrieben. Dabei bezieht sich die Schriftform auch auf die vom Betriebsrat anzugebenden Gründe; sie müssen schriftlich niedergelegt und vom Betriebsrat unterzeichnet werden (vgl. BAG 24.07.19979 - 1 ABR 78/77 AP Nr. 11 zu § 99 BetrVG 1972). Entscheidend für die Auslegung der Norm sind deshalb Sinn und Zweck dieser Form- und Fristvorschriften. Die Schriftform soll sicherstellen, dass der Arbeitgeber sichere Kenntnis von den Gründen erhält, die den Betriebsrat veranlasst haben, die Zustimmung zu der geplanten Maßnahme zu verweigern. Und dies soll er auch innerhalb der vom Gesetz genannten Frist erfahren. Deshalb reicht es nicht aus, wenn ein Grund zwar innerhalb der Frist, aber nicht schriftlich vorgebracht wird. Ebensowenig reicht es aus, wenn der Grund zwar schriftlich, aber nicht innerhalb der Frist geltend gemacht wird. Die Vorschriften über Form und Frist machen das Verfahren nach § 99 Abs. 3 BetrVG zu einem "förmlichen Verfahren". Das dient der vom Gesetzgeber offensichtlich gewünschten alsbaldigen Klarheit und Rechtssicherheit. Der Arbeitgeber und die von der personellen Einzelmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer sollen innerhalb der Wochenfrist erfahren, ob der Betriebsrat die Zustimmung verweigert und auf welche Gründe er sich dabei stützt. Dabei haben der Arbeitgeber und die betroffenen Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, worauf der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerungsgründe stützt. Denn nur so können sie abschätzen, ob die Begründung zutrifft oder ob begründete Aussicht besteht, dass die Zustimmung vom Gericht ersetzt wird, weil die Begründung des Betriebsrats nicht stichhaltig ist (vgl. BAG 03.07.1984 - 1 ABR 74/82 - BAGE 46, 158, Rn. 20).

Vom Betriebsrat wird bei diesem Verständnis der Norm nichts Unbilliges oder gar Unmögliches verlangt. Das Gesetz geht davon aus, dass er seine Gründe, die ihn zur Verweigerung der Zustimmung veranlasst haben, innerhalb einer Woche dem Arbeitgeber bekanntgeben kann (BAG 03.07.1984 - 1 ABR 74/82 - aaO Rn 21).

Mit der Bekanntgabe seiner Gründe entscheidet der Betriebsrat über den Streitstoff, über den in einem möglichen anschließenden Beschlussverfahren entschieden werden muss. Nur auf die Berechtigung der rechtzeitig und formgerecht vorgebrachten Gründe kommt es an, nicht darauf, ob der Betriebsrat die Zustimmung hätte zu Recht verweigern können. Ob er sich gegen eine personelle Einzelmaßnahme wenden will, hängt allein von der Entschließung des Betriebsrats ab. Dasselbe gilt auch von den Gründen, die er für seine Verweigerung anführen will. Deshalb gibt es keine materiell richtige oder unrichtige Entscheidung des Betriebsrats, es gibt nur eine begründete oder unbegründete Zustimmungsverweigerung (BAG 03.07.1984 - 1 ABR 74/82 - aaO Rn. 22).

bb) Da Prüfungsgegenstand die Zustimmungsverweigerung aus den angegebenen Gründen ist, kann der Betriebsrat im Zustimmungsersetzungsverfahren keine weiteren Zustimmungsverweigerungsgründe nachschieben (BAG 15.04.1986 - 1 ABR 55/84 - aaO Rn. 47 mwN). Entscheidend ist nämlich, ob der vom Betriebsrat geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgrund bei Erklärung der Zustimmungsverweigerung vorlag, während nachträglich entstandene oder bekannt gewordene Gründe nicht mehr für die Entscheidung des Betriebsrats kausal waren, ob er von seinem Zustimmungsverweigerungsrecht Gebrauch machen will oder nicht (Thüsing in: Richardi, BetrVG, 10. Aufl., § 99 Rn. 287). Dies gilt indessen nicht für rechtliche Argumente, sondern nur für Gründe tatsächlicher Art sowie für die Einführung anderer Widerspruchsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG (BAG 28.04.1998 - 1 ABR 50/97 - aaO Rn. 25). Der Arbeitgeber soll davor geschützt werden, sich im Zustimmungsersetzungsverfahren mit immer neuen Lebenssachverhalten auseinandersetzen zu müssen (BAG 28.04.1998 - 1 ABR 50/97 - aaO Rn. 25). Er wäre sonst gezwungen, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten, dessen Streitstoff und damit auch dessen Ausgang er vorab nicht erkennen und abschätzen kann (BAG 15.04.1986 - 1 ABR 55/84 - aaO Rn. 48).

4. Soweit ein tarifliches Tätigkeitsmerkmal des MTV eine Bewährung in einer bestimmten Fallgruppe einer niedrigeren Vergütungsgruppe vorsieht, kann für die Berechnung der Bewährungszeit nur ein Zeitraum herangezogen werden, währenddessen der MTV galt (BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - AP Nr. 40 zu § 1 TVG, Leitsatz 2). Denn die Anrechnung von Tätigkeitszeiten, die vor Inkrafttreten des MTV liegen, auf die in der Vergütungsordnung bei einzelnen Tätigkeitsmerkmalen genannten Zeiten der "Bewährung in dieser Fallgruppe" ist nicht möglich (BAG 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - aaO Rn. 39).

Weil Beurteilungszeitpunkt für die Zustimmungsersetzung der Zugang der Zustimmungsverweigerung beim Arbeitgeber ist, kommen danach etwa absolvierte Bewährungszeiten, da ggf. neuer und damit nicht berücksichtigungsfähiger Lebenssachverhalt, für eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zustimmungsverweigerung nicht in Betracht.

II.

Die einzelnen Eingruppierungsanträge und Zustimmungsverweigerungen

1. Die Arbeitnehmerin M. D. (Antrag Bl. 36, Zustimmungsverweigerung Bl. 142 d. erstinstanzlichen Akte) ist nicht in die Vergütungsgruppe Ap IV, Fallgruppe 1, Vergütungsstufe 1 (so der Arbeitgeberantrag), sondern in die Vergütungsgruppe Ap V, Vergütungsstufe 4, einzugruppieren, weshalb die Zustimmung des Betriebsrats nicht zu ersetzen war.

a) Die Arbeitnehmerin M. D. ist seit 01.10.1999 als Altenpflegerin bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Sie unterfiel deshalb per 01.01.2005 der Vergütungsgruppe Ap IV, Fallgruppe 1, und hat mit Ablauf des 31.12.2006, also noch vor Antragstellung, die zweijährige Bewährungszeit für einen Aufstieg in die Vergütungsgruppe Ap V erfüllt. Das Erfordernis einer Bewährung liegt vor, wenn der Angestellte während der vorgeschriebenen Bewährungszeit sich den in der ihm übertragenen Tätigkeit auftretenden Anforderungen der Ausgangsvergütungsgruppe gewachsen gezeigt hat, wobei qualitativ und quantitativ eine nach dem herkömmlichen Beurteilungssystem mit "genügt den Anforderungen" zu bewertende Normalleistung ausreicht (BAG 02.07.2008 - 4 AZR 301/07 - Rn. 29).

Dass Frau M. D. sich in diesem Sinne in ihrer Tätigkeit nicht bewährt hätte, behauptet auch die antragstellende Arbeitgeberin nicht. Es sind im Übrigen keine Anhaltspunkte ersichtlich, die gegen die Annahme einer tariflichen Bewährung sprechen. Solche wurden dem Betriebsrat im Rahmen der Einleitung des Verfahrens nach § 99 BetrVG auch nicht mitgeteilt. Deshalb erweist sich nicht die Vergütungsgruppe Ap IV, Fallgruppe 1, sondern die Vergütungsgruppe Ap V als zutreffend.

b) Auch die von der Arbeitgeberin zugrunde gelegte Vergütungsstufe 1 ist falsch. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Zustimmungsverweigerung wies Frau M. D. eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 6, aber unter 8 vollendeten Jahren auf, weshalb eine Einordnung in die Vergütungsstufe 4 zu erfolgen gehabt hätte (§ 12 b MTV).

2. Frau E. H. (Antrag Bl. 36, Zustimmungsverweigerung Bl. 143 d. erstinstanzlichen Akte) ist seit 15.08.1997 als Pflegehelferin in Diensten der Arbeitgeberin beschäftigt.

a) Per August 2007 war sie mindestens 8, aber noch keine 10 Jahre tätig, was eine Einordnung in die Vergütungsstufe 5 - und nicht, wie von der Arbeitgeberin beantragt, in 4 - zur Folge hätte haben müssen. Deshalb war dem Antrag nicht zu entsprechen.

b) Allerdings weist die Arbeitgeberin zu Recht darauf hin, dass ein etwaiger Bewährungsaufstieg von der Vergütungsgruppe Ap I in die Vergütungsgruppe Ap II, Fallgruppe 2, im streitgegenständlichen Verfahren nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. Denn die dreijährige Bewährungszeit der Aufstiegsfallgruppe 2 der Vergütungsgruppe Ap II wäre erst mit dem 31.12.2007, also nach der Zustimmungsverweigerung, abgelaufen. Die etwaige Bewährung über die gesamte Zeit wäre deshalb, soweit nach der Zustimmungsverweigerung liegend, neuer Lebenssachverhalt, der nicht mehr berücksichtigt werden dürfte.

3. Frau P. K. (Antrag Bl. 37, Zustimmungsverweigerung Bl. 141 d. erstinstanzlichen Akte) ist seit 01.01.1988 als Pflegehelferin bei der Arbeitgeberseite tätig.

a) Mit mehr als 16 vollendeten Beschäftigungsjahren erfüllt sie die Voraussetzungen der Endvergütung der Vergütungsstufe 9 gemäß § 12 b MTV und nicht, wie von der Arbeitgeberin zugrunde gelegt, nur der Vergütungsstufe 7. Dies allein rechtfertigt die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats.

b) Ein Bewährungsaufstieg von der Vergütungsgruppe Ap I in die Vergütungsgruppe Ap II, Fallgruppe 2, hätte bereits aus den oben II 2 b dargelegten Gründen nicht berücksichtigt werden können. Abgesehen davon hat die Arbeitgeberin im Beschwerdeverfahren unwidersprochen vorgetragen, dass Frau K. seit 08.11.2004 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt sei, was einer Bewährung ab 01.01.2005 ohnehin entgegenstünde.

C.

Das Verfahren ist gemäß § 2 Abs. 2 GKG gerichtskosten- und -gebührenfrei.

D.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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