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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 07.12.2007
Aktenzeichen: 20 TaBV 7/06
Rechtsgebiete: BetrVG, MTV, TVG, BGB, GG, ArbGG, GKG


Vorschriften:

BetrVG § 23
BetrVG § 23 Abs. 3
BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 77 Abs. 3 Satz 1
BetrVG § 87 Abs. 1
BetrVG § 111
MTV § 5
MTV § 5 Abs. 1
MTV § 5 Abs. 1 Nr. 1
MTV § 5 Abs. 2
MTV § 5 Abs. 2 Nr. 1a
MTV § 5 Abs. 2 Nr. 1a Satz 2
MTV § 5 Abs. 2 Nr. 1c
MTV § 5 Abs. 2 Nr. 1e
MTV § 5 Abs. 2a Satz 1
MTV § 5 Abs. 2e
TVG § 3
TVG § 4 Abs. 3
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 1004
GG Art. 9 Abs. 3
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 2
GKG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm - Kammern Ravensburg - vom 26.07.2006 - 7 BV 13/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Gründe:

A.

Die im Betrieb der Arbeitgeberin/Antragsgegnerin/Beteiligten zu 2 (im Folgenden: "Arbeitgeberin") vertretungsberechtigte Gewerkschaft/Antragstellerin/Beteiligte zu 1 (im Folgenden: "Gewerkschaft") verlangt von dieser die Unterlassung der Anwendung bestimmter Betriebsvereinbarungen über die Arbeitszeitflexibilisierung und Gleitzeit in Bezug auf dort festgelegte bestimmte Arbeitszeitregelungen sowie die Unterlassung der Anwendung ergänzender arbeitsvertraglicher Regelungen über die Ableistung einer zusätzlichen Jahresarbeitszeit, die die Arbeitgeberin mit einem Großteil der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer am Standort B. W. abgeschlossen hat. Der Beteiligte zu 3 ist der im Betrieb der Arbeitgeberin bestehende Betriebsrat.

Im Betrieb der tarifgebundenen Arbeitgeberin findet u. a. der Manteltarifvertrag Baden-Württemberg Holz und Kunststoff in seiner jeweiligen Fassung (derzeit vom 12.02.2004; im Folgenden: "MTV" [Auszug Bl. 29 - 39 d. erstinstanzlichen Akte]) auf die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten ca. 1.200 Arbeitnehmer kraft Tarifbindung bzw. individual-rechtlicher Bezugnahme auf den Tarifvertrag Anwendung. Die Gewerkschaft ist im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten.

Der MTV sieht u. a. folgende Regelung vor:

"...

§ 1 Geltungsbereich

...

Ergänzende Betriebsvereinbarungen:

Der Tarifvertrag regelt die Mindestbedingungen der Arbeitsverhältnisse. Bestimmungen, die keine abschließende oder keine vollständige Regelung enthalten, können durch Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ergänzt werden. Derartige Bestimmungen können nicht zu Ungunsten der Beschäftigten vom Tarifvertrag abweichen.

§ 5

I. Regelmäßige Arbeitszeit, Ruhepausen

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 35 Stunden, so lange keine andere Regelung durch Betriebsvereinbarung gem. § 5, II erfolgt.

§ 5

II. Abweichende Regelungen

Zulässig sind folgende von § 5, I abweichende - in Betriebsvereinbarungen - zu treffende Regelungen:

1. Flexible Arbeitszeiten mit Arbeitszeitkonten

a) Für den ganzen Betrieb oder einzelne Betriebsabteilungen:

Zwischen 0 und 40 Stunden in der Woche. Der Zeitausgleich zur tariflichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden erfolgt im Planungszeitraum von im Regelfall bis zu einem Jahr.

b) ....

c) Es ist für die Beschäftigten jeweils ein Arbeitskonto zu führen. Das persönliche Zeitsaldo ist zusammen mit der Entgeltabrechnung zu bestätigen. Die Abweichung von der tariflichen Soll-Wochenarbeitszeit darf für die einzelnen Beschäftigten nicht mehr als 100 Stunden Zeitguthaben bzw. 50 Stunden Zeitschuld betragen.

d) ...

e) Sind durch betriebsbedingte Notwendigkeiten ergänzende Betriebsvereinbarungen notwendig, so bedürfen diese zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Tarifvertragsparteien. Beschäftigungssichernde Elemente sind in die Betriebsvereinbarung einzubauen.

§ 5

III. Allgemeine Bestimmungen

...

3. Gleitzeit ist nur durch Betriebsvereinbarung zulässig

Die Tarifvertragsparteien werden mit dem Ziel verhandeln, eine allgemeine tarifliche Rahmenregelung zu vereinbaren, die insbesondere Obergrenzen, Beginn von Mehrarbeit und den Übertragungszeitraum regelt."

Zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat bestand eine Betriebsvereinbarung "BV - Nr. 03 - 05 ... Rahmenbetriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung" (Bl. 194 ff. d. erstinstanzlichen Akte; im Folgenden: "BV Arbeitszeitflexibilisierung alt") vom 18.07.2003 und eine Betriebsvereinbarung "BV - Nr. 03 - 06 ... Betriebsvereinbarung zur Gleitenden Arbeitszeit [Gleitzeit] (Bl. 199 ff. d. erstinstanzlichen Akte; im Folgenden: "BV Gleitzeit alt"), bevor die Arbeitgeberin die Forderung aufstellte, auf Dauer die Personalkosten zu senken. Ende 2004 zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberin aufgenommene Gespräche scheiterten Ende März 2005. Am 14.06.2005 schlossen Arbeitgeberin und Betriebsrat eine "Rahmenvereinbarung zur Standortsicherung B. W. (Bl. 40 - 45 d. erstinstanzlichen Akte; im Folgenden: "Rahmenvereinbarung") mit u.a. folgendem Inhalt:

"Rahmenvereinbarung zur Standortsicherung B. W.

Zwischen Vorstand / Geschäftführung und Betriebsrat der H. AG wird nachfolgende Vereinbarung abgeschlossen:

Präambel

Die Betriebsparteien haben ein vorrangiges Interesse an der Sicherung des Standorts B. W. unter wettbewerbsfähigen Bedingungen. Ziel der in dieser Vereinbarung vorgesehenen Maßnahmen ist eine Steigerung der Produktivität um mindestens 30 %. Dieses Ergebnis soll spätestens mit Inbetriebnahme der neuen Montagehalle erreicht sein."

Grundlage der Rahmenvereinbarung ist, dass einerseits die tariflichen Leistungen weiter gewährt werden. Andererseits erhalten die Mitarbeiter durch die Einführung einer außertariflichen, betrieblichen "H. -Richtlinie 2005" die Möglichkeit, durch zusätzlich vergütete Arbeit ihren Arbeitsplatz und damit letztlich den Fortbestand des Standorts B. W. zu sichern.

"I. H. -Richtlinie 2005

1. Beiträge des Unternehmens

1.1 Als Ausdruck ihres Interesses am Standort B. W. werden Vorstand und Geschäftsführung bis zum ______________ im Anschluss an das Werk 3 eine neue Montagehalle mit einem Investitionsvolumen von ca. 16 Mio. EUR errichten lassen.

1.2 Vorstand und Geschäftsführung sichern zu, dass Fahrzeuge der Marke H. bis zum 31.08.2009 ausschließlich in B. W. oder C. gebaut werden. Ab dem 01.09.2009 gilt diese Zusage für die Laufzeit der Vereinbarung unter der Voraussetzung, dass der Standort B. W. in seiner Wirtschaftlichkeit mit anderen Standorten vergleichbar ist.

1.3 Darüber hinaus geben Vorstand und Geschäftsleitung eine Beschäftigungssicherung des Inhalts, dass jedem Beschäftigten am Standort B. W., der bei Abschluss dieser Vereinbarung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der H. AG steht und die Voraussetzungen für den gesetzlichen Kündigungsschutz erfüllt, zugesagt wird, dass bis zum 31.08.2011 keine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen wird. Diese Beschäftigungsgarantie entfällt nur, wenn eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG notwendig wird und die Betriebsparteien darüber das Verfahren über einen Interessenausgleich einleiten.

2. Beitrag der Belegschaft

Der Betriebsrat nimmt zur Kenntnis, dass der Arbeitgeber beabsichtigt, die nachfolgenden Punkte 2.1 und 2.2 einzelvertraglich mit jedem Mitarbeiter abzuschließen.

2.1 Jahresarbeitzeit

Während der Laufzeit der Vereinbarung erbringt jeder Mitarbeiter pro Geschäftsjahr 135 zusätzliche Arbeitsstunden. Ausgenommen sind Mitarbeiter in Altersteilzeit. Die Verteilung der Stunden erfolgt in der jeweiligen Betriebsvereinbarung zur Verteilung der Jahresarbeitszeit (produktionsabhängiger und produktionsunabhängiger Taktstundenkalender).

2.2 Vergütung der zusätzlichen Arbeitsstunden

H. gewährt dafür eine betriebliche Sondervergütung gemäß Ziff. I.3.

3. H.-Sondervergütung

Die bisher freiwillig gewährte, jährliche Gewinnbeteiligung wird mit Wirkung vom 01.09.2005 mit dem Inhalt einer Sondervergütung weitergewährt. Darauf haben die Mitarbeiter, die die zusätzlichen Arbeitsstunden gemäß Ziff. I. 2.1 leisten, Anspruch. Die Ermittlung der gesamten Auszahlungssumme erfolgt nach den gleichen Maßstäben wie bei der freiwilligen Gewinnbeteiligung (BV 98-07; Ziff. 3.1). Die Auszahlung erfolgt zu gleichen Beträgen unter den anspruchsberechtigten Mitarbeitern. Die Auszahlungsmodalitäten erfolgten ebenfalls nach den Regelungen der bisherigen Betriebsvereinbarung zur Gewinnbeteiligung (jährliche Einmalzahlung nach Ermittlung der Auszahlungssumme).

4. Umsetzung

Der in dieser Vereinbarung (Abschnitt I., Ziffer 1-3) beschriebene Inhalt der "H- -Richtlinie 2005" wird allen Mitarbeitern der Werke 1 und 3 in B. W. sowie des Werks N. und der Verkaufsniederlassung B. W. als Erweiterung der bestehenden Arbeitsverträge angeboten. Den Mitarbeitern steht es grundsätzlich frei, dem einzelvertraglichen Angebot zuzustimmen.

II. Zusatzregelungen

1. ...

1.1 ...

1.2 Arbeitszeitflexibilisierung im gewerblichen Bereich

Die zum 30.11.2005 gekündigte Rahmenbetriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung (BV-Nr. 03-05) wird ab dem 01.09.2005 mit der Maßgabe fortgeführt, dass die Bandbreite auf 200 Stunden Zeitguthaben und 100 Stunden Zeitschuld erhöht und auf die Festlegung eines Ausgleichszeitraums verzichtet wird. Die maximale wöchentliche Arbeitzeit beträgt 42 Stunden. Sind längere Arbeitszeiten betrieblich notwendig, werden separate Vereinbarungen angestrebt.

Für alle indirekt gewerblichen Mitarbeiter wird zugleich eine neue Betriebsvereingarung zur Arbeitszeitflexibilisierung abgeschlossen, deren Bandbreite ebenfalls 200 Stunden Zeitguthaben und 100 Stunden Zeitschuld beträgt. Auf einen festgelegten Ausgleichszeitraum wird dabei ebenfalls verzichtet.

1.3 Gleitzeit im Angestelltenbereich

Bei der Betriebsvereinbarung zur Gleitzeit (BV-Nr. 03-06) wird die Bandbreite auf 200 Stunden Zeitguthaben und 100 Stunden Zeitschuld ausgeweitet.

2. ...

III. Information der Mitarbeiter

Um bei den Mitarbeitern Zustimmung zu den vorgenannten Inhalten zu erreichen, ist eine umfangreiche und aktive Information notwendig. Die Mitarbeiter werden zuerst in einer gemeinsamen Informationsveranstaltung informiert. Im Anschluss finden abteilungsweise Informationsveranstaltungen statt, in denen die Vereinbarung den Mitarbeitern durch die Geschäftsführung u./o. Personalleitung sowie jeweils einer vom Betriebsrat zu benennenden Delegation erläutert und aktiv vertreten wird. Für Betriebsratsmitglieder wird die aktive Teilnahme in der eigenen Abteilung als selbstverständlich erachtet.

Als Zeichen der Geschlossenheit des Betriebsrats unterschreiben die Betriebsratsmitglieder die einzelvertraglichen Änderungen vor Beginn der Informationsveranstaltung.

IV. Salvatorische Klausel

Die Aufnahme einer salvatorischen Klausel für diese Rahmenvereinbarung u./o. die Einzelverträge muss noch juristisch geprüft werden.

V. Inkrafttreten und Dauer der Rahmenvereinbarung

Diese Vereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Die Betriebsparteien gehen davon aus, dass die Angebote an die Mitarbeiter auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarung in vollem Umfang akzeptiert werden. Sollte diese Erwartung nicht eintreffen, können Vorstand und Geschäftsführung von dieser Rahmenvereinbarung mit sofortiger Wirkung zurück treten, spätestens bis zum 29.07.2005 (letzter Arbeitstag vor dem Betriebsurlaub).

Ändern sich die Regelungen zur Arbeitszeit im Manteltarifvertrag der holz-/ kunststoffverarbeitenden Industrie Baden-Württemberg, prüfen die Betriebsparteien, ob die Rahmenvereinbarung angepasst werden muss.

Diese Rahmenvereinbarung kann unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Geschäftsjahresende, frühestens zum 31.08.2011, gekündigt werden. Diese Frist ist auch maßgebend für die in Ausführung der Rahmenvereinbarung noch abzuschließenden Betriebsvereinbarungen.

..."

In Ausführung dieser Rahmenvereinbarung schlossen die Betriebsparteien unter dem 22.06.2005

- eine Betriebsvereinbarung "BV - Nr. 05 - 06 ... Betriebsvereinbarung zur Jahresarbeitszeit (GJ 2005/2006)" (Bl. 45 d. erstinstanzlichen Akte; im Folgenden: "BV JahresAZ")

- eine Betriebsvereinbarung "BV - Nr. 05 - 08 ... Betriebsvereinbarung zur Gleitenden Arbeitszeit (Gleitzeit)" (Bl. 181 ff. d. erstinstanzlichen Akte; im Folgenden: "BV Gleitzeit") mit u.a. folgender Regelung:

"Für jeden Mitarbeiter wird ein Gleitzeitkonto in einer Bandbreite von + 200 Stunden bis - 100 Stunden geführt. Zeitsalden, die sich in diesem Rahmen bewegen, werden am Monatsende in den nächsten Monat übernommen."

- eine Betriebsvereinbarung "BV - Nr. 05 - 09 ... Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung (Produktion)" (Bl. 189 ff. d. erstinstanzlichen Akte; im Folgenden: "BV Arbeitszeitflexibilisierung [Produktion]"), die u.a. folgende Regelungen enthält:

"...

4.1. Flexibles Arbeitszeitmodell (Fleximodell)

4.1.1. Arbeitszeiten

Die wöchentliche Arbeitszeit kann zwischen 0 und 42 Stunden (incl. Einarbeitungszeit) schwanken. Dabei soll die tägliche Arbeitszeit (Sollzeit) 9 Stunden nicht überschreiten.

Soll eine tägliche Sollzeit von mehr als 9 Stunden (im Normalbetrieb bei 5-Tage-Woche, nicht Schichtbetrieb) angekündigt werden, muss dies im Einzelfall vorab mit dem Betriebsrat vereinbart werden.

Sind längere wöchentliche Arbeitszeiten betrieblich notwendig, werden separate Vereinbarungen angestrebt.

4.1.2. Zeitkonto und Ausgleich

Die durch das Fleximodell eintretenden Abweichungen zwischen tariflicher Arbeitszeit und Einarbeitungszeit einerseits sowie der Sollzeit andererseits werden im "Flexikonto" verwaltet.

Das Flexikonto ist ein kollektives Arbeitszeitkonto, das kostenstellenbezogen im Rahmen einer Bandbreite von +200 bis -100 Stunden genutzt werden kann. Sollte die Obergrenze an Plusstunden überschritten werden, sind alle Stunden, die im Flexikonto am Monatsende über +200 liegen, Überstunden und werden mit einem Mehrarbeitszuschlag von 25 % ausbezahlt oder dem persönlichen Zeitkonto gut geschrieben. Es besteht die Möglichkeit, dass auch der Mehrarbeitszuschlag dem persönlichen Konto gut geschrieben werden kann.

..."

- eine Betriebsvereinbarung "BV - Nr. 05 - 10 ... Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitflexibilisierung für gewerbliche Mitarbeiter außerhalb der Produktion" (Bl. 185 ff. d. erstinstanzlichen Akte; im Folgenden: "BV AZ Flexibilisierung [außerhalb der Produktion]"), die u.a. folgende Regelungen enthält:

"...

4.1. Flexibles Arbeitszeitmodell (Fleximodell)

4.1.1 Abteilungsbezogene Arbeitszeiten

Die wöchentliche Arbeitzeit kann zwischen 0 und 42 Stunden (incl. Einarbeitungszeit) schwanken. Dabei soll die tägliche Arbeitszeit (Sollzeit) 9 Stunden nicht überschreiten.

.......

4.1.2.........

4.2. Zeitkonto und Ausgleich

Die durch das Fleximodell eintretenden Abweichungen zwischen der betrieblichen Arbeitzeit gemäß Jahresarbeitszeit einerseits sowie der tatsächlichen Arbeitszeit andererseits werden im "Flexikonto" verwaltet. Diese Konto kann im Rahmen einer Bandbreite von +200 bis -100 Stunden genutzt werden. Sollte die Obergrenze an Plusstunden überschritten werden, sind alle Stunden, die im Flexikonto am Monatsende über +200 liegen, Überstunden und werden mit einem Mehrarbeitszuschlag von 25 % ausbezahlt oder dem persönlichen Zeitkonto gut geschrieben. Es besteht die Möglichkeit, dass auch der Mehrarbeitszuschlag dem persönlichen Konto gut geschrieben werden kann.

..."

- eine Betriebsvereinbarung "BV - Nr. 05 - 11 ... Variable Vergütung der Hymer-Jahresarbeitszeit" (Bl. 34 ff. d. Beschwerdeakte; im Folgenden: "BV Variable Vergütung")

Daneben bot die Arbeitgeberin den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern - mit Ausnahme der auf geringfügiger Basis Beschäftigten, den Altersteilzeitlern sowie denjenigen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis ruht - einheitlich Ergänzungen zum Arbeitsvertrag an (Bl.212 f. d. erstinstanzlichen Akte), die folgenden Inhalt besitzen:

"...

wird folgende Ergänzung des bestehenden Arbeitsvertrages vereinbart:

Der Inhalt der betrieblichen H.-Richtlinie 2005 in Verbindung mit den in der Folge abgeschlossenen und durch Aushang veröffentlichten Betriebsvereinbarungen (BV-Nr. 05-06 (Jahresarbeitzeit), 05-07 (Zeitarbeit), 05-08 (Gleitzeit), 05-09 (Flexizeit Produktion), 05-10 (Flexizeit Gewerbliche außer Produktion) und 05-11 (Sondervergütung H.-Jahresarbeitszeit) ist mir bekannt.

Grundlage dieses Ergänzungsvertrages ist insbesondere die Zusicherung des Vorstandes / der Geschäftsführung, dass zur Standortsicherung in B. W. eine neue Montagehalle mit einem Investitionsvolumen von ca. 16 Mio. Euro errichtet wird und Fahrzeuge der Marke H. bis zum 31.08.2011 weiterhin nur an den bestehenden Produktionsstandorten in B. W. oder C. gebaut werden. Ab dem 01.09.2009 gilt diese Zusage unter der Voraussetzung, dass der Standort B. W. in seiner Wirtschaftlichkeit mit anderen Standorten vergleichbar ist.

Ich nehme an dieser Maßnahme zur Standortsicherung teil. Daraus folgt:

1. H. - Jahresarbeitzeit

Zusätzlich zu der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von derzeit 35 Stunden wird eine Jahresarbeitszeit von 135 Stunden / Geschäftsjahr zur Verfügung gestellt. Diese zusätzliche betriebliche Arbeitzeit wird nach Maßgabe der Betriebsvereinbarungen über die Verteilung der Jahresarbeitszeit abgerufen.

Unberührt bleibt die Bereitschaft, im Bedarfsfall Mehrarbeit gemäß der tarifvertraglichen Bestimmungen zu leisten.

2. Sondervergütung

Die Firma gewährt für die H.-Jahresarbeitszeit eine Sondervergütung nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung (BV-Nr. 05-11). Eine vorgezogene Teilauszahlung auf diese Sondervergütung erfolgt für das Geschäftsjahr 2005/2006 mit der Lohn-/ Gehaltsabrechnung für den Monat Oktober 2005.

3. Beschäftigungssicherung

Für das Arbeitsverhältnis besteht eine Beschäftigungssicherung des Inhalts, dass jedem Beschäftigten am -Standort B. W., der in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der H. AG steht und die Voraussetzungen für den gesetzlichen Kündigungsschutz erfüllt, zugesagt wird, dass bis zum 31.08.2011 keine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen wird. Diese Beschäftigungsgarantie entfällt nur, wenn eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG notwendig wird und die Betriebsparteien darüber das Verfahren über einen Interessenausgleich einleiten.

Diese Vereinbarung ergänzt den bestehenden Arbeitsvertrag. Die darin vereinbarten Arbeitsbedingungen, einschließlich der tariflichen Leistungen, gelten unverändert weiter.

Diese Ergänzung zum Arbeitsvertrag tritt zum 01.09.2005 in Kraft und ist befristet bis zum 31.08.2011. Endet das Arbeitsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt, wird dadurch auch diese Vertragsergänzung beendet.

..."

Auf eine an alle Arbeitnehmer gerichtete Einladung der Arbeitgeberin vom 17.06.2005 zu einer Informationsveranstaltung am 20.06.2005 hin bezeichnete die Gewerkschaft das Vorgehen der Betriebsparteien mit Flugblatt vom 22.06.2005 (Bl. 54 d. erstinstanzlichen Akte) und mit an jedes Betriebsratsmitglied gerichtetem Schreiben vom selben Tage (Bl. 55 d. erstinstanzlichen Akte) als rechtswidrig, während der Betriebsrat die Belegschaft unter dem 22.06.2005 (Bl. 60 f. d. erstinstanzlichen Akte) über die aus seiner Sicht tragfähige Vereinbarung zur Standortsicherung informierte. Mit Schreiben vom 18.07.2005 (Bl. 5 ff. d. erstinstanzlichen Akte) rügte die Gewerkschaft die Rahmenvereinbarung als nichtig und verlangte, deren Anwendung zu unterlassen, was die Arbeitgeberin unter dem 28.07.2005 (Bl. 58 f. d. erstinstanzlichen Akte) ablehnte.

Von allen Arbeitnehmern, denen die Ergänzung des Arbeitsvertrages angeboten wurde, haben dieser nur 19 nicht zugestimmt.

Die Gewerkschaft hat vorgetragen, ihr stünde ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen unter Einschluss der als solche zu qualifizierenden Rahmenvereinbarungen hinsichtlich der dort vereinbarten Erhöhung der sog. Bandbreitenregelung und der Nichtfestlegung eines Ausgleichszeitraumes zu. Der Anspruch folge aus § 23 Abs. 3 i. V. mit § 77 Abs. 3 BetrVG, nachdem die Betriebsvereinbarungen eindeutig gegen die tarifvertraglichen Regelungen verstießen und den Betriebsparteien diesbezüglich die Regelungskompetenz fehle. Auf ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG könnten sich die Arbeitgeberin und der Betriebsrat nicht berufen, da die Tarifvertragsparteien die wöchentliche Arbeitzeit ohne Pausen auf 35 Stunden festgeschrieben hätten und hinsichtlich der Öffnungsklauseln verbindliche Vorgaben insbesondere in Bezug auch auf die Bandbreitenregelung sowie die maximalen Zeitschulden/-guthaben und den Ausgleichszeitraum für den Bereich der Arbeitzeitflexibilisierung und der Gleitzeit getätigt hätten. Schließlich stehe ihr ein Anspruch aus §§ 1004, 823 BGB i. V. mit Artikel 9 Abs. 3 GG auf Unterlassung der Anwendung der als vertragliche Einheitsregelung einzustufenden einzelnen Arbeitsvertragsregelungen hinsichtlich der Erhöhung der Jahresarbeitszeit auf der Grundlage der auch insoweit als betriebliche Vereinbarung einzustufenden Rahmenvereinbarungen zu, da diese die tarifliche Ordnung verdrängen würden und damit einen Eingriff in ihre Koalitionsfreiheit darstelle. Die Koalitionsfreiheit sichere auch die Durchsetzung der Tarifregelungen.

Die Gewerkschaft hat beantragt:

1. Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, ab 01. September 2005 die durch die mit dem Betriebsrat geschlossene Rahmenvereinbarung in II Pos. 1.1 vereinbarte Fortführung der vereinbarten BV Arbeitszeitflexibilisierung alt bzw. die Anwendung der Pos. 4.1.1 und 4.1.2 der BV Arbeitszeitflexibilisierung (Produktion) mit einer Bandbreite von 200 Stunden Zeitguthaben und 100 Stunden Zeitschuld sowie einem Verzicht auf die Festlegung eines Ausgleichszeitraumes anzuwenden.

2. Die Arbeitgeberin wird verpflichtet es zu unterlassen, in Vollziehung der mit dem Betriebsrat geschlossenen Rahmenvereinbarung in Pos. II 1.2 die Anwendung der Pos. 4.1.1 und 4.2 der BV Arbeitszeitflexibilisierung (außerhalb der Produktion) hinsichtlich einer Bandbreite von 200 Stunden Zeitguthaben, 100 Stunden Zeitschuld und einem Verzicht auf Festlegung eines Ausgleichszeitraumes anzuwenden.

3. Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, ab 01.09.2005 die durch die mit dem Betriebsrat geschlossene Rahmenvereinbarung in II Pos. 1.3 vereinbarte Ausweitung der Gleitzeit im Angestelltenbereich durch die BV Gleitzeit alt bzw. der BV Gleitzeit in deren Pos. 4.5 auf eine Bandbreite von 200 Stunden Zeitguthaben und 100 Stunden Zeitschuld anzuwenden.

4. Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, die auf Basis der mit dem Betriebsrat vereinbarten Rahmenvereinbarung Pos. I. Nr. 2.1. einzelvertraglich vereinbarten Regelungen: "H.-Jahresarbeitszeit zusätzlich zu der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von derzeit 35 Stunden wird eine Jahresarbeitszeit von 135 Stunden/Geschäftsjahr zur Verfügung gestellt. Diese zusätzliche betriebliche Arbeitszeit wird nach Maßgabe der Betriebsvereinbarungen über die Verteilung der Jahresarbeitszeit abgerufen ...", bei den Beschäftigten im Betrieb B. .W. anzuwenden.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer würden nach wie vor die tariflichen Leistungen auf der Grundlage einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden erhalten. Lediglich außerhalb dieser kollektiven Regelung hätte sich die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer einzelvertraglich bereit erklärt, eine zusätzliche Arbeitsleistung gegen Bezahlung einer Sondervergütung und einer Beschäftigungssicherung zu erbringen. Die materiell-rechtlichen Tarifbedingungen würden dadurch nicht tangiert, da nur zusätzliche Leistungen außerhalb der tariflich abgesicherten Mindestbedingungen angeboten worden seien. Insoweit enthalte die mit dem Betriebsrat geschlossene Rahmenvereinbarung auch eine bloße Absichtserklärung, die der Betriebsrat nur zur Kenntnis genommen habe. Lediglich hinsichtlich der Verteilung dieser außertariflichen und der tariflichen Arbeitszeit sowie der Ausgestaltung der Sondervergütung enthalte die Rahmenvereinbarung Betriebsvereinbarungen nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 10 BetrVG. Insoweit habe jedoch die Gewerkschaft in den Vorgesprächen bereits signalisiert, einem Flexibilisierungsmodell mit +/- 200 Stunden ohne Ausgleichszeitraum zuzustimmen. § 5 Abs. 1 MTV regle die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, nicht jedoch die höchstzulässige Arbeitzeit. Im Rahmen der bestehenden Öffnungsklausel sei es den Betriebsparteien überlassen, insbesondere die Dauer der Arbeitszeit in den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes zu regeln. Mit Blick auf die "Regelfall"-Regelungen des § 5 Abs. 2 Nr. 1a MTV sei es den Betriebsparteien auch in Bezug auf den Ausgleichszeitraum gestattet, Regelungen über die Einschränkung, Ausdehnung oder einen Fristverzicht zu treffen. Unter Beachtung einer tarifvertragskonformen Tarifvertragsauslegung ergebe sich ferner, dass die in § 5 Abs. 2 Nr. 1c MTV vorgegebenen Höchst- und Mindestgrenzen lediglich für die tarifliche Regelarbeitzeit gelten. Wichen - wie vorliegend - die Betriebsparteien von dieser ab, stünde ihnen auch das Recht zu, abweichende Ausgleichsregelungen zu treffen. Die Regelungsbefugnis über eine Gleitzeitvereinbarung sei nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 im MTV und der diesbezüglichen tarifvertraglichen Protokollnotiz gänzlich den Betriebsparteien überlassen, wie sich auch eindeutig aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Nr. 3 MTV ergebe. Nach der Rechtsprechung des BAG läge im Übrigen kein von der Gewerkschaft rügbarer Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG vor, wenn - dies zu Gunsten der Gewerkschaft unterstellt - die Betriebsparteien im Rahmen ihrer durch tarifvertragliche Öffnungsklausel übertragenen Regelungsbefugnis gegen höherrangiges Recht verstießen. Darüber hinaus habe sie sich zuvor gutachterlichen Rechtsrat durch Anwälte und den Arbeitgeberverband eingeholt, die einstimmig zu dem Ergebnis gekommen seien, dass der eingeschlagene Weg gesetzes- und tarifvertragskonform sei.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschriften über die Anhörungstermine Bezug genommen.

Durch den der Arbeitgeberin am 16.08.2006 zugestellten Beschluss vom 26.07.2006, auf den zur näheren Sachdarstellung ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Anträgen Position 1, 2 und 4 im Wesentlichen entsprochen. Die Anträge seien zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt; die Gewerkschaft sei antragsbefugt; das Beschlussverfahren sei die richtige Verfahrensart. Die Anträge seien - mit Ausnahme des in die Vergangenheit zurückreichenden Teils des Antrages Position 1 - auch begründet. Die Rahmenvereinbarung und die BV AZ-Flexibilisierung (Produktion) und (außerhalb der Produktion), die allesamt sowohl formell als auch inhaltlich als Betriebsvereinbarungen zu qualifizieren seien, verstießen bezüglich der Festlegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden, einer Bandbreite des Arbeitszeitkontos von +200 bis -100 Stunden und der Festlegung keines Ausgleichszeitraums gegen den Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG und speziell gegen § 5 I Nr. 1 MTV (regelmäßige wöchentliche tarifliche Arbeitszeit: 35 Stunden), § 5 II Nr. 1a MTV (flexible Arbeitszeit zwischen 0 bis 40 Stunden pro Woche, wobei der Zeitausgleich zur tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden im Planungszeitraum von im Regelfall bis zu einem Jahr zu erfolgen hat) und § 5 II Nr. 1c Satz 3 MTV (die Abweichung von der tariflichen Sollarbeitszeit darf für die einzelnen Beschäftigten nicht mehr als 100 Stunden Zeitguthaben bzw. 50 Stunden Zeitschuld betragen). Bezüglich der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit greife § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unzweifelhaft direkt ein und werde nicht durch § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG verdrängt, da dem Betriebsrat insoweit kein Mitbestimmungsrecht zustehe. Selbst wenn man bezüglich der Höhe der Zeitsalden und der Nichtfestlegung eines Ausgleichszeitraums im Hinblick auf die Öffnungsklauseln in § 5 II Nr. 1a und c MTV von einem Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und deshalb zunächst "nur" von einem Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG (i.V.m. der jeweiligen tarifvertraglichen Regelung) ausgehe, sei jedoch zugleich auch ein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gegeben. Denn der betrieblichen Regelung stehe eine zwingende tarifvertragliche Regelung entgegen. Das BAG (29.10.2002 - 1 AZR 573/01 -) mache zwar von diesem Grundsatz dann eine Ausnahme, wenn der Tarifvertrag ergänzende Betriebsvereinbarungen zulasse. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG werde jedoch auch in diesem Fall nur soweit beseitigt, wie das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 BetrVG in den Grenzen der tarifvertraglichen Öffnung reiche und die tarifvertragliche Regelung nicht bereits selbst eine positive Sachregelung enthalte. Das folge aus dem Sinn und Zweck des § 77 Abs. 3 BetrVG, die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zu gewährleisten. Sie räume den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis solle nicht durch hiervon abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden. Ein zur (Teil-)Unwirksamkeit einzelner Betriebsvereinbarungen führender Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG liege daher auch dann vor, wenn - wie vorliegend - die tarifvertraglich vorgesehene Öffnung für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen selbst nur mit erheblichen Einschränkungen, d.h. konkreten inhaltlichen Vorgaben erfolge, die Betriebsvereinbarung(en) offensichtlich gegen diese zwingend festgelegten inhaltlichen Vorgaben des Tarifvertrages verstießen (zwingende Festlegung eines Ausgleichs- bzw. Planungszeitraumes und zwingende Festlegung der Ober-/Untergrenzen für ein Zeitguthaben bzw. eine Zeitschuld) und die entsprechenden Regelungen darüber hinaus in unmittelbarem Zusammenhang mit einer - nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegenden - tarifvertragswidrigen Erhöhung der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit stünden. Die weiteren Anspruchsvoraussetzungen des § 23 Abs. 3 i.V.m. § 77 Abs. 3 BetrVG seien ebenfalls erfüllt, insbesondere sei von einem groben Verstoß der Arbeitgeberin auszugehen.

Gemäß §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG könne die Gewerkschaft auch Unterlassung der Anwendung der von der Arbeitgeberin mit dem überwiegenden Teil ihrer Arbeitnehmer ergänzend abgeschlossenen individualrechtlichen Regelungen über die Erhöhung der Arbeitszeit verlangen. Die als Einheitsregelung zu qualifizierende Ergänzung der Arbeitsverträge verstoße gegen § 5 I Nr. 1 MTV. Eine von der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden abweichende einzelvertragliche Regelung sei nur im Rahmen des § 4 Abs. 3 TVG zulässig, müsse also für den Arbeitnehmer eine günstigere Rechtsfolge auslösen, wobei der Günstigkeitsvergleich auf der Grundlage eines Sachgruppenvergleichs durchzuführen sei. Dabei stellten eine erhöhte Arbeitszeit unter Verzicht auf die tarifliche Vergütung einschließlich entsprechender Zuschläge einerseits und die Gewährung einer - in mehrfacher Hinsicht eingeschränkten Beschäftigungsgarantie sowie einer im vorliegenden Verfahren nicht näher konkretisierten und bislang freiwillig gewährten Sondervergütung in Form einer Gewinnbeteiligung andererseits unterschiedlich geartete Regelungsgegenstände dar, für die es keinen gemeinsamen Maßstab gebe und die insoweit miteinander nicht verglichen werden könnten. Da somit eine etwaige Beschäftigungssicherung und eine gewinnorientierte Sonderzahlung nicht in den Günstigkeitsvergleich einbezogen werden könnten, erweise sich die "bloße" Vereinbarung einer Erhöhung der Arbeitszeit für die Arbeitnehmer als ungünstiger. Auch die weiteren Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch lägen vor, nachdem die Arbeitgeberin und ca. 25 % ihrer Arbeitnehmer tarifgebunden seien.

Zwar könne grundsätzlich die Gewerkschaft nicht verlangen, dass der Arbeitgeber den Vollzug einer tarifwidrigen betrieblichen Regelung auch hinsichtlich der Tarifaußenseiter unterlasse, weil es jenen grundsätzlich frei stehe, mit nicht organisierten Arbeitnehmern untertarifliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren. Ausnahmsweise könne jedoch ein Unterlassungsanspruch eine Regelung auch hinsichtlich dieser Arbeitnehmer erfassen. Dies sei dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber seiner Zielvorgabe nach entsprechende Vereinbarungen keinesfalls allein mit den Tarifaußenseitern treffen wollte, sondern nur zu einer Regelung bereit gewesen sei, die sich unabhängig von der Tarifbindung auf die gesamte Belegschaft oder bestimmte Teile derselben erstrecke. In diesem Fall könne die angegriffene Regelung nur für alle betroffenen Arbeitnehmer oder gar nicht Bestand haben.

So liege der Fall hier. Denn ausweislich der Positionen II 2 und V der Rahmenvereinbarung sei es Ziel der Arbeitgeberin gewesen, mit jedem Arbeitnehmer die streitgegenständliche Ergänzung zum Arbeitsvertrag abzuschließen. Die Betriebsparteien seien davon ausgegangen, dass die den Arbeitnehmern unterbreitete Angebote in vollem Umfang akzeptiert würden. Gleichzeitig habe sich die Arbeitgeberin ein Rücktrittsrecht für den Fall vorbehalten, dass diese Erwartung nicht eintreffe. Schließlich habe die Arbeitgeberin auch im Anhörungstermin erklärt, dass es Ziel gewesen sei, ein Gesamtpaket abzuschließen und keine Spaltung im Betrieb eintreten zu lassen. Die Voraussetzungen für einen auf alle betroffenen Arbeitnehmer bezogenen Unterlassungsanspruch seien - ungeachtet deren Tarifbindung - erfüllt.

Hiergegen richtet sich die am 11.09.2006 eingegangene und am 13.10.2006 begründete Beschwerde der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin bestreitet einen Organisationsgrad der Belegschaft von 25 % mit Nichtwissen; sie gehe von einem wesentlich geringeren aus. Im Übrigen bekräftigt sie ihre bereits erstinstanzlich vorgetragene Rechtsauffassung. Die Unterlassung der Anwendung der vertraglichen Einheitsregelung könne die Gewerkschaft zum einen nicht im Beschlussverfahren geltend machen, zum anderen sei der Antrag nicht hinreichend bestimmt, weil die gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer nicht offengelegt worden seien. Unbeschadet dessen seien sämtliche Anträge unbegründet. Denn die Arbeitgeberin habe bei ihren Vereinbarungen mit dem Betriebsrat und ihren Arbeitnehmern nur den Freiraum außerhalb der tariflichen Regelarbeitszeit von 35 Stunden pro Woche und der gesetzlichen Schranke von 48 Stunden pro Woche für eine dem betrieblichen Bedarf angepasste Regelung genutzt, also keine über-, sondern eine außertarifliche Regelung vereinbart, die nicht am Maßstab des § 4 Abs. 3 TVG, sondern an § 105 GewO i.V.m. § 612 BGB, §§ 310 Abs.4, 305c ff. BGB zu messen sei und sich deshalb als unbedenklich erwiese. Aber auch im Blick auf § 4 Abs. 3 TVG wäre die getroffene betriebliche Regelung nicht zu beanstanden, weil die gewährte Beschäftigungssicherung in den Günstigkeitsvergleich einzubeziehen wäre. Im Hinblick auf die tarifliche Öffnungsklausel in § 5 II MTV und die daraufhin veranlassten BV AZ-Flexibilisierung (Produktion) und (außerhalb der Produktion) stehe der Gewerkschaft kein Rügerecht gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG zu, im Übrigen verstießen die Betriebsvereinbarungen auch nicht gegen § 5 II Nr. 1 MTV. Jedenfalls läge kein grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG und auch kein Verschulden im Sinne von § 823 BGB vor. Höchst hilfsweise habe die Arbeitgeberin gegen die Gewerkschaft einen Anspruch auf Zustimmung zu den aufgrund betriebsbedingter Notwendigkeiten getroffenen Betriebsvereinbarungen (vgl. § 5 II Nr. 1e MTV). Das vorliegende Beschlussverfahren sei deshalb aufgrund Vorgreiflichkeit des am 11.10.2007 von ihr eingeleiteten Beschlussverfahrens auf Erteilung der Zustimmung zu den streitgegenständlichen Regelung bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss auszusetzen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm - Kammern Ravensburg - vom 26.07.2006 - 7 BV 13/05 - abzuändern und die Anträge der Gewerkschaft insgesamt abzuweisen.

Die Gewerkschaft beantragt,

die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss und wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen weiterer Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins zur mündlichen Anhörung Bezug genommen.

B.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist statthaft ( § 87 Abs. 1 ArbGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Satz 1 und 2, 66 Abs. 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den in die zweite Instanz gelangten Unterlassungsbegehren der Gewerkschaft zu Recht entsprochen. Die Anträge sind hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Gewerkschaft ist im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten und antragsberechtigt. Das Beschlussverfahren ist die richtige Verfahrensart. Die Anträge sind, soweit ihnen das Arbeitsgericht stattgegeben hat, auch begründet. Auch die Rahmenvereinbarung und die BV AZ-Flexibilisierung (Produktion) und (außerhalb der Produktion) verstoßen bezüglich der Festlegung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden, einer Bandbreite des Arbeitszeitskontos von 200+ bis 100- Stunden und der Festlegung keines Ausgleichszeitraumes gegen § 5 I Nr. 1, II Nr. 1a und c MTV. Bezüglich der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit greift der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG direkt ein, bezüglich der Bandbreite der Zeitsalden der Arbeitszeitkonten und der Nichtfestlegung eines Ausgleichszeitraums haben die Betriebsparteien die ihnen gemäß § 5 II Nr. 1a und c MTV mit exakt begrenzten Vorgaben eingeräumte Öffnungsklausel offensichtlich überschritten. Weil die entsprechenden Regelungen in unmittelbarem Zusammenhang mit einer nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegenden tarifvertragswidrigen Erhöhung der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit stehen, gebietet der Sinn und Zweck des § 77 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 23 Abs. 3 BetrVG, dem Unterlassungsbegehren der Gewerkschaft zu entsprechen, nachdem der Verstoß der Arbeitgeberin als grob einzustufen ist (I). Die Gewerkschaft kann von der Arbeitgeberin gemäß §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG auch Unterlassung der Anwendung der mit ihren Arbeitnehmern im Wege der vertraglichen Einheitsregelung vereinbarten Erhöhung der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit verlangen. Eine von § 5 MTV abweichende Arbeitszeitregelung wäre nur im Rahmen des § 4 Abs. 3 TVG zulässig. Bei dem auf der Grundlage eines Sachengruppenvergleichs durchzuführenden Günstigkeitsvergleich ist eine etwaige Beschäftigungssicherung und eine gewinnorientierte Sonderzahlung nicht einzubeziehen, weshalb sich die "bloße" Vereinbarung einer Erhöhung der Arbeitszeit für die Arbeitnehmer als ungünstiger erweist. Weil die Arbeitgeberin tarifgebunden und die Gewerkschaft bei ihr vertreten ist und die Arbeitgeberin bezweckt hat, die vertragliche Einheitsregelung unabhängig von der Tarifbindung der einzelnen Arbeitnehmer auf die gesamte Belegschaft zu erstrecken, kann die Gewerkschaft der Arbeitgeberin die Anwendung der gesamten vertraglichen Regelungen untersagen lassen (II). Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das Beschwerdegerecht folgt dieser Ansicht uneingeschränkt. Es schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Gründen des angefochtenen Beschlusses vollinhaltlich an und sieht deshalb insoweit zur Vermeidung wortgleicher Wiederholungen von der Wiedergabe der Gründe ab. Die Beschwerde bringt hiergegen im Kern weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Neues vor. Sie versucht nur vergeblich, ihre Rechtsauffassung anstelle derjenigen des Arbeitsgerichts zu setzen. Dies erfordert nicht eine erneute systematische Darstellung der Obersätze und der Subsumtion, sondern veranlasst lediglich folgende abschließende Bemerkungen:

I.

Flexibilisierung (Produktion) und (außerhalb der Produktion)

1. Ausgangspunkt der Argumentation der Arbeitgeberin ist, die Arbeitszeitverlängerung sei keine über-, sondern eine außertarifliche Regelung, die nicht gegen die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoße. Diese Ansicht teilt das Beschwerdegericht nicht. Die von der Gewerkschaft angegriffenen Arbeitszeitregelungen in der Rahmenvereinbarung und in den BVen Arbeitszeitflexibilisierung (Produktion) und (außerhalb der Produktion) haben einen übertariflichen Charakter.

a) "Über-" und "außertarifliche" Regelungen unterscheiden sich danach, dass "außertarifliche" Regelungen Gegenstände betreffen, die die einschlägigen tariflichen Bestimmungen überhaupt nicht vorsehen, während "übertarifliche" Regelungen an den tariflichen Gegenstand anknüpfen, aber über die tariflich normierten Bedingungen hinausgehen (BAG 07.02.2007 - 5 AZR 41/06 - NZA 2007, 934, Rn. 26).

b) Daran gemessen liegt in der die tarifliche Arbeitszeit überschreitenden Arbeitszeitvereinbarung eine übertarifliche Regelung. Die Tarifvertragsparteien haben die Arbeitszeit in § 5 MTV umfassend geregelt, indem sie in § 5 I die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit festgelegt und in § 5 II klar umgrenzte Spielräume für die Betriebsparteien eröffnet haben.

aa) Dass die Tarifvertragsparteien die Arbeitszeit damit kollektivrechtlich als umfassend geregelt verstanden haben, ergibt sich eindeutig aus § 5 II e MTV, wonach den Betriebsparteien etwa erforderlich erscheinende ergänzende Betriebsvereinbarungen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Tarifvertragsparteien bedürfen. Damit sind die Betriebsparteien ohne Genehmigung der Tarifvertragsparteien an einer Ausweitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durch Betriebsvereinbarung gehindert.

bb) Sie wären dies im Übrigen auch bei Fehlen einer Vorschrift wie derjenigen des § 5 II e MTV. Denn mit der Festlegung einer regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit und einer klar umrissenen Regelungsbefugnis für die Betriebsparteien haben die Tarifvertragsparteien die Arbeitszeit kollektivrechtlich abschließend geregelt. Dass die gesetzlich zulässige Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz höher liegt, spielt keine Rolle. Insbesondere erscheint dies entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht im Blick auf deren Vertragsfreiheit problematisch. Denn die Arbeitgeberin hat sich durch ihren Beitritt zu dem den Tarifvertrag abschließenden Arbeitgeberverband freiwillig der Tarifbindung gemäß § 3 TVG unterworfen und ist gemäß § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nur kollektivrechtlich an einer anderen Regelung gehindert. Individualrechtlich kann sie mit ihren Arbeitnehmern unter Beachtung des § 4 Abs. 3 TVG weitergehende Vereinbarungen treffen.

2. Die Rahmenvereinbarung und die BVen Arbeitszeitflexibilisierung (Produktion) und (außerhalb der Produktion) verstoßen gegen § 5 MTV: I 2.1 der Rahmenvereinbarung gegen § 5 I Nr. 1 MTVG, II 1.2 Satz 1 der Rahmenvereinbarung gegen § 5 II Nr. 1a und c MTV und II 1 2 Satz 2 der Rahmenvereinbarung gegen § 5 IIa Satz 1 MTV.

a) Dass die Betriebsparteien die Schwankungsbreite für die wöchentliche Arbeitszeit von 0 bis 42 Stunden nicht anlässlich der Einführung der zusätzlichen 135 Jahresarbeitsstunden neu festgelegt, sondern aus der zuvor schon geltenden BV Arbeitszeitflexibilisierung alt übernommen haben, hindert die Gewerkschaft nicht, dieser Regelung im Hinblick auf das geänderte Gesamtgefüge nunmehr erstmals entgegenzutreten.

b) Indem die Betriebsparteien gemäß II 1.2 Satz 1 a.E. der Rahmenvereinbarung auf die Festlegung eines Ausgleichszeitraums verzichtet haben, haben sie § 5 II Nr. 1a Satz 2 MTV zuwider gehandelt, der die Festlegung eines Planungszeitraums von im Regelfall bis zu einem Jahr statuiert. Die Argumentation der Arbeitgeberin, der in dieser Vorschrift des MTV geregelte Zeitausgleich sei an den Planungszeitraum gekoppelt, letzterer sei bei ihr im Hinblick auf die Art der Produktion flexibel gehalten, weshalb sie einen solchen habe nicht festzulegen brauchen, stellt einen untauglichen Versuch zur Umgehung des MTV dar. Denn mit der Begründung, die Produktion flexibel handhaben zu wollen, lässt sich jeder Planungszeitraum negieren. Dass dies nicht vom Willen der Tarifvertragsparteien und vom Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung gedeckt ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

c) Ob die in II 1.2 Satz 1 der Rahmenvereinbarung festgelegte Bandbreite von 200 Stunden Zeitguthaben und 100 Stunden Zeitschuld, die diejenige in § 5 II Nr. 1c MTV von 100 Stunden Zeitguthaben und 50 Stunden Zeitschuld um jeweils das Doppelte übersteigt, (auch) eine Abweichung zugunsten der Arbeitnehmer beinhaltet oder nicht, kann dahinstehen. Denn die Betriebsparteien sind jedenfalls kollektivrechtlich gehindert, die tarifvertragliche Grenze überhaupt zu überschreiten.

3. In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht hält auch das Beschwerdegericht die Gewerkschaft für berechtigt, die gesamten durch die Betriebsvereinbarungen hervorgerufenen Verstöße gegen § 5 MTV und nicht nur diejenigen gegen unmittelbar normativ wirkende Bestimmungen im Wege des Unterlassungsanspruchs gegen die Arbeitgeberin geltend zu machen.

a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Vorschrift gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebspartner ausgefüllt werden können (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. etwa 20.02.2001 - 1 AZR 233/00 - BAGE 97, 44). Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des BAG (29.10.2002 - 1 AZR 573/01 - BAGE 103, 187) greift die Sperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG dann nicht ein, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen. Die Regelungssperre wird aber nur soweit beseitigt, wie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG reicht.

b) Das Arbeitsgericht hat daraus auf Bl. 20 der Gründe des angefochtenen Beschlusses (= Bl. 234 d. erstinstanzlichen Akte) gefolgert, der Schutzzweck des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gebiete eine Beseitigung der Regelungssperre nur, soweit das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 BetrVG in den Grenzen der tarifvertraglichen Öffnung reiche und die tarifvertragliche Regelung nicht bereits selbst eine positive Sachregelung enthalte.

Dem schließt sich die erkennende Beschwerdekammer an. Denn eine Differenzierung zwischen Betriebsvereinbarungen, die gegen § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen einerseits und andererseits betrieblichen Regelungen, die in Ausübung eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 BetrVG zustande gekommen sind, überzeugt nicht - vor allem auch deshalb, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (26.04.1996 - 1 BvR 712/86 - AP Nr. 2 zu § 57a HRG; 14.11.1995 - 1 BvR 601/92 - AP Nr. 80 zu Art. 9 GG) der Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG sich nicht mehr lediglich auf einen Kernbereich der Koalitionsbetätigung bezieht, sondern alle koalitionsspezifischen Betätigungen als geschützt ansieht und das BAG (20.04.1999 - 1 ABR 72/98 - BAGE 91, 210, Rn. 93) selbst Zweifel für angebracht gehalten hat, ob die Trennlinie zwischen mitbestimmungspflichtigen und mitbestimmungsfreien Betriebsvereinbarungen zugleich die Grenze markiert, von der der Schutz der Koalitionsfreiheit und damit ein Abwehrrecht der Gewerkschaft abhängig sein kann, nachdem kein genereller Zusammenhang zwischen der Ausgestaltung des Mitbestimmungsrechts und dem Gewährleistungsbereich der Koalitionsfreiheit bestehe.

Deshalb ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass ein zur (Teil)Unwirksamkeit einzelner Betriebsvereinbarung führender Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG auch dann vorliegt, wenn - wie vorliegend - die tarifvertraglich vorgesehene Öffnung für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen selbst nur mit erheblichen Einschränkungen, d.h. konkreten inhaltlichen Vorgaben, erfolgt, die Betriebsvereinbarungen offensichtlich gegen diese zwingend festgelegten inhaltlichen Vorgaben des Tarifvertrags verstoßen (zwingende Festlegung eines Ausgleichs- bzw. Planungszeitraums und zwingende Festlegung der Ober-/Untergrenzen für ein Zeitguthaben bzw. eine Zeitschuld) und die entsprechenden Regelungen darüber hinaus in unmittelbarem Zusammenhang mit einer - nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegenden - tarifvertragswidrigen Erhöhung der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit stehen.

4. Die Arbeitgeberin hat grob im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG gegen ihre Verpflichtung aus § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen.

a) Ein grober Verstoß liegt vor, wenn es sich um eine objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Pflichtverletzung handelt, wobei es auf ein Verschulden nicht ankommt (BAG 29.02.2000 - 1 ABR 4/99 - AP Nr. 105 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Bereits ein einmaliger Verstoß kann eine grobe Pflichtverletzung sein (Fitting, BetrVG, 23. Aufl., § 23 Rn. 62 m.w.N.). Kein grober Verstoß liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht handelt (Fitting a.a.O. § 23 Rn. 63 m.w.N.). Ein Unterlassungsanspruch nach § 23 BetrVG verlangt keine Wiederholungsgefahr (Fitting a.a.O. § 23 Rn. 65 m.w.N.), denn der Anspruch ist eine Reaktion auf grobe Verstöße des Arbeitgebers gegen die Betriebsverfassung; bereits dieser Umstand begründet die Wiederholungsgefahr (Fitting a.a.O. § 23 Rn. 65 m.w.N.)

b) Daran gemessen weist das streitauslösende Verhalten der Arbeitgeberin die Merkmale eines groben Verstoßes im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG auf. Das Gewicht der Pflichtverletzungen ist offensichtlich schwerwiegend. Es handelt sich bezüglich Art, Intensität und Umfang um evidente Verstöße gegen die tarifvertraglich bindend geregelte wöchentliche Arbeitszeit einschließlich Ausgleichszeitraum, Bandbreite und wöchentlicher Höchstarbeitszeit. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind weder besonders schwierig noch ungeklärt, die Arbeitgeberin nimmt nur jeweils andere Standpunkte ein, ohne hierfür Gefolgschaft zu finden.

5. Dass die Arbeitgeberin gegen die Gewerkschaft mit Schriftsatz vom 11.10.2007 (Kopie Bl. 138 ff. Beschwerdeakte) vor dem Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren auf Erklärung der Zustimmung gemäß § 5 II Nr. 1e MTV eingeleitet hat, berührt das Beschwerdeverfahren nicht und bildet insbesondere keinen Grund zu dessen Aussetzung. Denn unbeschadet der Frage, ob § 5 II Nr. 1e MTV überhaupt als ein klagbarer Zustimmungsanspruch ausgestaltet ist und ob ggf. die Anspruchsvoraussetzungen vorlägen, hätte die Arbeitgeberin jedenfalls bis zu einer erteilten Zustimmung die Durchführung der hier streitgegenständlichen Maßnahmen zu unterlassen, weshalb es an einer Vorgreiflichkeit des erst jüngst eingeleiteten Beschlussverfahrens fehlt.

II.

Zum Unterlassungsanspruch betreffen die betrieblichen Einheitsregelungen

1. Zur Zulässigkeit

Gegen die Zulässigkeit des Antrags ergeben sich keine Bedenken daraus, dass er im Beschlussverfahren verfolgt wird.

aa) Nicht nur ein auf § 23 Abs. 3 BetrVG, auch ein auf - wie hier - §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG gestützter Antrag kann eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit betreffen. Das liegt besonders dann nahe, wenn sich der Antrag gegen die Durchführung von Betriebsvereinbarungen richtet. Verfahrensgegenstand sind nämlich normative Regelungen, für die das Betriebsverfassungsgesetz sowohl die rechtliche Grundlage bietet wie auch den Vollzug durch den Arbeitgeber fordert (BAG 20.04.1999 - 1 ABR 72/98 - a.a.O. Rn. 64 m.w.N.).

Kein wesentlicher Unterschied besteht, wenn Regelungsabreden und deren individualrechtliche Umsetzung angegriffen werden. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die von der Gewerkschaft bekämpfte Abweichung von den tariflichen Arbeitsbedingungen hier nicht bereits durch die Absprache mit dem Betriebsrat, sondern erst durch die arbeitsvertragliche Umsetzung bewirkt wird. Es ist aber zu berücksichtigen, dass auch insoweit die behauptete Rechtsverletzung von einem gemeinsamen Handeln der Betriebsparteien ausgeht (vgl. BAG 20.04.1999 - 1 ABR 72/98 - a.a.O. Rn. 65).

Ein Urteilsverfahren kommt danach für Ansprüche der vorliegenden Art wohl nur dann in Betracht, wenn Regelungen angegriffen werden, die allein auf entsprechenden Vereinbarungen des Arbeitgebers mit den Arbeitnehmern beruhen, ohne dass ein Betriebsrat mitgewirkt hätte, vielleicht nicht einmal vorhanden wäre. In solchen Fällen kann ein Unterlassungsantrag der Gewerkschaft gegen den Arbeitgeber zu einem Urteilsverfahren im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG führen. Es geht dann in einem Rechtsstreit zwischen tariffähigen Parteien aus unerlaubter Handlung um die Vereinigungsfreiheit und nicht zugleich betriebsverfassungsrechtliche Fragen (BAG 20.04.1999 - 1 ABR 72/98 - a.a.O. Rn. 66).

bb) Daran gemessen ist im Streitfall das Beschlussverfahren die zutreffende Verfahrensart. Denn die vertraglichen Einheitsregelungen gehen auf die Rahmenvereinbarung zurück. Gemäß deren III hat sich der Betriebsrat zur aktiven Mitwirkung an der Umsetzung der Rahmenvereinbarung und dem Abschluss der hierzu erforderlichen vertraglichen Einheitsregelungen verpflichtet.

b) Der Antrag ist hinreichend bestimmt, obwohl die Gewerkschaft weder ihre Mitglieder noch die Mitarbeiter, mit denen die Arbeitgeberin die vertragliche Einheitsregelung abgeschlossen hat, namentlich benannt hat.

aa) Zwar kann die Gewerkschaft im allgemeinen nicht verlangen, dass der Arbeitgeber den Vollzug einer tarifwidrigen betrieblichen Regelung auch hinsichtlich der Tarifaußenseiter unterlässt. Es steht ihm grundsätzlich frei, mit nichtorganisierten Arbeitnehmern untertarifliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren (BAG 20.04.1999 - 1 ABR 72/98 - a.a.O. Rn. 119).

Nur ausnahmsweise kann ein Unterlassungsanspruch eine Regelung auch hinsichtlich dieser Arbeitnehmer erfassen. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber nach seiner Zielvorgabe entsprechende Vereinbarungen keinesfalls allein mit den Tarifaußenseitern treffen wollte, sondern nur zu einer Regelung bereit war, die sich unabhängig von der Tarifbindung auf die gesamte Belegschaft oder bestimmte Teile derselben erstreckt. In diesem Fall kann die angegriffene Regelung nur für alle betroffenen Arbeitnehmer oder gar nicht Bestand haben (BAG 20.04.1999 - 1 ABR 72/98 - a.a.O. Rn. 120).

bb) So liegt der Fall hier. Gemäß V Satz 2 der Rahmenvereinbarung gehen die Betriebsparteien davon aus, dass die Angebote an die Mitarbeiter auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarung in vollem Umfang akzeptiert werden. Sollte diese Erwartung nicht eintreffen, können Vorstand und Geschäftsführung der Arbeitgeberin gemäß V Satz 3 der Rahmenvereinbarung von dieser mit sofortiger Wirkung zurücktreten. Daraus ergibt sich eindeutig, dass die Betriebs-Partien die vertragliche Einheitsregelung bei sämtlichen Beschäftigten, also sowohl bei den bei der Gewerkschaft organisierten als auch bei den nicht tarifgebundenen, zur Anwendung bringen wollten. Deshalb ist die namentliche Benennung jener Mitarbeiter entbehrlich. Denn die Arbeitgeberin weiß, welche Arbeitnehmer bei ihr beschäftigt sind (vgl. hierzu auch BAG 19.03.2003 - 4 AZR 271/02 - BAGE 105, 275, Rn. 35).

2. Zur Begründetheit

a) Der Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG setzt einen objektiv widerrechtlichen Eingriff in ein gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht oder ein durch eine andere Vorschrift der §§ 823 ff. geschützten Rechtsgut voraus. Auf ein Verschulden des Täters oder das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit kommt es nicht an. Ein Schaden muss noch nicht entstanden sein, es genügt, dass er droht (allgemeine Auffassung, vgl. Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., Rn. 19 vor § 823 BGB m.w.N.). Erforderlich ist eine ernstliche, auf Tatsachen gründende Besorgnis, dass in Zukunft gegen eine bestehende Unterlassungspflicht erstmals oder wiederholt verstoßen wird. Hat ein Eingriff bereits stattgefunden, begründet dies für gleichartige Verletzungshandlungen die widerlegbare Vermutung einer Wiederholungsgefahr (allgemeine Auffassung, vgl. Palandt/Sprau a.a.O. Rn. 20 vor § 823 BGB m.w.N.).

b) Die erforderlichen Voraussetzungen liegen, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, allesamt vor.

aa) Da es auf ein Verschulden der Arbeitgeberin nicht ankommt, braucht ein solches entgegen deren Auffassung auch nicht positiv festgestellt zu werden.

bb) Dass die vertraglichen Einheitsregelungen gegen die tarifvertraglichen Arbeitszeitregelungen verstoßen und sich auch im Blick auf § 4 Abs. 3 TVG als nicht günstiger erweisen, weil in den Günstigkeitsvergleich nicht das von der Arbeitgeberin bezeichnete "Paket" der von der Regelung betroffenen Gegenständen einzubeziehen, sondern der Günstigkeitsvergleich auf der Grundlage des Sachgruppenvergleichs vorzunehmen ist, weshalb eine etwaige Beschäftigungssicherung und eine gewinnorientierte Sonderzahlung außer Betracht zu bleiben haben, hat das Arbeitsgericht in Anwendung der Grundsätze des BAG (20.04.1999 - 1 ABR 72/98 - a.a.O.) hinlänglich ausgeführt. Die Arbeitgeberin setzt dieser Argumentation nur ihre eigene, andere Auffassung entgegen, ohne neue Aspekte aufzuzeigen, weshalb hier seitens des Beschwerdegerichts keine weiteren Ausführungen veranlasst sind.

C.

Das Verfahren ist gemäß § 2 Abs. 2 GKG gerichtskosten- und -gebührenfrei.

D.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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