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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 13.09.2001
Aktenzeichen: 21 Sa 49/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, RTV, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 315
BGB § 305
RTV § 23
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
21 Sa 49/01

verkündet am 13. September 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 21. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Leicht, den ehrenamtlichen Richter Neidlein und den ehrenamtlichen Richter Dr. Oesterreich auf die mündliche Verhandlung vom 13.09.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20.03.2001 - Aktenzeichen 4 Ca 1682/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von einer ausführlichen Darstellung des Prozeßstoffes wird im Hinblick auf § 543 Absatz 1 ZPO abgesehen. Stattdessen wird auf den Inhalt des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Urteils (ArbG-Akte Blatt 56 bis 62) verwiesen.

Die Parteien streiten auch zweitinstanzlich weiterhin im Rahmen einer Feststellungsklage darüber, ob die berufungsführende Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den ihr aus der Prämienfreistellung eines zu ihren Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages entstandenen und zukünftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Ihr beiderseitiges Vorbringen im Berufungsverfahren erschließt sich aus den Schriftsätzen der Beklagten vom 08.05.2001 (LAG-Akte Blatt 1 bis 7) sowie dem der Klägerin vom 18.05.2001 (LAG-Akte Blatt 15 bis 27) und ihren Anlagen. Hierauf wird Bezug genommen.

Die Beklagte führt gegen das angefochtene Urteil im wesentlichen an, das Arbeitsgericht habe die Wirkungen der in § 23 des allgemeinverbindlich erklärten Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereiniger-Handwerk vom 22.09.1995 und vom 01.09.2000 (RTV) enthaltenen zweistufigen Ausschlußfristen (schriftliche Geltendmachung binnen zweiter Monate nach Fälligkeit; gerichtliche Geltendmachung innerhalb weiterer zwei Monate nach der Ablehnung oder einer Nichterklärung von zwei Wochen) verkannt. Nach Kenntniserlangung von der Prämienfreistellung hätte die Klägerin Feststellungsklage auf Schadensersatz erheben können, sie habe dies jedoch erst 13 Monate später getan. Die Prämienfreistellung sei ab 01.01.2000 erfolgt, die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche erstmals mit der Klagerhebung am 23.02.2001.

Ausschlußfristen sollten sicherstellen, daß Rechtsstreitigkeiten zeitnah zu dem eine Meinungsverschiedenheit auslösenden Ereignis ausgetragen werden. Es liege nicht in der Willkür der Parteien, ob und wann sie sich auf bestehende oder vermeintliche Rechte berufen. Dies gelte auch hinsichtlich eines Feststellungsanspruches. Den Parteien sei vorgegeben, entweder diesen Anspruch innerhalb der Ausschlußfrist geltend zu machen oder darauf zu verzichten und ihren Schadensersatzanspruch erst bei konkretem Schadenseintritt geltend zu machen. Bei dieser Sicht der Dinge sei der streitgegenständliche Feststellungsanspruch verfristet.

Unabhängig davon habe sie sich nicht schadensersatzpflichtig gemacht. Sie - und nicht die Klägerin - habe einen Vertrag mit dem X-Konzern Lebensversicherungs-AG abgeschlossen. Für die Klägerin seien daraus nur sukzessive Rechte erwachsen. Darüber sei sie bei Aushändigung der Urkunde über die Lebensversicherung informiert worden. Ihre Rechte richteten sich nach dem Versicherungsvertrag, den der Lebensversicherung zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen und dem Betriebsrentengesetz. Durch Aushändigung der Urkunde habe die Klägerin aber nicht mehr Rechte erhalten, als in dem Lebensversicherungsvertrag vereinbart sei oder ihr durch Gesetz zuerkannt werde. Zum Zeitpunkt der Prämienfreistellung habe das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin, das am 01.07.1988 begründet worden sei, noch keine 12 Jahre und die Versorgungszusage noch keine drei Jahre bestanden. Die Unverfallbarkeitsvoraussetzungen seien nicht erfüllt. Deshalb habe sie, die Beklagte, von den ihr in den Versicherungsvertragsbedingungen eingeräumten Rechten Gebrauch machen können, ohne sich schadensersatzpflichtig zu machen.

Dementsprechend beantragt die Beklagte in zweiter Instanz sinngemäß:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20.04.2001 - Aktenzeichen 4 Ca 1682/01 - wird im Hinblick auf die Ziffer 1 seines Tenors abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt in erster Linie das arbeitsgerichtliche Urteil. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Beklagten seien unbehelflich. Zum einen habe sie, die Klägerin, im Zeitpunkt der Prämienfreistellung ab 01.01.2000 einen unverfallbaren Versorgungsanspruch erworben, nachdem sie schon seit November 1987 und nicht erst seit Juli 1988 bei der Beklagten beschäftigt sei - was sich aus der Lohn- und Gehaltsabrechnung für November 1987 eindeutig ergebe - und die Versorgungszusage am 14.03.1995 erteilt worden sei. Das Verfristungsargument der Beklagten treffe nicht zu, weil sie, die Klägerin, erst im Juli 2000 Kenntnis davon erlangt habe, daß die Beklagte keine Versicherungsprämien mehr geleistet habe und ihr der X-Konzern erst mit Schreiben vom 07.08.2000 bestätigt habe, daß die Versicherung zum 01.01.2000 prämienfrei gestellt worden sei.

Mit Schreiben vom 14.08.2000 (Anlage K 5) habe sie die Beklagte aufgefordert, die Betriebsrente wieder in Kraft zu setzen und die Beiträge zu bezahlen, da sie von einem Versehen seitens der Beklagten ausgegangen sei. Erst nachdem diese in keiner Weise reagiert habe, habe sie am 07.09.2000 Klage auf Prämienzahlung und auf Wiederinkraftsetzung der Lebensversicherung beim Arbeitsgericht Stuttgart eingereicht. Da sich die Beklagte geweigert habe, einem Antrag auf Wiederinkraftsetzung zuzustimmen oder die Versicherung auf sie zu übertragen, habe sie die Schadensersatzklage eingereicht. Zu Recht habe das Arbeitsgericht ihre Zahlungsanträge als Feststellungsanträge ausgelegt, welche sie nunmehr auch ausdrücklich stelle.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und ihrer Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte Berufung der Beklagten (§ 64 Absatz 2 lit. b ArbGG) wurde form- und fristgerecht eingelegt und zugleich begründet (§§ 64 Absatz 6, 66 Absatz 1 alte Fassung ArbGG, 518, 519 alte Fassung ZPO). Sie ist auch im übrigen zulässig.

II.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg; denn das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, welcher sich das Berufungsgericht voll und ganz anschließen kann, festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den ihr aus der Prämienfreistellung der zu ihren Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherung beim X-Konzern Lebensversicherungs-AG, Nr. Y entstandenen und künftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen. Die hiergegen von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgetragenen Argumente überzeugen nicht.

1. Es begegnet zunächst keinen prozessualen Bedenken, wenn das Arbeitsgericht dem Zahlungsbegehren der Klägerin einen konkludenten Hilfsantrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten entnommen hat. Erweist sich nämlich die erhobene Leistungsklage als unbegründet, entspricht aber der Erlaß eines Feststellungsurteils dem Interesse der klagenden Partei, so kann das Gericht dem in dem Leistungsbegehren inzidenter enthaltenen Antrag auf Feststellung des Rechtsverhältnisses auch dann stattgeben, wenn dieser Antrag nicht ausdrücklich hilfsweise gestellt worden ist (vergleiche dazu BGH NJW 1984, 2259; NJW 1992, 1834, 1836 f.; Musielak, ZPO, 2. Auflage, § 308 Randnummer 8 ff.).

Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Rechtsschutzbegehrens der Klägerin erscheint umso sachgerechter, als die Klägerin sie sich in zweiter Instanz zu eigen gemacht und vorsorglich einen ausdrücklichen Feststellungsantrag gestellt hat.

2. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der in der Zahlungsklage enthaltenen hilfsweisen Feststellungsklage der Klägerin entsprochen.

a) Zutreffend hat es zunächst das hierfür stets erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Absatz 1 ZPO) bejaht. Es ist der Klägerin nämlich nicht zuzumuten, eine Klärung der streitigen Frage, ob die Beklagte berechtigt war, den zu ihren Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag prämienfrei zu stellen, erst im Rahmen eines nach Ablauf des vorgesehenen Vertragszeitraumes (01.01.2006) klären zu lassen; denn bei einem für sie eventuell negativen Ausgang eines solchen Prozesses wäre es ihr nicht mehr möglich, die dann bestehende Versorgungslücke zu finanziell für sie annehmbaren Bedingungen zu schließen.

b) Die Klage ist auch begründet. Den Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Ziffer I. 2. der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Die von der Beklagten hiergegen vorgebrachten Argumente tragen nicht.

Die Beklagte hat der Klägerin mit Aushändigung der Urkunde vom 14.03.1995 (Anlage K 2, ArbG-Akte Blatt 9 bis 26) sinngemäß eine unwiderrufliche Versorgungszusage in Gestalt einer Direktversicherung erteilt. Gemäß § 133 BGB ist bei der Auslegung der einem Vertragsschluß zugrundeliegenden maßgeblichen Willenserklärung der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften. Empfangsbedürftige Willenserklärungen - so auch die Zusage eines Arbeitgebers auf Abschluß eines Lebensversicherungsvertrages zugunsten des Arbeitnehmers im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung - sind demnach so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mußte. Bei der Auslegung dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung für den Empfänger erkennbar waren; es ist auf seinen "Horizont" und seine Verständnismöglichkeit abzustellen, und zwar auch dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und verstehen durfte. Das bedeutet allerdings nicht, daß der Empfänger einer Willenserklärung einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen darf; er ist vielmehr nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat. Entscheidend ist im Ergebnis nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines rechtsgeschäftlichen Verhaltens (vergleiche hierzu Heinrichs in Palandt, BGB, 58. Auflage, § 133 Randnummer 9 ff. mit weiteren Nachweisen).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe auf den vorliegenden Fall ergibt sich aus der Urkunde über eine Versicherung für die Klägerin vom 14.03.1995 gerade nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit, daß die Beklagte der Klägerin lediglich eine Zusage unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Prämienfreistellung im Rahmen der Versicherungsbedingungen mit dem X-Konzern Lebensversicherungs-AG hatte erteilen wollen. Weder Absatz 2 der Urkunde ("Damit Sie sich ein Bild über die Versichertenleistungen machen können, fügen wir als Anlage eine Abschrift des Versicherungsscheins Nr. Y bei.") noch Absatz 3 ("Für die Versicherungsleistungen und die Ansprüche darauf gelten die im Versicherungsschein genannten Vertragsbestandteile.") mußte die Klägerin entnehmen, daß die Zusage auf eine betriebliche Altersversorgung unter einer Art Widerrufsvorbehalt für die Zukunft stehen sollte; denn mit der Aushändigung der Urkunde hatte die Beklagte ihrer Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Klägerin auch in Zukunft für ihr Unternehmen wie in der Vergangenheit in vorbildlicher Pflichterfüllung und Treue tätig sein werde. Diese auf eine langfristige Zusammenarbeit abzielende Erwartung mußte in der Klägerin den Eindruck erwecken, daß die Versicherung für sie bestehen bleibe, solange sie bei der Beklagten arbeiten würde. Aus dem Inhalt der allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung des X-Konzerns konnte die Klägerin schlechterdings nicht den Schluß ziehen, daß die dort unter § 4 vorgesehene Prämienfreistellungsmöglichkeit für die Beklagte gegenüber der Versicherungsgesellschaft auch im Verhältnis zwischen ihr und der Beklagten Anwendung finden sollte. Dies anzunehmen hatte sie umso weniger Veranlassung, als die spezielleren Vereinbarungen gemäß Rahmenabkommen (Lebensversicherungs-Klauseln Blatt 4 bis 7, ArbG-Akte Blatt 14 bis 17) die Prämienfreistellungsoption im Rahmen der Direktversicherung bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis unerwähnt lassen. Die Umwandlung der Versicherung in eine prämienfreie knüpft dort an das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis an. Mangels konkreter anderslautender Vereinbarung durfte die Klägerin darauf vertrauen, daß eine Prämienfreistellung allenfalls im Rahmen der Vereinbarungen gemäß dem Rahmenabkommen bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten erfolgen würde.

Daraus folgt, daß die Beklagte arbeitsvertraglich nicht berechtigt war, die Prämienfreistellung bei dem X-Konzern Lebensversicherungs-AG zu beantragen, und die Beklagte durch die gleichwohl erfolgte Antragstellung die Unmöglichkeit der weiteren Vertragserfüllung aufgrund der Zusage vom 14.03.1995 gegenüber der Klägerin schuldhaft verursacht, jedenfalls die ihr der Klägerin gegenüber obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt hat und deshalb unter dem Gesichtspunkt positiver Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig geworden ist.

Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man aber auch dann, wenn man die Zusage vom 14.03.1995 im Sinne der Beklagten dahingehend auslegt, daß ein Anspruch nur unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Prämienfreistellung seitens der Beklagten entstehen sollte. Selbst wenn sich nämlich der Arbeitgeber den Widerruf einer Versorgungszusage nach freiem Belieben vorbehalten hat, heißt dies noch nicht, daß er einfach seine Leistungen einstellen und eine Zusage widerrufen könnte. Dies ist mit dem Gedanken einer Altersversorgung unvereinbar. Schon aus allgemeinen Rechtsgründen folgt, daß ein Widerruf nicht rechtsmißbräuchlich oder willkürlich erfolgen darf. Darüber ist die Rechtsprechung aber hinausgegangen. Sie läßt einen Widerruf nur noch bei sachlich begründetem Anlaß zu und wendet § 315 BGB analog an. Danach ist im Zweifel die Leistung nach billigem Ermessen zu bestimmen, das heißt im Zweifel ist nur von einem nach billigem Ermessen auszuübenden Vorbehalt auszugehen (vergleiche etwa BAG AP Nr. 6 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen). Danach hat sich der Arbeitgeber "gleichsam wie ein Unparteiischer seine Interessen und die Belange des Arbeitnehmers zu vergegenwärtigen, sie gegeneinander abzuwägen und danach seine Entscheidung zu treffen" (so BAG AP Nr. 18 zu § 242 BGB Ruhegehalt).

Aus welchen Gründen die Beklagte bei dem X-Konzern Lebensversicherungs-AG die streitige Prämienfreistellung beantragt hat, ist im gesamten Verfahren nicht vorgetragen worden. Selbst wenn man dem Schriftverkehr zwischen den Parteien konkludent die Ausübung eines Widerrufsvorbehaltes gegenüber der Klägerin entnehmen wollte, so könnte nicht davon ausgegangen werden, daß der Widerruf der gebotenen Billigkeit nach § 305 BGB entsprach; denn insoweit trifft den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast (vergleiche dazu BAG AP Nr. 13 zu § 242 BGB Ruhegehalt).

Auch wenn man also den Rechtsstandpunkt der Beklagten teilen würde, erschiene die Beantragung der Prämienfreistellung vertragswidrig, so daß die Beklagte in jedem Fall schadensersatzpflichtig ist.

Auf die zwischen den Parteien streitige weitere Frage, ob die Beklagte ein Widerrufsrecht schon deshalb nicht hätte ausüben können, weil die Klägerin bereits Ende 1999 eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft erworben habe, wie die Klägerin behauptet, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr entscheidungserheblich an.

Soweit die Beklagte schließlich einwendet, das Arbeitsgericht hätte die getroffene Feststellung schon deshalb nicht aussprechen dürfen, weil der Feststellungsanspruch der Klägerin gemäß § 23 RTV für die gewerblichen Beschäftigten im Gebäudereiniger-Handwerk verfristet sei, geht sie von falschen Annahmen aus. Diese Vorschrift betrifft nämlich nach Sinn und Zweck der Regelung nur materiell-rechtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche Ansprüche, die mit ihm in Verbindung stehen, nicht aber die einer Vertragspartei aufgrund der Zivilprozeßordnung eingeräumten Rechte, solche materiell-rechtlichen Ansprüche gerichtlich feststellen zu lassen.

Vorliegend berühmt sich die Klägerin einer Schadensersatzforderung gegenüber der Beklagten, deren Höhe derzeit nicht bestimmbar erscheint und die bislang noch nicht fällig ist. Dieser materiell-rechtliche Schadensersatzanspruch ist bislang noch nicht verfristet. Ob der Bestand dieses Anspruches gerichtlich festgestellt werden kann, ist nicht eine Frage der Reichweite der tarifvertraglichen Ausschlußfrist, vielmehr eine des Rechtsschutzinteresses nach § 256 Absatz 1 ZPO, welches oben bereits bejaht worden ist. Die Betrachtungen der Beklagten zu dem von ihr behaupteten quasi verselbständigten Feststellungsanspruch und seiner Verfristung gehen deshalb ins Leere.

Nach allem konnte der Berufung der Beklagten kein Erfolg beschieden sein.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Danach hat die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels diejenige Partei zu tragen, die es eingelegt hat. Dies ist vorliegend die Beklagte.

2. Die Zulassung der Revision war nach Auffassung des Berufungsgerichts im Hinblick auf den Einzelfallcharakter der Entscheidung nicht veranlaßt.

Ende der Entscheidung

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