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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 06.07.2006
Aktenzeichen: 21 Sa 8/06
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, SGB IX, SGB III


Vorschriften:

KSchG § 4
KSchG § 7
KSchG § 13
KSchG § 23 Abs. 1
BGB § 123
BGB § 134
BGB § 242
BGB §§ 305 ff.
BGB § 306
BGB § 307
BGB § 308
BGB § 309
BGB § 310 Abs. 3 Nr. 2
BGB § 626 Abs. 1
SGB IX §§ 85 ff.
SGB III § 312
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 21 Sa 8/06

verkündet am 06.07.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 21. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Leicht, den ehrenamtlichen Richter Dr. Gienger und die ehrenamtliche Richterin Janz auf die mündliche Verhandlung vom 06.07.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.10.2005 - Aktenzeichen 30 Ca 1770/05 - wird hiermit auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses seitens der Beklagten.

Der am 15.12.1943 geborene Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin ab 01.01.1992 beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt belief sich auf zuletzt Euro 3.170,00. Bei einem Grad der Behinderung von 50 % ist der Kläger anerkannter Schwerbehinderter. Seit 01.06.2005 bezieht er Altersruhegeld.

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne von § 23 Abs. 1 KSchG.

Im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs vom 21.01.2004 wurde der Kläger vor dem Hintergrund einer aus Sicht der Beklagten überdurchschnittlich großen Menge an Ausschussware im Bereich der Metzgerei angewiesen, künftig Wurst- und Fleischwaren, auch soweit sie für nicht mehr veräußerlich erachtet würden, nur noch nach ausdrücklicher Zustimmung der Beklagten zu entsorgen. Für den Fall, dass hiergegen verstoßen würde, sei mit ernsthaften Sanktionen, nämlich der außerordentlichen Kündigung, zu rechnen.

Die erteilte Anweisung wurde in der Folge im Rahmen von mindestens drei Personalgesprächen nochmals angesprochen.

Anlässlich einer Kontrolle Mitte Mai 2004 stellte der Sohn der Beklagten, fest, dass 3 kg Rindfleisch gut verpackt ausgesondert worden waren. Hierauf wurde der Kläger zur Rede gestellt, wobei der Inhalt des Gesprächs, insbesondere die Einlassung des Klägers, zwischen den Parteien streitig ist. Ebenfalls streitig ist zwischen den Parteien, ob im Rahmen des Gesprächs Mitte Mai 2004 oder aber bereits im Dezember 2003 eine Taschenkontrolle beim Kläger durchgeführt worden war, bei deren Gelegenheit beim Kläger ein Spielzeugauto aufgefunden wurde. Unstreitig allerdings erklärte der Kläger auf Nachfrage, dass er dieses Auto bei der Konkurrenz erworben habe; tatsächlich handelte es sich um die Beigabe eines Lieferanten der Beklagten, die der Kläger entsprechend der bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten bestehenden betrieblichen Übung mit nach Hause genommen hatte.

Am 17.01.2005 entdeckte Herr B. entweder in der Bio- oder aber in der Mülltonne Wurst- und Fleischreste. Die Zustimmung der Beklagten zur Aussonderung dieser Wurst- und Fleischreste war zuvor nicht eingeholt worden. Herr B. sprach den Kläger auf diesen Vorgang an; der Inhalt des zwischen den Gesprächspartnern geführten Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.

Auch am 21.01.2005 stellte Herr B. fest, dass Wurst- und Fleischreste ohne Zustimmung der Beklagten ausgesondert worden waren.

Am 03.02.2005 schließlich entdeckte die Beklagte bei der Mitarbeiterin M. verpackte Suppenknochen. Der Kläger hatte diese Suppenknochen als verdorben angesehen und sie deshalb im Kühlraum zwecks Entsorgung ausgesondert. Der Anfrage der Frau M., ob diese die Knochen mitnehmen könne, hatte der Kläger zugestimmt.

Diesen Sachverhalt nahm die Beklagte zum Anlass, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 04.02.2005, das dem Kläger am selben Tage übergeben wurde, fristlos zu kündigen. Die Übergabe des Kündigungsschreibens erfolgte nach Durchführung eines Gesprächs, an dem neben dem Kläger und der Beklagten u.a. der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, die Substitutin und deren Ehemann teilnahmen. Im Rahmen des Gesprächs wurde dem Kläger vorgeworfen, er habe sich eines Diebstahls strafbar gemacht; ob darüber hinaus auch mit der Erstattung einer Strafanzeige gedroht wurde, ist zwischen den Parteien streitig.

Am Montag, den 07.07.2005 rief daraufhin die Tochter des Klägers bei der Beklagten an, um nach den Hintergründen der Kündigung wie nach der Möglichkeit einer gütlichen Einigung, insbesondere einer Umwandlung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung, zu fragen. Die Beklagte erklärte, generell könne sie sich das vorstellen, sie wolle sich jedoch zuvor mit ihrem Anwalt besprechen und werde sich dann wieder melden. Die Tochter des Klägers teilte daraufhin der Beklagten ihre geschäftliche Telefonnummer mit.

Am 08.02.2005 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten telefonisch bei der Tochter des Klägers; zur Zeit des Anrufs war zufällig auch der Kläger vor Ort. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärte, man sei grundsätzlich zu einem Vergleich bereit. Für denselben Abend, 18.30 Uhr, wurde daraufhin im Ladengeschäft der Beklagten ein Treffen vereinbart.

An der am Abend des 08.02.2005 durchgeführten Besprechung nahmen der Kläger und seine Tochter sowie die Beklagte, deren Prozessbevollmächtigter und deren Sohn teil. Der Inhalt des Gesprächs im Einzelnen ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls schlossen die Parteien im Rahmen des Termins folgenden als Abwicklungsvertrag (ArbG ABl. 31) bezeichneten Vertrag:

"1. Die Parteien stellen außer Streit, dass das Arbeitsverhältnis zwischen AG und AN endet aufgrund ordentlicher Kündigung vom 04.02.2005 zum 31.03.2005.

2. Der AN verzichtet auf die Zustimmung des Integrationsamtes.

3. Kündigungsgrund sind betriebsbedingte Gründe. Der AG wird die Metzgerabteilung schließen und diese in einen Feinkostbetrieb umwandeln. Der Arbeitsplatz des Metzgermeisters entfällt.

4. Der AN wird bis zum 31.03.2005 von der Arbeitsleistung unter Verrechnung von etwaigen Urlaubsansprüchen von der Arbeitsleistung freigestellt.

5. Der AN erklärt gegenüber dem AG für den Zeitraum vom 04.02.2005 bis zum 31.03.2005 keine Ansprüche auf Arbeitsentgelt zu fordern und durchzusetzen. Der AN erklärt hiermit den Verzicht auf diese Lohnansprüche und verzichtet auf die Möglichkeit der Klage.

6. Sollte Nr. 5) dieser Vereinbarung unwirksam sein, so anerkennt der AN gegenüber dem AG eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 8.000,00.

7. Der AN anerkennt abstrakt und selbständig dem AG einen Betrag von EUR 8.000,00 zu schulden. Rechtsgrund dieses Anerkenntnisses sind Vorfälle in der Vergangenheit, die allerdings mit der ordentlichen Kündigung nicht im Zusammenhang stehen. Diese Vereinbarung steht damit außerhalb dieses Abwicklungsvertrages. Der AG wird dieses abstrakte Schuldversprechen nicht durchsetzen, wenn mit dem Abwicklungsvertrag alle Ansprüche des AN erledigt sind.

8. Der AG verzichtet mit der Durchführung des Abwicklungsvertrages auf die ihm zustehende Vertragsstrafe in Höhe von EUR 3.173,94.

9. AN und AG erklären, dass tarifvertragliche Regelungen keine Wirksamkeit entfalten.

10. Der AN wird die beabsichtigte Kündigungsschutzklage zurückziehen und verzichtet auf das Rechtsmittel der Kündigungsschutzklage.

11. Der AN erklärt unabhängig von dieser Vereinbarung, beim AG nicht weiter arbeiten zu wollen. Die Arbeitskraft wird nicht angeboten vom AN.

12. Mit diesem Abwicklungsvertrag sind alle Ansprüche abgegolten und erledigt. Zahlungsansprüche bestehen von beiden Seiten nicht mehr. Von der Abgeltungsklausel sind alle Ansprüche umfasst, seien diese bekannt oder unbekannt, entstanden oder erst in der Entstehung begriffen. Ausgenommen hiervon ist ausschließlich:

- das qualifizierte Arbeitszeugnis

- die Ausstellung der Lohnsteuerkarte

- sowie Aushändigung der Arbeitspapiere".

Mit Schreiben vom 09.02.2005 teilte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten der Tochter des Klägers mit, wie sie die Fragebögen zur Vorlage beim Arbeitsamt, die er soweit als möglich schon ausgefüllt habe, weiter ausfüllen möge. Bei der Frage nach dem arbeitsvertragswidrigen Verhalten möge "nein" angekreuzt werden. Mit "nein" möge auch die Frage nach erteilten Abmahnungen angekreuzt werden. Unter Ziffer 5) möge angegeben werden, dass am 04.02.2005 auch die ordentliche Kündigung ausgesprochen worden sei. Frau B. beabsichtige, die Metzgereiabteilung in eine Feinkostabteilung umzuwandeln. Dadurch werde der Kläger nicht mehr benötigt. Der Arbeitsplatz sei weggefallen. Aus diesem Grund sei eine Fortsetzung der Beschäftigung nicht mehr zumutbar.

Mit Schreiben vom 16.02.2005, das an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten übermittelt wurde, hat der Kläger den mit der Beklagten geschlossenen Abwicklungsvertrag wegen Irrtums und Drohung angefochten. Mit Schreiben vom 06.07.2005, ebenfalls an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten adressiert, erfolgte zudem die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 29.08.2005 darauf hingewiesen hatte, dass er für Anfechtungsschreiben nicht zustellungsbevollmächtigt sei und der Beklagten das Schreiben vom 16.02.2005 nie zugegangen sei, hat der Kläger mit Schreiben vom 08.09.2005, gerichtet an die Beklagte, nochmals die Anfechtung des Abwicklungsvertrages wegen Irrtums, Drohung und arglistiger Täuschung erklärt.

Mit seiner am 18.02.2005 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangenen Klage beruft sich der Kläger auf die Unwirksamkeit der von der Beklagten erklärten Kündigung. Die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt worden sei. Gründe, die eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung rechtfertigen würden, seien im übrigen nicht gegeben.

Ihm sei es nicht verwehrt, die Kündigung gerichtlich anzugreifen. Zwar sei in dem "Abwicklungsvertrag" vom 08.02.2005 ein Klageverzicht aufgenommen worden. Die Vereinbarung sei jedoch infolge Anfechtung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung vernichtet worden, entfalte also keinerlei Wirkung.

Bereits anlässlich der Übergabe der Kündigung sei ihm, dem Kläger, damit gedroht worden, dass gegen ihn Strafanzeige erstattet würde; hierdurch sei er total erschüttert und von der Rolle gewesen. Dies sei dann Anlass sowohl für seine Ehefrau als auch seine Tochter gewesen, bei der Beklagten anzurufen.

Bei dem telefonisch vereinbarten Treffen des 08.02.2005 habe er sich, nachdem er und seine Tochter um 19.15 Uhr endlich Gehör erhalten hätten, auf die Frage des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, was er wolle, zunächst entschuldigt und dann erklärt, es sei ihm wichtig, dass er keine Anzeige bekomme und wenigstens aus der außerordentlichen eine ordentliche Kündigung gemacht werde zur Vermeidung einer Sperrfrist beim Arbeitsamt. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe erklärt, die Anzeige sei schon vorbereitet und bei dieser Gelegenheit nochmals betont, dass er, der Kläger, vor Gericht keine Chance habe, die Arbeitgeberin würde vor Gericht mit der außerordentlichen Kündigung wegen Diebstahls und mit der Strafanzeige auf alle Fälle durchkommen. Die Beklagte habe noch hinzugefügt, es seien außerdem noch Stornos (Quittungen) ausgestellt worden, die nicht wirklich getätigt worden seien. Er habe hierzu erklärt, dass er damit nichts zu tun habe, er könne das gar nicht gewesen sein, weil er nicht wisse, wie das gehe. Er hefte solche Sachen seit jeher auf einem Spieß auf. Sein Kollege habe ihm das mit den Stornos zwar mal zu erklären versucht, er habe dies jedoch nicht verstanden. Die Beklagte habe daraufhin erklärt, sie glaube ihm das, es könne gut sein, dass jemand anderes die Stornos aus Versehen gemacht habe.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe dann noch darauf verwiesen, dass er, der Kläger, bei der Übergabe der Kündigung den Verdacht geäußert habe, man wolle ihn loswerden. Dies sei nicht richtig, er wäre ohnehin früher oder später gekündigt worden, da die Metzgerei nicht mehr so gut laufe und man sie in eine Art Feinkostbistro umwandeln wolle, wofür man keinen Metzger, sondern einen Koch benötige.

Sodann habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten den Abwicklungsvertrag formuliert, wobei die Pkte. 1 bis 3 während des Schreibens laut von ihm diktiert worden seien; die restlichen Punkte seien zunächst jeweils geschrieben und dann vorgelesen worden. Dabei sei es durch hereinkommendes Personal immer wieder zu Störungen gekommen. Für ihn, den Kläger, sei die Situation immer unerträglicher geworden, er habe sie nur möglichst schnell beenden wollen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ihm den Vertrag zur Unterschrift vorgelegt habe, habe er nur noch gefragt, ob die Anzeige erledigt sei, wenn er das unterschreibe, was bestätigt worden sei. Er habe daraufhin den Vertrag gar nicht mehr gelesen, sondern sofort unterschrieben. Nach der Unterzeichnung sei der Sohn der Beklagten mit dem Vertrag hinausgegangen, um Kopien zu fertigen; dies habe ca. 10 bis 15 Minuten gedauert. Bis zu seiner Rückkehr sei nicht mehr über den Vertrag gesprochen worden.

Er habe den "Abwicklungsvertrag", der sich rechtlich tatsächlich als Aufhebungsvertrag darstelle, zu Recht angefochten. Er habe den Vertrag nur unterzeichnet, weil ihm von der Beklagten damit gedroht worden sei, dass Strafanzeige erstattet werde. Er sei ferner darüber getäuscht worden, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Sperrfrist verhängen würde. Ausdrücklich habe er eingangs des Gespräches vom 08.02.2005 erklärt, dass es ihm darum gehe, eine Strafanzeige zu vermeiden und aus der außerordentlichen Kündigung wenigstens eine ordentliche Kündigung zur Vermeidung einer Sperrzeit beim Arbeitsamt zu machen. Tatsächlich sei dann im Abwicklungsvertrag aufgenommen worden, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung vom 04.02.2005 mit Ablauf des 31.03.2005 enden würde, obschon eine ordentliche Kündigung erst zum 31.07.2005 möglich gewesen wäre.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe insoweit erklärt, mit diesem Vertrag betrage die Sperrfrist nur noch zwei statt drei Monate, so dass er, der Kläger, früher an Arbeitslosengeld komme. Seine Tochter habe hierauf erklärt, dass er dann ja nur für die zwei Monate Februar und März Lohneinbußen habe, wie es ja bereits im Vertrag vom 08.02.2005 mit der Festlegung der Kündigungsfrist auf den 31.03.2005 und einem Verzicht auf Lohnansprüche bis dahin festgelegt sei, so dass er ab dem 01.04.2005 Arbeitslosengeld bekomme. Dem sei von keiner Seite, auch nicht von Seiten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, widersprochen worden, obwohl dieser genau gewusst habe, dass die Sperrzeit nicht ab Ausspruch der Kündigung am 04.02.2005, sondern erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab 01.04.2005 zu laufen beginne und auf jeden Fall drei Monate betrage. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe daher ihn, den Kläger, der erklärt habe, dass er eine Sperrzeit bis Ende März in Kauf nehme, wenn er wenigstens ab 01.04.2005 Arbeitslosengeld erhalte, und seine Tochter bewusst in dem falschen Glauben gelassen, dass er ab 01.04.2005 Arbeitslosengeld beziehen könne bzw. werde.

Unbeschadet dessen, dass der Vertrag vom 08.02.2005 wirksam angefochten sei, entfalte er auch deshalb keine Wirkung, weil er sittenwidrig sei. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich sowohl aus der Vereinbarung einzelner Passagen wie aus dem Gesamtkontext der Regelung.

Weil im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer des Arbeitsgerichts vom 06.07.2005 für die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand erschien, wurde auf Antrag des Klägers das folgende Versäumnisurteil verkündet:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 04.02.2005 nicht beendet worden ist.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird in Höhe von € 9.510,00 festgesetzt.

Gegen das am 18.07.2005 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.07.2005, am selben Tage bei Gericht eingegangen, Einspruch eingelegt und diesen wie folgt begründet:

Die Klage sei bereits unzulässig. Es fehle an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger am 01.06.2005 in Rente gegangen sei und er weitere finanzielle Ansprüche aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung nicht geltend machen könne.

Im übrigen habe der Kläger in der Vereinbarung vom 08.02.2005, mit der man sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2005 geeinigt habe, unter Ziffer 10 ausdrücklich auf das Rechtsmittel der Kündigungsschutzklage verzichtet.

Diese Vereinbarung sei weder sittenwidrig noch aus sonstigen Gründen unwirksam und auch nicht infolge Anfechtung des Klägers rückwirkend vernichtet worden. Ein Anfechtungsgrund für die Anfechtung sei nicht gegeben.

Nachdem der Kläger sie, die Beklagte, über ein Jahr hinweg belogen und betrogen habe und dies am 04.02.2005 zum wiederholten Male aufgedeckt worden sei, sei ihm gegenüber am 04.02.2005 im Beisein ihres Prozessbevollmächtigten und ihres Sohnes die fristlose Kündigung erklärt worden. Im Rahmen des Kündigungsgespräches sei dem Kläger mitgeteilt worden, dass es ihm freistehe, eine weitere Person seines Vertrauens hinzuzuziehen. Sodann seien ihm die Pflichtverstöße vorgehalten worden und sei er dazu befragt worden, ob er es sich vorstellen könne, statt der auszusprechenden Kündigung einen Abwicklungsvertrag zu schließen. Dies habe er verneint und mitgeteilt, dass er zunächst einen Rechtsanwalt befragen wolle; er werde sich ggf. später noch einmal melden. Der Kläger habe daraufhin das Kündigungsschreiben erhalten. Mit einer Strafanzeige sei ihm nicht gedroht worden.

Nachdem sich die Tochter des Klägers wegen einer gütlichen Einigung an sie, die Beklagte, gewandt habe, habe sie zunächst ein Gespräch mit ihrem Prozessbevollmächtigtem geführt, in dessen Rahmen erörtert worden sei, dass die Kündigung nur dadurch zu retten sei, dass man nachträglich die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung einhole; deshalb sei man übereingekommen, dem Gesprächsangebot der Tochter des Klägers näher zu treten.

Am 08.02.2005 habe sich hierauf ihr, der Beklagten, Prozessbevollmächtigter mit der Tochter des Klägers telefonisch in Verbindung gesetzt; es sei dann telefonisch erörtert worden, wie eine gütliche Einigung aussehen könnte. Ihr Prozessbevollmächtigter habe erklärt, dass eine solche Vereinbarung nur dann Sinn mache, wenn der Kläger bereit sei, auf die Zustimmung des Integrationsamtes nachträglich zu verzichten. Dies sei grundsätzlich bejaht worden. Sodann sei darüber gesprochen worden, wie die außerordentliche Kündigung fallen gelassen und das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung gelöst werden könne.

Sie, die Beklagte, habe beabsichtigt, die Metzgereiabteilung in eine Feinkostabteilung umzuwandeln, womit also der Kläger, nicht mehr benötigt worden wäre, sondern ein Koch. Dies sei der Tochter des Klägers mitgeteilt worden. Es sei dann ein Besprechungstermin für denselben Abend, 18.30 Uhr, vereinbart worden. Die Tochter des Klägers sei ausdrücklich gebeten worden, an dem Gespräch teilzunehmen, was sie auch zugesagt habe. Anlässlich des Telefonats sei von Seiten des Prozessbevollmächtigten nicht erklärt worden, dass eine Strafanzeige gestellt werden solle.

Im Rahmen der Besprechung am 08.02.2005 sei lediglich über den Inhalt der Abwicklungsvereinbarung gesprochen worden, der dann vertraglich niedergelegt worden sei. Das Gespräch selbst sei nicht durch Dritte unterbrochen worden. Auch eine Strafanzeige sei bei der Besprechung nicht erwähnt worden. Ebenso wenig habe der Kläger geäußert, dass es ihm wichtig sei, dass eine Strafanzeige nicht gestellt würde. Richtig sei, dass über eine Sperrzeit gesprochen worden sei. Der Kläger und seine Tochter seien ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Sperrzeit nicht zu vermeiden sei angesichts der Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis einer Kündigungsfrist von sechs oder sieben Monaten unterliege und zudem der Verzicht auf die Zustimmung des Integrationsamtes erklärt werden müsse. Der Kläger habe hierzu mitgeteilt, dass er die Sperrzeit in Kauf nehmen wolle. Er habe weiterhin mitgeteilt, dass sein Grund für die kurzfristig gewünschte vertragliche Vereinbarung sei, dass er bereits einen neuen Job Anfang März 2005 in Aussicht habe und er unter allen Umständen vermeiden wolle, dass sein neuer Partner erfahre, dass das Arbeitsverhältnis mit krummem Datum geendet habe, weil daraus ein Rückschluss auf eine nicht ordentliche Kündigung gezogen werden könne.

Die Begründung des Klägers für seinen Wunsch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages sei für sie, die Beklagte, durchaus nachvollziehbar gewesen und habe sie sein Drängen auf einen raschen Abschluss eines Abwicklungsvertrages verstehen lassen. Sie sei im übrigen angesichts seiner Ankündigung anlässlich der Übergabe des Kündigungsschreibens davon ausgegangen, dass er in der Zwischenzeit bei einem Rechtsanwalt gewesen sei und insoweit gegenüber ihr nicht mit offenen Karten spiele. Zudem habe er während der Besprechung zu verstehen gegeben, dass er bereits Klage erhoben habe.

Aus diesem Grunde sei dann im Abwicklungsvertrag vereinbart worden, dass der Kläger auf die Klage verzichte und die bereits erhobene Klage wieder zurückgenommen werde. Im Nachhinein habe sich dann herausgestellt, dass der Kläger die Klage tatsächlich noch nicht erhoben gehabt habe.

Mit dem Kläger sei dann vereinbart worden, dass für sie, die Beklagte, Rechtssicherheit dadurch erlangt werden könne, dass er im Abwicklungsvertrag einen Betrag von EUR 8.000,00 anerkenne, der dann allerdings nicht durchgesetzt werde, wenn tatsächlich Friede einkehre. Insbesondere diese Regelung sei mit ihm über 15 Minuten hinweg besprochen worden, bevor sie dann von ihrem Prozessbevollmächtigten niedergeschrieben worden sei.

Gleichen Sinn habe auch die Regelung unter Nr. 8 des Abwicklungsvertrages gehabt. Denn nach dem Arbeitsvertrag habe ihr der Kläger eine Vertragsstrafe von EUR 3.173,94 geschuldet, wobei die Klausel auch unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung wirksam sei. Diese Vertragsstrafe habe von ihr, der Beklagten, nicht durchgesetzt werden sollen für den Fall, dass sich der Kläger an den Abwicklungsvertrag halte.

Die gesamte Besprechung habe von 18.45 Uhr bis 20.30 Uhr gedauert. Von 20.15 bis 20.25 Uhr sei der Abwicklungsvertrag unterzeichnet worden. Zuvor seien der Kläger und seine Tochter darauf hingewiesen worden, dass der Kläger den Vertragsentwurf gerne zur Prüfung mit nach Hause nehmen könne bis zum nächsten Vormittag. Der Kläger habe hierauf jedoch mitgeteilt, dass jede einzelne Vertragsklausel mit seiner Hilfe ausgedacht worden sei und er keine weitere Bedenkzeit benötige. Auch seine Tochter habe sich entsprechend geäußert.

Es sei schlicht und ergreifend falsch, dass der Kläger den Aufhebungsvertrag nur deshalb unterschrieben habe, weil er einfach nur noch "raus gewollt" habe. Die gesamte Besprechung sei ohne jeglichen lauten Ton und ohne zeitlichen und psychischen Druck abgelaufen.

Richtig sei, dass dem Kläger beim Ausfüllen der Unterlagen gegenüber dem Arbeitsamt geholfen worden sei, indem ihm gezeigt worden sei, wo er welche Tatsachen einzutragen habe. Falsch sei, dass der Tochter des Klägers nach Unterschrift unter dem Abwicklungsvertrag erklärt worden sei, ihr, der Beklagten, Prozessbevollmächtigter wisse, was das Arbeitsamt hören wolle.

Die Abwicklungsvereinbarung sei insoweit keineswegs infolge Anfechtung rückwirkend vernichtet worden; sie sei auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Infolge des in der Abwicklungsvereinbarung vereinbarten Verzichts auf die Kündigungsschutzklage sei es dem Kläger verwehrt, die Kündigung vom 04.02.2005 anzugreifen. Allein deshalb sei die Klage abzuweisen.

Selbst wenn man aber von der Nichtigkeit des Vertrages ausgehe, ändere dies nichts an dem Umstand, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der fristlosen Kündigung vom 04.02.2005, dann bereits mit deren Zugang, geendet habe. Zwar sei zu dieser Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt worden. Dies sei aber auch nicht notwendig gewesen, da der Kläger nachträglich auf die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes verzichtet habe. Soweit der Verzicht unter Ziffer 2 in den Abwicklungsvertrag aufgenommen worden sei, sei dies nur aus Gründen der Vereinfachung geschehen. Zwischen den Parteien sei unstreitig gewesen, dass der Verzicht grundlegende Bedingung einer gütlichen Einigung und darauf gerichteter Gespräche sei. Der Verzicht sei daher bereits mündlich zugesagt gewesen, bevor die Besprechung am 08.02.2005 stattgefunden habe. Dies sei zu Beginn der Besprechung am 08.02.2005 von ihrem Prozessbevollmächtigten nochmals klargestellt worden; der Kläger sei hiermit einverstanden gewesen.

Der fristlosen Kündigung vom 04.02.2005, die sonach nicht bereits mangels Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam sei, liege ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zugrunde.

Der Kläger sei seitens der Beklagten ausdrücklich angewiesen worden, sie, die Beklagte, um Erlaubnis zu fragen, bevor er Wurst und Fleischwaren, die nach seinem Dafürhalten verdorben seien, wegwerfe. Grund hierfür sei gewesen, dass in der Vergangenheit erhebliche Warenfehlbestände entstanden seien, die darauf zurückzuführen gewesen seien, dass überdurchschnittlich große Mengen an Ausschussware angefallen seien; bei Kontrollen habe wiederholt vermeintlicher Ausschuss nicht mehr aufgefunden werden können, weil er, so die jeweilige Äußerung des Klägers, schon weggeworfen worden war. Tatsächlich habe es sich bei dem vermeintlichen Ausschuss um Ware gehandelt, die noch nicht habe verdorben sein können.

Der Kläger sei daher nachdrücklich bei einem Mitarbeitergespräch vom 21.01.2004 dazu aufgefordert worden, zukünftig nicht mehr ohne ihre, der Beklagten, ausdrückliche Zustimmung Wurst- und Fleischwaren zu entsorgen. Weiterhin sei er hingewiesen worden, dass für den Fall, dass er gegen diese Pflicht verstoße, mit ernsthaften Sanktionen, nämlich der außerordentlichen Kündigung zu rechnen sei, weil sie, die Beklagte, einen bewussten Verstoß gegen die Weisung als Unterschlagung werten müsse.

Da der Kläger ihrem Sohn allerdings am 21.01.2004 unterschwellig zu verstehen gegeben habe, dass er es nicht einsehe, sein bisher geübtes Verhalten bei der Entsorgung der Ware umzustellen, habe sie sich zu stichprobenartigen Kontrollen entschlossen. Weiterhin seien seit dem 21.01.2004 monatliche Besprechungen mit dem Kläger eingeführt worden, anlässlich derer dieser auf die ihm obliegenden Pflichten eindringlich hingewiesen worden sei.

Bei einer Stichprobe Mitte Mai 2004 habe Herr B. dann festgestellt, dass der Kläger 3 kg Rindfleisch, das noch nicht verdorben gewesen sei, gut verpackt in der Mülltonne deponiert habe. Der Kläger sei hierauf zur Rede gestellt worden. Dieser habe mitgeteilt, dass er das doch immer so mache und dies ein Versehen sei. Diese Entschuldigung habe Herr B. nicht gelten lassen, sondern habe nachdrücklich dazu aufgefordert, Ausschuss nur mit ihrer vorherigen Zustimmung zu entsorgen, weil er sich nicht des Eindrucks erwehren könne, der Kläger habe das Fleisch in der Mülltonne deponiert, um es nach Dienstschluss mit nach Hause zu nehmen. Herr B. habe für den Wiederholungsfall die außerordentliche Kündigung angedroht.

Bei dieser Gelegenheit habe Herr B. dann auch die Taschen des Klägers kontrolliert und dabei ein für den Verkauf bestimmtes Spielzeugauto gefunden. Der Kläger habe erklärt, das Spielzeugauto bei der Konkurrenz gekauft zu haben; es stamme nicht aus ihrem, der Beklagten, Sortiment. Dem habe seinerzeit Herr B. Glauben geschenkt. Anlässlich der Übergabe der Kündigung am 04.02.2005 habe der Kläger allerdings eingeräumt, dass das Spielzeugauto entwendet worden sei, und sich hierfür entschuldigt.

Am 17.01.2005 habe Herr B. wieder Wurst- und Fleischreste in der Mülltonne entdeckt, die ohne ihre Zustimmung dorthin verbracht worden seien. Der Kläger habe sich direkt für schuldig bekannt. Herr B. habe ihm mitgeteilt, dass er eine letzte Chance erhalte und habe ihn ausdrücklich auf seine Pflicht hingewiesen, sich weisungsgerecht zu verhalten und ihr zu entsorgende Wurst- und Fleischware zu melden, bevor er sie wegwerfe. Für den Wiederholungsfall sei ihm mitgeteilt worden, dass er keinen Tag länger in der Metzgerei geduldet würde.

Am 21.01.2005 habe sich das Gleiche wiederholt. Der Kläger habe weisungswidrig Fleisch entsorgt. Herr B. habe diesmal nachgefragt, ob es der Kläger auf eine außerordentliche Kündigung anlege. Weiterhin habe er ihm mitgeteilt, dass die Angelegenheit nicht folgenlos bleibe.

Am 03.02.2005 habe sie dann durch Zufall bei der Mitarbeiterin M. verpackte Suppenknochen entdeckt, die allerdings nicht ausgezeichnet gewesen und vom Kläger auch nicht im Kassensystem erfasst worden seien. Die Suppenknochen hätten einen Warenwert von 7,50 Euro gehabt und seien nicht verdorben gewesen. Der vom Kläger vorgenommenen Aussonderung habe sie nicht zugestimmt.

Dieser neuerliche Vorfall sei geeignet gewesen, die fristlose Kündigung vom 04.02.2005 zu rechtfertigen.

Die Beklagte hat in erster Instanz zuletzt beantragt,

das Versäumnisurteil vom 06.07.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 06.07.2005 aufrechtzuerhalten.

Der Kläger ist dabei geblieben, dass sowohl bei Erhalt der Kündigung als auch bei der Vereinbarung vom 08.02.2005 erklärt worden sei, dass er sich eines Diebstahls strafbar gemacht habe, die Strafanzeige bereits abgefasst sei und nur noch abgeschickt werden müsse.

Er hat bestritten, dass anlässlich des Telefonats zwischen seiner Tochter und dem Prozessbevollmächtigen der Beklagten bereits besprochen worden sei, wie eine vergleichsweise Einigung aussehen könne. Was die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes betreffe, habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten lediglich gefragt, ob er, der Kläger, auf die Zustimmung des Integrationsamtes verzichten würde, woraufhin er, nachdem er mitgehört habe, erklärt habe, er sei hiermit einverstanden, wenn aus der fristlosen eine ordentliche Kündigung werde.

Was das Gespräch vom 08.02.2005 betreffe, bleibe er dabei, dass er eingangs des Gesprächs ganz deutlich gemacht habe, dass es ihm darum gehe, keine Anzeige zu bekommen und dass aus der außerordentlichen wenigstens eine ordentliche Kündigung gemacht werde zur Vermeidung einer Sperrfrist beim Arbeitsamt; hierauf habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt, die Anzeige sei schon vorbereitet und er, der Kläger, habe bei Gericht keine Chance.

Erfreulicherweise räume die Beklagte ein, dass über die Sperrzeit gesprochen worden sei; der von ihr diesbezüglich vorgetragene Gesprächsinhalt sei jedoch nicht richtig. Falsch sei auch, dass er, der Kläger, ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass das Arbeitsverhältnis einer Kündigungsfrist von 6 bis 7 Monaten unterliege. Die Dauer der Kündigungsfrist sei überhaupt nicht thematisiert worden.

Falsch sei auch die Behauptung der Beklagten, er habe eine kurzfristige vertragliche Vereinbarung gewollt, da er bereits einen neuen Job Anfang März 2005 in Aussicht gehabt und unter allen Umständen habe vermeiden wollen, dass sein neuer Partner erfahre, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten mit krummem Datum geendet habe. Hieran sei kein Wort wahr; er sei am 04.02.2005 weder auf der Suche nach einem neuen Job gewesen noch habe er einen solchen in Aussicht gehabt. Ebenso wenig habe er in der Vergangenheit jemals an Imbissen ausgeholfen.

Die Abwicklungsvereinbarung vom 08.02.2005, die sich tatsächlich als Aufhebungsvertrag darstelle, sei danach wegen Anfechtung vernichtet worden, jedenfalls sei sie sittenwidrig. Erfasst hiervon sei auch der Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Abgesehen davon, dass die Kündigung mangels Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam sei, liege der Kündigung auch kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zugrunde.

Der von der Beklagten vorgetragene Sachverhalt zur Begründung der Kündigung sei unzutreffend dargestellt worden.

Das Mitarbeitergespräch vom 21.01.2004 habe nicht nur mit ihm, dem Kläger, sondern mit allen Mitarbeitern stattgefunden. Richtig sei, dass in dessen Rahmen die Weisung erteilt worden sei, dass künftig nur noch mit Zustimmung der Beklagten Wurst- und Fleischwaren entsorgt werden dürften. Keineswegs richtig sei, dass er anlässlich des Gesprächs zu verstehen gegeben habe, dass er sein Verhalten beibehalte. Er habe Herrn B. lediglich informiert, dass bei E. SB-Waren immer drei Tage vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums ausgesondert und zum halben Preis verkauft würden, wodurch ein Abverkauf von nahezu 100 % erreicht werden könne. Herr B. habe hierauf erklärt, dass diese Praxis einen Tag vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums eingeführt werde. Dies habe der Kläger an die Mitarbeiter weitergegeben. Folge der Weisung des Herrn B. sei gewesen, dass lediglich 20 % der Restbestände noch innerhalb des Mindesthaltbarkeitsdatums hätten verkauft werden können.

Die am 21.01.2004 erteilte Weisung bezüglich der zu unterbleibenden Entsorgung von Fleisch- und Wurstresten ohne Genehmigung der Beklagten habe er, der Kläger, in der Folge stets eingehalten. Ware, bei der das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen sei, habe er in eine eigens dafür bereit gestellte Box im Kühlschrank gelegt. Fleisch- und Fettabschnitte, die beim Herrichten der Fleischwaren übrig geblieben seien, habe er in einer speziellen Tonne, die sich im Gefrierraum befunden habe, gelagert; diese seien durch Drittunternehmen alle 14 Tage abgeholt worden. Die Ware sei somit immer im Haus gewesen und habe von der Beklagten kontrolliert werden können.

Richtig sei, dass Herr B. Mitte Mai 2005 festgestellt habe, dass 3 kg Rindfleisch, gut verpackt, separat - nicht aber in der Mülltonne - deponiert worden waren, und ihn hierauf zur Rede gestellt habe; er, der Kläger, habe hierauf erklärt, dass nicht er, sondern der Mitarbeiter M. das Fleisch separiert habe. Aufgrund dieser seiner Erklärung habe es keinerlei Drohung von Seiten des Herrn B. gegeben.

Nicht anlässlich des Gesprächs im Mai 2005, sondern bereits im Dezember 2003 habe die Beklagte - und nicht etwa Herr B. - bei ihm eine Taschenkontrolle durchgeführt. Bei dieser Gelegenheit sei beim ihm ein Spielzeugauto gefunden worden. Dieses Spielzeugauto sei einer Wurst- und Fleischlieferung zwischen Weihnachten und Neujahr 2003 als Beigabe beigefügt gewesen. Dieses Spielzeugauto habe er mitgenommen, wie dies bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten üblich gewesen sei. Richtig sei, dass er anlässlich der Taschenkontrolle wahrheitswidrig angegeben habe, er habe dieses Auto gekauft.

Am 17.01.2005 habe Herr B. wiederum Fleisch- und Wurstreste entdeckt, allerdings nicht in der Mülltonne, sondern in der Biotonne im Gefrierraum, wo weisungsgemäß Fleisch- und Fettabschnitte gelagert würden. Richtig sei, dass er deshalb zur Rede gestellt worden sei, jedoch auch in diesem Fall darauf hingewiesen habe, dass der Mitarbeiter M. diese Wurst- und Fleischreste entsorgt habe. Es sei deshalb keine Kündigungsandrohung ihm gegenüber erfolgt.

Was den 21.01.2005 angehe, sei der Sachvortrag der Beklagten ebenfalls nicht zutreffend. Nicht er, der Kläger, sondern irgendein Mitarbeiter habe an diesem Tag Fleisch entsorgt; dies habe er auch so erklärt. Er sei von Herrn B. deshalb auch nicht gefragt worden, ob er die Kündigung provozieren wolle.

Am 03.02.2005 habe er 1,5 kg Knochen, nicht etwa 4 kg Knochen, mit einem Kilopreis von Euro 2,00, die nicht mehr zum Verkauf geeignet gewesen seien, aus dem Verkaufsraum entfernt und in einer Schüssel im dahinter liegenden Vorbereitungsraum deponiert, wo alle Fleisch- und Wurstreste des ganzen Tages gesammelt würden, um sie abends in die Box in den Kühlraum zu bringen.

Das Arbeitsgericht hat mit seinem, dem Beklagtenvertreter am 25.01.2006 zugestellten Urteil vom 19.10.2005 sein Versäumnisurteil vom 06.07.2005 aufrecht erhalten und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig und begründet. Ein besonderes Feststellungsinteresse brauche der Kläger nicht nachzuweisen; dieses folge schon daraus, dass der Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung Klage erheben müsse, um deren Wirksamwerden gemäß § 7 KSchG zu verhindern. Das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der begehrten Feststellung sei nicht deshalb entfallen, weil er ab 01.06.2005 Rente beziehe; denn dieser Umstand habe keinerlei Auswirkungen auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, welches mit all seinen Rechten und Pflichten im Streit stehe. Die Kündigungsschutzklage sei ferner nicht etwa deshalb unzulässig, weil sich die Parteien in der Abwicklungsvereinbarung vom 08.02.2005 darauf geeinigt hätten, dass die streitbefangene Kündigung gegenstandslos sei und das Arbeitsverhältnis losgelöst von der Kündigung fortgesetzt werde. Denn der Rechtsgrund für die zum 31.03.2005 vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe nicht etwa der Vertrag selbst sein sollen, sondern nach dessen eindeutigem Wortlaut die Kündigung der Beklagten vom 04.02.2005, wobei man sich allerdings - insoweit vergleichsweise - auf den Beendigungstermin zum 31.03.2005 verständigt habe. Deshalb sei die Kündigung vom 04.02.2005 keineswegs gegenstandslos geworden.

Das Feststellungsinteresse sei für die Klage ferner nicht deshalb entfallen, weil sich der Kläger verpflichtet habe, die beabsichtigte Kündigungsschutzklage zurückzuziehen und auf das Rechtsmittel der Kündigungsschutzklage zu verzichten. Dieser Verzicht sei unwirksam, wobei dahinstehen könne, ob die Unwirksamkeit aus den Bestimmungen der §§ 310 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. 306 - 309 BGB folge, weil der Kläger auf den Inhalt des Abwicklungsvertrages keinen Einfluss habe nehmen können und durch seine Regularien unangemessen benachteiligt werde. Jedenfalls sei die Abwicklungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB unwirksam. Zwar finde eine Billigkeitskontrolle im Sinne einer allgemeinen, nicht auf die Besonderheiten des Falles bezogenen Angemessenheitsprüfung nach § 242 BGB nicht statt, nachdem die §§ 305 ff. BGB eine abschließende Konkretisierung des Gebots von Treu und Glauben hinsichtlich einer allgemeinen, den Inhalt einer Regelung überprüfenden Angemessenheitskontrolle darstellten. Nach § 242 BGB könne aber gleichwohl die Befugnis, sich auf rechtswirksam vereinbarte Rechtspositionen zu berufen, im Sinne einer Ausübungskontrolle begrenzt sein. Eine richterliche Kontrolle sei darüber hinaus erforderlich bei strukturellen Störungen der Vertragsparität. Nutze der Arbeitgeber seine wirtschaftliche Überlegenheit aus, um ein für diesen ungünstiges Verhandlungsergebnis durchzusetzen, bestehe der Schutzauftrag des Richters darin, der Vertragsparität mit den Mitteln des Zivilrechts Geltung zu verschaffen. Es handele sich um Fälle, in denen der Inhalt des Vertrags eine Seite ungewöhnlich belaste und als Interessenausgleich offensichtlich ungeeignet sei. Dies betreffe in erster Linie die Hauptpflichten des Vertrages und erfordere grundsätzlich eine Gesamtschau der vertraglichen Regelungen, wie im Urteil des BAG vom 25.05.2005, NZA 2005, 1111 ff. näher ausgeführt worden sei.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe sei festzustellen, dass die im Abwicklungsvertrag vom 08.02.2005 getroffenen Abreden den Kläger einseitig in ungewöhnlicher Weise belasten würden. Dabei sei im Ausgangspunkt zu konstatieren, dass die von der Beklagten am 04.02.2005 ausgesprochene Kündigung erkennbar und offensichtlich unwirksam sei, weil die notwendige Zustimmung des Integrationsamtes - was die Beklagten nach eigenem Vortrag gewusst habe - nicht eingeholt worden sei. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang die Behauptung aufgestellt habe, der Kläger habe nach Ausspruch der Kündigung losgelöst und außerhalb von der sodann abgeschlossenen Abwicklungsvereinbarung auf die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes verzichtet, weshalb - die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes betreffend - keine Wirksamkeitsbedenken hinsichtlich der Kündigung mehr bestünden, widerspreche diese Behauptung zum einen der vorgelegten Abwicklungsvereinbarung, die den Verzicht beinhalte, zum anderen sei sie weder lebensnah noch substantiiert dargestellt. Erkennbar hätten die Parteien am 08.02.2005 ihre Verhältnisse insgesamt und im Rahmen einer einheitlichen Abrede abschließend regeln wollen; warum der Kläger deshalb im Vorfeld und losgelöst von der späteren Abrede einen Verzicht hätte erklären sollen, sei nicht erkennbar und lasse sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen. Die bloße Behauptung, man habe dem Kläger vor Eintritt in die Gespräche vom 08.02.2005 mitgeteilt, dass der Verzicht auf die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung zwingende Voraussetzung für einen Abwicklungsvertrag sei, bedinge nicht, dass damit der Kläger, selbst wenn er sich einverstanden erklärt haben sollte, bereits damit den Verzicht erklärt hätte, vielmehr sei sie in dem Sinne auszulegen, dass Einverständnis dahingehend bestanden habe, dass der Abwicklungsvertrag nur dann geschlossen werden könne, wenn zugleich bzw. in seinen Rahmen ein Verzicht auf die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes erklärt werde. Eben in diesem Sinne sei dann auch verfahren worden. Bis zum Abschluss der Abwicklungsvereinbarung habe jedenfalls der Beklagten, die durch einen Rechtsanwalt beraten worden sei, bewusst sein müssen, dass die zuvor ausgesprochene Kündigung vom 04.02.2005 unwirksam sei und Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers, der zu diesem Zeitpunkt noch die Möglichkeit gehabt habe, Kündigungsschutzklage zu erheben, laufen würden. Wenn vor diesem Hintergrund vereinbart worden sei, dass zum einen der Kläger auf die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung verzichte, ferner eine Regelung getroffen worden sei, das Arbeitsverhältnis aufgrund "ordentlicher" Kündigung vom 04.02.2005 mit Ablauf des 31.03.2005 zu beenden, obschon die ordentliche Kündigungsfrist erst mit Ablauf des 31.07.2005 geendet hätte, was bei einer Beantragung von Arbeitslosengeld zwingend eine Sperrfrist von drei Monaten habe auslösen müssen, dazuhin der Kläger auf die Vergütungsansprüche für die Dauer bis zum Ablauf der "ordentlichen Kündigungsfrist" verzichtet habe ,also keinerlei finanzielle Ansprüche mehr gegen die Beklagte, deren Kündigung offensichtlich rechtswidrig sei, würde stellen können, dann folge allein hieraus eine ungewöhnliche Belastung des Klägers. Hinzu komme, dass in den Abwicklungsvertrag ferner eine Regelung aufgenommen worden sei, wonach der Kläger "unter Verrechnung von Urlaubsansprüchen" bis zum 31.03.2005 freigestellt werde, er gleichzeitig aber auf die Vergütung für den betreffenden Zeitraum verzichtet habe. Auch seine offenen Urlaubsansprüche hätten also -ohne dass dem ein Zahlungsanspruch gegenüberstünde - aufgrund der Abwicklungsvereinbarung untergehen sollen. Schließlich sei - um den Gehaltsverzicht abzusichern - vereinbart worden, dass seitens des Klägers für den Fall der Unwirksamkeit des Gehaltsverzichts gegenüber der Beklagten eine Vertragsstrafe von 8.000,00 € anerkannt werde. Auch hier sei eine Regelung getroffen worden, die erkennbar ausschließlich und in unangemessener Weise die Beklagte begünstige. Dies werde noch ergänzt durch ein abstraktes Schuldanerkenntnis des Klägers, welches außerhalb der Vereinbarung stehen und ebenfalls erkennbar in weiterer Weise den Gehaltsverzicht des Klägers habe absichern sollen. Denn abgesehen von der Betragsidentität sei vereinbart worden, dass die Beklagte ihre Ansprüche aus dem "abstrakten" Schuldanerkenntnis, für welches eine Grundlage in keinster Weise ersichtlich geworden sei, nicht durchsetzen werde für den Fall, dass mit dem Abwicklungsvertrag alle Ansprüche des Klägers erledigt seien.

Der Abwicklungsvertrag enthalte insoweit in seiner Gänze Regelungen, welche ausschließlich die Beklagte im konkreten Fall in unangemessener Weise begünstigten, denn die Kündigung vom 04.04.2005 sei offensichtlich unwirksam, so dass die Beklagte an den Kläger jedenfalls bis zu einer etwaigen Zustimmung des Integrationsamtes und einer nachfolgenden Kündigung zumindest die Vergütung an den Kläger hätte weiterbezahlen müssen, ohne dass diesem Anspruch ein Vertragsstrafeversprechen von 8.000,00 € oder gar ein abstraktes Schuldanerkenntnis, für welches keinerlei Grundlagen ersichtlich geworden seien, gegenüber gestanden hätte. Diese gänzlich unangemessene Begünstigung der Beklagten sei in keinster Weise dadurch aufgehoben worden, dass zudem vereinbart worden sei, dass die Beklagte ihrerseits mit der Durchführung des Abwicklungsvertrages auf eine ihr zustehende Vertragsstrafe in Höhe von 3.173,94 € verzichte, und zwar schon deshalb, weil die Vertragsstrafenregelung im Arbeitsvertrag der Parteien unwirksam sei. Denn die Klausel, wonach die Vertragsstrafe unter anderem anfalle "bei vertragswidriger Beendigung der Tätigkeit" durch den Arbeitnehmer, halte einer AGB-Kontrolle nicht stand; dessen habe sich zumindest der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, dessen Wissen sich diese zurechnen lassen müsse, aufgrund einschlägiger Aufsätze wie auch unterinstanzlicher Entscheidungen bewusst sein müssen. Ein "Verzicht" auf eine ihr zustehende Vertragsstrafe sei der Beklagten aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen. Die Unangemessenheit und die für einen Interessenausgleich offensichtliche Ungeeignetheit der Abwicklungsvereinbarung werde schließlich nicht etwa dadurch aufgehoben, dass der Kläger laut Vortrag der Beklagten daran interessiert gewesen sein solle, das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf ein in Aussicht stehendes Folgearbeitsverhältnis zu einem runden Termin zu beenden. Abgesehen davon, dass auch diese Behauptung angesichts des Umstandes, dass der Kläger laut Beklagter am 01.06.2005 in Rente gegangen sei, wenig lebensnah erscheine, wiege dieser Aspekt die erheblichen Nachteile des Klägers aufgrund des Abschlusses des Abwicklungsvertrages in keinster Weise auf, wäre vielmehr dieser, unterstelle man den Vortrag der Beklagten als wahr, in hemmungsloser Art und Weise ausgenutzt worden.

Die Unwirksamkeit der Abwicklungsvereinbarung beinhalte die Unwirksamkeit des Verzichtes des Klägers auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage, so dass das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage zu bejahen sei. Dass die Klage auch begründet sei, folge aus der fehlenden Zustimmung des Integrationsamtes zur fristlosen Kündigung der Beklagten vom 04.02.2005. Eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung komme mangels Zustimmung des Integrationsamtes von vorneherein nicht in Betracht. Soweit die Beklagte darauf verwiesen habe, dass der Kläger auf die Einholung der Zustimmung seitens des Integrationsamtes verzichtet habe, sei dieser Verzicht ausschließlich im Rahmen der unwirksamen Abwicklungsvereinbarung vom 08.02.2005 erfolgt und deshalb ebenfalls unwirksam. Das Versäumnisurteil vom 06.07.2005 sei deshalb aufrechtzuerhalten.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 26.01.2006 per Telefax-Schriftsatz beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg eingelegten und mit Telefax-Schriftsatz vom 22.03.2006 (LAG ABl. 9-16) ausgeführten Berufung. Hieraus sowie aus dem Schriftsatz des Klägers vom 05.04.2006 (LAG ABl. 27 - 30) erschließt sich das Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren. Darauf wird Bezug genommen.

Die Beklagte führt gegen das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen ins Feld, das Arbeitsgericht habe dem Feststellungsbegehren des Klägers zu Unrecht entsprochen, indem es das Feststellungsinteresse für die Klage bejaht habe. Dieses sei bereits dadurch entfallen, dass der Kläger unstreitig sei dem 01.06.2005 den Status eines Rentners einnehme. Durch den willentlichen Wechsel vom aktiven Arbeitsverhältnis in die Rente habe er zu erkennen gegeben, dass er keinerlei Interesse an der Wiederaufnahme seiner Arbeitstätigkeit habe. Dem entspreche, dass er bislang seine Arbeitsleistung seit Ausspruch der Kündigung nicht mehr angeboten habe. Ein solches Interesse lasse sich auch nicht der Erhebung der Kündigungsschutzklage entnehmen. Der Kläger habe vielmehr dem Gericht mitgeteilt, dass er ab 01.06.2005 in Rente sei. Nachdem der Kläger nicht ausdrücklich erklärt habe, dass er das Beschäftigungsverhältnis fortsetzen wolle, sei hierin eine Erledigungserklärung des Rechtsstreits zu sehen. Dies gelte vorliegend insbesondere deshalb, weil der Kläger nach den weiteren Umständen zu erkennen gegeben habe, dass ihm an einer Fortsetzung seiner eigentlichen Tätigkeit für sie, die Beklagte, nicht gelegen sei. Er habe weder seine Arbeitsleistung angeboten noch die Weiterbeschäftigung begehrt, sondern wünsche lediglich die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 04.02.2005 nicht beendet worden sei. Ferner habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Vergütungsansprüche an sie gestellt, obwohl auf das Arbeitsverhältnis der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für Angestellte und gewerbliche Arbeitnehmer des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13.01.1994 in der Fassung vom 28.07.2003 Anwendung finde, in welchem Ausschlussfristen enthalten seien. Dieser Umstand sei nie erörtert worden, ebenso wenig dass der Kläger am 08.02.2005 das Anliegen an sie herangetreten habe, dass er für sie zukünftig nicht mehr arbeiten wolle. Aus diesem Grunde habe man - um beweisrechtlich auf der sicheren Seite zu sein - die Erklärung des Klägers festgehalten, dass er unabhängig von der Vereinbarung vom 08.02.2005 nicht weiterarbeiten wolle und seine Arbeitskraft nicht anbiete.

Der Kläger habe ferner wirksam auf das Rechtsmittel der Kündigungsschutzklage verzichtet. Ein Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben liege nicht vor. Die Vereinbarung vom 08.02.2005 sei ausschließlich auf Betreiben des Klägers zustande gekommen. Er habe direkt das Gespräch mit ihr gesucht, er habe eine Vereinbarung abschließen wollen. Tatsächlich habe er auch die außerordentliche Kündigung wortlos entgegengenommen und nur noch mitgeteilt, er werde einen Rechtsanwalt konsultieren. Tags darauf habe er bei ihr angerufen um mitzuteilen, dass die Kündigung wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam sei, er aber nicht wolle, dass seine Verfehlungen in der Zukunft erwähnt würden. Für sie, die Beklagte, habe es in dieser Situation nur die Möglichkeit gegeben, sich entweder auf das Gesprächsangebot des Klägers einzulassen oder nochmals die Zustimmung zu einer auszusprechenden außerordentlichen Kündigung beim Integrationsamt einzuholen und dann eine zweite Kündigung zu erklären. Sie habe deshalb das Gesprächsangebot unter der Voraussetzung angenommen, dass er auf die Zustimmung des Integrationsamtes verzichte und die ausgesprochene Kündigung als wirksam vereinbart würde. Dem habe der Kläger zugestimmt, woraufhin der Besprechungstermin für den 08.02.2005 vereinbart worden sei. Dabei sei sie sich dessen bewusst gewesen, dass die ausgesprochene Kündigung wegen Nichtanhörung des Integrationsamtes unwirksam sei. Sie habe deshalb sicherstellen müssen, dass das Arbeitsverhältnis in jedem Falle beendet werde und nachträglich die Frage der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung nicht mehr in Frage gestellt würde. Sie habe deshalb eine Vereinbarung treffen müssen, mit der sie einerseits habe sicherstellen können, dass sie mit hundertprozentiger Sicherheit darauf vertrauen könne, dass das Integrationsamt nicht mehr angerufen werden und dass sie auch keine weitere Kündigung innerhalb einer 2-Wochen-Frist erklären müsse. Auch das Arbeitsgericht habe die Gefahr, in welche sie sich mit der Bereitschaft zu dem Gespräch mit dem Kläger begeben hatte, erkannt, diese Tatsache aber gegen sie verwendet und ihr entgegengehalten, sie habe sich aus einer Situation retten wollen, die durch eine unwirksame Kündigung verursacht worden sei. Tatsächlich hätten ihr aber zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung am 08.02.2005 noch sämtliche Möglichkeiten offen gestanden, um eine weitere außerordentliche Kündigung zu erklären unter Anrufung des Integrationsamtes. Dies hätte das Arbeitsgericht bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit besonders berücksichtigen müssen. Statt dessen stelle es darauf ab, dass keinerlei Gründe dafür erkennbar gewesen seien, weshalb eine Zustimmung des Integrationsamtes unabhängig von der getroffenen Vereinbarung hätte erklärt werden müssen. Tatsächlich sei der Verzicht hierauf in einer einheitlichen Vereinbarung erklärt worden; tatsächlich sei dies auch Voraussetzung für die Aufnahme der Vergleichsgespräche gewesen. In der ersten Güteverhandlung habe das Arbeitsgericht noch die Auffassung vertreten, dass ein nachträglicher Verzicht auf die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes nicht möglich sei, diese jedoch im Laufe des Rechtsstreits korrigiert, habe aber verkannt, dass ohne diesen Verzicht jegliche Vereinbarung unwirksam gewesen wäre. Deshalb stehe die Verzichtserklärung gleichsam außerhalb der Vereinbarung als Geschäftsgrundlage.

Soweit das Arbeitsgericht für die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung vom 08.02.2005 anführe, dass die Kündigungsfrist auf den 30.04.2005 verkürzt worden sei, und daraus eine ungewöhnliche Belastung ableite, verkenne es, dass die außerordentliche Kündigung wirksam gewesen wäre, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt worden und eine zweite außerordentliche Kündigung ausgesprochen worden wäre. Genauso wäre sie, die Beklagte, vorgegangen, wenn ein Verzicht auf ein Kündigungsschutzverfahren nicht erklärt worden wäre. Hinzu komme, dass sie auch rechtlich so hätte vorgehen müssen und rechtlich habe vorgehen können, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Schließlich habe sie der Kläger bestohlen und dies nicht zum ersten Mal. Weder sei der Kläger durch den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung noch durch die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist ungewöhnlich benachteiligt worden, da sich ein Arbeitgeber weder bestehlen noch anlügen lassen müsse und Sperrzeiten auch bei Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung seitens der Arbeitsverwaltung verhängt würden. Das Arbeitsgericht habe völlig verkannt, dass die von ihm angeführte Benachteiligung des Klägers auch dann eingetreten wäre, wenn sie eine zweite außerordentliche Kündigung nach Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochen hätte. Dies sei dem Kläger auch bewusst gewesen.

Außerdem sei dem Kläger an dem gemeinsamen Gespräch deshalb gelegen gewesen, weil er angeblich eine neue Beschäftigung in Aussicht gehabt und deshalb ein ordentlichen Zeugnis gewünscht habe. Er habe sie deshalb darum gebeten, zum Monatsende gekündigt zu werden, um klarzustellen, dass ihm nicht wegen einer Straftat gekündigt worden sei. Diesem Ansinnen sei sie, die Beklagte, entgegengekommen, nachdem der Kläger bestritten habe, dass er sie habe bestehlen und betrügen wollen. Aus diesem Grund sei auch in die Vereinbarung mit aufgenommen worden, dass der Kündigungsgrund betriebsbedingt sei. Eine ungewöhnliche Belastung des Klägers folge auch nicht aus der Verrechnung der Urlaubsansprüche mit dem Freistellungszeitraum. Eine solche Verrechnung sei der Regelfall in der Praxis. Soweit das Arbeitsgericht ferner meine, die Vereinbarung sei sittenwidrig, weil ein Gehaltsverzicht vereinbart worden sei, verkenne es, dass ein solcher Verzicht unterhalb der Pfändungsfreigrenze überhaupt keine Wirksamkeit entfaltet hätte und bereits insoweit die Regelung unwirksam wäre. Bei Abwägung der Sittenwidrigkeit müsse dieser Umstand von vorneherein außen vor bleiben. Mit der Regelung unter Nr. 5 und 6 der Vereinbarung vom 08.02.2005 habe dem Kläger lediglich verdeutlicht werden sollen, dass er keinerlei Geld mehr zu erwarten habe. Daraus sei ihm kein Nachteil erwachsen, da er tatsächlich keine Arbeitsleistung mehr habe erbringen wollen und ihm deshalb auch kein Vergütungsanspruch mehr zugestanden habe. Ferner setze sich das Arbeitsgericht nicht damit auseinander, dass, nachdem der Gehaltsverzicht in der Nr. 5 der Vereinbarung bereits arbeitsrechtlich unzulässig und damit unwirksam sei, auch die Regelung der Nr. 6 keine Wirkung entfalten könne, weil diese die Wirksamkeit der Nr. 5 ja eben voraussetze. Unter Nr. 7 der Vereinbarung sei dann einzig und allein neben dem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage eine Klausel aufgenommen worden, die sie, die Beklagte, habe materiell davor absichern sollen, dass sich der Kläger an die getroffene Vereinbarung nicht halte. Diese Klausel benachteilige den Kläger nicht, wenn er es mit dem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage und den Verzicht auf die Zustimmung des Integrationsamtes ernst gemeint hätte. Wenn sie sich mit einer vertraglichen Klausel im Einverständnis mit dem Kläger vor einer Vertragsverletzung habe schützen wollen, so sei dies nicht sittenwidrig, sondern durch ein berechtigtes vertragliches Interesse gedeckt.

Als einzig entlastendes Moment für sie, die Beklagte, setze sich das Arbeitsgericht lediglich damit auseinander, dass sie auf eine Vertragsstrafe verzichtet habe, messe aber offenbar mit zweierlei Maß.

Wenn es in diesem Zusammenhang darauf hinweise, dass sie auf eine Vertragsstrafe verzichtet habe, die ihr rechtlich überhaupt nicht zugestanden habe, so verkenne es, dass die grundlegende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur formularmäßigen Vereinbarung von Vertragsstrafen erst am 21.04.2005 ergangen sei. Davor habe es genauso viele Urteile gegeben, die eine Vertragsstrafe für wirksam erachtet hätten. Schließlich übersehe das Arbeitsgericht, dass in der Vereinbarung eine Abgeltungsklausel enthalten sei. Diese betreffe sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch Schadenersatzansprüche ihrerseits gegenüber dem Kläger. Auch auf die Geltendmachung dieser Ansprüche habe sie verzichtet. Anhaltspunkte dafür, dass sie den Kläger in hemmungsloser Absicht ausgenutzt habe, seien nirgendwo ersichtlich. Auch sei die Situation, aufgrund welcher die Vereinbarung geschlossen worden sei, nicht ausschließlich von ihr rechtswidrig und vorsätzlich verursacht worden. Wenn schlussendlich das Arbeitsgericht ausführe, dass es wenig lebensnah sei, dass der Kläger eine weitere Beschäftigung habe eingehen wollen, nachdem er Rente beantragt habe, sei es ihren Beweisanträgen zu diesem Punkt nicht nachgegangen. Aus der getroffenen Vereinbarung habe allein der Kläger Vorteile, sein einziger Nachteil liege im Verzicht auf sein Klagerecht.

Dem entsprechend beantragt die Beklagte in zweiter Instanz sinngemäß:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.10.2005 - Az.: 30 Ca 1770/05 - wird abgeändert.

2. Das Versäumnisurteil vom 06.07.2005 wird aufgehoben.

3. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt seinerseits,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt in erster Linie das angefochtene arbeitsgerichtliche Urteil und verweist auf seinen erstinstanzlichen Vortrag, nachdem die Beklagte im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag in der Berufungsbegründung wiederholt habe. Er verweist erneut darauf, dass er sich auf das Treffen am 08.02.2005 nur deshalb eingelassen habe, weil es ihm wichtig gewesen sei, dass er keine Anzeige erhalte und wenigstens aus der außerordentlichen eine ordentliche Kündigung gemacht werde zur Vermeidung einer Sperrfrist beim Arbeitsamt. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe bei der Abfassung der Vereinbarung vom 08.02.2005 erklärt, mit diesem Vertrag betrage die Sperrfrist zur noch zwei statt drei Monate und habe ihn in dem Glauben gelassen, dass sie ab Ausspruch der Kündigung am 04.02.2005 zu laufen beginne, so dass sie parallel zum ohnehin vereinbarten Verzicht auf Entgeltzahlung für den Zeitraum Februar und März 2005 laufe und ihm damit kein weitergehender Schaden entstehe. Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten, der sich wiederholt besonderer Fachkompetenz auf dem Gebiet des Arbeitsrechts berühmt habe, sei klar gewesen, dass mit der Vereinbarung vom 08.02.2005 eine Sperrfrist von drei Monaten, beginnend mit dem 01.04.2005 verbunden sein würde, so dass er, der Kläger, darüber arglistig getäuscht worden sei. Dieses Verhalten müsse sich die Beklagte zurechnen lassen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und ihrer Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die ihrem Gegenstand nach statthafte Berufung der Beklagten (vgl. § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG) wurde form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Begründungsfrist ordnungsgemäß ausgeführt (vgl. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 517, 519, 520 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig.

B.

Die Berufung der Beklagten hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage des Klägers - zumindest im Ergebnis zutreffend und mit vertretbaren Erwägungen - zu Recht entsprochen. Die Feststellungsklage ist nämlich zulässig und begründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 04.02.2005 nicht wirksam beendet. Die gegen das arbeitsgerichtliche Urteil im Berufungsverfahren ins Feld geführten Argumente rechtfertigen letztendlich dessen Abänderung nicht.

I.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten kann der Klage das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung nicht abgesprochen werden. Grundsätzlich indiziert der Ausspruch einer Kündigung schon im Hinblick auf die Beendigungswirkung der §§ 4, 7, 13 KSchG im Falle nicht rechtzeitiger Klageerhebung das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. Diesem Grundsatz steht vorliegend weder der Umstand entgegen, dass der Kläger seit 01.06.2005 eine Altersrente bezieht, noch der Einwand der Beklagten, die Parteien hätten sich aufgrund des "Abwicklungsvertrags" vom 08.02.2005 darüber geeinigt, dass die außerordentliche Kündigung vom 04.02.2005 gegenstandslos sei und das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen aufgrund ordentlicher Kündigung vom 04.02. zum 31.03.2005 enden solle.

1. Der Bezug einer Altersrente führt nicht zwangsläufig zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Voraussetzungen für den Erhalt einer Rente sind andere als die für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sie betreffen ganz unterschiedliche rechtliche Regelkreise. Die Altersrente wird aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen gewährt, die Bestimmungen über die Begründung und die Auflösung von Arbeitsverhältnissen gehören dem Privatrecht an. Beide Normenkomplexe weisen zwar Berührungspunkte und Verzahnungen auf, unterliegen aber unterschiedlichen Rechtsgrundsätzen. Deshalb schließt die Berechtigung zum Bezug von Altersrente die weitere Durchführung eines Arbeitsverhältnisses nicht aus. Auch enthält der Arbeitsvertrag keine Befristungsregelung, aufgrund welcher das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Vollendung eines bestimmten Lebensjahres oder mit Erreichung des Renteneintrittsalters enden sollte.

2. Auch der weitere Umstand, dass wirtschaftlich betrachtet nur Vergütungsansprüche des Klägers für den Vergütungszeitraum Februar bis Mai 2005 zwischen den Parteien im Streit sind - wenn auch aus der Sicht der Beklagten allesamt verfallen -, lässt das Feststellungsinteresse des Klägers nicht entfallen, da der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit all seinen Rechten und Pflichten im Streit steht und die begehrte Feststellung notwendige Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit der - aus der Sicht des Klägers berechtigten - Ansprüche aus dem nach seinem Dafürhalten fortbestehenden Arbeitsverhältnis, aber auch aus öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, die an dieses anknüpfen.

3. Soweit sich die Beklagte auf den Inhalt des "Abwicklungsvertrages" vom 08.02.2005 beruft, insbesondere auf dessen Ziff. 10, ist dieser Einwand unbehelflich, da diese Vereinbarung auch nach Auffassung des Berufungsgerichts unwirksam erscheint. Denn ungeachtet der - durchaus vertretbaren - Wertung des Arbeitsgerichts, dass sich ihre Unwirksamkeit aus einem Verstoß gegen Treu und Glauben im Wege einer richterlichen Ausübungskontrolle aus § 242 BGB ergebe, und der weiteren Frage, ob sie aus § 310 Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung mit §§ 306-309 BGB folge, ergibt sie sich jedenfalls aus § 134 BGB.

a) Durch den "Abwicklungsvertrag" wurde der Kläger letztendlich so gestellt, als wäre das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten im Zeitpunkt des Zugangs des die außerordentliche fristlose Kündigungserklärung enthaltenden Schreibens vom 04.02.2005 beendet worden, obwohl in Ziff. 1 der Vereinbarung festgehalten wird, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung zum 31.03.2005 enden sollte. Diesem wirtschaftlichen Ziel des Regelungswerkes dienen augenfällig die Punkte 4-12 der Vereinbarung, insbesondere der Verzicht des Klägers auf Vergütungsansprüche (einschließlich Urlaubsvergütung) und Kündigungsschutz (§§ 85 ff. SGB IX sowie §§ 1 ff. KSchG, 626 BGB) unter gleichzeitiger Anerkennung einer Vertragsstrafe in Höhe von € 8.000,00 und Abgabe eines abstrakten Schuldanerkenntnisses in gleicher Höhe seitens des Klägers verbunden mit einer allgemeinen Abgeltungs- und Erledigungsklausel, von welcher lediglich Ansprüche auf ein Zeugnis und die Ausstellung und Aushändigung von Arbeitspapieren ausgenommen sind. Hätte der Kläger den "Abwicklungsvertrag" vom 08.02.2005 nicht mit der Beklagten abgeschlossen, sondern die außerordentliche Kündigung gegen sich gelten lassen, so hätte er sich wirtschaftlich möglicherweise besser gestellt als nach Abschluss der Vereinbarung. Denn soweit die Beklagte ihrerseits in Ziff. 8 des Abwicklungsvertrages auf eine ihr angeblich zustehende Vertragsstrafe in Höhe von € 3.173,94 verzichtet, enthält diese Erklärung keine Gegenleistung, da die diesem angeblichen Anspruch der Beklagten zugrunde liegende arbeitsvertragliche Vertragsstrafenregelung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 21.04.2005 - 8 AZR 425/02) unwirksam ist, was das Arbeitsgericht ausführlich dargestellt hat.

Das Regelungswerk des "Abwicklungsvertrages" dient nach allem hauptsächlich dem Ziel, dem Kläger mit den Formulierungen in Ziff. 1 und 3 des Abwicklungsvertrages die Durchsetzung sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche auf Arbeitslosenunterstützung gegenüber der Arbeitsverwaltung zu ermöglichen, was ihm ohne den Abschluss des Abwicklungsvertrages zweifellos nicht hätte gelingen können. Im Gegenzug sollte die Beklagte so gestellt werden, als hätte das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 04.02.2005 geendet, obwohl der Ausspruch der außerordentlichen Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes offensichtlich unwirksam war und eine wirksame Kündigung nur nach einer bekanntermaßen beschwerlichen Einholung der Zustimmungserklärung seitens des Integrationsamtes unter Inkaufnahme eines eventuellen streitigen Verwaltungsverfahrens möglich gewesen wäre.

Dabei ist festzustellen, dass die in Ziff. 1 und 3 enthaltenen Parteierklärungen in offensichtlichem Widerspruch zu dem tatsächlichen Lebenssachverhalt stehen, welcher der außerordentlichen Kündigungserklärung vom 04.02.2005 zugrunde lag, insbesondere die in Ziff. 3 angegebenen betriebsbedingten Gründe, die Absicht nämlich, die Metzgereiabteilung zu schließen und diese in einen Feinkostbetrieb umzuwandeln, zum damaligen Zeitpunkt noch nicht existierten.

Dementsprechend hat der Beklagtenvertreter - unstreitig und durch Anwaltsschreiben vom 09.02.2005 (ArbG-Akte Bl. 34), dokumentiert - dem Kläger Formulierungshilfe beim handschriftlichen Ausfüllen der Vordrucke der Bundesagentur für Arbeit zu § 312 SGB III (Arbeitsbescheinigung) geleistet, um ihm auf diese Weise - unter Vorspiegelung eines vom Inhalt der Verfahrensakte abweichenden Lebenssachverhaltes - unter Vorlage des "Abwicklungsvertrages" in den Genuss von Arbeitslosenunterstützung gelangen zu lassen.

b) Aus alledem folgt, dass ein wesentlicher Hauptzweck des "Abwicklungsvertrages" vom 08.02.2005 die Täuschung der Bundesagentur für Arbeit über die wahren Hintergründe der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen ist, um dem Kläger die Chance zu bewahren, in den Genuss von Arbeitslosenunterstützung zu gelangen, welche ihm die Bundesagentur für Arbeit bei Mitteilung des tatsächlichen Geschehensablaufs bis zu einer rechtsverbindlichen Klärung der Wirksamkeit der Kündigung vom 04.02.2005 mit Sicherheit versagt hätte.

Zwar erscheint eine vertragliche Regelung, welche dem Ziel dient, dem Arbeitnehmer Schwierigkeiten beim Bezug von Arbeitslosengeld zu ersparen, nicht von vornherein als unzulässig. Von der Rechtsordnung nicht gebilligt werden jedoch solche Absprachen, die ausschließlich darauf zielen, durch unrichtige Angaben einen unberechtigten Leistungsbezug zu ermöglichen.

Anders als etwa bei Abschluss einer außergerichtlichen oder gerichtlichen Vereinbarung, nach welcher mit der "Umwandlung" der zunächst als verhaltensbedingt gekennzeichneten Beendigungsgründe in einen betriebsbedingten Beendigungstatbestand die zunächst erhobenen Vorwürfe fallengelassen werden - dies mag sich rechtlich als Verzeihung, Einwendungsverzicht oder ähnliches darstellen - haben die Parteien aber hier betriebsbedingte Gründe, die Art und den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur vorgeschoben, um damit die Grundlage für eine Täuschung der Arbeitsverwaltung zu legen, ohne dass die Beklagte endgültig von den dem Kündigungsausspruch zugrunde liegenden Vorwürfen gegen den Kläger abzurücken bereit war, wie der Verlauf des Kündigungsschutzverfahrens deutlich gezeigt hat.

Die Verpflichtung zur Ausfüllung einer Arbeitsbescheinigung mit wahrheitswidrigem Inhalt ist aber gemäß § 134 BGB unwirksam (vgl. hierzu LAG Hamm, Urteil vom 27.11.1997 - Az.: Sa 1263/97 - LAGE § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 22 m.w.N.; Matthes ,DB 1968, 1578 ff.; Knipp, AR-Blattei ST Arbeitsbescheinigung Rz 32). Denn Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind gemäß § 312 SGB III zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet.

Ein solcher Gesetzesverstoß ist vorliegend darin zu sehen, dass die Beklagte in dem "Abwicklungsvertrag" vom 08.02.2005 die - stillschweigende - Verpflichtung übernommen hat, abweichend von dem dokumentierten wahren verhaltensbedingten Beendigungsgrund den Kläger bei der Vorspiegelung eines betriebsbedingten Beendigungstatbestandes (unter Wahrung der ordentlichen Kündigungsfrist) zu unterstützen. Dieser Verstoß führt zur Nichtigkeit von Ziff. 1 und 3 des Abwicklungsvertrages, aber auch zur Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung insgesamt, da sich diese nicht in einzelne wirksame und unwirksame Teile aufspalten lässt. Der Kläger hätte den "Abwicklungsvertrag" nicht ohne die Formulierungen in Ziff. 1 und 3 abgeschlossen, was sich aus dem übereinstimmenden Sachvortrag beider Parteien sinngemäß ergibt (Die Beklagte behauptet, der Abwicklungsvertrag sei letztendlich auf Wunsch des Klägers zustande gekommen, dieser behauptet seinerseits, man habe ihm versichert, bei der gewählten Vertragsformulierung werde er ab 01.04. bis zum Bezug seiner Altersrente Arbeitslosengeld erhalten), so dass für eine teilweise Geltungserhaltung des "Abwicklungsvertrages" kein Raum ist.

Die Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung vom 08.02.2005 führt zwangsläufig auch zur Nichtigkeit der Ziff. 2 und 10 des "Abwicklungsvertrages", so dass weder ein wirksamer Verzicht auf die Zustimmung des Integrationsamtes noch auf ein mögliches Klagerecht seitens des Klägers vorliegt, welcher dem Feststellungsinteresse des Klägers entgegenstehen könnte.

Der Kläger ist auch nicht nach Treu und Glauben daran gehindert, die Unwirksamkeit des "Abwicklungsvertrages" geltend zu machen. Grundsätzlich steht es nämlich einer jeden Vertragspartei frei, sich jederzeit auf die Unwirksamkeit einer abgeschlossenen Vereinbarung zu berufen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien die Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung kannten oder hätten erkennen können. Der Kläger hat die Unwirksamkeit der Vereinbarung nicht weniger als die Beklagte zu vertreten, auch wenn von ihm der Wunsch auf Abschluss des Abwicklungsvertrages ausgegangen sein sollte. Denn beide Parteien haben sich kollusiv Vorteile vom Inhalt der Vereinbarung versprochen. Der Kläger wollte sich letztendlich die Mühen eines Arbeitsgerichtsverfahrens wenige Monate vor Erreichung des Renteneintrittsalters und die damit verbundene Mühewaltung ersparen und sich die Ansprüche gegenüber der Bundesagentur für Arbeit sichern, die Beklagte wollte sich ihrerseits die mit dem Ausspruch einer weiteren außerordentlichen Kündigung verbundenen Unwägbarkeiten eines Verwaltungs- und Kündigungsschutzverfahrens, gepaart mit erheblichen finanziellen Risiken, ersparen; beide Parteien wollten dies durch kollusive Täuschung der Bundesagentur für Arbeit letztendlich sicherstellen.

Aus diesen Gründen steht dem Rechtsschutzinteresse des Klägers an der begehrten Feststellung nichts entgegen. Ob daneben auch die vom Kläger erklärte Anfechtung der Vereinbarung vom 08.02.2005 wegen Täuschung und arglistiger Drohung gemäß § 123 BGB Erfolg hatte - was eine Beweisaufnahme erforderlich gemacht hätte -, brauchte deshalb nicht näher aufgeklärt werden.

II.

Die Klage ist nach allem auch begründet. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 04.02.2005 ist mangels Vorliegens einer Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam; auf die Einholung der Zustimmung hat der Kläger nicht wirksam verzichtet, nachdem die Verzichtserklärung in Ziff. 2 des "Abwicklungsvertrages" von der Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung erfasst wird. Deshalb hat das Arbeitsgericht der Feststellungsklage des Klägers zu Recht entsprochen. Das gegen die Beklagte ergangene Versäumnisurteil vom 06.07.2005 ist aufrechtzuerhalten.

Nach allem konnte der Berufung der Beklagten kein Erfolg beschieden werden.

C.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat diejenige Partei die Kosten eines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, die es eingelegt hat. Dies ist vorliegend die Beklagte.

2. Die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht war nach Auffassung des Berufungsgerichtes wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, inwieweit die Formulierung unwahrer Beendigungstatbestände in einem Abwicklungsvertrag gegen § 134 BGB verstößt und zur Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung führt, geboten.

Ende der Entscheidung

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