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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 08.10.2008
Aktenzeichen: 22 Sa 63/07
Rechtsgebiete: ATV, Satzung der VBL, BAT, ZPO, EStG


Vorschriften:

ATV § 15 Abs. 2
ATV § 16
Satzung der VBL § 64 Abs. 3
Satzung der VBL § 64 Abs. 4
Satzung der VBL § 69
BAT § 70
ZPO § 850
ZPO § 850 Abs. 1
ZPO § 850 Abs. 2
ZPO § 850 c
ZPO § 850 e
ZPO § 850 e Nr. 1
ZPO § 850 e Ziff. 1
ZPO § 850 f
ZPO § 850 i
ZPO § 851 Abs. 1
EStG § 10 a
EStG § 97
EStG § 97 Satz 1
Arbeitnehmerbeiträge zur VBL, (Versorgungsordnung des Bundes und der Länder) sind mit den Beiträgen an eine Ersatzkasse vergleichbar und deshalb bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zu berücksichtigen.
Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 24.07.2007, Az.: 1 Ca 19/07 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob die vom beklagten Land an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgeführten Arbeitnehmerbeiträge der Pfändung unterworfen sind.

Die Klägerin war vom 01.07.2002 bis zum 31.12.2006 aufgrund befristeter Arbeitsverträge als Bauleiterin beim Regierungspräsidium F beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fanden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in der damals geltenden Fassung Anwendung. Nach dem Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) sind Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bei der öffentlichen Zusatzversorgungseinrichtung versichert (§ 2 Abs. 1 ATV). Nach §§ 15 Abs. 2, 16 ATV, 64 Abs. 3, 4 der Satzung der VBL gehört der Arbeitnehmeranteil der VBL-Beiträge zum steuerpflichtigen Arbeitsentgelt. Er wird vom Arbeitgeber einbehalten und für den Arbeitnehmer an die VBL abgeführt (§ 16 Abs. 1 ATV). Schuldner der Arbeitnehmeranteile sind die Arbeitnehmer selbst (§ 64 Abs. 3 Satzung VBL), der Arbeitgeber übernimmt das Abführen für den Arbeitnehmer entsprechend den sozialversicherungsrechtlichen Abzugsregeln.

Infolge wirksamer Gehaltsabtretung verblieben der Klägerin für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses lediglich die pfändbaren Beträge ihres Arbeitseinkommens. In den Monaten September 2005 bis Juni 2006 wurden vom Arbeitgeber jeweils 247,05 EUR vom klägerischen Gehalt einbehalten und an den Abtretungsgläubiger abgeführt. Ab Juli 2006 erhöhte sich der Abführungsbetrag auf 357,05 EUR monatlich, ausgehend von einem Bruttoentgelt von 3.120,80 EUR, entsprechend einem Nettoverdienst von 2.070,96 EUR unter Berücksichtigung der Abzüge für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung. Nicht berücksichtigt wurde seitens des Arbeitgebers bei der Bestimmung des pfändbaren Einkommens der von ihm an die VBL abgeführte Arbeitnehmerbeitrag von 44,00 EUR monatlich. Wäre dieser berücksichtigt worden und dadurch ein pfändbares Arbeitseinkommen von 2.026,96 EUR angenommen worden, so hätten 25,00 EUR monatlich weniger an den Pfändungsgläubiger abgeführt werden dürfen.

Die Klägerin hat die Festlegung des pfändbaren Einkommens ohne Berücksichtigung des Arbeitnehmerbeitrags zur VBL für unzutreffend gehalten und für 18 Monate Nachzahlung der ihrer Meinung nach zu wenig an sie zur Auszahlung gebrachten Vergütung eingefordert. Ihren Anspruch hat sie mehrfach telefonisch und anschließend per E-Mail am 12.12.2006 geltend gemacht. Ihre Klage hat sie am 07.02.2007 eingereicht. Sie wurde am 21.02.2007 zugestellt.

Die Klägerin hat beantragt,

Das beklagte Land wird kostenpflichtig verurteilt an die Klägerin 450,00 EUR netto zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Sie hat sich auf die Ausschlussfristen des § 70 BAT berufen und eine formgerechte Geltendmachung erst in der Klageerhebung gesehen. Für den geltend gemachten Zahlungsanspruch hat das beklagte Land keine Rechtsgrundlage erkennen können und die Auffassung vertreten, die Arbeitnehmerbeiträge zur VBL zählten zum pfändbaren Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin habe allenfalls die Möglichkeit gehabt, eine Änderung des unpfändbaren Betrages gemäß § 850 f ZPO zu beantragen, was jedoch nicht geschehen sei. Der Antrag sei insbesondere nicht zu ersetzen durch eine gesetzlich nicht vorgesehene Ausweitung des § 850 e Nr. 1 ZPO.

Wegen weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, des Weiteren auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils.

Das Arbeitsgericht hat der Klägerin fünf Monatsbeträge á 25,00 EUR zugesprochen, im Übrigen die Klage abgewiesen mit dem Hinweis, weiter zurückliegende Ansprüche seien nach § 70 BAT verfallen. Aus der Zusammenschau der § 850 c und 850 e ZPO hat es gefolgert, dass Arbeitnehmerbeiträge zur VBL nicht zum laufenden Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 1 ZPO zu zählen seien. Auch wenn nach der Wortlautinterpretation des § 850 e ZPO die Beiträge nicht unmittelbar aufgrund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften abzuführen seien, handele es sich gleichwohl um einen Grenzfall der Ermittlung pfändbaren Arbeitseinkommens, da die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der tarifrechtlichen Situation mit gesetzesähnlicher Bindung nicht entgehen könnten. So gesehen sei der Entgeltanspruch auf die Arbeitnehmerbeiträge zur VBL lediglich formal dem Arbeitnehmer zugeordnet. Dieser könne infolge der Tarifbindung des Landes das auf die VBL-Arbeitnehmerbeiträge entfallende Nettoentgelt nicht für seinen Lebensunterhalt nutzen. Mit Blick auf den Schutzzweck des § 850 c ZPO sei es danach in den Fällen gesetzesähnlicher tariflicher Versorgungsversprechen nicht angemessen, die entsprechenden Arbeitnehmerbeiträge zum Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO zu rechnen und die Arbeitnehmer auf § 850 f ZPO zu verweisen.

Mit der am 22.08.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 08.10.2007 begründeten Berufung gegen das ihm am 15.08.2007 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts verfolgt das beklagte Land sein klagabweisendes Begehren weiter. Es geht davon aus, dass die VBL-Beiträge des Arbeitnehmers Teil seines Arbeitseinkommens und damit pfändbar seien. Es handle sich nicht um zusätzliche Arbeitgeberleistung zur betrieblichen Altersversorgung und nicht um Beiträge, die unmittelbar aufgrund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen seien. Wolle man aber die VBL-Beiträge aufgrund tarifvertraglicher Verpflichtung bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens berücksichtigen, würde sich der Tarifvertrag über die tarifliche Altersversorgung insoweit als Vertrag zu Lasten Dritter darstellen, was grundsätzlich nicht zulässig sei.

Das beklagte Land stellt den Antrag,

1. Das am 24.07.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg (1 Ca 19/07) wird abgeändert:

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Klägerin beantragt die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufungsbegründung für wirklichkeitsfremd und konstruiert, weil die Annahme eines Vertrages zu Lasten Dritter für eine Abrede zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Umwandlung eines Teils des Arbeitsentgelts in eine Direktversicherung erst Recht gelten müsse. Gerade in diesem Falle aber sei das Bundesarbeitsgericht von einer Unpfändbarkeit der Arbeitgeberleistung zur betrieblichen Altersversorgung ausgegangen. Da die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes sich der tarifrechtlichen Situation mit gesetzesähnlicher Bindung nicht entziehen könnten, sei es im Hinblick auf den Schutzzweck des § 850 c ZPO in Fällen wie dem vorliegenden allein angemessen, die Arbeitnehmerbeiträge zur VBL, die dem Arbeitnehmer tatsächlich nicht zur Verfügung stünden und daher auch nicht zur Deckung seines Unterhalts verwendet werden können, nicht zum Arbeitseinkommen im Sine des § 850 ZPO hinzuzurechnen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Parteienvorbringens in der Berufung wird auf deren Begründung und die Erwiderung hierauf verwiesen.

Entscheidungsgründe: Die Berufungskammer hält die zweifelsfrei zulässige weil frist- und formgerecht eingelegte und ausgeführte Berufung des beklagten Landes für nicht begründet und folgt dabei in Ergebnis und Begründung der angegriffenen Entscheidung des Arbeitsgerichts, nach der die Arbeitnehmerbeiträge zur VBL nicht zu den pfändbaren Einkünften der Klägerin zählen. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird verwiesen, im Hinblick auf die Angriffe der Berufung wird ergänzend wie folgt ausgeführt:

1. Mit dem beklagten Land ist zunächst davon auszugehen, dass es sich bei den Arbeitnehmerbeiträgen zur VBL um Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 ZPO handelt. Arbeitseinkommen sind dabei die Arbeitsvergütungen auch der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst als wiederkehrende Bezüge, die als Gegenleistung für ihre Dienste gewährt werden.

Nicht Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 ZPO sind dagegen Arbeitgeberleistungen zur betrieblichen Altersversorgung während der Ansparphase bis zum Eintritt des Versorgungsfalls. Das gilt auch, wenn die Leistungen infolge Entgeltumwandlung Arbeitgeberleistungen für betriebliche Altersversorgung sind. Das Bundesarbeitsgericht hat dies in seiner Entscheidung vom 17.02.1998, 3 AZR 611/97 MDR 98, 721 überzeugend damit begründet, dass dem Arbeitnehmer infolge der Entgeltumwandlung kein in Geld zahlbarer Arbeits- oder Dienstlohn mehr zusteht.

Bei den Beiträgen, die die Beklagte als Beiträge der Klägerin an die VBL abführt, handelt es sich jedoch um Leistungen aus dem Nettoarbeitsentgelt der Klägerin und deren eigene Altersvorsorgebeiträge und nicht, wie im Falle der Begründung einer Versorgung durch Entgeltumwandlung, um Leistungen des beklagten Landes. Dieses hat die an die VBL abgeführten Beiträge auf Weisung der Klägerin erbracht, so dass sich die Zahlungen als Leistung der Klägerin darstellen. Dem beklagten Land ist deshalb beizupflichten, dass damit die Begründung des Bundesarbeitsgerichts hinsichtlich der Unpfändbarkeit von Versicherungsprämien einer im Wege der Gehaltsumwandlung durchgeführten Direktversicherung zu Gunsten des Arbeitnehmers nicht auf Beiträge an die VBL übertragen werden kann, bei denen es an einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dahingehend, dass entweder zusätzlich zum Arbeitseinkommen oder anstelle einer ansonsten höherer Barlohnvergütung ein Versorgungsversprechen treten soll, fehlt.

2. Mit dem Beklagten und auch dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Pfändbarkeit der Beiträge zur VBL nicht unmittelbar durch § 850 e Ziffer 1 ZPO ausgeschlossen ist. Die Beiträge zählen nicht zu den Beträgen, die unmittelbar aufgrund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Der Arbeitnehmeranteil der VBL-Beiträge gehört zum steuerpflichtigen Arbeitsentgelt. Er wird lediglich vom Arbeitgeber einbehalten und für den Arbeitnehmer an die VBL abgeführt. Bei der Abführung handelt es sich um eine Verwendungsabrede, die nicht aufgrund steuer- oder sozialrechtlicher Vorschriften, sondern aufgrund infolge arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitverhältnis zur Anwendung kommenden Tarifvertrages entstanden ist. Die Beiträge zur VBL sind also bereits versteuert und sozialversichert aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und stellen so ein Teil des Nettoentgelts der Klägerin dar.

3. Bei den Beiträgen zur VBL handelt es sich auch nicht um solche, die auf einen nach dem Altersvorsorge- Zertifizierungsgesetz anerkannten Vertrag in maximaler Höhe des jeweils steuerlich begünstigten Betrages pro Kalenderjahr geleistet werden. Bei diesen kann davon ausgegangen werden, dass eine Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 97 Satz 1 EStG besteht obwohl sie gleichfalls aus dem Nettoarbeitseinkommen des Arbeitnehmers geleistet werden (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 03.11.2006,VuR 2007, 395). Eine gesetzliche Unübertragbarkeit wie sie in § 97 EStG ausdrücklich für die zusätzliche Altersversorgung nach § 10 a EStG geregelt ist, besteht für die zusätzliche Altersversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder nicht. Eine Unpfändbarkeit nach § 851 ZPO greift auch nicht, wenn die Übertragbarkeit lediglich durch Rechtsgeschäft oder Satzung ausgeschlossen ist (Thomas-Putzo, ZPO, § 851, Rz. 1). Wollte man also ein Abtretungs- und Verpfändungsverbot aus § 69 der Satzung der VBL daraus folgern, dass Ansprüche aus Anstaltsleitungen nicht abgetreten oder verpfändet werden können, würde dies nach § 851 ZPO nicht zur Unpfändbarkeit der Beiträge führen.

4. Gegen die Pfändbarkeit der Beiträge zur VBL spricht auch nicht zwingend die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Pfändbarkeit von Pflichtbeiträgen zum Versorgungswerk der Architektenkammer. Vergleichbar ist insoweit der Umstand, dass auch Architekten der Abführung von Pflichtbeiträgen nicht entgehen können, ähnlich wie Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die aufgrund der tarifvertraglichen und satzungsrechtlichen Bestimmungen keine Möglichkeit haben, die Abführung der Beiträge zur VBL zu vermeiden. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 24.07.2008 (VII ZB 34/08, recherchiert nach JURIS) jedoch lediglich festgestellt, dass der Rechtsgedanke des § 850 e Nr. 1 ZPO auch bei der Pfändung der unter § 850 i ZPO fallenden Vergütungen insoweit herangezogen werden muss, als dass vom Schuldner geleistete Pflichtbeiträge zum Versorgungswerk jedenfalls in der Höhe zu berücksichtigen sind, in der für einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer bezogen auf ein entsprechendes Einkommen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten wären. Bei den Beiträgen zum Versorgungswerk jedoch handelt es sich gerade nicht um Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, sie gehen vielmehr über diese hinaus. Pflichtbeiträge zum Versorgungswerk der Architekten können nur den aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften abzuführenden Beiträgen im Sinne des § 850 e Nr. 1 ZPO gleichgestellt werden.

5. Trotz allem ist die Berufungskammer der Auffassung, dass der Rechtsgedanke des § 850 ZPO, dem Schuldner und seinen Angehörigen ein Existenzminimum zu sichern, und dem Sozialstaatsprinzip folgend, dem Erwerbstätigen von seinen Bezügen zumindest das zu belassen, was der Staat dem Bedürftigen zur Deckung seines existenznotwendigen Bedarfs aus öffentlichen Mitteln gewähren müsste, dazu führen muss, die Beiträge der Arbeitnehmer zur VBL nicht der Pfändung zu unterwerfen. Ohne dass der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes eine Einflussmöglichkeit hierauf hätte, ist er aufgrund der Tarifbindung und der satzungsmäßigen Verpflichtung seines Arbeitgebers gezwungen, Beträge aus seinem Nettoverdienst an die VBL abführen zu lassen. In Höhe der Beiträge zur VBL steht ihm sein Nettoverdienst nicht zur Verfügung. Er hat keine Möglichkeit die entsprechende Minderung seines Nettoverdienstes zu verhindern es sei denn durch Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Über den Verdienst in Höhe des Beitrags kann er nicht anderweitig verfügen, er kann beispielsweise damit nicht eine Altersversorgungsanlage in Form der Riester-Rente eingehen, die dann dazu führen würde, dass die Beiträge unpfändbar wären. Aus diesen Gesichtspunkten heraus schließt sich die Berufungskammer der Rechtsauffassung des Landgerichts Kiel in seinem Beschluss vom 09.12.2002, 5 T 137/02 an, das feststellt, dass die Arbeitnehmerbeiträge mit den Beiträgen an eine Ersatzkasse oder ein privates Krankenversicherungsunternehmen (§ 850 e Nr. 1 Satz 2 b ZPO) vergleichbar und deshalb bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zu berücksichtigen sind. Dies ergibt sich auch aus dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 GG, das in § 850 e Nr. 1 ZPO zum Ausdruck kommt. Der entgegenstehenden Auffassung bei Clemens/Scheuring/Steingen-Wiese (Erläuterung 16.4.7 zu Teil VII - ATV/ATV - K) folgt die Berufungskammer dagegen nicht.

Da das beklagte Land unterlegen ist hat es nach § 97 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu entscheidenden Frage zugelassen.

Ende der Entscheidung

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