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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 13.12.2000
Aktenzeichen: 3 Sa 10/00
Rechtsgebiete: BAT, ZPO, BGB, ArbGG


Vorschriften:

BAT § 10
ZPO § 91
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 242
BGB § 1004
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 Sa 10/00

verkündet am 13. Dezember 2000

In Sachen

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg -3. Kammer- durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Höfle, den ehrenamtlichen Richter Berner und den ehrenamtlichen Richter Fischer auf die mündliche Verhandlung vom 13.12.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der beklagten Stadt wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 27.01.2000 - 8 Ca 193/99 - abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin erstrebt mit der am 23.08.99 eingereichten Klage nach Klagerücknahme im Übrigen die Entfernung von zwei Abmahnungen aus der Personalakte.

Die Klägerin war bei der beklagten Stadt angestellt und als Altenpflegekraft in dem von dieser getragenen Altenheim beschäftigt. Die Parteien hatten die Geltung des BAT (VkA) vereinbart.

Mit gesonderten Schreiben vom 13.07.99 (VA Bl. 16/19) erteilte die Beklagte der Klägerin Abmahnungen.

Die Klägerin hat die darin erhobenen Vorwürfe bestritten.

Sie hat beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, die der Klägerin mit Schreiben vom 13. Juli 1999 erteilte Abmahnung betreffend "Erteilung einer Abmahnung im Zusammenhang mit dem Verrechnungsscheck und privaten Darlehen" zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die der Klägerin mit Schreiben vom 13. Juli 1999 erteilte Abmahnung "Erteilung einer Abmahnung im Zusammenhang mit ihrer Unfallanzeige" zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.

Die beklagte Stadt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an ihren Vorwürfen festgehalten.

Das Arbeitsgericht hat durch am 27.01.2000 verkündetes Urteil der Klage entsprochen und hat den Streitwert auf DM 5.025,00 festgesetzt.

Die Beklagte hat am 11.05.2000 Berufung eingelegt und diese in der bis 11.07.2000 verlängerten Frist ausgeführt.

Zwischenzeitlich hatten die Parteien durch Vertrag vom 02.06.2000 das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2000 aufgehoben und vereinbart,

"Etwaige weitere gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bestehen nicht mehr."

Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht habe § 10 BAT unzutreffend ausgelegt und sei zudem verfahrensfehlerhaft von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.

Hinsichtlich der zweiten Abmahnung wird unter Ergänzung des Sachvortrags mit Beweisantritt die Annahme des Arbeitsgerichts bekämpft, die Beklagte sei beweisfällig geblieben.

Die Beklagte beantragt,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm - Kammern Ravensburg - 8 Ca 193/99 - vom 27.01.2000 wird abgeändert und die Klage hinsichtlich aller Anträge abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Ergänzend wird auf die von den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, deren Inhalt mündlich vorgetragen ist, die zu den Akten gegebenen Unterlagen, sie bildeten den Gegenstand der mündlichen Verhandlung, und die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere i. e. Sinn statthaft. Das Landesarbeitsgericht ist vorliegend bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht an den vom Arbeitsgericht festgesetzten Streitwert gebunden. Dies schon deshalb, weil sich das Arbeitsgericht dabei ersichtlich von dem Interesse der Klägerin an der erstrebten Entscheidung hat leiten lassen. Für die Bemessung der Beschwer der Beklagten ist jedoch maßgebend ihr Interesse daran, die "Zurücknahme und Entfernung" der Abmahnungen aus der Personalakte zu vermeiden. Das Berufungsgericht schätzt (gem. § 3 ZPO) diesen Wert hinsichtlich der die Unfallanzeige betreffenden Abmahnung auf DM 350,00, im Übrigen auf DM 550,00, womit der Wert des Beschwerdegegenstandes (gem. § 5 ZPO) insgesamt DM 900,00 beträgt.

Die Berufung hat Erfolg.

(1) Klage betreffend die Abmahnung wegen des Darlehens und des Verrechnungsschecks:

I Die Klage ist zulässig.

1) Ihr Gegenstand ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wenn sie - wie an sich möglich und vorliegend geboten - dahin ausgelegt wird, die "Zurücknahme" der Abmahnung habe durch die Entfernung der in die Personalakte gelangten Fertigung des Abmahnungsschreibens zu geschehen. Da die "Zurücknahme" einer zugegangenen - jedenfalls - geschäftsähnlichen Erklärung nicht möglich ist, andererseits die Klägerin nicht sagt, sie erstrebe außer der Entfernung des fraglichen Schriftstücks noch eine weitere Handlung seitens der Beklagten und demgemäß die Klage dem reinen Wortlaut des Antrags nach - insoweit - unzulässig wäre, ist dieses reduzierend-klarstellende Verständnis geboten. Es wird davon bestimmt, dass im Zweifel anzunehmen ist, die Partei wolle die Prozesshandlung vornehmen, die nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrem wohlverstandenen Interesse entspricht (BGH, etwa vom 17.05.2000 - VIII ZR 210/99).

2) Das Rechtsschutzinteresse an dieser Entscheidung kann nicht mit der Erwägung vereint werden, das Arbeitsverhältnis sei seit 30.06.2000 beendet, weshalb die Abmahnung die ihr - etwa - zukommende Bedeutung nicht (mehr) zu entfalten vermöge. Für eine Leistungsklage ist das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich gegeben, und einer der diesbezüglichen Ausnahmefälle (u. a. Unmöglichkeit der Leistung, ein Titel ist bereits vorhanden) ist nicht gegeben. Vielmehr benötigt die Klägerin den erstrebten Titel, will sie den erhobenen Anspruch durchsetzen.

II. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

1) Als Anspruchsgrundlage kommt die entsprechende Anwendung von §§ 242, 1004 BGB in Betracht. Nach der Rechtsprechung des BAG (v.14.09.94 - 5 AZR 632/93) hat der Arbeitnehmer jedoch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig keinen Anspruch auf Entfernung einer zu Unrecht in die Personalakte aufgenommenen Abmahnung. Dies deshalb, weil sie als Folge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an sich funktionslos geworden ist. Sie kann sich in diesem Arbeitsverhältnis nicht mehr zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken. Freilich sind, vor allem im öffentlichen Dienst, Ausnahmen vorstellbar, doch ist es Sache der Klagpartei, den Sachverhalt vorzutragen und im Falle des Bestreitens zu beweisen, der die Annahme einer solchen Ausnahme rechtfertigt (vgl. BAG, a. a. O.; ferner: Clemens-Scheuring-Steingen-Wiese, BAT Bd. 1 § 13 Erl. 7 a S. 12 c - Stand: September 1999).

Vorliegend ist das Arbeitsverhältnis seit über 5 Monaten beendet. Die Parteien haben zudem im Aufhebungsvertrag vom 02.06.2000 vereinbart "etwaige weitere gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bestehen nicht mehr." Deshalb ist davon auszugehen, das Vertragsverhältnis sei "abgewickelt"; Gegenteiliges haben die Parteien im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Berufungsverhandlung nicht vorgetragen.

Anhaltspunkte für die Annahme, diese in der Personalakte befindliche Abmahnung könne - sonst - die berufliche Entwicklung der Klägerin beeinträchtigen, sind nicht aufgezeigt oder ersichtlich, zumal sie - wie in der mündlichen Berufungsverhandlung aufgezeigt - zwischenzeitlich von Ü. ins Allgäu verzogen und dort bei einem privaten Pflegedienst beschäftigt ist.

(2) Klage betreffend die Abmahnung wegen der "Unfallanzeige"

Diese Klage ist aus den nämlichen Erwägungen zwar zulässig, aber unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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