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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 26.07.2004
Aktenzeichen: 3 Ta 128/04
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 11 Abs. 1 Satz 3
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 32
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 3 Ta 128/04

Stuttgart, 26. Juli 2004

Im Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer ohne mündliche Verhandlung am 26. Juli 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 18. Juni 2004 - 8 Ca 272/03 - wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 282,75 EUR

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, die ihm im Berufungsverfahren entstandenen Kosten für seine Prozessbevollmächtigten nur in Höhe einer 13/20-Gebühr nach § 32 BRAGO und nicht einer 13/10-Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, jeweils in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 3 BRAGO, zulasten der Antragsgegnerin festzusetzen.

Nach Hinweis des Landesarbeitsgerichts, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung der Antragsgegnerin (Beklagten im Ausgangsverfahren) im Verfahren 19 Sa 16/04 beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg bestünden, weil die Berufungsfrist nicht gewahrt sei, haben sich die Bevollmächtigten des Antragstellers schriftsätzlich beim Landesarbeitsgericht legitimiert und die Zurückweisung, der Sache nach die Verwerfung der Berufung als unzulässig, beantragt.

Infolge des Hinweises des Landesarbeitsgerichts hat die Antragsgegnerin die Berufung wenige Tage später wieder zurückgenommen. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des vormalige Berufungsbeklagten, die zu erstattenden Kosten hinsichtlich der Prozessgebühr seiner Bevollmächtigten auf /10 einer Prozessgebühr nur insoweit stattgegeben, als es nur eine /20-Gebühr für erstattungsfähig erachtet hat. Den weitergehenden Antrag hat es zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, weil er der Auffassung ist, bei der vorliegenden Fallgestaltung einen Anspruch auf Erstattung der entstandenen vollen Prozessgebühr zu haben. Wegen des Vortrags der Beteiligten wird auf die im Festsetzungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Kosten, die mit dem Antrag geltend gemacht worden sind, sind nicht in dem Umfang erstattungsfähig, als zugunsten der Bevollmächtigten des Antragstellers eine volle Prozessgebühr in unstreitiger Höhe entstanden ist. Sie ist von der Antraggegnerin nach der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 06. April 2004 - 19 Sa 16/04 - insoweit zu tragen, wie sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im zweiten Rechtszug im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO entstanden ist. Der angegriffene Beschluss stützt sich vorliegend zurecht auf die zitierten Entscheidungen. Denn die dortigen Ausführungen gelten zwar nur für den Regelfall. Ein Grund, hiervon abzuweichen, liegt aber nicht schon dann vor, wenn das Landesarbeitsgericht auf die mangelnde Fristwahrung hingewiesen hat und das weitere Vorgehen des Berufungsklägers noch offen ist, insbesondere also eine alsbaldige Rücknahme der Berufung in Aussicht steht. Dass der Berufungsbeklagte die Berufung für unzulässig hält und deshalb deren Verwerfung als unzulässig ohne mündliche Verhandlung begehrt, kann das Verfahren unter keinem Gesichtspunkt fördern und ist überflüssig, soweit nicht absehbar ist, dass über die Einhaltung der Frist oder einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestritten wird.

Vorliegend geht es nicht um die Frage, ob ein Antrag auf Zurückweisung der Berufung vor Eingang der Berufungsbegründung die Erstattungsfähigkeit einer vollen Anwaltsgebühr auszulösen vermag. Vielmehr stellte sich hier von vornherein die Frage einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, wenn sie nicht rechtzeitig eingelegt ist. Dass eine verspätet eingelegte Berufung unzulässig ist, bedarf keiner Diskussion. Auch war es nicht erforderlich, das Gericht auf diesen Umstand hinzuweisen, nachdem es schon vorher selbst auf diese Problematik aufmerksam gemacht hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa Beschluss vom 9. Oktober 2003 - VII ZB 17/03 - NJW 2004, 73 m.w.Nw.) kommt es für die Erstattungsfähigkeit einer vollen Gebühr darauf an, ob die Antragstellung geeignet ist, die verfahrensrechtliche Stellung der Berufungsbeklagten im Verhältnis zum Prozessgegner zu beeinflussen. Dies ist dann der Fall, wenn mit ihr zur verfahrensbeendenden Erledigung des Rechtsstreits ein sachentsprechender Beitrag zur rechtlichen Verfahrenssituation gegeben werden soll. Dabei ist es unerheblich, dass das Gericht von Amts wegen diese Situation ohnehin zu prüfen hat. Denn das Gericht hat stets Prüfungen von Amts wegen durchzuführen, so die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels aus sonstigen Erwägungen oder der Schlüssigkeit der Berufungsbegründung. Der Berufungsbeklagte ist nicht gehalten, hierzu im Interesse des Berufungsklägers zu schweigen. Er darf das Gericht auf die ihr prozessual günstige Situation immer dann mit Hilfe eines Antrags hinweisen, wenn dies die prozessuale Konstellation gestattet.

Ein solcher Antrag dient nach diesseitiger Auffassung auch dann der Stärkung der eigenen Rechtsposition, wenn es nicht, etwa nach fruchtlosem Ablauf der Begründungsfrist oder Versäumung der Einlegungsfrist, verfahrensrechtlich nicht mehr entscheidend auf die Begründung der Berufung und auf eine Erwiderung ankommt, sondern lediglich noch ein Prozessurteil entsprechend dem gestellten Antrag zu erlassen ist. Mit dieser Antragstellung muss jedoch eine Ankündigung einer sachlichen Auseinandersetzung mit der gegebenen prozessrechtlichen Situation verbunden sein. Nur dann sind die Voraussetzungen einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfüllt.

Solange kein Grund besteht, daran zu zweifeln, dass die eingelegte Berufung verspätet ist, kann aber eine derartige Förderung des Verfahrens nicht stattfinden. Erst wenn der Berufungskläger, aus welchen Gründen auch immer, auf der Zulässigkeit der Berufung beharren sollte, entspricht es dem wohlverstandenen Interesse der Partei, auch schon vor Begründung der Berufung zu den Fragen der Zulässigkeit Stellung zu nehmen und die eigenen Interessen im Verfahren zu wahren. Es liegt sonach nicht bereits in jedem Fall einer unzulässigen Berufung ein Ausnahmefall hinsichtlich der vom Arbeitsgericht zitierten Rechtsprechung vor, sondern es ist auf den Blickwinkel einer verständigen Partei abzustellen, die in der hier gegebenen Situation mit der Antragstellung zuwartet, ob die objektiv verspätete Berufung fortgeführt werden soll. Eine Verbesserung seiner Rechtsstellung konnte der Antragsteller im fraglichen Verfahrensstadium nicht erreichen. Es war schlicht noch nichts zu erörtern.

Nach allem ist die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Werts des Beschwerdegegenstands erfolgt nach § 3 ZPO in Höhe des festgesetzten Betrags.

Ende der Entscheidung

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