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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 23.09.2004
Aktenzeichen: 3 Ta 137/04
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO, GKG, RVG, ArbGG, BEG


Vorschriften:

BRAGO § 27
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 32 Abs. 1
BRAGO § 121
BRAGO § 123 Abs. 1
BRAGO § 128 Abs. 1
ZPO § 117 Abs. 2
GKG § 25 Abs. 2 a.F.
GKG § 25 Abs. 2 Satz 2
GKG § 25 Abs. 2 Satz 3 a.F.
RVG § 61
ArbGG § 12 Abs. 7 Satz 1 a. F.
BEG § 209 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 3 Ta 137/04

Stuttgart, 23. September 2004

Im Beschwerdeverfahren mit den Beteiligten

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer ohne mündliche Verhandlung am 23. September 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 29. Juli 2004 - 17 Ca 9499/03 - aufgehoben: Auf seine Erinnerung wird unter Zurückweisung der Erinnerung der Staatskasse in diesem Umfang gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 10. Februar 2004 der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 16. April 2004 insoweit abgeändert, als die aus der Staatskasse an den Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung auf 269,12 EUR festgesetzt und der weiter gehende Antrag zurückgewiesen wird.

Gründe:

I.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Festsetzung der Vergütung nach § 128 Abs. 1 BRAGO durch das Arbeitsgericht.

Der Beschwerdeführer hat für den Beteiligten zu 3 einen Rechtsstreit wegen einer durch den Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung anhängig gemacht, der unter dem Aktenzeichen 17 Ca 5882/03 vor derselben Kammer des Arbeitsgerichts wie das hier vorliegende Ausgangsverfahren geführt worden war. Hierfür war dem Beteiligten zu 3 vom Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers gewährt worden. Während der Rechtshängigkeit jenes Rechtsstreits sprach der Arbeitgeber vorsorglich eine neue Kündigung aus, die der Beschwerdeführer für seinen Mandanten mit der Klage im hier vorliegenden Ausgangsverfahren angegriffen hat. Diese Klage ist am 26. August 2003 eingegangen. Gleichzeitig hat er einen Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gestellt und auf die im anderen Verfahren vorgelegte Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO Bezug genommen. Mit am 24. Oktober 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beschwerdeführer für den Beteiligten zu 3 die Klage um Zahlungsanträge im Gesamtwert von 5.840,89 EUR erweitert. Auch für diese Anträge hat er Prozesskostenhilfe beantragt. Sodann forderte ihn das Arbeitsgericht auf, eine neue Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO vorzulegen. Am 11. Dezember 2003 hat die streitige Verhandlung in der Sache 17 Ca 5882/03 stattgefunden, in der auch das Ausgangsverfahren in der vorliegenden Angelegenheit durch Prozessvergleich erledigt worden ist. Die Prozesskostenhilfe ist nachfolgend mit ausdrücklicher Rückwirkung zum 14. November 2003, dem Tag des Eingangs der aktuellen Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO, bewilligt worden. In der Folge hat das Arbeitsgericht den Gebührenstreitwert nach § 25 Abs. 2 GKG a.F. im Ausgangsverfahren durch Beschluss vom 15. Januar 2004 auf 4.108,96 EUR festgesetzt. Dies entspricht der Vergütung, die der Beteiligte zu 3 im damaligen Arbeitsverhältnis monatlich verdiente. Als Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt:

Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Die Annahmeverzugsansprüche (Klagerweiterung vom 21.10.2003 - Abl. 22) umfassen ein einfaches Bruttomonatseinkommen als Wert für die Bestandsschutzklage vom 26.08.2003 mit; die Bestandsschutzklage ist nur mit einfachem Bruttoeinkommen zu bewerten, da sie durch Klagerweiterung im Verfahren 17 Ca 5882/03 kostengünstiger hätte geltend gemacht werden können.

Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel eingelegt worden.

Das Arbeitsgericht hat als Vergütung zunächst einen Betrag von 339,53 EUR festgesetzt (Beschluss vom 10.02.2004 - Bl. 84 d.A.) und an den Beschwerdeführer ausbezahlt. Dieser Betrag enthielt eine 10/10-Prozessgebühr aus dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Gegenstandswert. Darüber hinaus wurden auch Reisekosten zum Gütetermin am 07. Oktober 2003 festgesetzt. Auf die Erinnerung der Staatskasse hat das Arbeitsgericht die Vergütung neu in Höhe von 141,40 EUR festgesetzt, weil nur eine 5/10-Prozessgebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO angefallen sei (Beschluss vom 16.04.2004 - Bl. 92 ff. d.A.), und den Beschwerdeführer zur Rückerstattung des Differenzbetrags aufgefordert. Wie sich dieser Betrag errechnet, lässt sich dem Festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts nicht entnehmen.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Beschwerdeführers hat das Arbeitsgericht nach zwischenzeitlicher Vorlage der Sache an das Landesarbeitsgericht und Rückgabe an das Arbeitsgericht zur Entscheidung über die Erinnerung schließlich durch Beschluss vom 29. Juli 2004 (Bl. 115 d.A.) zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, weil er der Auffassung ist, dass eine volle Prozessgebühr entstanden und zu vergüten sei. Wegen des Vortrags des Beschwerdeführers wird auf seine im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren vorgelegten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg, soweit die Abänderung des angegriffenen Beschlusses erstrebt wird. Dies beruht auf nachstehenden Erwägungen. Dabei sind nach § 61 RVG noch die Bestimmungen der BRAGO anzuwenden.

Das Arbeitsgericht hat in seiner Nichtabhilfeentscheidung ausgeführt, auch wenn unterschiedliche Kündigungen in beiden Verfahren Streitgegenstand seien, liege beiden Verfahren ein gemeinsamer Streitgegenstand, nämlich der Fortbestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zugrunde. Mit dieser in sich schon widersprüchlichen Begründung kann der Antrag auf Festsetzung einer vollen Prozessgebühr im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO nicht zurückgewiesen werden. Die eine Entscheidung rechtfertigenden Erwägungen müssen sachbezogen sein und an der richtigen Stelle angestellt werden. Richtig ist allerdings: Wenn die Klageanträge im hier zugrunde liegenden Ausgangsverfahren durch Klageerweiterung im Verfahren 17 Ca 5882/03 anhängig gemacht worden wären, hätte dies wegen wirtschaftlicher Identität der Anträge nicht zu einer Erhöhung des Gegenstandswerts im dortigen Kündigungsschutzverfahren geführt. Die Landeskasse wäre insoweit geschont worden. Dies hat aber mit der Frage, ob vorliegend eine Prozessgebühr entstanden ist, nichts zu tun. Diese Überlegung anzustellen wäre bei der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag am Platze gewesen. Mit dieser Begründung hätte der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im vorliegenden Ausgangsverfahren zurückgewiesen werden können oder müssen. Nachdem aber das Arbeitsgericht die beantragte Prozesskostenhilfe bewilligt hat, gibt es keine Möglichkeit mehr, die Folgen dieser etwa zu Unrecht erfolgten Bewilligung mit verfahrensfremden Erwägungen bei der Frage der Vergütung des Anwalts zu korrigieren zu versuchen. Wenn Prozesskostenhilfe bewilligt und die Beiordnung erfolgt ist, hat der Rechtsanwalt Anspruch auf die gesetzliche Vergütung. Dies unterliegt der Selbstbindung des Gerichts. Dies gilt auch für die Bemessung des Gegenstandswerts gemäß § 25 Abs. 2 GKG a.F. Allein die Tatsache, dass der Zeitraum von sechs Monaten nach Erledigung des Ausgangsverfahrens abgelaufen ist, hat verhindert, dass nach § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG diesseits von Amts wegen der Gebührenstreitwert auf den Betrag der Vergütung des Beteiligten zu 3 für ein Vierteljahr nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG a.F. festgesetzt wird. Denn auch hier gilt, dass es für eine Herabsetzung des Gegenstandswerts keine Veranlassung gibt, wenn die Feststellungsklage wegen einer - vorsorglichen - weiteren Kündigung seitens des Arbeitgebers nicht im bisherigen Verfahren, sondern in einem weiteren Verfahren angegriffen wird. Auch insoweit ist die Begründung des Arbeitsgerichts für seinen Wert festsetzungsbeschluss nicht sachbezogen. Vielmehr ist für beide Verfahren jeweils vom wirtschaftlichen Interesse des Klägers am Obsiegen im Rechtsstreit auszugehen, zumal das Arbeitsgericht unberücksichtigt gelassen hat, dass allein die Zahlungsklage im Ausgangsverfahren den von ihm angenommenen Wert überschritten hat. Nachdem aber vom beigeordneten Rechtsanwalt kein Rechtsmittel eingelegt wurde und der Zeitraum des § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG a.F. verflossen ist, kann diese willkürliche Streitwertfestsetzung nicht mehr korrigiert werden. Gegebenfalls hätte dies dazu geführt, dass bereits die Gebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO aus diesem Wert den vom Beschwerdeführer für richtig erachteten Betrag erreicht hätte. Auf die Frage, ob es an einem Vorgang nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe fehlt, der im Sinne des § 32 Abs. 1 BRAGO eine volle Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO hätte entstehen lassen können, wäre es dann nicht angekommen. Wegen der Bindung an den fehlerhaft festgesetzten Streitwert ist diese Frage aber nun entscheidungserheblich.

Der Vergütungsanspruch des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse erfasst grundsätzlich allein diejenigen Tätigkeiten, die der Anwalt nach dem Wirksamwerden seiner Beiordnung geleistet hat, nicht aber auch etwaige Tätigkeiten aus der vorangegangenen Zeit als Wahlanwalt. Maßgeblich ist insoweit, auf welchen Zeitpunkt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zurückwirkt. Nur die Handlungen kommen insoweit in Betracht, die nach diesem Zeitpunkt vorgenommen worden sind. Eine noch weitergehende Rückwirkung kommt nicht in Betracht. Sie würde dem Antragsprinzip widersprechen. Die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung des Rechtsanwalts hängt deshalb in solchen Fällen davon ab, ob und welche auf die Sache bezogene Tätigkeit der Anwalt bei oder nach dem Eingang seines Prozesskostenhilfegesuchs erbracht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1995 VI ZR 396/94 AGS 1997, 141). Die vor der Beiordnung entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts ist für die Erstattung der Anwaltskosten aus der Staatskasse ohne Bedeutung. Insoweit wird die Sache so angesehen, als ob der Rechtsanwalt erst mit der Beiordnung in den Rechtsstreit eingetreten wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar 1970 - III ZR 207/68 - NJW 1970, 757 f.). Nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information eine volle Gebühr (Prozessgebühr). Diese ermäßigt sich jedoch nach § 32 Abs. 1 BRAGO auf eine halbe Gebühr, wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt "... einen Schriftsatz, der Sachanträge ... enthält", eingereicht hat.

Diese Vorschrift greift hier ein. Bis hierhin ist also der Auffassung des Arbeitsgerichts, aufgrund derer es nur eine halbe Prozessgebühr festgesetzt hat, zu folgen. Es ist allgemein anerkannt, dass für den Vergütungsanspruch des im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts aus § 121 BRAGO nur der Zeitraum zu berücksichtigen ist, von dem ab er mit der Beiordnung in den Rechtsstreit eingetreten ist; eine Tätigkeit vor diesem Zeitpunkt hat, weil der Rechtsanwalt sie nicht als beigeordneter Anwalt im Rahmen der Bewilligung der Prozesskostenhilfe entfaltet, hierfür außer Betracht zu bleiben.

Vorliegend ist aber von Bedeutung, dass das Arbeitsgericht pflichtwidrig über den Bewilligungsantrag erst nach Beendigung des Rechtsstreits entschieden hat. Darüber hinaus hat es den Kläger erst zwei Monate nach Erhebung der Klage und der Einreichung des Antrags darauf hingewiesen, dass es trotz der zeitlichen Nähe zum Streitgegenstand in dem anderweitigen Rechtsstreit, in dem es Prozesskostenhilfe bewilligt hat, eine neue Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO verlangt, dies, obwohl am 07. Oktober 2003 bereits eine Güteverhandlung stattgefunden hat, ohne dass dies das Arbeitsgericht zum Anlass genommen hätte, seine Bedenken hinsichtlich der subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen zu äußern.

Im Verfahren 17 Ca 5882/03 hat es am 06. August 2003 die Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Klage im vorliegenden Ausgangsverfahren ist am 26. August 2003 eingegangen. Erst nach der Klageerweiterung am 24.Oktober 2003 hat dann die weitere Bitte des Beschwerdeführers, zeitnah über den Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden, zu dem Hinweis des Arbeitsgerichts Veranlassung gegeben, es werde eine neue Erklärung gefordert. Die geforderte Erklärung ist wenige Tage später am 14. November 2003 bei Gericht eingegangen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Antrag aus der Sicht des Arbeitsgerichts, das sich ja zum damaligen Zeitpunkt nicht daran stieß, dass die Klage kostengünstiger im bereits anhängigen weiteren Verfahren hätte erweitert werden können, positiv bescheidungsfähig. Bis zu diesem Zeitpunkt hat es dann der späteren Bewilligung auch eine Rückwirkung beigelegt. Am 21. November 2003 hat der Klägervertreter auf die Klageerwiderung seinerseits erwidert und durch weiteren Sachvortrag zu erkennen gegeben, dass die erhobenen Klageanträge weiter begründet werden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er mangels Bewilligung der Prozesskostenhilfe keinen Anlass, die Umstände, die für ein volles Entstehen der Prozessgebühr erforderlich waren, ausdrücklich herbeizuführen und etwa die Antragsstellung zu wiederholen oder auf die gestellten Anträge ausdrücklich Bezug zu nehmen. Dies konnte dann in der Folge auch nicht mehr geschehen, weil die Bewilligung der Prozesskostenhilfe in diesem Verfahren erst nach Abschluss des Prozessvergleichs in dem anderweitigen Kündigungsschutzverfahren erfolgt ist.

Nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 05. Februar 1998 (IX ZR 263/96 - NJW- RR 1998, 642 f.) gilt Folgendes: Wird im Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz der Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dem Antragsteller so spät zugestellt, dass der beigeordnete Rechtsanwalt einen zusammen mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe formulierten Sachantrag vor einer Entscheidung nach § 209 Abs. 3 BEG nicht wiederholen kann, ist die Prozessgebühr nicht nach § 32 Abs. 1 BRAGO auf die Hälfte zu kürzen, wenn bei Stellung des Antrags alle Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorlagen. Der Rechtsanwalt könne Vergütung grundsätzlich zwar nur für solche Tätigkeiten fordern, die er nach dem Wirksamwerden seiner Beiordnung geleistet hat, also etwa nicht für solche Tätigkeiten, die er in der vorangehenden Zeit als Wahlanwalt erbracht hat. Endige das Verfahren, bevor der beigeordnete Rechtsanwalt einen Sachantrag gestellt hat, stehe ihm nach diesen Grundsätzen mithin lediglich die Hälfte der Prozessgebühr zu. Abweichend von dieser Regel nehme der Bundesgerichtshof in bestimmten Fällen eine Rückwirkung des Beschlusses auf den Zeitpunkt an, in welchem der Prozesskostenhilfeantrag bei Gericht eingegangen ist. Das treffe zu, wenn über den während des Verfahrens gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erst zusammen mit der Entscheidung über die Nichtannahme der Revision oder nach Abschluss des Verfahrens befunden wird. In diesen Fällen habe der Rechtsanwalt keine Gelegenheit, nach der Beiordnung einen Sachantrag zu stellen. Voraussetzung einer Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung sei aber stets, dass zu diesem Zeitpunkt sämtliche formellen und materiellen Voraussetzungen für eine Prozesskostenhilfebewilligung vorlagen. Dem beigeordneten Rechtsanwalt stehe dann eine volle Prozessgebühr zu, wenn er zugleich mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe oder später eine der in § 32 Abs. 1 BRAGO aufgeführten Handlungen vorgenommen, insbesondere einen Sachantrag im Sinn dieser Vorschrift gestellt oder auf einen solchen Antrag Bezug genommen hat

Da hier das Arbeitsgericht der Bewilligung der Prozesskostenhilfe ausdrücklich eine eingeschränkte Rückwirkung beigemessen hat, kann diese Entscheidung nicht unmittelbar zugunsten des Beschwerdeführers eingreifen. Denn er hätte nach dem Hinweis vom 28. Oktober 2003 erkennen können, dass nach Auffassung des Arbeitsgerichts der Verweis auf die im anderweitigen Verfahren vorgelegte Erklärung nicht ausreicht. Das Arbeitsgericht hat aber mit keiner Silbe angedeutet, dass es trotz seines monatelangen Schweigens die Rückwirkung einer Bewilligung auf den Zeitpunkt beschränkt, zu dem die neuerliche Erklärung vorgelegt wird. Insoweit hat das Arbeitsgericht seine prozessuale Fürsorgepflicht verletzt. Bei dieser Sachlage ist der Beschwerdeführer aber so zu behandeln, als ob die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkte, auch wenn der Kläger es in der Hand gehabt hätte, Beschwerde wegen der nur eingeschränkten Bewilligung einzulegen. Aus eigenem Recht hätte dies der Beschwerdeführer aber nicht tun können. Insoweit handelt es sich nur um einen Reflex auf die eigenen Vergütungsansprüche. Es ist aber nicht zu übersehen, dass aufgrund der Untätigkeit des Arbeitsgerichts für den Beteiligten zu 3 Gebühren entstanden sind, die er selbst zu tragen hat, weil er nicht in der Lage war, rechtzeitig die Voraussetzungen herbeizuführen, die nach Auffassung des Arbeitsgerichts für eine positive Entscheidung erforderlich waren. Nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe konnte der Beschwerdeführer keinen Schriftsatz im Sinne des § 32 Abs. 1 BRAGO mehr einreichen. Bereits zum Zeitpunkt der Antragsstellung war aber der Antrag aus der Sicht des Klägers positiv bescheidungsfähig. Denn wenn der Kläger auf die bereits vorliegende Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO Bezug nimmt, die das Arbeitsgericht drei Wochen zuvor noch für ausreichend erachtet hat, konnte er davon ausgehen, dass die subjektiven Voraussetzungen für die Bewilligung insoweit vorlagen, zumal sich anlässlich der ersten Kündigung zum 30. Juni 2003 die Verhältnisse des Klägers, der in seiner Erklärung noch die vollen Vergütungsansprüche aus dem gekündigten Arbeitsverhältnis angegeben hat, schwerlich verbessert haben können und tatsächlich infolge der an den 30. Juni 2003 anschließenden Arbeitslosigkeit verschlechtert haben. Wenn nun das Arbeitsgericht die von ihm verursachten Verfahrensmängel und mangelhaften Hinweise zum Anlass nimmt, die Folgen dieses Verhaltens auf den Beschwerdeführer abzuwälzen, entspricht dies nach diesseitigem Verständnis nicht den Grundsätzen eines fairen Verfahrens und handelt es widersprüchlich. Der Beschwerdeführer muss so behandelt werden, als komme dem Bewilligungsbeschluss Rückwirkung auf den Zeitpunkt der zugleich mit der Klageerhebung erfolgten Antragstellung zu, nachdem das Arbeitsgericht das Verfahren nicht mit der gebotenen Transparenz und Zügigkeit betrieben hat. Als der Kläger den Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt hat, lagen mithin alle Voraussetzungen für deren Bewilligung vor. Da der von dem später beigeordneten Rechtsanwalt eingereichte Schriftsatz neben dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugleich den Klageantrag enthielt, hat die dem Bewilligungsbeschluss effektiv zukommende Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung zur Folge, dass die dem Rechtsanwalt zustehende Prozessgebühr nicht nach § 32 Abs. 1 BRAGO auf die Hälfte zu kürzen ist.

Hinzu kommt noch Folgendes: Nach dem Zeitpunkt, zu dem die Bewilligung nach der Anordnung des Arbeitsgerichts zurückwirken sollte, hat der Klägervertreter einen Schriftsatz mit umfangreichen Ausführungen zur Sache eingereicht. Nun lässt aber die Rechtsprechung als Voraussetzung für einen Schriftsatz im Sinne des § 32 Abs. 1 BRAGO jede Sachausführung genügen, aus der ersichtlich wird, dass der Rechtsanwalt seinen früheren förmlichen Abweisungsantrag aufrecht erhält (vgl. BGH, Beschluss vom 08. März 1983 - VI ZR 281/81 - LM Nr. 5 zu § 31 BRAGebO). Dies muss dann auch in Bezug auf die Sachanträge der klagenden Partei gelten. Auch in diesem Schriftsatz muss somit eine stillschweigende Bezugnahme auf die bereits angekündigten Anträge gesehen werden, die die volle Prozessgebühr entstehen lassen kann. Denn die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt einen Schriftsatz ausreichen, der einem einen Sachantrag enthaltenden Schriftsatz gleichzuachten ist. Es genügt insoweit eine wirksame stillschweigende Bezugnahme auf einen früher gestellten Sachantrag (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 1991 - VIII ZR 187/90 - NJW 1992, 840-841). Dafür, dass dies auch vorliegend anzunehmen ist, spricht alles, denn die sachlichen Ausführungen in dem Schriftsatz gehen dahin, die Einwendungen der Beklagtenseite zu entkräften und die Klageanträge weiterhin zu rechtfertigen. Darin muss eine stillschweigende Bezugnahme auf den Klageantrag gesehen werden. Auch dieser Umstand führt dazu, dass die Prozessgebühr nicht nach § 32 Abs. 1 BRAGO zu kürzen ist.

Ob der Beschwerdeführer auch Anspruch auf die Erörterungsgebühr gehabt hätte, kann dahingestellt bleiben, da diese nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Dasselbe gilt auch für die vom Arbeitsgericht abgesetzten Reisekosten zum Gütetermin. Diese sind ebenfalls nicht vom Beschwerdeantrag umfasst, sodass es insoweit bei der Zurückweisung seines Antrags verbleibt.

Nach allem ist auf die Beschwerde der Beschluss des Arbeitsgerichts dahingehend abzuändern, dass die Prozessgebühr nach § 123 Abs. 1 BRAGO 212,00 EUR beträgt. Hinzu kommt noch das Entgelt gemäß § 27 BRAGO in Höhe von 20,00 EUR und die Mehrwertsteuer aus dem Gesamtbetrag in Höhe von 37,12 EUR (§ 25 Abs. 2 BRAGO).

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 BRAGO).

Ende der Entscheidung

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