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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 05.11.2007
Aktenzeichen: 3 Ta 219/07
Rechtsgebiete: RVG, ZPO, BetrVG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3 Satz 2
RVG § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Alternative
RVG § 33
RVG § 33 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 2
RVG § 33 Abs. 3 Satz 3
ZPO § 329 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 172 Abs. 1
BetrVG § 40
BetrVG § 103
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 11. September 2007 - 11 BV 2/07 - wird, soweit es die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Beteiligten zu 5 betrifft, als unzulässig verworfen und, soweit sie gegen die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit der Beteiligten zu 4 gerichtet ist, zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts nach § 33 Abs. 1 RVG.

Gegenstand des Ausgangsverfahrens war der Antrag der Arbeitgeberin, die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung seines Vorsitzenden zu ersetzen.

Das Ausgangsverfahren hat durch übereinstimmende Erledigterklärung nach außergerichtlichem Vergleich geendet.

Die Bevollmächtigten des Betriebsrats und des beteiligten Betriebsratsvorsitzenden haben sodann die Festsetzung des Gegenstandswerts auf 12.000,00 EUR beantragt.

Das Arbeitsgericht hat im angegriffenen Beschluss, der den Beteiligten formlos mitgeteilt worden ist, den Gegenstandswert "im Verhältnis zwischen d. Beteil. zu 2 bis 5 und d. Beteil. zu 1" auf 12.000,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der eine Herabsetzung auf 8.000,00 EUR angestrebt wird. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass unter dem Aktenzeichen 11 BV 3/07 ein neuer Antrag mit identischem Sachverhalt vorsorglich wegen eines möglichen Anhörungsfehlers anhängig gemacht worden sei. Auch wenn erhöhte rechtliche Schwierigkeiten in dem Verfahren zu berücksichtigen seien, hätten die Anwälte in beiden Verfahren identische Schriftsätze vorlegen und darüber hinaus ihre Schriftsätze untereinander abstimmen können.

Die Rechtsanwälte des Betriebsrats und des beteiligten Betriebsratsmitglieds sind der Beschwerde entgegengetreten.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nach Anhörung der Beteiligten nicht abgeholfen und sie hierher vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist teils unzulässig, teils unbegründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdefrist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG zu laufen begonnen hat. Der angegriffene Beschluss wurde den Beteiligten entgegen § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht förmlich zugestellt, darüber hinaus wurde bezüglich der Beschwerdeführerin auch § 172 Abs. 1 ZPO nicht beachtet. Die Beschwerde ist aber am 27. September 2007 innerhalb von zwei Wochen nach Absendung des Beschlusses durch das Arbeitsgericht am 14. September 2007 eingegangen, sodass sich bereits hieraus jedenfalls die Fristwahrung ergibt.

1. Die Beteiligte zu 1 hat umfassend gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 11. September 2007 Beschwerde eingelegt. Vom Arbeitsgericht nicht erkannt, handelt es sich um eine stillschweigende Verfahrensverbindung. Es hat nämlich den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Bevollmächtigten sowohl des Betriebsrats als auch des beteiligten Betriebsratsmitglieds in einem Beschluss festgesetzt. Es handelt sich aber um zwei Verfahren nach § 33 RVG, nämlich einmal aus der Mandatsbeziehung unter den Beteiligten zu 3 und 5 und einmal um diejenige unter den Beteiligten zu 1, 2 und 4. Der Beteiligte zu 3 hat keinen Kostenerstattungsanspruch gegen die Arbeitgeberin nach § 40 BetrVG (vgl. BAG, Beschluss vom 31.01.1990 - 1 ABR 39/89 - AP Nr. 28 zu § 103 BetrVG 1972). Das hat sie selbst erkannt (Schriftsatz vom 15. Oktober 2007, Bl. 381 f. der Akte). Durch die Festsetzung des Gegenstandswerts für die Tätigkeit der Bevollmächtigten des Betriebsratsmitglieds (hier: Beteiligter zu 3), also der Beteiligten zu 5, ist die Beteiligte zu 1 nicht beschwert. Deshalb ist ihre Beschwerde in Bezug auf diese Festsetzung des Gegenstandswerts als unzulässig zu verwerfen. Ob das Arbeitsgericht die Festsetzung insoweit zutreffend vorgenommen hat, ist deshalb nicht mehr zu überprüfen, insbesondere also nicht die Frage, ob es sich bei der Beteiligung des Betriebsratsmitglieds am Verfahren nach § 103 BetrVG mit eigenem Antragsrecht nicht um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Es geht ja schließlich wirtschaftlich um sein Arbeitsverhältnis und nicht um ideelle Werte. Darüber hinaus sind nach § 33 Abs. 2 RVG nur die dort genannten Antragsberechtigten am Wertfestsetzungsverfahren zu beteiligen. Dies sind hier das Betriebsratsmitglied und seine Verfahrensbevollmächtigten. Dass die Arbeitgeberin in diesem Verhältnis zur Erstattung der Vergütungsansprüche des Anwalts verpflichtet wäre, hat das Arbeitsgericht nicht festgestellt oder wenigstens geprüft. Der Beschluss des Arbeitsgerichts kann aber für sich keine Vergütungspflicht begründen.

2. Soweit es um die Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit der Beteiligten zu 4 für den Betriebsrat (Beteiligter zu 2) geht, ist die Beschwerde in der Sache nicht gerechtfertigt. In dieser Beziehung handelt es sich fraglos um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Es geht um die Teilhaberechte des Betriebsrats im Rahmen seiner Mitbestimmung und um seine Integrität in Bezug auf seine personelle Zusammensetzung. Deshalb ist der Wert § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Alternative RVG zu entnehmen. Angesichts der Bedeutung für den Betriebsrat, des Umfangs und der Schwierigkeit des Sache sowie des Umstands, dass es sich bei dem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis die Beteiligte zu 1 kündigen wollte, um dessen Vorsitzenden handelte, ist die Festsetzung auf den dreifachen Ausgangs- oder Regelwert nicht zu beanstanden. Insoweit hat das Arbeitsgericht sein Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.

Etwas anderes ergibt sich aber auch nicht daraus, dass die Arbeitgeberin ein weiteres Verfahren mit demselben Antrag, aber etwas modifiziertem Sachverhalt, anhängig gemacht hat. Dass es zur Verdopplung des Verfahrens kam, fällt, ohne dass es auf die Frage der Auswirkung einer etwaigen anderweitigen Rechtshängigkeit ankommt, in ihre Sphäre. Sie hätte es in der Hand gehabt, in dem bereits anhängigen Verfahren nach entsprechender Durchführung des Anhörungsverfahrens beim Betriebsrat den modifizierten Sachverhalt zur Begründung ihres Antrags (Die Zustimmung muss nur einmal ersetzt werden!) ihren Sachvortrag zu ergänzen. Richtig ist, dass ein gewisser Rationalisierungseffekt bei einer oder mehreren Parallelsachen sich auf den Gegenstandswert auswirken kann, weil die für den Rechtsanwalt anfallende Arbeit (bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten kommt es hierauf an) sich auf mehrere Verfahren verteilt und für das einzelne Verfahren sich der Aufwand damit ermäßigt. Die Bedeutung für den Betriebsrat und sein Integritätsinteresse wird aber nicht von der Frage tangiert, wie viele Verfahren mit dem nämlichen Antrag anhängig sind, da ein solcher Antrag in jedem Verfahren aus seiner Sicht abzuwehren ist. Allein schon die Bedeutung im vorliegenden Verfahren, das im Kündigungssachverhalt Bezüge zur Betriebsratstätigkeit des Beteiligten zu 3 aufweist (er hat unter anderem behauptet, sich in den Kaffeepausen der Arbeitskollegen als Ansprechpartner des Betriebsrats bereitgehalten und damit keine Kaffeepause genossen zu haben) und deshalb für den Beteiligten zu 2 auch die Frage betrifft, wie die Betriebsratstätigkeit zu gestalten ist, rechtfertigt jedenfalls die Verdreifachung des in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG genannten Werts.

III.

Für die Ermäßigung der Gebühr nach Nr. 8614 KV GKG gibt es keinen Anlass. Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 GKG).

Ende der Entscheidung

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