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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 29.02.2008
Aktenzeichen: 3 Ta 41/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 344
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lörrach vom 30. November 2007 - 1 Ca 208/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erinnerung der Beteiligten zu 1 gegen den Kostenansatz des Arbeitsgerichts Lörrach vom 12. Oktober 2007 zurückgewiesen wird.

Gründe:

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen den Kostenansatz des Arbeitsgerichts über 742,00 EUR zu ihren Lasten.

Im Ausgangsverfahren hat die Beteiligte zu 1 zunächst Klage beim Arbeitsgericht Freiburg mit einem Zahlungsantrag über 34.136,60 EUR erhoben. Über diesen Betrag hat das Arbeitsgericht Freiburg ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte des Ausgangsverfahrens erlassen. Nach dem fristgerecht eingelegten Einspruch der Beklagten und aufgrund ihrer Rüge der örtlichen Zuständigkeit hat das Arbeitsgericht Freiburg den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Lörrach verwiesen. Nach Verweisung hat die Klägerin die Klage dort zurückgenommen, woraufhin das Arbeitsgericht Lörrach durch Beschluss vom 25. Juli 2007 der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten im Verhandlungstermin beim Arbeitsgericht Freiburg entstanden sind, die das Arbeitsgericht der Beklagten auferlegt hat.

Hierauf hat das Arbeitsgericht im Kostenansatz eine Gebühr nach Nr. 8210 KV GKG in Höhe von 738,00 EUR zulasten der Klägerin angesetzt.

Die von der Klägerin hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss der Sache nach zurückgewiesen (so ist der Tenor " ... helfe ich der Erinnerung nicht ab" auszulegen). Gegen diesen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde.

Diese hat das Arbeitsgericht hierher vorgelegt, ohne über eine Abhilfemöglichkeit bezüglich der Beschwerde zu entscheiden.

II.

Die im Hinblick auf § 66 Abs. 2 GKG an sich statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht gerechtfertigt.

1. Über die Beschwerde kann ohne Abhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts befunden werden. Allerdings hat die Kostenbeamtin die Erinnerung gegen den Kostenansatz, der sie nicht abhelfen will, nach §§ 35, 45 KostVfg dem Bezirksrevisor vorzulegen, was nicht geschehen ist. Dieser hilft entweder durch eine Anweisung an den Kostenbeamten ab oder leitet die Akten dem Gericht zur Entscheidung über die Erinnerung weiter. Dies ist hier nicht geschehen, sondern die Erinnerung ist unmittelbar dem Gericht nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG zugeleitet worden, das über sie entschied. Ein etwaiges Übergehen der Staatskasse (Bezirksrevisor) ist damit überholt.

2. Das Arbeitsgericht hat vorliegend "der Erinnerung nicht abgeholfen". Entscheidung über die Erinnerung bedeutet indes, dass entweder die Erinnerung zurückgewiesen oder auf die Erinnerung über den Kostensatz anderweitig befunden wird oder aber die Staatskasse oder die Kostenbeamtin angewiesen werden, den Kostenansatz abzuändern. Die Nichtabhilfe der Erinnerung durch das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss wird sonach als Zurückweisung der Erinnerung ausgelegt.

3. Die Rechtsmittelbelehrung des Arbeitsgerichts, wonach gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt werden könnte, ist insoweit unzutreffend, als nach § 66 Abs. 2 GKG eine unbefristete Beschwerde eingelegt werden kann. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat zwar die dort genannte Frist gewahrt, hierauf kommt es aber deshalb nicht mehr an, weil keine Frist zu beachten war. Daran kann auch eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nichts ändern. Wenn das Arbeitsgericht die Beschwerde als eine solche gegen den Beschluss vom 25. Juli 2007 hätte behandeln wollen, hätte es nicht "die Erinnerung gegen den Kostenansatz" zurückweisen dürfen. Der Rechtsbehelf der Klägerin war allerdings eindeutig auf den Kostenansatz bezogen.

4. Eine nach § 66 Abs. 3 Satz 1 GKG erforderliche Entscheidung (Beschluss) über die Frage, ob die Beschwerde zulässig oder begründet ist, ist vom Arbeitsgericht nicht mehr erlassen worden. Dies ist vorliegend aber unschädlich, weil eine Abhilfe nicht in Betracht kommt. Die Akte muss deshalb nicht dem Arbeitsgericht zur Entscheidung nach § 66 Abs. 3 GKG zurückgegeben werden. Dass das Arbeitsgericht gleichwohl abhelfen würde, ist nicht zu erwarten.

5. Die Beschwerde ist nämlich nicht gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht hat die Gebühr Nr. 8210 KV GKG zu Recht angesetzt. Da die Klägerin eine Zahlungsklage über 34.196,60 EUR erhoben hat, ist die genannte Gebühr ohne weiteres aus diesem Streitwert zu entnehmen (Anlage 2 zu § 34 GKG). Eine anderweitige Festsetzung kommt nicht in Betracht, da der Nominalwert für die Bemessung des Streitwerts maßgeblich ist. Zulässigkeit und Begründetheit ("Erfolgsaussicht") der Klage haben auf den Streitwert keinen Einfluss.

6. Das Arbeitsgericht hat zutreffend in der Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 4 ZPO die Kosten, die durch die Säumnis der Beklagten im Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht Freiburg entstanden sind, gemäß § 344 ZPO der Beklagten auferlegt. Dies hat aber entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Einfluss auf die Frage, wer nach Klagerücknahme hinsichtlich des vollen Klagebetrags die Gerichtsgebühren zu tragen hat. Denn die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO tritt kraft Gesetzes ein. Das ergangene Versäumnisurteil gegen die Beklagte, in dem dieser die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind, ist aufgrund der Klagerücknahme gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO ebenfalls kraft Gesetzes wirkungslos geworden. Daraus ergibt sich die nachstehende Kostenfolge:

a) Nach § 22 Abs. 1 GKG schuldet die Gerichtskosten, wer die Klage erhoben hat, also hier die Beteiligte zu 1. Nach § 22 Abs. 2 GKG endet die "Haftung" für die Kosten, wenn eine anderweitige "Kostenhaftung" nach § 29 Abs. 1 und 2 GKG besteht. Dies war der Fall, solange noch das Versäumnisurteil nicht aufgehoben war. Die Wirkung der Klagerücknahme betrifft aber das Versäumnisurteil nicht nur in der Hauptsache, sondern auch in der Kostenentscheidung. Denn das Versäumnisurteil war in vollem Umfang nicht rechtskräftig geworden. Damit bestand keine anderweitige Entscheidung im Sinne des § 29 Abs. 1 GKG mehr. Einer Aufhebung im Sinne des § 30 GKG bedurfte es nicht, da die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO kraft Gesetzes eintritt. Eine abändernde Kostenentscheidung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich, um die Verpflichtung des jeweiligen Klägers, gemäß § 22 Abs. 1 die Gerichtskosten zu tragen, wieder aufleben zu lassen. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob das Arbeitsgericht einen Kostenbeschluss nach § 269 Abs. 3 Satz 3 (und nicht richtig nach Satz 2) in Verbindung mit Abs. 4 ZPO erlassen hat. Inhaltlich weicht dieser etwa konstitutiv gemeinte Beschluss nicht von dem im Hinblick auf den Antrag der Beklagten erforderlichen deklaratorischen Beschluss ab.

b) Etwas anderes folgt auch nicht aus der sich aus § 344 ZPO ergebenden Entscheidung, dass die Beklagte die durch ihre Säumnis entstandenen Kosten zu tragen hat. Zu erstatten sind nach § 344 ZPO die Mehrkosten, die durch die Säumnis entstanden sind. Dies ist bei der angefallenen Gerichtsgebühr nicht der Fall. Die Gerichtsgebühr ist ungeachtet ihrer Fälligkeit erst zum Verfahrensende (§ 9 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 4 GKG) zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage entstanden. Sie ist dann der Nr. 8210 KV GKG zu entnehmen. Nach Anmerkung 2 zu diesem Gebührentatbestand entfällt sie, wenn die Klage vor streitiger Verhandlung zurückgenommen, also das Verfahren vor streitiger Verhandlung beendet worden ist, was hier der Fall ist, jedoch nur, wenn kein Versäumnisurteil ergangen ist. Dies ist aber ebenfalls der Fall. Damit ist dieser Tatbestand, der die Gebühr nach Nr. 8210 KV GKG in voller Höhe entfallen ließe, nicht erfüllt. Soweit das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss auch auf die ermäßigte Gebühr nach Nr. 8211 KV GKG abhob, ist die Gebührenprivilegierung nicht deshalb nicht eingetreten, weil ein Beschluss im Sinne der Nr. 1 des gesetzlichen Gebührentatbestandes ergangen wäre. Auch wenn dies der Fall wäre, wenn also das Arbeitsgericht nicht lediglich das Gesetz falsch zitiert hätte, sondern tatsächlich einen Beschluss nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erlassen hätte, obwohl die Voraussetzungen nicht vorlagen, könnte dies der Kostenprivilegierung nicht entgegenstehen; denn man wird gebührenrechtlich darauf abzustellen haben, welche Entscheidung nach Sachlage zu ergehen hatte, und nicht danach, welche ergangen ist. Wenn davon auszugehen wäre, dass auf eine Klagerücknahme vor streitiger Verhandlung der Gebührentatbestand der Nr. 8211 KV GKG überhaupt angewendet werden könnte, so hinderte die Privilegierung (Ermäßigung der Gebühr auf 0,4) die gemeinsame Voraussetzung für alle drei Fallgruppen, dass kein anderes als ein in Nr. 2 des Gebührentatbestandes genanntes Urteil ergangen sein darf. Ein Versäumnisurteil ist aber dort nicht genannt, sodass es einer Privilegierung entgegensteht.

Das Versäumnisurteil ist dann zwar ursächlich dafür, dass die Gebühr nach Nr. 8210 KV GKG nicht entfällt. Damit ist die erhalten gebliebene Gebühr aber noch kein Umstand, der aufgrund der Säumnis der Beklagten besondere Kosten hätte entstehen lassen. Schon vom Wortlaut her ist dies nicht der Fall. Denn der Nichteintritt einer Gebührenprivilegierung kann nicht als zusätzlicher Aufwand aufgrund der Säumnis im Termin begriffen werden. Durch die Säumnis der Beklagten sind hinsichtlich der Gerichtsgebühr nicht zusätzliche Kosten entstanden, sondern bereits (mit der Klageerhebung) entstandene Kosten nicht weggefallen. Darüber hinaus war für den Erlass eines Versäumnisurteils nicht die Säumnis der Beklagten ursächlich, sondern der Antrag der Klägerin, ein Versäumnisurteil zu erlassen. Damit hat sie die Möglichkeit eines Sanktionsmittels ergriffen, das ihr bei Anwesenheit der Beklagten im Gütetermin nicht zur Verfügung gestanden hätte. Somit hat die Klägerin durch ihren Antrag selbst die Situation herbeigeführt, dass eine Klagerücknahme nicht mehr gebührenprivilegiert ist. § 344 ZPO steht der Richtigkeit des Kostensansatzes sonach ebenfalls nicht entgegen.

7. Nach allem ist die Beschwerde mit der Maßgabe, dass die Erinnerung gegen den Kostenansatz des Arbeitsgerichts zurückgewiesen wird, zurückzuweisen. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

Ende der Entscheidung

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