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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 24.05.2004
Aktenzeichen: 3 Ta 91/04
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4
BRAGO § 128
BRAGO § 128 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 3 Ta 91/04

Stuttgart, 24. Mai 2004

Im Beschwerdeverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 3. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer ohne mündliche Verhandlung am 24. Mai 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 10. März 2004 - 11 Ca 66/03 - aufgehoben:

Auf die Erinnerung der Landeskasse wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 04. August 2003 abgeändert:

Die dem beigeordneten Rechtsanwalt Herrn ... aus der Landeskasse zu erstattende Vergütung wird unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags auf 584,64 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beschwerde der Landeskasse richtet sich gegen die Festsetzung der Vergütung nach § 128 Abs. 1 Satz 1 BRAGO, soweit das Arbeitsgericht auch eine Erörterungsgebühr festgesetzt hat.

Der Beteiligte zu 3 hat im Ausgangsverfahren für die Beteiligte zu 2 mehrere Streitgegenstände anhängig gemacht. Vor Durchführung einer Güteverhandlung haben die Parteien übereinstimmend mitgeteilt, dass sie sich in Vergleichsverhandlungen befänden und dass deshalb um die Anordnung des Ruhens des Verfahrens gebeten werde. Dem ist durch die Vorsitzende des Arbeitsgerichts entsprochen worden.

Mit Schriftsatz vom 27.05.2003 haben die Bevollmächtigten der Beklagten des Ausgangsverfahrens mitgeteilt, dass sich die Parteien bereits außergerichtlich geeinigt hätten. Antragsgemäß hat die Vorsitzende einen Termin zur Protokollierung des Vergleichs anberaumt (Bl. 21 der Akte). Auf den Inhalt des zunächst vorläufig auf Tonträger aufgezeichneten Protokolls wird Bezug genommen (Bl. 22/23 der Akte). Dieses enthält die Feststellung, dass die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert worden sei. An diese Feststellung schließt sich die Formulierung an: "Die Parteien geben zu Protokoll folgenden Vergleich:". Es folgt dann der Inhalt des Vergleichs. Dieser wurde von der Vorsitzenden "laut diktiert" und von den Parteivertretern genehmigt. Auf das nochmalige Vorspielen haben sie verzichtet.

In der Folge ist der Beteiligten zu 2 vom Arbeitsgericht noch nachträglich und rückwirkend Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beteiligten zu 3 bewilligt worden.

Das Arbeitsgericht hat im Vergütungsfestsetzungsbeschluss die beantragte Erörterungsgebühr in Höhe von 242,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer festgesetzt, weil im Termin vom 23. Juni 2003 ausweislich des Sitzungsprotokolls eine Erörterung stattgefunden habe. Die Erinnerung der Landeskasse hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss der Sache nach zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich deren Beschwerde, weil angesichts dessen, dass nach vorangegangener materieller Einigung der Parteien nur noch ein Protokollierungstermin anberaumt wurde, von einer Erörterung der Sache "aus gegensätzlichen Standpunkten" nicht ausgegangen werden könne. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Beteiligte zu 3 hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht eine Erörterungsgebühr im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO festgesetzt. Der Vergütungsfestsetzungsantrag hätte in diesem Umfang zurückgewiesen werden müssen. Es fehlen nämlich, wie in der Beschwerdebegründung zutreffend festgestellt wird, die Merkmale, die eine solche Gebühr hätten entstehen lassen können.

Tatbestandliche Voraussetzung für das Entstehen einer Erörterungsgebühr ist unter anderem die Erörterung der "Sache" in einem gerichtlich festgesetzten Termin. Als "Sache" in diesem Sinn ist der anhängige Rechtsstreit zu verstehen. Die Erörterungen müssen sich also, ohne dass hier insoweit auf die näheren Umstände abzuheben ist, unter prozess- oder materiellrechtlichen Gesichtspunkten auf die klagegegenständlichen Ansprüche beziehen. Eine solche Erörterung wird hier nicht behauptet. Allerdings sieht die Rechtsprechung teilweise auch die Erörterung des Inhalts einer gütlichen Einigung als Gebühren auslösenden Umstand an. Dies gilt indes nicht in jedem Falle. Es muss sich jedenfalls um eine substanzielle und für den Vergleichsabschluss wesentliche Regelung handeln.

Nach den Feststellungen im Sitzungsprotokoll soll zwar die Sache erörtert worden sein. Es kann sich aber nach den sonstigen Umständen weder um eine streitige Erörterung der Sach- und Rechtslage gehandelt haben, deren Verlauf und Ergebnis sodann zum Abschluss des Vergleichs geführt hätte. Denn diese Annahme wird widerlegt durch die Begleitumstände, dass dem Arbeitsgericht bereits vorab das Zustandekommen einer gütlichen Einigung mitgeteilt wurde und dieses sodann nur noch Termin zur Protokollierung eines Vergleichs bestimmte. Auch in diesem Termin haben die Parteien einen offensichtlich bereits feststehenden Vergleich nur noch zu Protokoll gegeben.

Auch wenn gegebenenfalls die endgültige sprachliche Fassung des Vergleichs erst im Termin zustande gekommen ist, wofür aber nichts spricht, reicht dies nicht aus, um die Tätigkeit der Anwälte im Termin als Erörterung der Sache im Sinne von § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO ansehen zu können. Anders wäre gegebenenfalls der Fall zu beurteilen, dass die Beteiligten den Vergleich ganz oder teilweise erst im Termin sachlich erarbeiten und damit vorher noch nicht festgestanden hat, ob es tatsächlich zum Abschluss kommen oder der Vergleich etwa an unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten wegen einer vorher nicht bedachten Einzelheit scheitern werde. So lag es hier aber nicht. Die Parteivertreter waren offenbar schon vor Terminbeginn fest entschlossen, die im sachlichen Inhalt abschließend erörterte Regelung als Vergleich protokollieren zu lassen, und im weiteren Verlauf vor Gericht blieb es hierbei und war auch keine versehentlich offen gebliebene Frage durch weitere sachliche Gespräche zu bereinigen (vgl. hierzu KG Berlin, Beschluss vom 25. März 1977 - 1 W 141/77 - Rpfleger 1977, 226 ff. = AnwBl 1977, 412 f.). Die bereits vor dem Termin zustande gekommene Einigung zwischen den Parteien erfuhr im Protokollierungstermin keine substanziellen Änderungen oder Erweiterungen. Deshalb ist die beantragte Erörterungsgebühr nicht entstanden.

Somit ist auf die Beschwerde die vom Arbeitsgericht vorgenommene Festsetzung der Vergütung nach § 128 BRAGO entsprechend zu korrigieren.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 BRAGO).

Ende der Entscheidung

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