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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.03.2000
Aktenzeichen: 4 Sa 108/99
Rechtsgebiete: EFZG, ZPO, GKG, ArbGG


Vorschriften:

EFZG § 3
EFZG § 3 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 138
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 543 Abs. 1
GKG § 25 Abs. 2
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
4 Sa 108/99

verkündet am 30. März 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfitzer, den ehrenamtlichen Richter Eberle und den ehrenamtlichen Richter Ruoff auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 17. November 1999 - 12 Ca 1100/99 - abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Wert des Gegenstands im 2. Rechtszug: 3.626,56 DM

Von der Mitteilung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen, da das Urteil der Revision nicht unterfällt.

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil ist die Klage nicht begründet. Der geltend gemachte Anspruch besteht nicht.

Der Anspruch des Klägers auf Fortzahlung des Entgelts für den fraglichen Zeitraum ist ausgeschlossen, weil ihn an der Arbeitsunfähigkeit in diesem Zeitraum ein Verschulden im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG trifft. Auch wenn die Rehabilitationsmaßnahme Folge einer schweren Körperverletzung ist, die an ihm begangen wurde, ist doch davon auszugehen, dass ein erhebliches Mitverschulden des Klägers an diesem Angriff im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift vorliegt.

Ein Verschulden in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer gröblich gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartenden Verhaltensweisen verstößt (vgl. etwa BAG, Urteil vom 11. November 1987 - 5 AZR 497/86 -, zu I 1 der Gründe, DB 1988, 402 = BB 1988, 407), so dass es unbillig wäre, den Arbeitgeber mit einer Zahlungspflicht zu belasten, weil der Arbeitnehmer die zumutbare Sorgfalt gegen sich selbst nicht beachtet und dadurch die Arbeitsunfähigkeit verursacht hat. Bei der Frage, ob die Pflicht des Arbeitgebers zur Fortzahlung des Entgelts auf Grund eines Verschuldens des Arbeitnehmers in diesem Sinne entfällt, handelt es sich um eine Einwendung des Arbeitgebers. Dieser trägt deshalb die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, die diese Verpflichtung ausnahmsweise entfallen lassen. Allerdings hat der Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer an der Aufklärung der Krankheitsursachen mitwirkt und dem Arbeitgeber nach bestem Wissen und Gewissen die erforderlichen Auskünfte erteilt (vgl. für den Fall einer krankhaften Alkoholabhängigkeit: BAG, Urteil vom 11. Mai 1988 - 5 AZR 446/87 - nicht amtlich veröffentlicht, III 1 der Gründe; Urteil vom 01. Juni 1983 - 5 AZR 536/80 - AP Nr. 52 zu § 1 LohnFG, II 2 der Gründe). Dies gilt im Rahmen des § 138 ZPO auch in den Fällen, in denen zunächst Umstände vorliegen, die für ein rechtserhebliches Verschulden des Arbeitnehmers sprechen. Dann trifft den Arbeitnehmer die Last, so substanziiert, wie es ihm zumutbar ist, auf die vom Arbeitgeber vorgetragenen Umstände zu erwidern und darzulegen, inwieweit der vom Arbeitgeber behauptete Geschehensablauf in Zweifel zu ziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 03. Februar 1999 - VIII ZR 14/98 - NJW 1999, 1404). Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer die "Beweisführung" des Arbeitgebers, aus der sich ein Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit ergibt, sogar "zu widerlegen und zunächst im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sein Verhalten nicht als schuldhaft anzusehen ist" (vgl. BAG, Urteil vom 11. Mai 1988 - 5 AZR 445/87 - nicht amtlich veröffentlicht, I 3 der Gründe; Urteil vom 11. November 1987 - 5 AZR 497/86 - aaO., zu II 1 und 2 der Gründe).

Die Beklagte hat zunächst ihrer Darlegungslast genügt. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 09. Juli 1998 (15 Js 24028/96), das denjenigen, der den Kläger körperlich schwer verletzt hat, einen Herrn R., zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt hat, hat der Arbeitgeber schlüssig ein Verschulden behauptet. Wenn die Feststellungen des Landgerichts im dortigen Strafverfahren zutreffen, hat der Kläger nach intensivem Alkoholgenuss in einer Gaststätte - das Landgericht spricht in Bezug auf den Alkoholkonsum des Klägers von acht bis neun Flaschen Bier bereits in der Gaststätte "Kupferdächle" - zusammen mit Herrn R. das gemeinsame Trinken in der Wohnung des Klägers fortgesetzt, bis es anderen Tags im Anschluss an den fortgesetzten Alkoholgenuss zu dem tätlichen Angriff auf den Kläger kam, der in der schweren Körperverletzung, die ihm zugefügt wurde und wie sie zwischen den Parteien unstreitig ist, endete. Nach den Feststellungen des Landgerichts haben sich der Kläger und Herr R., die beide nicht weit von einander entfernt am selben Ort wohnen, schon länger gekannt, ohne befreundet zu sein, sich aber schon einige Monate lang nicht mehr gesehen. Dies ist nunmehr auch unstreitig zwischen den Parteien. Am fraglichen Abend sind sie gegen 0.30 Uhr vom Gastwirt zur Wohnung des Klägers gefahren worden und haben dort zusammen weiter Bier getrunken. Nachdem auch Herr R. in dessen Wohnung auf dem Sofa genächtigt hat, haben sie am anderen Morgen ihr gemeinsames Trinken fortgesetzt, wobei nach den Feststellungen des Landgerichts der Kläger die Getränke aus seinem Keller geholt hat. Bevor es zur Körperverletzung durch Herrn R. gekommen ist, wurde der Inhalt etwa einer Kiste Bier und einer 0,7-Liter-Flasche Kognak verzehrt. Zum Tatzeitpunkt hatte Herr R. nach den Feststellungen des Landgerichts einen Blutalkoholgehalt von "höchstens" 4,1 Promille aufzuweisen.

Nach diesseitiger Auffassung kommt es nicht entscheidend darauf an, in welchem Umfang der Kläger selbst dem Alkohol zugesprochen hat. Jedenfalls hat er nach diesen Feststellungen, die sich die Beklagte in ihrem Vortrag zu Eigen gemacht hat, Herrn R. eine Menge an Alkohol zur Verfügung gestellt, bei der jedem vernünftigen Menschen klar sein musste, dass diese zu unkontrollierbarem Verhalten führen kann. Je weniger er selbst getrunken haben will, um so mehr hat er Herrn R. zur Verfügung gestellt. Ob der Kläger dabei, weil er selbst seine Steuerungsfähigkeit aufgrund eines exzessiven Alkoholgenusses verloren hat, mehrfach Herrn R. die Hand auf den Oberschenkel gelegt haben soll, was dieser als homosexuelle Annäherung verstanden haben will, ist ebenfalls nicht ausschlaggebend, wobei allerdings der Kläger auch nicht vorsorglich einen Gegenbeweis dafür angetreten hat, dass die Einlassungen Herrn R.s, auf denen diese Feststellungen des Landgerichts offenbar beruhten, unzutreffend sind. Jedenfalls sind die Gefahren, die der - jedenfalls exzessive - Alkoholgenuss mit sich führt, jedem erwachsenen Menschen bekannt. Es ist unangebracht, sich dem durch irgendwelche Verharmlosung der Wirkung übermäßigen Alkoholkonsums zu verschließen. Dass der Genuss einer erheblichen Menge an Alkohol die Steuerungsfähigkeit des Menschen beeinträchtigt und ein vorhandenes Aggressionspotenzial freisetzen oder verstärken kann, ist kein Geheimnis. Wer es zulässt, dass sich ein anderer in der eigenen Wohnung exzessiv betrinkt, und ihm grenzenlos hierfür Alkohol zur Verfügung stellt, geht ein nicht kalkulierbares Risiko ein, das sich im Falle des Klägers in dieser für ihn sehr folgenreichen Weise verwirklicht hat. Ob der Kläger selber durch eine unkontrollierte und vielleicht harmlose Gebärde den Auslöser hierfür bildete oder irgend ein anderer Umstand, der nicht weiter aufklärbar sein mag, ist nicht von Bedeutung. Es genügt ein nichtiger Anlass und die enthemmende Wirkung des Alkohols kann sich in einer aggressiven Entladung äußern. Dieses Gefahrenpotenzial hat der Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts dadurch herbeigeführt, dass er Herrn R. sich mit dem von ihm zur Verfügung gestellten Alkohol hemmungslos betrinken ließ. 4,1 Promille sind schließlich auf eine sehr erhebliche Menge an genossenen alkoholhaltigen Getränken zurückzuführen. Dieser Alkoholspiegel des Herrn R. zum Tatzeitpunkt wird vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Der Kläger ist danach dieses Risiko eingegangen, obwohl ihm hätte bewusst sein müssen, dass die Folgen eines solchen Alkoholexzesses sich in gewalttätigen Akten zeigen können, die auf Grund des eintretenden Verlusts der Steuerungsfähigkeit keinen Hemmungen mehr seitens des Täters unterliegen. Ob dem Kläger die bereits früher manifest gewordene Gewaltbereitschaft Herrn R.s in alkoholisiertem Zustand bekannt war, ist unerheblich, weil der Kläger auch dann, wenn ihm Herr R. diesbezüglich nicht aufgefallen wäre, bewusst ein erhebliches Risiko hinsichtlich des möglichen Verhaltens Herrn R.s unter dem Einfluss einer derart erheblichen Menge an genossenem Alkohol eingegangen ist. Erfahrungsgemäß kann es unter dem Einfluß so großer Mengen genossenen Alkohols zu Gewaltakten kommen, die in ihrer Brutalität keinen Grenzen unterliegen, weil alle Hemmungen und Steuerungsmechanismen entfallen.

Es ist eine die vom Alkohol ausgehenden Gefahren völlig verharmlosende Auffassung, nicht in Betracht ziehen zu müssen, dass sich ein Alkoholgenuss dieses Ausmaßes in einem extrem aggressiven Verhalten entlädt. Wer dies nicht wahrhaben möchte, kann sich bei jeder besseren Wirtshausschlägerei, jeder körperlichen Auseinandersetzung unter Alkoholeinfluss mit schlimmen Folgen eines Besseren belehren lassen. Für die These des Klägers, eine solche Tat wie die des Herrn R. setze ein bereits vorhandenes Aggressionspotenzial voraus, gibt es keine Belege. Sie ist auch unbehelflich, weil auch bei bislang in dieser Richtung unauffälligen Menschen ein derartiges Aggressionspotenzial vorhanden sein kann. Dies muss stets bedacht werden und ist nicht in einem Maße ungewöhnlich, dass es nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen wäre. Es ist auch in sich widersprüchlich, es als Verschulden im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG anzusehen, wenn jemand unter Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug fährt und deshalb in einen Unfall verwickelt wird, der zur Arbeitsunfähigkeit führt, im vorliegenden Falle aber ein derartiges Verschulden zu verneinen. Die Gefahr, alkoholbedingt einen Unfall zu verursachen, ist gemessen an der Zahl alkoholisierter Autofahrer extrem niedrig, wenn auch signifikant höher als bei nichtalkoholisierten Verkehrtsteilnehmern. Nur setzt diese Gefährlichkeit erheblich früher ein. Bezogen auf die Wahrscheinlichkeit, in einen Unfall verwickelt zu werden, bei dem sich der alkoholisierte Autofahrer so verletzt, dass er arbeitsunfähig krank wird, müsste dies dann auch als nicht mehr adäquat kausal angesehen werden, wenn auf die statistische Wahrscheinlichkeit eines derartigen Geschehens abgestellt wird. Bezogen auf das planmäßige Sichbetrinken des Herrn R., an dem sich der Kläger möglicherweise beteiligt, das er aber jedenfalls durch das Zurverfügungstellen großer Mengen Alkohols gefördert hat, ist diese Reaktion wahrscheinlich statistisch relativ häufiger, möglicherweise nur vergleichbar häufig oder selten, aber eben signifikant höher als bei weniger alkoholisierten Menschen. Dies gehört ja gerade zu den typischen Folgen exzessiven Alkoholkonsums, dass es zum Freisetzen sonst für den jeweiligen Menschen nicht typischen Aggressionen kommt, in deren Zusammenhang sich die Täter dann auf einen "Filmriss" zu berufen pflegen. Kennzeichnend für die Hemmungslosigkeit und die Steuerungsunfähigkeit ist dann die Maßlosigkeit, mit der sich solche Aggressionen entladen. Dass dabei, wie im konkreten Falle, eine Axt verwendet wird, mag die extreme Ausnahme sein, weil Äxte nicht überall herumzuliegen pflegen. Dass alle gefährlichen Gegenstände verwendet werden, die gerade zur Hand sind, ist wiederum typisch. Es ist deshalb nicht ausreichend, die Gefahren, die vom Alkoholgenuss ausgehen, miteinander zu vergleichen. Vielmehr ist darauf abzustellen, welche spezifischen Gefahren von der vorliegenden extremen Form des exzessiven Sichbetrinkens ausgehen. Diese können nicht als völlig außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegend bezeichnet werden, sondern stellen vielmehr die typische Auswirkung ungezügelten Alkoholgenusses dar. Deshalb kann nicht auf die Situation des Durchschnittsgastgebers abgehoben werden, der seinen Gästen alkoholische Getränke zur Verfügung stellt. Maßgeblich ist der sicherlich untypische Fall, dass jemand einen anderen systematisch unter Alkohol setzt oder dazu beiträgt, dass dieser selbst an sich so verfährt. Für diesen untypischen Fall verwirklicht sich in der Form, wie es der Kläger erfahren musste, ein typisches Risiko. Die Bezugsebenen dürfen insoweit nicht vertauscht werden.

Nach dem Bericht der Bundesregierung vom 27.06.97 (BT 13/8112) wurde 1996 in 228 834 aller aufgeklärten Fälle von Straftaten bei der Tatbegehung Alkoholeinfluss festgestellt. Das sind 7,0 %. Hingegen wurden 24,3 % aller aufgeklärten Gewaltdelikte von Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss begangen. Diese gliedern sich im Einzelnen wie folgt auf:

Quelle: Drucksache des Deutschen Bundestags 13/8112

Im Bereich der gefährlichen und schweren Körperverletzung liegt der Prozentsatz also noch höher als bei den Gewaltdelikten insgesamt. Beim Totschlag sind dies sogar 36,6 %, also mehr als ein Drittel aller Fälle. Ein spezifischer Zusammenhang zwischen der Menge genossenen Alkohols und der Neigung zu Gewalttaten, die zur schweren oder gefährlichen Körperverletzung führen, kann damit nicht geleugnet werden. Dieser ist jedermann bekannt und in solchen Situationen zu berücksichtigen. Geschieht dies nicht, liegt ein leichtfertiges Verhalten und ein grober Verstoß gegen auf der Hand liegende Verhaltenspflichten im eigenen Interesse vor. Damit hat sich die Beklagte auf einen schlüssigen Sachverhalt gestützt, aus dem sich ergibt, dass den Kläger ein erhebliches Mitverschulden an der Ursache seiner Erkrankung trifft, weil durch seinen Beitrag das Risikopotenzial erst aufgebaut wurde, das sich in Form einer lebensgefährlichen Körperverletzung entladen hat. Dieses Verhalten war extrem leichtfertig.

Zu diesem Sachverhalt hat sich der Kläger nicht ausreichend im Sinne des §138 Abs. 2 bis 4 ZPO erklärt. Die Beklagte hat keinen willkürlichen Vortrag sozusagen ins Blaue hinein dem Anspruch des Klägers entgegengesetzt, sondern sich auf das Ergebnis des Strafverfahrens vor dem Landgericht Heilbronn gestützt. Damit kam sie ihrer Darlegungslast hinsichtlich der von ihr erhobenen Einwendung nach. Mehr konnte sie als Partei, die dem Geschehen fernstand, nicht vortragen. Andererseits gab es für sie ausreichende Anhaltspunkte für die Richtigkeit des vom Landgericht festgestellten Sachverhalts. Der Kläger hat sich zwar auf seine mangelnde Erinnerungsfähigkeit, beruhend nicht auf eigenem Alkoholkonsum zur Tatzeit, sondern auf den ihm zugefügten Hirnverletzungen, berufen. Soweit es aber um die Frage geht, welche Mengen an Alkohol der Kläger Herrn R. zur Verfügung gestellt hat, war ihm eine Einlassung gleichwohl zumutbar, weil er trotz der fehlenden Erinnerung an das Tatgeschehen Auskunft hätte geben können über den Alkoholvorrat, der ihm zur Verfügung stand, und die Frage, in welchem Umfang er an den fraglichen Tagen zusammengeschmolzen ist. Der Kläger hat diesen Feststellungen des Landgerichts insoweit nichts entgegengesetzt. In diesem Punkt kann er sich nicht einfach auf seine Erinnerungslücken beziehen, da er seine häuslichen Verhältnisse kennt. Vielmehr hätte er auf Grund der Umstände einen möglichen Geschehensablauf plausibel machen müssen, der seinen eigenen Beitrag an dem Alkoholexzess Herrn R.s in einem anderen Licht hätte erscheinen lassen können. Dass Herr R. zum Tatzeitpunkt den vom Landgericht Heilbronn festgestellten Alkoholspiegel aufwies, hat der Kläger nicht eigens bestritten. Dieser Umstand wurde auf Grund einer Blutprobe festgestellt und steht in keinem Zusammenhang mit dem Verlust der Erinnerungsfähigkeit des Klägers. Es gibt aber keine andere plausible Erklärung dafür, wo, wenn nicht in der Wohnung des Klägers, Herr R. diese Alkoholmenge zu sich genommen haben soll. Eine plausible Alternative zu einem solchen Geschehensablauf, der den Kläger entlasten könnte, ist auch nicht andeutungsweise ersichtlich.

Demnach fällt nicht mehr entscheidend ins Gewicht, ob der Kläger sich durch eigenen Alkoholkonsum in einen Zustand versetzt hat, der es ihm nicht mehr ermöglichte, dem Ausbruch der Aggression Herrn R.s adäquat zu begegnen. Hierauf hat sich der Kläger vorliegend auch nicht berufen. Jedenfalls wäre es ihm möglich gewesen, bei dem Wirt über seinen eigenen Alkoholkonsum in der Gaststätte Kupferdächle Auskünfte einzuholen, soweit er sich mangels Erinnerung auch über diesen Punkt mit Nichtwissen erklärte. Der Kläger unternahm nichts, um von seiner Warte aus den Ablauf des Geschehens zu beleuchten und Umstände darzulegen, aus denen sich ergeben könnte, dass er nicht eine Gefahrensituation durch einen eigenen von ihm verschuldeten Beitrag heraufbeschworen hat. Es hat sich hier, wenn auch in einer für den Kläger besonders schweren und folgenreichen Weise, eine typisches Risiko verwirklicht, das mit dem exzessiven Konsum von Alkohol verbunden ist. Nach den Einlassungen des Klägers bietet sich auch nicht andeutungsweise die Möglichkeit eines Geschehensablaufs an, bei dem ihn nicht der Vorwurf eines gröblichen Verstoßes gegen Verhaltenspflichten, wie sie der Kläger im Rahmen seiner Rechtsausführungen selbst zutreffend dargestellt hat, treffen könnte.

Nach allem ist der streitgegenständliche Anspruch des Klägers nicht gegeben, so dass auf die Berufung der Beklagten hin die Klage abzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts erfolgt in dem mit dem Urteil verbundenen Beschluss wegen §25 Abs. 2 GKG, und zwar in Höhe der Klageforderung, die in voller Höhe hier angefallen ist.

Ende der Entscheidung

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