Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 16.02.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 43/04
Rechtsgebiete: SGB VI, BetrAVG


Vorschriften:

SGB VI § 236 a
BetrAVG § 6 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 43/04

verkündet am 16.02.2005

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Natter, den ehrenamtlichen Richter Fezer und den ehrenamtlichen Richter Göbeke-Teichert auf die mündliche Verhandlung vom 16.02.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 08.09.2004 - 35 Ca 5892/04 - abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.01.2005 € 310,80 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.02.2005 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Betriebsrente in Höhe von € 43,65 monatlich, beginnend ab 28.02.2005 und jeweils fällig zum Monatsletzten der darauffolgenden Monate, zu bezahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe einer Betriebsrente.

Der am 06.07.1940 geborene Kläger war bei der Beklagten vom 01.09.1988 bis 31.12.1998 beschäftigt. Zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt erteilte die Beklagte dem Kläger eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Der Zusage lag ein Leistungsplan der K., in Kraft getreten am 01.04.1984 bzw. 01.07.1984, zugrunde. Ziff. III.5 lautet hierbei:

5.) Vorgezogenes Altersruhegeld

a) Die nach III. Ziff. 1 - 4 sich ergebende Rente ist für jeden vollen Monat, für den Rente vor Vollendung des 65. Lebensjahrs gewährt wird, um 0,5 % zu ermäßigen.

Mit Schreiben vom 31.05.1998 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 30.11.1998. Der Kläger war allerdings noch auf Wunsch der Beklagten bis einschließlich 31.12.1998 im Unternehmen tätig. Am 07.01.1999 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Auskunft über seine unverfallbare betriebliche Altersversorgung. Hierbei teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er im Alter 65 eine Altersrente in Höhe von DM 121,09 beanspruchen könne.

Auf seinen Antrag hin erhielt der seit Juni 1992 schwerbehinderte Kläger seit 01.08.2000 eine abschlagsfreie Altersrente für Schwerbehinderte. Hierauf übersandte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 30.01.2001 eine Abrechnung über seine rückwirkend ab August 2000 gezahlte Betriebsrente. Hierbei gab sie die monatliche Betriebsrente mit DM 68,95 (= € 35,25) an.

In einem nicht vorgelegten Schriftwechsel korrespondierten die Parteien sodann über die Höhe der Betriebsrente. Mit seiner am 22.03.2004 eingegangenen Klage machte der Kläger die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente ab 01.08.2000 zunächst in Höhe von monatlich DM 121,09 bzw. € 61,91 und sodann in Höhe von DM 97,38 bzw. € 49,79 geltend. Mit Urteil vom 08.09.2004 verurteilte das Arbeitsgericht Stuttgart die Beklagte, an den Kläger ab 01.10.2004 eine Betriebsrente von monatlich € 38,00 zu bezahlen. Im Übrigen wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Wegen der Begründung wird auf Aktenblatt 49 ff. der erstinstanzlichen Akte verwiesen.

Gegen das ihm am 12.10.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.10.2004 Berufung eingelegt und diese am 13.12.2004 (Montag) begründet. Er trägt vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei der Streitgegenstand für die Zeit vor dem 01.10.2004 hinreichend bestimmt gewesen. Zur Klarstellung fasse er jedoch die aufgelaufenen Rückstände in einem Betrag von € 712,46 zusammen. In der Sache sei es zwar zutreffend, dass er vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Das Arbeitsgericht habe jedoch nicht berücksichtigt, dass er aufgrund seines Gesundheitszustandes berechtigt gewesen sei, ohne irgendwelche Abzüge ein vorgezogenes Altersruhegeld zu beziehen. Die von der Beklagten vorgenommene mehrfache zeitratierliche Kürzung bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente verstoße gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Bei richtiger Berechnung der Betriebsrente belaufe sich der Rentenanspruch auf monatlich € 49,79.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 08.09.2004 verurteilt, an den Kläger als rückständige Betriebsrente für den Zeitraum vom 01.08.2000 bis 31.01.2005 € 785,16 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.02.2005 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird weiter unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 08.09.2004 verurteilt, an den Kläger eine Betriebsrente über den zugesprochenen Betrag von € 38,00 monatlich hinaus, von weiteren € 11,79 monatlich, beginnend ab dem 28.02.2005 und jeweils fällig am Monatsletzten der darauffolgenden Monate, zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, hinsichtlich der Rückstände erhebe sie nochmals die Einrede der Verjährung. Die aus den Jahren 2000 und 2001 stammenden Ansprüche des Klägers seien verjährt. Im Übrigen sei der Anspruch des Klägers auch in Höhe der geltend gemachten Forderung nicht begründet. Der Kläger verkenne, dass nach dem Leistungsplan eine eindeutige Regelung vorhanden sei, wonach bei vorgezogener Inanspruchnahme der Rente eine Kürzung um 0,5 % für jeden vollen Monat erfolge. Insoweit verweise sie auf ihre erstinstanzlichen Schriftsätze.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist gem. § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands € 600,00 übersteigt. Aufgrund des erstinstanzlichen Urteils war der Kläger formell in Höhe eines Betrags von € 727,00 beschwert. Dieser Betrag ergibt sich daraus, dass der Kläger über die von der Beklagten gezahlte Betriebsrente von € 35,25 monatlich eine weitere Betriebsrente von € 14,54 fordert. Hieraus ergibt sich für den von der Klageabweisung umfassten Zeitraum vom 01.08.2000 bis 30.09.2004 der angeführte Betrag.

Dem steht nicht entgegen, dass sich der Gebührenstreitwert gemäß § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG bzw. § 42 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 GKG lediglich auf € 523,44 beläuft. Zwar begrenzt der festgesetzte Streitwert im Allgemeinen die Höhe der Beschwer (BAG, 02.03.1983 - 5 AZR 594/82 - und 13.01.1988 - 5 AZR 410/87 - AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 6 und 11; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Auflage, § 61 Rz 11 ff.). Der Rechtsmittelstreitwert stimmt jedoch nicht mit dem Gebührenstreitwert überein, der im vorliegenden Fall aus sozialen Gründen auf das 36-fache des monatlichen Differenzbetrags beschränkt ist (BAG, 10.12.2002 - 3 AZR 197/02 (A) - AP ArbGG 1979 § 12 Nr. 24). Er bestimmt sich vielmehr nach § 9 ZPO, wobei hiernach die bis zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage aufgelaufenen Rückstände hinzuzurechnen sind (BGH, 06.05.1960 - V ZR 148/59, NJW 1960, 1459). Danach übersteigt der Wert der Beschwer den Betrag von € 600,00 ohne weiteres.

Im Übrigen ist die Berufung gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO ordnungsgemäß eingelegt und begründet worden. Über die ursprünglich ordnungsgemäß eingelegte und begründete Anschlussberufung war nicht mehr zu befinden, nachdem die Beklagte die Anschlussberufung im Hinblick darauf zurückgenommen hat, dass das Austrittsdatum des Klägers am 31.12.1998 aufgrund der im Termin vorgelegten Unterlagen unstreitig wurde.

II.

Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Dem Kläger steht eine monatliche Betriebsrente zu, die den unstreitig gezahlten Betrag von € 35,25 monatlich zwar nicht um € 14,54, jedoch um € 8,40 übersteigt. Was die aufgelaufenen Rückstände angeht, so hat der Kläger keinen Anspruch auf die nunmehr geltend gemachten € 785,16, wohl aber auf einen Betrag von € 310,80.

1. Die Klage ist in vollem Umfang zulässig, weil sie jedenfalls nach der in der Berufungsinstanz vorgenommenen Klarstellung der Anträge hinreichend im Sinne des § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO bestimmt ist. Mit dem Klageantrag Ziff. 1 verfolgt der Kläger nunmehr die Zahlung der rückständigen Betriebsrente für die Zeit vom 01.08.2000 bis 31.01.2005. Geltend gemacht wird die monatliche Differenz von € 14,54, multipliziert mit 54 Monaten. Mit dem Klageantrag Ziff. 2 begehrt der Kläger gemäß § 258 ZPO die Zahlung einer höheren Betriebsrente für die Zukunft. Auch in dieser Antrag ist zwischenzeitlich streitgegenständlich bestimmt, nachdem der Kläger die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte konkretisiert hat. Nach den Feststellungen in der Berufungsverhandlung wird die Betriebsrente jeweils am Monatsende gezahlt.

2. Der Kläger hat aufgrund der ihm erteilten Versorgungszusage in Verbindung mit dem Leistungsplan einen Anspruch auf eine monatliche Betriebsrente in Höhe von € 43,65.

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aufgrund der ihm erteilten Versorgungszusage in Verbindung mit dem (auszugsweise) vorgelegten Leistungsplan hat. Aus der Mitteilung der Beklagten vom 11.06.1993 ergibt sich, dass die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 1 b Abs. 1 im Wege der Direktzusage gewährt werden. Die vom Kläger erworbene Anwartschaft ist gemäß § 30 f BetrAVG unstreitig unverfallbar.

b) Der Versorgungsfall ist ebenso unstreitig eingetreten. Der Kläger bezieht seit 01.08.2000 eine Altersrente für Schwerbehinderte gemäß § 236 a SGB VI. Damit war, auch wenn der Kläger am 01.08.2000 das 65. Lebensjahr noch nicht erreicht hatte, die Anspruchsvoraussetzung für den Bezug einer Betriebsrente nach Ziff. II.1 a des Leistungsplans iVm § 6 Satz 1 BetrAVG erfüllt.

c) Die Parteien streiten allein darüber, wie die Betriebsrente des Klägers zu berechnen ist, nachdem er nicht nur vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, sondern auch die Betriebsrente vorgezogen in Anspruch nimmt.

aa) Die Beklagte hat dem Kläger durch das von ihr beauftragte Unternehmen (Fa. R. GmbH) im Januar 2001 eine Rentenberechnung übermittelt, wonach sich eine monatliche Rente von DM 68,95 bzw. € 34,90 ergibt. Diese Rentenberechnung geht davon aus, dass als anrechenbare Dienstzeit die Zeit vom 01.09.1988 bis 31.07.2000 zugrunde zu legen ist. Den sich unter Berücksichtigung von Bezügen und Steigerungssatz ergebenden Betrag von DM 159,31 hat die Fa. R. GmbH nach Ziff. III.5 um einen versicherungsmathematischen Abschlag von insgesamt 29,5 % gekürzt. Der sich danach ergebende Betrag von DM 112,31 wurde gemäß § 2 BetrAVG zeitratierlich unter Berücksichtigung des sogenannten Unverfallbarkeitsfaktors von 61,39 % gekürzt.

bb) Diese Berechnungsart entsprach bis zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.01.2001 (3 AZR 164/00 - AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 16) der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Berechnung des Betriebsrentenanspruchs eines vorzeitig mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmers bei vorgezogener Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG. Mit dem zitierten Urteil, das die Firma R. bei der Berechnung vom 19.01.2001 noch nicht berücksichtigen konnte, hat das Bundesarbeitsgericht jedoch seine Rechtsprechung geändert. Es hat ausgeführt, dass bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente des vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmers die fehlende Betriebstreue zwischen dem vorgezogenen Ruhestand und der in der Versorgungsordnung festgelegten festen Altersgrenze grundsätzlich nicht zweifach mindernd berücksichtigt werden dürfe. Die erste Verschiebung des in der Versorgungsordnung festgelegten Äquivalenzverhältnisses trete durch das vorzeitige Ausscheiden des Arbeitnehmers ein. Der Arbeitgeber sei daher berechtigt, die von dem Arbeitnehmer bis zum Erreichen der festen Altersgrenze erreichbare Vollrente in unmittelbarer Anwendung des § 2 BetrAVG zeitanteilig zu kürzen. Die zweite Verschiebung trete im Rahmen des § 6 BetrAVG dadurch ein, dass der Arbeitnehmer die Betriebsrente durch deren vorgezogene Inanspruchnahme früher und länger in Anspruch nehme. Soweit die Versorgungsordnung dies vorsehe, könne deshalb ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgenommen werden, wobei sich in der Praxis Abschläge in der Größenordnung von 0,3 - 0,6 % pro Monat eingebürgert hätten.

Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht seit dem Urteil vom 23.01.2001 mehrfach bestätigt (BAG, 24.07.2001 - 3 AZR 567/00 - und 28.05.2002 - 3 AZR 358/01 - AP BetrAVG § 6 Nr. 27 und 29; BAG, 18.11.2003 - 3 AZR 517/02 - AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 26; BAG, 23.03.2004 - 3 AZR 279/03 - AP BetrAVG § 1 Berechnung Nr. 28). Auch wenn die neue Rechtsprechung teilweise auf Widerspruch gestoßen ist (Höfer, BetrAVG, § 6 Rz. 4279; Schipp, NZA 2002, 1113; im Grundsatz zustimmend dagegen Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 6 Rz. 146; Schoden, BetrAVG, § 6 Rz. 22a), sieht die Kammer keinen Anlass, hiervon abzuweichen.

cc) Danach ergibt sich im Streitfall folgende Berechnung: Ausgangspunkt für die Rentenberechnung ist die bis zum Erreichen der festen Altersgrenze erreichbare Vollrente. Diese Vollrente hat die Beklagte in ihrer Rentenauskunft vom 07.01.1999 zutreffend mit DM 197,24 angegeben. Die Vollrente ist sodann gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG zeitanteilig zu kürzen, weil der Kläger am 31.12.1998, also vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Ausgangspunkt für die Berechnung ist einerseits dieser Zeitpunkt und andererseits der Zeitpunkt des Erreichens des 65. Lebensjahrs am 06.07.2005. Dafür, dass ein früherer Zeitpunkt als feste Altersgrenze gelten sollte, gibt der Leistungsplan nichts her. Er stellt in Ziff. II.1 b und Ziff. III.5 a vielmehr ausdrücklich auf das Erreichen des 65. Lebensjahrs ab. Die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer die Betriebsrente vorgezogen in Anspruch nehmen kann, führt nicht zu einer Herabsetzung der "festen Altersgrenze" im Sinne des § 2 Abs. 1 BetrAVG (BAG, 14.12.1999 - 3 AZR 684/98 - AP BetrVG § 7 Nr. 97; BAG, 23.01.2001, a.a.O.).

Somit ist die erreichbare Vollrente um den sogenannten Unverfallbarkeitsfaktor von im vorliegenden Fall 0,6139 (124 Monate zu 202 Monate) zu kürzen. Es ergibt sich der in der Rentenberechnung vom 07.01.1999 angegebene Betrag von DM 121,09. Dieser Betrag ist nunmehr in einem zweiten Schritt um den sogenannten versicherungsmathematischen Abschlag zu kürzen, weil der Kläger die Betriebsrente nicht erst mit Vollendung des 65. Lebensjahrs, sondern knapp 5 Jahre früher in Anspruch genommen hat. Rechnerisch beläuft sich der Abschlag für 59 Monate auf 29,5 %, also DM 36,33. Ein Kürzungssatz von 0,5 % pro Monat ist nicht zu beanstanden (BAG, 23.01.2001, a.a.O.; BAG, 28.05.2002, a.a.O.; Blomeyer/Otto, a.a.O. Rz. 124). Zieht man den versicherungsmathematischen Abschlag von DM 36,33 vom Ausgangsbetrag von DM 121,09 ab, so ergibt sich ein Endbetrag von DM 85,37 bzw. € 43,65.

d) Der Kläger hat sich im vorliegenden Rechtsstreit gegen die Berücksichtigung des versicherungsmathematischen Abschlags mit dem Argument gewandt, er beziehe seit 01.08.2000 keine vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente, sondern die ungekürzte Altersrente eines Schwerbehinderten. Letzteres trifft zwar zu. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Regelung über den versicherungsmathematischen Abschlag in Ziff. III.5 a des Leistungsplans unanwendbar ist. Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift.

aa) Bei der Auslegung ist zunächst vom Wortlaut der Regelung auszugehen. In der Überschrift ist von "vorgezogenem Altersruhegeld" die Rede. Es handelt sich hierbei nicht um einen spezifisch rentenrechtlichen Begriff. Denn das 6. Buch des Sozialgesetzbuches bezeichnet alle Rentenarten, die das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze voraussetzen, als Altersrenten (§§ 35 - 40 SGB VI). Zugleich sieht das derzeitige Rentenrecht bei bestimmten Altersrenten die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme vor, wobei sich in diesem Fall der Rentenzahlbetrag - vorbehaltlich der Vertrauensschutzregelungen - um 0,3 % pro Monat mindert.

Der auf die Überschrift folgende Wortlaut der Regelung spricht jedoch eindeutig dagegen, dass die Regelung sich auf die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrenten, wie im Fall des Klägers ohne Abschlag, bezieht. Denn die Regelung besagt ohne Ausnahme, dass sich die Betriebsrente um 0,5 % pro Monat ermäßigt, wenn sie vor Vollendung des 65. Lebensjahrs gewährt wird. Irgendeinen Bezug zur gesetzlichen Rente enthält die Regelung nicht. Diesen Bezug muss der Arbeitgeber auch nicht herstellen. Wenn der Gesetzgeber aus sozialpolitischen Gründen die Möglichkeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrenten vorsieht und unter bestimmten Umständen hierbei aus Gründen des Vertrauensschutzes auf Abschläge verzichtet, so bindet dies den Arbeitgeber nicht. Es gibt keinen Rechtsgrund, der den Arbeitgeber zwingen würde, die betriebliche Altersversorgung nach denselben Regelungen zu gewähren, die für die gesetzliche Rentenversicherung gelten.

bb) Das sich aus dem Wortlaut ergebende Auslegungsergebnis wird durch folgenden Gesichtspunkt bestätigt: Als der vorliegende Leistungsplan im Jahr 1984 in Kraft trat, war nicht absehbar, dass der Gesetzgeber die Altersgrenzen stufenweise anheben und insgesamt flexibilisieren werde. Die entsprechenden Regelungen wurden erst durch das Rentenreformgesetz 1992 eingeführt (Küttner, Personalbuch 2004, Stichwort Altersgrenze Rz 22; Kreikebohm, SGB VI, Einleitung Rz 47 ff.). Im Jahr 1984 konnte die Beklagte somit überhaupt noch nicht absehen, dass der Kläger im Jahr 2000 noch die Möglichkeit haben könnte, abschlagsfrei eine Altersrente für Schwerbehinderte nach dem damaligen § 37 SGB VI in Anspruch zu nehmen. Daraus folgt, dass es für die Auslegung der Ziff. III.5 a des Leistungsplans nicht auf die Frage ankommen kann, ob der Arbeitnehmer die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit oder ohne Abschläge bezieht. Ausschlaggebend ist allein, ob ihm die Betriebsrente vor Vollendung des 65. Lebensjahrs gewährt wird. Dies trifft aber im Falle des Klägers zu.

3. Für die Vergangenheit steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der rückständigen Betriebsrente lediglich in Höhe von 310,80 € zu.

a) Geltend gemacht hat der Kläger für die Zeit vom 01.08.2000 bis 31.01.2005 einen rückständigen Zahlungsbetrag von € 785,16. Dieser ergibt sich, wenn man den vom Kläger für richtig gehaltenen Differenzbetrag von € 14,54 mit 54 Monaten multipliziert. Da dem Kläger jedoch nur ein monatlicher Differenzbetrag von € 8,40 zusteht, reduziert sich der Ausgangsbetrag auf € 453,60.

b) Die Beklagte ist berechtigt, gemäß § 222 Abs. 1 BGB a.F. die Leistung für die Vergangenheit wegen Verjährung teilweise zu verweigern. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben; verjährt sind die Ansprüche des Klägers aus den Jahren 2001 und 2002. Nach der bis zum 31.12.2001 geltenden Verjährungsregelung unterlagen die Ansprüche auf die einzelnen Rentenzahlungen gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB a.F. der zweijährigen Verjährungsfrist. Mit Wirkung zum 01.01.2002 wurde durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die Vorschrift des § 18 a BetrAVG eingefügt. Nach dieser Vorschrift verbleibt es dabei, dass die Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen der regelmäßigen Verjährungsfrist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterliegen. Ab dem 01.01.2002 verjähren somit die Ansprüche auf die einzelnen Rentenzahlungen nach § 195 BGB in drei Jahren (zum Ganzen: Erfurter Kommentar - Steinmeyer, 5. Auflage, § 18 a BetrAVG Rz 1 und 2).

Im vorliegenden Fall ist zudem die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 zum Verjährungsrecht nach dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 zu beachten. Für die Ansprüche des Klägers aus den Jahren 2000 und 2001 folgt aus Absatz 3 der Vorschrift, dass die Verjährung mit Ablauf der bisherigen Verjährungsfrist vollendet ist. Die Ansprüche verjährten somit mit Ablauf des 31.12.2002 bzw. 31.12.2003. Die Ansprüche des Klägers ab dem Jahr 2002 sind hingegen nicht verjährt, weil für die Verjährung insoweit die neue dreijährige Verjährungsfrist gilt und der Kläger die Verjährung durch die Klageerhebung am 22.03.2004 rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Ziff. 1 BGB gehemmt hat.

Rechnerisch bedeutet dies, dass die Beklagte die Leistung in Höhe von 142,80 (€ 8,40 x 17 Monate) verweigern kann. Es verbleibt somit ein Restbetrag von € 310,80. Die Verzinsung ab 01.02.2005 folgt aus § 288 Abs. 1 i.V.m. § 286 Abs. 2 Ziff. 2 BGB.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen. Eine Kostenaufhebung erschien auch unter Berücksichtigung, dass die Beklagte die Anschlussberufung zurückgenommen hat, angemessen. Für die Zulassung der Revision bestand angesichts der vorliegenden Einzelfallentscheidung kein Anlass.



Ende der Entscheidung

Zurück