Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 26.02.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 63/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 207 Abs. 1
Die Vorschrift des § 207 Abs. 1 BGB, wonach die Verjährung bei Ansprüchen zwischen Ehegatten gehemmt ist, solange die Ehe besteht, ist nicht analog auf einstufige arbeitsvertragliche Ausschlussfristen anzuwenden, die eine formlose oder schriftliche Geltendmachung der Ansprüche verlangen. Es ist in einem Ehegattenarbeitsverhältnis zu verlangen, dass fällige Ansprüche bei Nichterfüllung formlos bzw. schriftlich geltend gemacht werden.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 63/06

verkündet am 26.02.2007

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Natter, den ehrenamtlichen Richter Fezer und den ehrenamtlichen Richter Pemmerl auf die mündliche Verhandlung vom 26.02.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 25.10.2006 - 4 Ca 280/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung einer Tantieme für das Jahr 1992 gegenüber dem Beklagten zusteht.

Die Klägerin war bei dem Beklagten seit 02.01.1986 als kaufmännische Sachbearbeiterin beschäftigt. Der Beklagte ist Inhaber einer Industrievertretung. Das Arbeitsverhältnis war vom 30.09.2003 bis 31.12.2005 unterbrochen. Es endete aufgrund einer Kündigung des Beklagten mit Ablauf des 30.04.2005.

Die Parteien sind verheiratet, leben aber derzeit in Scheidung. Zwischen ihnen waren und sind noch verschiedene familienrechtliche und arbeitsrechtliche Verfahren anhängig. Im Verfahren 26 Ca 912/05 beim Arbeitsgericht Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - einigten sich die Parteien am 20.07.2005 durch Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Verfahren 36 Ca 799/06 beim Arbeitsgericht Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - bzw. 6 Sa 72/06 beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg streiten die Parteien über eine Tantieme und eine Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2003. Schließlich streiten die Parteien im Verfahren 3 Ca 620/07 beim Arbeitsgericht Heilbronn über Darlehen in Höhe von mehr als € 100.000,00.

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Arbeitsvertrag vom 24.01.1989 zugrunde. Die Parteien hatten hierfür ein Muster herangezogen, das der Beklagte bei allen Arbeitnehmern verwandt hatte. Unter Ziff. 11 enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:

"Gegenseitige Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis (z.B. aus Mehrarbeit, rückständigem Gehalt/Lohn u.ä.) sind innerhalb von 2 Monaten geltend zu machen. Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sind alle daraus herrührenden sonstigen Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung geltend zu machen. Nach Ablauf der genannten Fristen ist der Anspruch verwirkt, sofern er dem Arbeitgeber gegenüber nicht vorher erfolglos geltend gemacht wurde."

Am 06.12.1989 vereinbarten die Parteien folgenden Nachtrag zum Anstellungsvertrag:

"§ 6 des Anstellungsvertrags wird wie folgt ergänzt bzw. geändert:

a) ....

g) Die Arbeitnehmerin erhält eine Tantieme in Höhe von 10 % des auf DM 1.000,00 aufgerundeten Gewinns vor Steuern. Die Tantieme ist einen Monat nach Bilanzerstellung fällig."

Für das Kalenderjahr 1992 betrug der Gewinn ausweislich der Mitteilung des Finanzamts Heilbronn vom 15.06.2006 vor Steuern DM 186.010,00.

Mit ihrer am 28.06.2006 erhobenen Klage machte die Klägerin die Zahlung der Tantieme für das Jahr 1992 und die Zahlung einer weiteren Tantieme für das Jahr 2000 geltend. Nach Vorlage einer Abrechnung für Dezember 2001, in der eine Tantieme von DM 12.300,00 abgerechnet war, nahm die Klägerin die Klage hinsichtlich der Tantieme für das Jahr 2000 zurück. Zur Tantieme für das Jahr 1992 hat die Klägerin vorgetragen, sie habe eine Tantieme für das Kalenderjahr 1992 nicht erhalten. Die Bilanz sei regelmäßig bis Mitte Juli des Folgejahres erstellt worden. Sie habe stets im Sinne und zum Wohl der Firma gehandelt und nur in Absprache mit ihrem Ehemann Gelder gefordert. Außerdem habe die geschäftliche Lage manchmal keine Tantiemezahlung zugelassen. Daher seien die Forderungen großzügig gestundet worden.

Die Klägerin hat beantragt:

Die beklagte Partei wird verurteilt, an die Klägerin € 9.510,51 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.08.1992 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, der Tantiemeanspruch für das Jahr 1992 sei erfüllt. Die Klägerin habe als kaufmännische Angestellte die Buchhaltungsarbeiten erledigt. Nach der Überweisung vom Geschäftskonto auf das Privatkonto seien die Gelder gemeinschaftlich verbraucht worden. Er sei bemüht, die maßgeblichen Unterlagen noch zu rekonstruieren. Der Tantiemeanspruch aus dem Jahr 1992 sei im übrigen verwirkt. Des weiteren sei der Anspruch nach Ziff. 11 des Arbeitsvertrags verfallen.

Die Klägerin hat erwidert, ein Verfall des Anspruchs sei wegen der Bestimmung des § 207 BGB nicht eingetreten. Sinn und Zweck der Bestimmung sei, dass während des Bestehens der Ehe den Parteien nicht zugemutet werden solle, durch das Einklagen von Ansprüchen Unfrieden zu schaffen. Im Übrigen bleibe sie dabei, dass sie für das Jahr 1992 keine Tantieme erhalten habe.

Mit Urteil vom 25.10.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe nicht dargelegt, dass der Tantiemeanspruch für das Jahr 1992 erfüllt worden sei. Der Anspruch sei aufgrund der Vorschrift des § 207 Abs. 1 BGB auch nicht verjährt. Er sei jedoch nach Ziff. 11 des Arbeitsvertrags verfallen. Die in dieser Regelung vorgesehene zweimonatige Ausschlussfrist beginne mit der Fälligkeit des Anspruchs. Die in dem Formulararbeitsvertrag enthaltene Klausel halte auch einer Inhaltskontrolle nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Bürgerlichen Recht stand. Eine Verfallsfrist von 2 Monaten sei hiernach nicht zu kurz bemessen. Die Regelung des § 207 BGB über die Hemmung der Verjährung sei auf die vertragliche Ausschlussfrist nicht anzuwenden.

Gegen das ihr am 02.11.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.11.2006 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Sie trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts greife die Ausschlussklausel der Ziff. 11 des Arbeitsvertrags nicht. Im Parallelverfahren habe das Arbeitsgericht Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - entschieden, dass die Verfallsklausel hinsichtlich einer Tantieme für das Jahr 2003 unwirksam sei. Des weiteren greife die Vorschrift des § 207 Abs. 1 BGB als zwingendes Recht für Ansprüche aller Art. Es handele sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach Ausschlussfristen jedweder Art nicht auf noch miteinander verheiratete Parteien anzuwenden seien. Das gelte auch für arbeitsrechtliche Ausschlussfristen. Der Gesetzgeber habe vermeiden wollen, dass sich in einem engen Familienverhältnis stehende Personen gezwungen sähen, unter Gefahr für den Familienfrieden gegeneinander zu prozessieren.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 25.10.2006 - 4 Ca 280/06 - zu verurteilen, an die Klägerin € 9.510,51 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er trägt vor, es erscheine zunächst fraglich, ob die Berufungsbegründung den gesetzlichen Bestimmungen genüge. Es lasse sich allenfalls erahnen, welche Einwendungen die Berufungsklägerin vorzubringen gedenke. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Regelung in Ziff. 11 des Arbeitsvertrags sei im vorliegenden Fall wirksam. Dem Parallelverfahren liege ein anders zu beurteilender Sachverhalt zugrunde, weil das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 die Rechtslage geändert habe. Die Vorschrift des § 207 Abs. 1 BGB regele ausschließlich die Hemmung der Verjährung und erfasse vertragliche Ausschlussfristen nicht. Für eine analoge Anwendung bestehe kein Anlass. Nach der getroffenen Regelung in § 11 des Arbeitsvertrags handele es sich um die mildeste Form einer Geltendmachung. Hierdurch werde der Familienfrieden nicht gestört.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig.

1. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO. Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 520 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung u.a. die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung (i.S. des § 513 ZPO) und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (noch zu § 519 Abs. 3 Ziff. 2 ZPO a.F.) soll die genannte Vorschrift eine formale, bloß formelhafte und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Begründung ausschließen. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein. Sie muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will. Eine schlüssige und rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden. Es genügt aber nicht, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BAG, 15.08.2002 - 2 AZR 473/01 - AP ZPO § 519 Nr. 55; BAG, 06.03.2003 - 2 AZR 596/02 - AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 32; BAG, 16.06.2004 - 5 AZR 529/03 - AP ZPO 2002 § 551 Nr. 2).

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung vom 16.11.2006. Obwohl der Schriftsatz mit "Berufung" überschrieben war, enthielt er in Wirklichkeit zugleich die Berufungsbegründung. Der Schriftsatz war zur Berufungsbegründung bestimmt (vgl. BGH, 14.03.2005 - II ZB 31/03 - NJW-RR 2005, 793). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin auf Seite 2 oben ausführte, eine "ergänzende" Begründung bleibe einem besonderen Schriftsatz vorbehalten. Im Weiteren setzte sich die Klägerin - wenn auch kurz - mit den Ausführungen des Arbeitsgerichts auseinander. Sie vertrat zum einen die Auffassung, die beiden Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich der Tantiemen für die Jahre 1992 und 2003 seien rechtlich miteinander vergleichbar. Zum anderen führte sie aus, die Vorschrift des § 207 Abs. 1 BGB über die Hemmung der Verjährung sei auf die vorliegende vertragliche Ausschlussfrist entsprechend anwendbar. Diese Ausführungen genügen den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.

II.

Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung einer Tantieme für das Jahr 1992 zusteht. Der Anspruch ist nach Ziff. 11 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 24.01.1989 verfallen.

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin nach § 6 g des Arbeitsvertrags vom 24.01.1989 in Verbindung mit dem Nachtrag vom 06.12.1989 einen Tantiemeanspruch für das Jahr 1992 in Höhe von € 9.510,51 brutto hat. Der Anspruch ist nicht erloschen, weil der Beklagte die Erfüllung nicht hinreichend dargetan hat. Er ist auch nicht verjährt, weil nach § 207 Abs. 1 BGB (§ 204 BGB a.F.) die Verjährung von Ansprüchen gehemmt ist, solange die Ehe besteht. Die Vorschrift bezieht sich auf Ansprüche jeder Art, nicht nur auf familienrechtliche Ansprüche (Palandt-Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 207 Rz 1; Münchner Kommentar - Grothe, BGB, 5. Auflage, § 207 Rz 3).

Der Anspruch ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht verwirkt. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Um den Tatbestand der Verwirkung zu erfüllen, muss neben dem Zeitablauf das sogenannte Umstandsmoment treten. Es müssen besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzukommen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. nur BAG, 25.04.2001 - 5 AZR 497/99 - AP BGB § 242 Verwirkung Nr. 46). Im vorliegenden Fall sind zwar nahezu 13 Jahre nach Fälligkeit des Anspruchs verstrichen, bis die Klägerin den Anspruch erhoben hat. Der Beklagte hat jedoch keinerlei Gesichtspunkte vorgetragen, dass er mit der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr rechnen musste. Vielmehr deuten die zum Teil erheblich verspäteten Zahlungen der Tantiemen darauf hin, dass die Zahlungen je nach Liquidität des Unternehmens erfolgten und die Parteien die Tantieme für das Jahr 1992 schlicht vergessen haben.

2. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Anspruch auf die Tantiemezahlung für das Jahr 1992 gemäß Ziff. 11 Satz 1 und 3 des Arbeitsvertrags vom 24.01.1989 verfallen ist.

a) Nach der genannten Vorschrift sind gegenseitige Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis innerhalb von 2 Monaten geltend zu machen. Nach Ablauf der genannten Frist ist der Anspruch verwirkt, sofern er dem Arbeitgeber gegenüber nicht vorher erfolglos geltend gemacht wurde. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine sogenannte einstufige Ausschlussfrist. Die Klausel enthält zwar keine Regelung über den Zeitpunkt, zu dem der Lauf der zweimonatigen Ausschlussfrist beginnt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 18.03.2003 - 9 AZR 44/02 - AP BGB § 157 Nr. 28) steht dies jedoch der wirksamen Einbeziehung der Ausschlussklausel nicht entgegen. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt mit der Fälligkeit des geltend gemachten Anspruchs. Nach den Vereinbarungen der Parteien war der Tantiemeanspruch jeweils einen Monat nach der Bilanzerstellung fällig. Was die Form der Geltendmachung angeht, so genügte nach der getroffenen Vereinbarung die formlose Geltendmachung.

b) Die vorliegende Ausschlussklausel hält nach der zutreffenden Auffassung des Arbeitsgerichts einer Inhaltskontrolle stand. Diese richtet sich nach dem bis zum 31.12.2001 bzw. für Dauerschuldverhältnisse bis zum 31.12.2002 geltenden Bürgerlichen Recht. Nach Art. 229 § 5 EGBGB n.F. ist das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) nicht auf Ansprüche anzuwenden, die - wie hier - bereits abschließend vor seinem Inkrafttreten entstanden sind. Nach bisherigem Recht waren einzelvertraglich vereinbarte Ausschlussklauseln nur dann unwirksam, wenn sie sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB sind. Bei diesem Prüfungsmaßstab hat das Bundesarbeitsgericht Ausschlussklauseln in Formulararbeitsverträgen unbeanstandet gelassen, bei der die Frist lediglich einen Monat betrug (BAG, 13.12.2000 - 10 AZR 168/00 - AP BGB § 241 Nr. 2). Zweimonatige Ausschlussfristen halten danach erst recht einer Inhaltskontrolle stand (BAG, 27.02.2002 - 9 AZR 543/00 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 162; BAG, 18.03.2003, a.a.O.).

c) Soweit die Klägerin sich auf das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 08.08.2006 (36 Ca 799/06) zum Tantiemeanspruch aus dem Jahr 2003 beruft, so liegt dieser Entscheidung eine andere Rechtslage zugrunde. Auf den Tantiemeanspruch für das Jahr 2003 ist nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB n.F. das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 anzuwenden. Das Arbeitsgericht hat unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 18.09.2005 - 5 AZR 52/05 - AP BGB § 307 Nr. 7; BAG, 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 - AP BGB § 310 Nr. 1) ausgeführt, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist in einem Formulararbeitsvertrag, die eine (schriftliche) Geltendmachung aller Ansprüche innerhalb einer Frist von weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB nicht mehr standhält. Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbar.

d) Die Klägerin hat den Tantiemeanspruch für das Jahr 1992 nicht im Sinne der Ausschlussklausel geltend gemacht. Unter "Geltendmachung" ist eine ernsthafte Leistungsaufforderung zu verstehen. Hierbei muss der Anspruch grundsätzlich nach Grund und Höhe angegeben werden (vgl. nur BAG, 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 183). Eine Geltendmachung in diesem Sinne ist unstreitig nicht erfolgt.

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Lauf der zweimonatigen Ausschlussfrist nicht nach § 207 Abs. 1 BGB gehemmt. Eine analoge Anwendung dieser für die Verjährung geltenden Vorschrift auf einstufige arbeitsvertragliche Ausschlussfristen, die eine formlose oder schriftliche Geltendmachung verlangen, kommt nicht in Betracht.

a) Das Bundesarbeitsgericht hat sich - soweit ersichtlich - mit der vorliegenden Rechtsfrage noch nicht befassen müssen. Zur analogen Anwendung von Vorschriften des Verjährungsrechts auf tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen hat es eine differenzierende Auffassung vertreten: Mit Urteil vom 30.03.1973 (4 AZR 259/72 - AP BGB § 390 Nr. 4) hat das Bundesarbeitsgericht eine analoge Anwendung des § 390 Satz 2 BGB über die Aufrechnung mit verjährten Forderungen auf tarifliche Ausschlussfristen abgelehnt. Hingegen hat es mit Urteil vom 08.03.1976 (5 AZR 361/65 - AP ZPO § 496 Nr. 6) die Vorschrift des § 203 Abs. 2 BGB a.F. über die Hemmung der Verjährung wegen höherer Gewalt für tarifliche Ausschlussfristen entsprechend herangezogen. Eine analoge Anwendung des § 217 BGB a.F. über die Wirkung der Unterbrechung (erneuter Lauf der Verjährung) auf eine tarifliche Ausschlussfrist hat das Bundesarbeitsgericht ausgeschlossen (BAG, 08.08.1979 - 5 AZR 660/77 - AP TVG § 4 Ausschlussfrist Nr. 67). Ebenfalls abgelehnt hat es eine entsprechende Anwendung des § 212 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. betreffend die Verjährungsunterbrechung bei Klagerücknahme und erneuter Klage auf eine zweistufige tarifliche Ausschlussfristen (BAG, 11.07.1990 - 5 AZR 609/89 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 141 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung) sowie der §§ 211, 212 BGB auf Verfallklauseln, die lediglich eine formlose oder schriftliche Geltendmachung vorsehen (BAG, 07.11.1991 - 2 AZR 34/91 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 114). Im umgekehrten Fall, also bei der Übertragung von zu Ausschlussfristen entwickelten Rechtsgrundsätzen auf die Verjährungsvorschriften hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass durch die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG die Verjährung von sich aus § 615 BGB ergebenden Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers nicht unterbrochen werde (BAG, 07.11.1991 - 2 AZR 159/91 - AP BGB § 209 Nr. 6).

b) Im Schrifttum wird ganz überwiegend die Auffassung vertreten, es sei bei jeder einzelnen Vorschrift des Verjährungsrechts zu prüfen, ob die entsprechende Anwendung mit dem Sinn und Zweck der jeweiligen Ausschlussfrist vereinbar sei (Wiedemann/Wank, TVG, 6. Auflage, § 4 Rz 726; Staudinger-Peters, BGB, Neubearbeitung 2004, Vorbem. zu §§ 194 Rz 15; Münchner Kommentar - Grothe, 5. Auflage, Vor § 194 Rz 10 ff.; C. Hergenröder AR-Blattei, SD 350, Ausschlussfristen Rz 72 ff.; Langer, Gesetzliche und vertragliche Ausschlussfristen, Rz. 219 f.; Gotthardt, Das Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, 2. Auflage, Rz 346). In der Regel wird in diesem Zusammenhang auf die strukturellen Unterschiede zwischen Ausschlussfristen und Verjährungsfristen verwiesen. Im Gegensatz zur Verjährung, die lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht begründet, führe die Ausschlussfrist, was von Amts wegen zu berücksichtigen sei, zum Erlöschen der Forderung.

Eine Mindermeinung in der Literatur hat sich für eine zumindest weitgehende analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften auf vertragliche und tarifliche Ausschlussfristen ausgesprochen (Grunsky, Festschrift für Kissel, S. 281; Däubler, TVG, 2. Auflage, § 4 Rz 1096 ff.). Für eine analoge Anwendung wird angeführt, Verjährung und Ausschlussfristen dienten in gleicher Weise der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Die unterschiedliche Wirkungsweise von Verjährung und Ausschlussfristen spreche nicht gegen eine analoge Anwendung.

c) Mit der überwiegenden Meinung ist die Kammer der Auffassung, dass es für eine analoge Anwendung jeweils auf den Inhalt der konkreten Ausschlussklausel sowie auf den Sinn und Zweck der betreffenden Verjährungsnorm ankommt. Der vorliegende Fall zeigt dies in geradezu exemplarischer Weise. Die hier in Frage stehende Vorschrift des § 207 Abs. 1 BGB über die Hemmung der Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten beruht auf der Erwägung, dass in familiären Beziehungen die Einschaltung der Gerichte untunlich und unzumutbar ist. Der Familienfriede wird gestört, wenn ein Familienmitglied zur Vermeidung der Verjährung genötigt ist, einen ihm seiner Meinung nach zustehenden Anspruch in einer zur Hemmung der Verjährung führenden Form, also insbesondere durch Klage geltend zu machen (Staudinger-Peters, a.a.O., § 207 Rz 1; Münchner Kommentar - Grothe, a.a.O., § 207 Rz 1). Die Norm soll also vermeiden, dass die gesetzliche Verjährung die familiären Verhältnisse belastet.

Dieser Normzweck trifft auf die hier vorliegende Ausschlussfrist gleich in zweifacher Hinsicht nicht zu: Zum einen handelt es sich um eine vertragliche Ausschlussfrist, die die Parteien vielleicht unbedacht als Inhalt eines Mustervertrags herangezogen haben, nicht aber hätten vereinbaren müssen. Anders als bei den gesetzlichen Verjährungsfristen stand es den Parteien also frei, ob sie sich an kurze Ausschlussfristen binden. Zum anderen handelt es sich hier um eine sogenannte einstufige Ausschlussfrist, die lediglich eine formlose Geltendmachung verlangt. Eine gerichtliche Geltendmachung ist nicht erforderlich, um den Anspruch zu erhalten. Ein Streit zwischen Familienangehörigen muss daher nicht vor die Gerichte gebracht werden. Vertragliche Ausschlussfristen, die lediglich eine formlose oder auch schriftliche Geltendmachung vorsehen, können danach nicht mit gesetzlichen Verjährungsfristen gleichgesetzt werden.

Hiergegen spricht nicht, dass auch eine formlose oder schriftliche Geltendmachung die persönlichen Beziehungen innerhalb der Familie belasten könnte. Die vorliegende Ausschlussklausel erlaubt Formen der Geltendmachung, die durchaus "familiengemäß" sind. So vertritt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass Forderungen nicht mehr geltend gemacht werden müssen, wenn der Arbeitgeber durch Abrechnung eine Forderung des Arbeitnehmers vorbehaltlos ausgewiesen hat. Die Ansprüche sind damit "streitlos" gestellt (zuletzt BAG, 10.10.2002 - 8 AZR 8/02 - AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169). Im vorliegenden Fall hätte es also genügt, wenn die Klägerin den Beklagten gebeten hätte, ihren Tantiemeanspruch abzurechnen. Ggf. hätte bei dieser Gelegenheit die Abrede getroffen werden können, dass eine entsprechende Zahlung aus Liquiditätsgründen derzeit nicht erfolgt. Hätte der Beklagte eine "Streitlosstellung" verweigert, so wäre es nicht zu viel verlangt gewesen, auch in einem Ehegattenarbeitsverhältnis Maßnahmen zur Rechtswahrung durch eine formelle Geltendmachung zu fordern. Die Parteien hatten sich entschlossen, die Mitarbeit der Klägerin im Unternehmen des Beklagten auf die Grundlage eines Arbeitsverhältnisses zu stellen. Somit haben sie sich auch an die Regeln des Arbeitsrechts zu halten, wenn es um die Wahrung von Ansprüchen geht. Die weitere Frage, ob die Vorschrift des § 207 Abs. 1 BGB auf zweistufige vertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen analog anzuwenden wäre, die eine gerichtliche Geltendmachung verlangen, ist hier nicht zu entscheiden.

III.

Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

Zurück