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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 06.08.2003
Aktenzeichen: 4 Sa 76/02
Rechtsgebiete: MTV, BetrVG, ZPO, ArbGG, BGB, KSchG


Vorschriften:

MTV § 17 Ziffer 3
BetrVG § 111
BetrVG § 111 Satz 3 Nr. 3
BetrVG § 112
BetrVG § 112a
ZPO § 313 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 519
ZPO § 520
ArbGG § 64 Abs. 2c
ArbGG § 64 Abs. 6
BGB § 140
BGB § 613a
BGB § 613a Abs. 1 Satz 1
BGB § 613a Abs. 6
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 620
KSchG § 1
KSchG § 9
KSchG § 15 Abs. 4
KSchG § 15 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 76/02

verkündet am 06.08.2003

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Natter, den ehrenamtlichen Richter Fezer und die ehrenamtliche Richterin Schäfer

auf die mündliche Verhandlung vom 06.08.2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn - Kammern Crailsheim - vom 13.11.2002 - 7 Ca 332/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Beklagten vom 26.06.2002 mit Ablauf des 31.12.2002 bzw. aufgrund eines Auflösungsantrages der Beklagten zum selben Zeitpunkt geendet hat.

Der am xx.xx.xxxx geborene Kläger ist seit 01.08.1973 bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 20.05.1975 zugrunde. Nach dessen Ziffer 10 findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Tarifvertrag für das private Bankgewerbe in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Das Gehalt des Klägers belief sich zuletzt auf € 4297,41. Bei der Beklagten sind mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden tätig.

Der berufliche Werdegang des Klägers verlief wie folgt: Nach einem Schulabschluss mit mittlerer Reife und einer Verwaltungslehre war der Kläger vier Jahre bei der Bundeswehr in einer Versorgungseinheit tätig. Er schloss dort am 25.05.1970 eine Ausbildung als Nachschubbuchführer ab. Nach seinem Eintritt bei der Beklagten war er als Auszahlungssachbearbeiter und Auszahlungsprüfer tätig. Vom 14.03.1977 bis 18.01.1999 nahm der Kläger berufsbegleitend bei der Volkshochschule xxxxxxxxxxxx an einer Weiterbildung zum Bankfachwirt teil. Einen formalen Abschluss erlangte er bei dieser Weiterbildung nicht. Seit 1980 war der Kläger in der Hauptabteilung Einkauf und Verwaltung tätig. Mit Wirkung zum 01.09.1984 wurde er zum Gruppenleiter Materialversorgung ernannt. Seit 01.01.1994 lautet sein Titel "Teamleiter Werbematerialversorgung". Während seiner Tätigkeit bei der Beklagten nahm der Kläger an rund 80 Weiterbildungsmaßnahmen teil; wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 20 verwiesen.

In der Funktion des Teamleiters "Werbematerialversorgung" war der Kläger zuständig für die Werbematerialversorgung des Außendienstes und der von der Beklagten betreuten Banken. Er war bei der Beklagten in der sogenannten Führungslaufbahn beschäftigt und bis zum 31.12.2002 Vorgesetzter von 34 Arbeitnehmern. Bei der Beklagten gibt es daneben die Fachberaterlaufbahn, die keine Personalverantwortung beinhaltet.

Im Verlauf des Jahres 2000 konkretisierten sich bei der Beklagten - als Alternative zu einem Personalabbau - Überlegungen zu einer Neuordnung des Bereiches "Allgemeiner Service". Ergebnis der Überlegungen war die Ausgliederung des Bereiches in eine eigenständige Gesellschaft, die xxx GmbH (anfangs xx-GmbH genannt). Die Ausgliederung betraf ca. 400 Arbeitnehmer. Zweck der Ausgliederung war es, künftig Leistungen des Facility-Managements nicht nur für die Beklagte, sondern auch für Dritte zu erbringen. Der Kläger stand dem Konzept kritisch gegenüber. Er verdeutlichte seine Haltung in verschiedenen Gesprächen im 1. Halbjahr 2001. Am 27.08.2001 führte der Kläger ein Gespräch mit seiner damaligen Abteilungsleiterin, Frau xxxxxxx. Der Inhalt dieses Gespräches ist zwischen den Parteien streitig. Nach diesem Gespräch teilte der Kläger der Personalabteilung mit Mail vom 27.08.2001 mit, dass er bei einem Übergang/Wechsel in eine xx-GmbH nicht zur Verfügung stehen könne. Daraufhin bat Frau xxxxxx die Personalabteilung, für den Kläger ein neues Wirkungsgebiet zu finden.

In der Folgezeit bewarb sich der Kläger auf verschiedene ausgeschriebene Stellen, jedoch ohne Erfolg. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung der Parteien vor allem in den Schriftsätzen vom 28.04.2003 und 01.07.2003 verwiesen. Die Beklagte schloss am 26.10.2001 mit der Gewerkschaft xxxxx einen Überleitungstarifvertrag über die Ausgliederung der xxxx GmbH ab. Ein Interessenausgleich/Sozialplan wurde anlässlich dieser Maßnahme nicht vereinbart. Auszugsweise enthält der Überleitungstarifvertrag folgende Regelungen:

"II. § 11

"Tarifverträge

Für die von der xxx-AG in die xx-GmbH wechselnden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten die zwischen den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e. V. vereinbarten Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung.

Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich, ab dem 01. Januar 2002 Verhandlungen über einen Haustarifvertrag für de ab dem 01 Januar 2002 neu einzustellenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzunehmen.

III. § 1

Zuständigkeit des Betriebsrats

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Betrieb der xxx-AG und der xx-GmbH in Form eines gemeinsamen Betriebes geführt wird.

Die Zuständigkeit des Betriebsrats/Gesamtbetriebsrats der xxx-AG erstreckt sich auch auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der xx-GmbH."

In einem Gespräch vom 04.12.2001 bot Frau xxxx dem Kläger an, als Fachberater in die xxx GmbH zu wechseln. Der Inhalt dieses Gespräches ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig. Mit Mail vom 06.12.2001 lehnte der Kläger dieses Angebot ab. Mit Schreiben vom 07.12.2001 informierte die Beklagte den Kläger wie alle anderen betroffenen Mitarbeiter vom den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die xxxx GmbH. Sie bot dem Kläger hierbei eine Stelle als Fachberater Logistik-Center an. Hierauf folgten weitere Gespräche zwischen Frau xxxxxxxx und dem Kläger bzw. mit dem Betriebsratsmitglied xxxxxxxx und Vertretern der Personalabteilung. Mit Schreiben vom 18.12.2001 legte der Kläger Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die xxx GmbH ein.

Mit Schreiben vom 08.01.2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er vorübergehend als Fachberater in der Abteilung "Infrastrukturelle Dienste" bei der xxx GmbH eingesetzt werde. In der Folgezeit bemühte sich der Kläger weiter um anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten, jedoch erneut ohne Erfolg. Mit Schreiben vom 06.02.2002 bot die Beklagte dem Kläger über dessen Prozessbevollmächtigte den Abschluss eines Aufhebungsvertrages an. Mit Schreiben vom 20.02.2002 signalisierte die Prozessbevollmächtigte des Klägers, dass dieser nun doch zu einem Wechsel zur xxx GmbH bereit sei. Nach einem Gespräch mit der Geschäftsführerin der xxx GmbH am 01.03.2002 teilte der Kläger mit Mail vom 04.03.2002 mit, dass er seinen Widerspruch zurücknehme.

Bereits mit Mail vom 15.02.2002 teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger eingeleitet werde. Hierauf reagierte der Betriebsrat mit Befremden. Mit Schreiben vom 29.05.2002 informierte die Beklagte den Betriebsrat von der beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 19.06.2002. Mit Schreiben vom 26.06.2002 gab die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme zur Prüfung von Einsatzmöglichkeiten für den Kläger gegenüber dem Betriebsrat ab. Mit Schreiben vom selben Tag kündigte die Beklagte sodann das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgerecht zum 31.12.2002.

Ab dem 03.09.2002 stellte die Beklagte den Kläger unter Fortzahlung seiner Bezüge von der Arbeitsleistung frei. In der Folgezeit stritten die Parteien in einem weiteren Verfahren beim Arbeitsgericht Heilbronn (7 Ca 106/03) über die Weiterbeschäftigung des Klägers. Mit Urteil vom 23.04.2003 gab das Arbeitsgericht Heilbronn dem Weiterbeschäftigungsbegehren hinsichtlich einer Beschäftigung als Fachberater statt. Im Anschluss daran kam es Ende Mai 2003 zu Gesprächen der Parteien über eine vorläufige Weiterbeschäftigung. Diese kam jedoch aufgrund von Urlaubsnahmen und Erkrankungen des Klägers nicht zustande. Im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung vom 06.08.2003 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Der Rechtsstreit über die Weiterbeschäftigung des Klägers ist derzeit in der Berufungsinstanz anhängig (5 Sa 57/03).

Mit seiner am 05.07.2002 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung vom 26.06.2002 gewandt. Er hat vorgetragen, weder sein ursprünglicher Arbeitsplatz als Teamleiter noch der ihm später zugewiesene Arbeitsplatz als Fachberater seien weggefallen. Beide Positionen seien im Gemeinschaftsbetrieb der Beklagten und der xxx GmbH noch unverändert vorhanden. Er bestreite, dass die Position des Fachberaters nur "vorgehalten" werde. Darüber hinaus seien für ihn verschiedene Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten vorhanden. Die vorgeblich fachlichen Aspekte für die Ablehnung seiner zahlreichen Bewerbungen seien objektiv nicht haltbar. Die Beklagte habe auch keine ordnungsgemäße Sozialauswahl vorgenommen. Er sei mit zahlreichen Teamleitern und Fachberatern bei der Beklagten und bei der xxx GmbH vergleichbar. Schließlich sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 26.06.2002 zum 31.12.2002 beendet wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt:

1. Die Klage abzuweisen.

2. hilfsweise:

Das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber die gesetzliche Höchstgrenze von hier 15 Brutto-Monatsgehältern nicht überschreiten sollte, aufzulösen.

Der Kläger hat beantragt,

den Auflösungsantrag abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Kündigung des Klägers sei sozial gerechtfertigt. Keine der im Bereich "Allgemeiner Service" ausgeübten Tätigkeitsfelder sei bei ihr verblieben. Sie habe daher auch keine Sozialauswahl treffen müssen. Freie Stellen seien in ihrem Betrieb nicht vorhanden. Für alle zu besetzenden Stellen seien Spezialkenntnisse erforderlich, über die der Kläger nicht verfüge. Der Auflösungsantrag werde gestellt, weil das Vertrauensverhältnis zum Kläger nachhaltig gestört sei.

Mit Urteil vom 13.11.2002 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 26.06.2002 beendet wird. Zur Begründung hat es ausgeführt, jedenfalls im Zeitpunkt der Kündigung habe der Widerspruch des Klägers einer Weiterbeschäftigung nicht entgegengestanden. Die Beklagte habe den Kläger trotz seines Widerspruches auf einer Fachberaterstelle weiterbeschäftigt. Dazu sei sie auch aufgrund ihrer gemeinsamen Leitungsfunktion mit der xxx GmbH rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen. Sie habe dem Kläger mehrfach nahegelegt, seinen Widerspruch zurückzunehmen. Sie verhalte sich widersprüchlich, wenn sie nunmehr die Rücknahme des Widerspruches ablehne. Der Auflösungsantrag der Beklagten sei unbegründet. Die Begründung der Beklagten sei zu pauschal, um einen Auflösungsantrag zu rechtfertigen.

Gegen das ihr am 21.11.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.12.2002 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.02.2003 am selben Tag begründet. Sie trägt vor, durch die Ausgliederung des Betriebsteiles "Allgemeiner Service" seien die dort bestehenden Arbeitsverhältnisse auf die xxx GmbH übergegangen. Aufgrund der Ausgliederung sei der bisherige Arbeitsplatz des Klägers als Teamleiter ersatzlos weggefallen. Dem stehe nicht entgegen, dass der Betrieb der Beklagten und der Betrieb der xxxx GmbH nach dem Überleitungstarifvertrag einen Gemeinschaftsbetrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes bildeten; denn maßgeblich sei insoweit eine arbeitgeberbezogene Prüfung. In ihrem Unternehmen existiere kein anderer freier Arbeitsplatz, auf dem der Kläger weiterbeschäftigt werden könne. Der Einsatz des Klägers scheitere an dessen fehlender Qualifikation. Auch die Sozialauswahl ergebe nicht, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei. In ihrem Betrieb seien vergleichbare Aufgabenbereiche nach der Ausgliederung nicht mehr vorhanden.

Die Sozialauswahl sei auch nicht deswegen fehlerhaft, weil ihr Betrieb und der Betrieb der xxx GmbH betriebsverfassungsrechtlich einen Gemeinschaftsbetrieb bildeten. Ein Gemeinschaftsbetrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes liege nicht vor. Darüber hinaus habe der Kläger eindeutig und unmissverständlich erklärt, dass er unter keinen Umständen bereit sei, in die xxx GmbH mitzugehen. Der Kläger könne auch nicht einwenden, dass er seinen Widerspruch mittlerweile zurückgenommen habe. Als einseitiges Gestaltungsrecht sei der Widerspruch nicht rücknehmbar. Es habe auch keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des Klägers gegeben. Der Auflösungsantrag sei begründet, weil der Kläger die von ihr entwickelten unternehmerischen Konzeptionen rundweg abgelehnt habe. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn, Kammern Crailsheim - Aktenzeichen 7 Ca 332/02 - vom 03.11.2002 aufzuheben und nach den Schlussanträgen der Beklagten in erster Instanz zu erkennen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er trägt vor, sein Arbeitsplatz als Teamleiter sei nicht entfallen. Die Beklagte unterhalte mit der xxx GmbH einen Gemeinschaftsbetrieb. Sie habe ihre Einflussmöglichkeiten nutzen müssen, um seine Weiterbeschäftigung sicherzustellen. Die Beklagte habe sich bereits lange vor seinem Widerspruch entschlossen, ihn nicht mehr als Teamleiter zu beschäftigen. Bei der Beklagten gebe es ebenso wie bei der xxx GmbH zahlreiche freie Stellen, auf denen er eingesetzt werden könne. Die Beklagte habe seine Qualifikationen in bewusst verfälschender Weise dargestellt. Darüber hinaus habe die Beklagte jegliche Sozialauswahl unterlassen. Er sei mit allen Teamleitern der Beklagten und der xxx GmbH vergleichbar.

Mit Beschluss der Kammer vom 09.07.2003 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Kläger Sonderkündigungsschutz nach § 17 Ziffer 3 MTV genießen könne. Zu der damit verbundenen Frage einer Betriebsänderung trägt die Beklagte vor, die Ausgliederung des Bereiches "Allgemeiner Service" stelle eine Abspaltung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG dar. Darüber hinaus liegen eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation und eine grundlegende Änderung des Betriebszweckes vor.

Der Kläger erwidert, die Ausgliederung des Bereiches "Allgemeiner Service" stelle keine Betriebsänderung dar, die die Beklagte zu einer ordentlichen Kündigung berechtige. So sei im Überleitungstarifvertrag ausdrücklich die Regelung getroffen, dass der Betrieb der Beklagten und der xxx GmbH in Form eines gemeinsamen Betriebes geführt würden. Es ergebe sich auch aus den tatsächlichen Umständen, dass ein Gemeinschaftsbetrieb geführt werde. Weder eine grundlegende Änderung der betrieblichen Organisation noch eine Änderung des Betriebszweckes liege vor. Selbst bei Vorliegen einer Betriebsänderung sei die Beklagte nicht zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung berechtigt gewesen; denn die Betriebsänderung sei für die Kündigung nicht kausal.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Absatz 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Absatz 2c ArbGG statthaft. Sie ist auch nach den §§ 519, 520 ZPO, § 64 Absatz 6 ArbGG in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.

II.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.06.2002 nicht mit Ablauf des 31.12.2002 aufgelöst worden ist. Diese Kündigung ist unwirksam, weil der Kläger Sonderkündigungsschutz nach § 17 Ziffer 3 des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe genießt (im Folgenden: MTV) und die Beklagte das Arbeitsverhältnis daher nicht im Wege der ordentlichen Kündigung beenden konnte.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet unstreitig der Manteltarifvertrag für das private Bankgewerbe Anwendung. Nach Ziffer 10 des Arbeitsvertrag es vom 20.04.1975 findet "im übrigen" der Tarifvertrag für das private Bankgewerbe in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Daran anknüpfend regelt Abschnitt II. § 11 des Überleitungstarifvertrages vom 26.10.2001, dass für die von der Beklagten in die ausgegliederte GmbH wechselnden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die zwischen den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes e. V. vereinbarten Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

Der Arbeitsvertrag vom 20.04.1975 enthält hinsichtlich eines Sonderkündigungsschutzes für ältere Arbeitnehmer keine Regelungen. Daher gilt ergänzend die Vorschrift des § 17 des Manteltarifvertrages über Kündigung und Entlassung. Nach dessen Ziffer 3 sind Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindestens 10 Jahre ununterbrochen angehören, nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG kündbar. Der Kläger erfüllt die persönlichen Voraussetzungen dieser Norm, weil er am 17.03.1949 geboren und seit 01.08.1973 ununterbrochen bei der Beklagten beschäftigt ist.

2. Die Vorschrift des § 17 Ziffer 3 MTV bedarf, was Voraussetzungen und Rechtsfolgen angeht, der Auslegung. Betrachtet man allein den Wortlaut der Norm, so könnte das Arbeitsverhältnis mit einem im Sinne der Tarifnorm "unkündbaren" Arbeitnehmer nur dann außerordentlich gekündigt werden, wenn kumulativ ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB und eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorlägen.

Bei dieser Auslegung bestünden gegen die Rechtswirksamkeit der tariflichen Norm aber erhebliche Bedenken.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG, 29.08.2001 - 4 AZR 337/00 - NZA 2002, 1346) folgt die Auslegung des normativen Teiles des Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.

b) Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für die Auslegung des § 17 Ziffer 3 MTV Folgendes:

aa) Die vom Wortlaut her naheliegende Interpretation, dass das Arbeitsverhältnis eines "unkündbarer" Arbeitnehmer nur gekündigt werden könnte, wenn kumulativ ein wichtiger Grund und eine Betriebsänderung vorliegen, würde auf eine verfassungsrechtlich bedenkliche Einschränkung des Rechts zur ordentlichen Kündigung hinauslaufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG, 05.02.1998 - 2 AZR 227/97 - und BAG 17.09.1998 - 2 AZR 419/97 - AP BGB § 626 Nr. 43 und 148; BAG, 27.06.2002 - 2 AZR 367/01 - AP BAT § 55 Nr. 4; KR-Fischermeier, 6. Auflage § 626 Randziffern 57 ff.; APS-Dörner, § 626 Randziffer 7) kann das Recht zur außerordentlichen Kündigung zwar eingeschränkt, aber nicht völlig ausgeschlossen werden. Bei der oben vorgenommenen Wortlautinterpretation wäre zwar das Recht des Arbeitgebers zur Kündigung nicht völlig ausgeschlossen. Wenn die Tarifvertragsparteien den Begriff des "wichtigen Grundes" verwenden, so wäre aber zunächst davon auszugehen, dass sie diesen Begriff in seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB gebraucht haben, somit das Recht des Arbeitgebers zur ordentlichen Kündigung ausschließen wollten (BAG, 10.10.2002 - 2 AZR 418/01 - DB 2003, 1797; zu § 17 Ziffer 3 MTV: LAG Köln, 29.04.1994 - 4 Sa 1171/93 - LAGE § 620 BGB Kündigungserklärung Nr. 2).

Wenn das Recht zur außerordentlichen Kündigung darüber hinaus an das Vorliegen einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG geknüpft wäre, so würde dies weiter bedeuten, dass dem unkündbaren Arbeitnehmer nicht aus in seiner Person oder in seinem Verhalten liegenden wichtigen Gründen außerordentlich gekündigt werden könnte. Somit könnte das Arbeitsverhältnis selbst in den Fällen der krankheitsbedingten Leistungsunmöglichkeit oder bei schweren arbeitsrechtlichen Verfehlungen des Arbeitnehmers nicht außerordentlich gekündigt werden. Eine derart gravierende Einschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung wäre nach Auffassung der Kammer mit Artikel 12 GG nicht zu vereinbaren.

bb) Da vom Willen der Tarifparteien auszugehen ist, eine verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Regelung zu vereinbaren, kann § 17 Ziffer 3 MTV nur dahingehend ausgelegt werden, dass er alternativ zwei Ausnahmen vom Sonderkündigungsschutz des "unkündbaren" Arbeitnehmers vorsieht. Als erste Alternative wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, das Arbeitsverhältnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB außerordentlich zu kündigen. Als Kündigungsgründe kommen zum einen personen- und verhaltensbedingte Gründe, aber zum anderen auch betriebsbedingte Gründe in Betracht. Denn selbst wenn kein Fall der Betriebsänderung in Sinne des § 111 BetrVG vorliegt, sind Fälle denkbar, in denen die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber unzumutbar ist, weil der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hin das Gehalt weiterzahlen müsste, obwohl er für die Arbeitskraft des Arbeitnehmers keine Verwendung mehr hat (BAG, 05.02.1998, a. a. O., unter II. 3 b der Gründe).

Alternativ zu dieser außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit sieht § 17 Ziffer 3 MTV vor, dass das Arbeitsverhältnis bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG kündbar ist. Klarer hätte dies in der Tarifnorm zum Ausdruck gebracht werden können, wenn die beiden Fälle durch das Wort "oder" verknüpft worden wären. Da bei dieser Auslegung die Kündigungsmöglichkeit bei Betriebsänderungen keinen Unterfall der Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund darstellt, betrifft die zweite Ausnahme vom Sonderkündigungsschutz einen Fall der ordentlichen Kündigung. Insoweit bestehen Parallelen zum Sonderkündigungsschutz für betriebsverfassungsrechtliche Amtsträger. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem Urteil vom 29.03.1977 (1 AZR 46/75 - AP BetrVG 1972, § 102 Nr. 11; vgl. ferner BAG, 18.09.1997 - 2 ABR 15/97 - AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 35) regeln die beiden Ausnahmen vom Sonderkündigungsschutz der betriebsverfassungsrechtlichen Amtsträger in § 15 Absatz 4 und 5 KSchG Fälle der ordentlichen Kündigung. Diese Annahme erscheint auch für den Sonderkündigungsschutz nach § 17 Ziffer 3 MTV naheliegend, weil bei einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG nicht zwangsläufig die besonderen Voraussetzungen erfüllt sind, die von der oben zitierten Rechtsprechung an eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung gestellt werden.

Es kommt hinzu, dass es sich bei einer Betriebsänderung um eine unternehmerische Maßnahme handelt, die in den meisten Fällen eine wirtschaftliche Absicherung der Arbeitnehmer durch einen Sozialplan zur Folge hat. Bei Abschluss des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe am 24.08.1978 verhielt es sich dergestalt, dass jede Betriebsänderung zur Erzwingbarkeit eines Sozialplanes führte. Erst durch das Beschäftigungsförderungsgesetz vom 26.04.1985 wurde unter anderem § 112a BetrVG eingefügt, wonach in den Fällen des Personalabbaues und bei Neugründungen ein Sozialplan nur unter den dort geregelten Voraussetzungen erzwingbar ist. Es drängt sich daher die Annahme auf, dass die Tarifparteien eine Einschränkung des Sonderkündigungsschutzes bei Betriebsänderungen für sachlich gerechtfertigt hielten, weil der "unkündbare" Arbeitnehmer wie jeder andere nicht besonders geschützte Arbeitnehmer von einer generellen Maßnahme des Arbeitgebers betroffen und durch das Institut des Sozialplanes wirtschaftlich abgesichert ist. Insoweit ist § 17 Ziffer 3 MTV mit Regelungen in anderen Tarifwerken vergleichbar, die ebenfalls eine Ausnahme vom Sonderkündigungsschutz im Fall der wirtschaftlichen Absicherung des "unkündbaren" Arbeitnehmers vorsehen (vgl. etwa § 21 Satz 2, 4. Alternative des Manteltarifvertrages für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen des Einzelhandels in Baden-Württemberg in der Fassung vom 11.10.1996: Absicherung durch Sozialplanregelung; § 15 Ziffer 3 Buchstabe b des Manteltarifvertrags für das private Versicherungsgewerbe: Absicherung durch Abfindungsregelungen im Rationalisierungsschutzabkommen).

Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass § 17 Ziffer 3 MTV zwei Kündigungsmöglichkeiten zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses mit einem "unkündbaren" Arbeitnehmer vorsieht: Entweder sind die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund erfüllt oder es liegt eine Betriebsänderung vor, die den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung ermöglicht.

3. Im Streitfall liegt keine der beiden genannten Ausnahmen vom Sonderkündigungsschutz des Klägers vor.

a) Die Beklagte hat von ihrem tariflichen Recht auf außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses keinen Gebrauch gemacht. Sie hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26.06.2002 "fristgerecht" zum 31.12.2002 gekündigt. Damit hat die Beklagte - was sie auch nicht behauptet - nicht erkennen lassen, dass sie eine außerordentliche Kündigung erklärt hat (vgl. BAG, 13.01.1982 - 7 AZR 757/79 - AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 2).

b) Auch de Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung bei Vorliegen einer Betriebsänderung sind nicht erfüllt. Denn die Auslegung des § 17 Ziffer 3 MTV ergibt weiter, dass es für die Ausnahme vom Sonderkündigungsschutz nicht ausreicht, wenn die ordentliche Kündigung "gelegentlich" einer Betriebsänderung ausgesprochen wird. Vielmehr muss die Kündigung unmittelbar durch die Betriebsänderung bedingt sein.

aa) Es kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass es sich bei der Ausgliederung der xxx GmbH um eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG gehandelt hat. Auch die Beklagte verkennt nicht, dass der Betriebs Übergang für sich allein nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Betriebsänderung darstellt (BAG, 16.06.1987 - 1 ABR 41/85 - AP BetrVG 1972, § 111 Nr. 19; BAG, 25.01.2000 - 1 ABR 1/99 - AP BetrVG 1972, § 112 Nr. 137).

Läge - wie im Überleitungstarifvertrag unter Abschnitt III. § 1 festgehalten - tatsächlich ein gemeinsamer Betrieb der Beklagten und der xxx GmbH vor, so wäre eine bloße Unternehmensspaltung im Sinne eines Betriebsteilübergangs gegeben, die ausnahmsweise keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG darstellt (vgl. Fitting, BetrVG, 21. Auflage § 111 Randziffer 55; Däubler/Kittner/ Klebe, BetrVG, 8. Auflage, § 111 Randziffer 106; Richardi, BetrVG, 8. Auflage, § 111 Randziffern 132 ff.).

Gegen die Annahme eines gemeinsamen Betriebes spricht jedoch in organisatorischer Hinsicht, dass es in der Besetzung der Organe der Beklagten und der Besetzung der Organe der xxx GmbH unstreitig keine Personenidentität gibt. Darüber hinaus hat eine organisatorische Änderung in der Aufbaustruktur stattgefunden, indem das bisherige Sekretariat zu einer eigenständigen Abteilung "Unternehmenssteuerung und kaufmännische Dienste" ausgebaut wurde. Diese Abteilung ist zwar erkennbar im Aufbau begriffen; die Umstrukturierung steht aber im Zusammenhang mit der Erweiterung des Betriebszweckes. Dieser besteht ausweislich des Überleitungstarifvertrages darin, dass es künftig Aufgabe der xxxx GmbH ist, neben ihrer Tätigkeit für die Beklagte Geschäfte im Bereich des Facility-Managements für Dritte zu betreiben. Es lässt sich absehen, dass die Abteilung "Unternehmenssteuerung und kaufmännische Dienste" mit dem Ausbau des Drittkundengeschäftes an Bedeutung gewinnen wird. Dass eine Erweiterung des bisherigen Betriebszwecks eine Betriebsänderung darstellen kann, ist in der Rechtsprechung anerkannt (BAG, 17.12.1985 - 1 ABR 78/83 - AP BetrVG 1972 Nr. 15). Man wird im Drittkundengeschäft nicht nur eine neue unternehmerische Zielsetzung sehen können, weil eine Tätigkeit "am Markt" ganz andere Anforderungen an die Arbeitnehmer stellen kann.

bb) Unterstellt man zugunsten der Beklagten das Vorliegen einer Betriebsänderung im Zusammenhang mit der Ausgliederung der xxx GmbH, so ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger dennoch keine unmittelbare Folge dieser Betriebsänderung. Als Folge der Ausgliederung trat die xxxx GmbH gemäß § 613a Absatz 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Der Überleitungstarifvertrag bekräftigte diese Rechtsfolge in Abschnitt II. § 1 mit der Regelung, dass den übergehenden Arbeitnehmern die Fortgeltung der quantitativen und qualitativen Bestandteile des Arbeitsverhältnisses zugesichert wurde. Darüber hinaus regelte Abschnitt II. § 3 des Überleitungstarifvertrages, dass die Arbeitnehmer - entsprechend der Rechtsprechung und der jetzigen Regelung in § 613a Absatz 6 BGB - das Recht des Widerspruches haben. Falls ein Arbeitnehmer hiervon Gebrauch macht, sollte für diesen eine individuelle Lösung gefunden werden.

Mit Schreiben vom 18.12.2001 machte der Kläger von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch. Er ging hierbei davon aus, dass für ihn eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten gefunden werden könne. Diese Annahme erwies sich als Irrtum, weil sämtliche Bewerbungen des Klägers auf freiwerdende Stellen mit der Begründung zurückgewiesen wurden, der Kläger verfüge nicht über die erforderliche Qualifikation. Mangels einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis sodann am 26.06.2002.

cc) Der Normzweck des § 17 Ziffer 3 MTV erfordert, dass die durchgeführte Betriebsänderung unmittelbar zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führt. Hierfür sprechen folgende Erwägungen:

Folgt man der Auffassung des Klägers, die Ausgliederung der xxx GmbH sei keine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG gewesen, denkt man also die - unterstellte - Betriebsänderung hinweg, so steht außer Frage, dass sich der Kläger auf den Sonderkündigungsschutz des § 17 Ziffer 3 MTV berufen könnte, obwohl er durch seinen Widerspruch eine maßgebliche Ursache für die nachfolgende Kündigung gesetzt hat. Mangels einer Betriebsänderung hätte die Beklagte nur eine außerordentliche Kündigung aussprechen können.

Ist der Betriebsübergang mit weiteren Maßnahmen des Arbeitgebers verbunden, die die Organisation oder den Zweck des ursprünglichen Betriebes grundlegend ändern, aber nicht unmittelbar zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Personalabbau führen, so ist kein Grund erkennbar, der nach dem Normzweck des § 17 Ziffer 3 MTV für eine Lockerung des Kündigungsschutzes sprechen würde. Ein Ausgleich der Nachteile, die mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses typischerweise verbunden sind, wäre gerade nicht gewährleistet. So löst der Betriebsübergang als solcher keine Sozialplanpflicht nach § 112 BetrVG aus. Fällt ein Betriebsübergang mit einer grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation und des Betriebszwecks zusammen, so können in einem Sozialplan nur diejenigen Nachteile ausgeglichen bzw. gemildert werden, die durch die Betriebsänderung verursacht werden (BAG, 10.12.1996 - 1 ABR 32/96 -und BAG, 25.01.2000 - 1 ABR 1/99 - AP BetrVG 1972, § 112 Nr. 110 und 137).

Beabsichtigt der Arbeitgeber im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung keinen Personalabbau, so wird ein Sozialplan nur diejenigen Nachteile ausgleichen, deren Eintritt § 613a BGB nicht verhindert (BAG, 16.06.1987, a. a. O. unter II. 2c der Gründe). Regelungen, die mit einem Ausscheiden von Arbeitnehmern verbundene Nachteile ausgleichen, wird ein derartiger Sozialplan nicht enthalten. Schließlich wird eine soziale Absicherung auch nicht durch das Rationalisierungsschutzabkommen für das private Bankgewerbe (in der Fassung vom 01.10.1997) sichergestellt. Wenn dieses in § 2 verlangt, dass die betreffende Rationalisierungsmaßnahme zu Kündigungen führt, und in § 9 Ziffer 1 voraussetzt, dass eine Kündigung aufgrund der Rationalisierungsmaßnahme unvermeidbar ist, dann spricht alles dafür, dass die Schutznormen des Abkommens zugunsten eines widersprechenden Arbeitnehmers nicht eingreifen. Ist ein Ausgleich der mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen Nachteile aber nicht gewährleistet, so fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung, die nach dem Normzweck des § 17 Ziffer 3 MTV für die Lockerung des Sonderkündigungsschutzes erfüllt sein muss.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass Arbeitgeber und Betriebsrat auf den Abschluss eines Interessenausgleiches und Sozialplanes in der Annahme verzichtet haben, der Überleitungstarifvertrag biete für die Arbeitnehmer einen ausreichenden Schutz. Diese Annahme erwies sich jedoch für den Fall als unzutreffend, dass ein Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht ausübt und für ihn keine individuelle Lösung gefunden werden kann. Der vorliegende Fall verdeutlicht, dass es bei dieser Sachlage für eine Lockerung des Sonderkündigungsschutzes keinen Anlass gibt. Denn nur bei einer außerordentlichen Kündigung eines "unkündbaren" Arbeitnehmers müssen an die Pflicht des Arbeitgebers, mit allen zumutbaren Mitteln, gegebenenfalls auch durch eine entsprechende Umorganisation und das Freimachen geeigneter gleichwertiger Arbeitsplätze, eine Weiterbeschäftigung zu versuchen, verschärfte Anforderungen gestellt werden (BAG, 05.02.1998 und 17.09.1998, a. a. O.).

Die Ausführungen der Beklagten zur Frage einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger lassen nicht erkennen, dass sich die Beklagte diesen verschärften Anforderungen bewusst war. Wenn es etwa in der Betriebsratsanhörung vom 29.05.2002 auf Seite 2 bei drei Stellen heißt, der Fachbereich habe sich aufgrund fachlicher Erwägungen für eine Mitbewerberin entschieden, so spricht dies dafür, dass allein fachliche Erwägungen, nicht aber der Sonderkündigungsschutz des Klägers berücksichtigt wurden. Wenn es aber um die Frage einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit geht, so will der Sonderkündigungsschutz zugunsten "unkündbarer" Arbeitnehmer gerade sicherstellen, dass der besondere arbeitsrechtliche Schutz dieser Arbeitnehmer in die Entscheidung, welche Anstrengungen dem Arbeitgeber zumutbar sind, einfließt. Ob der Arbeitgeber das Recht zur ordentlichen Kündigung oder nur zur außerordentlichen Kündigung hat, ist also nicht nur eine formale Frage, sondern wirkt sich unmittelbar auf den rechtlichen Prüfungsmaßstab aus.

4. Die ordentliche Kündigung vom 26.06.2002 kann auch nicht in eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist umgedeutet werden. Ein nichtiges Rechtsgeschäft kann nach § 140 BGB nur dann in ein anderes Rechtsgeschäft umgedeutet werden, wenn dieses die gleichen oder weniger weitreichende Rechtsfragen mit sich bringt. Dies wäre im Fall der Umdeutung einer ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche Kündigung aber auch dann der Fall, wenn letztere mit sozialer Auslauffrist erklärt würde (BAG, 12.09.1974 - 2 AZR 535/73 - AP TVAL II, § 44 Nr. 1; BAG, 03.11.1982 -7 AZR 5/81 - AP KSchG 1969, § 15 Nr. 12; KR-Etzel, 6. Auflage, § 1 Randziffer 167).

III.

Der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Hierbei bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den von der Beklagten vorgetragenen Auflösungsgründen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 09.11.1979 - 6 AZR 1059/77 - BAG, 21.09.2000 - 2 AZN 576/00 - BAG, 10.10.2002 -2 AZR 240/01 - AP KSchG 1969 Nr. 4, 35 und 45) kann der Arbeitgeber eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG nur dann verlangen, wenn die Kündigung "nur" nach § 1 KSchG sozialwidrig ist. Ist die Kündigung bereits aus anderen Gründen unwirksam, kann der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag nicht stellen. Da die Kündigung vom 26.06.2002 daran scheitert, dass die Beklagte den Sonderkündigungsschutz nach § 17 Ziffer 3 MTV nicht beachtet hat, ist ein Auflösungsantrag ausgeschlossen.

IV.

Die Beklagte hat gemäß § 97 Absatz 1 ZPO die Kosten ihres erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil zur Auslegung des § 17 Ziffer 3 MTV - soweit ersichtlich - bislang keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vorliegt.

Ende der Entscheidung

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