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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 01.10.2004
Aktenzeichen: 4 TaBV 1/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, TVG, BGB, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 2a Nr. 4
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 81
ArbGG § 83 Abs. 3
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 2
ArbGG § 89
ArbGG § 97
ArbGG § 97 Abs. 1
ArbGG § 97 Abs. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
TVG § 1
TVG § 2 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 1
BGB § 310 Abs. 4 Satz 1
BetrVG § 80 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 4 TaBV 1/04

Stuttgart, 01.10.2004

In dem Beschlussverfahren mit den Beteiligten

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 4. Kammer - durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Natter, den ehrenamtlichen Richter Fezer und den ehrenamtlichen Richter Göbeke-Teichert auf die mündliche Verhandlung vom 01.10.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Beschwerden der Beteiligten Ziff. 2, 3, 9 bis 17 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12.09.2003 - 15 BV 250/96 - abgeändert:

Der Antrag der Beteiligten Ziff. 1 wird abgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über die Gewerkschaftseigenschaft der Christlichen Gewerkschaft Metall (Beteiligte Ziff. 2, im Folgenden: CGM).

Die Antragstellerin (Beteiligte Ziff. 1, im Folgenden: IG Metall) ist eine der mitgliedstärksten Einzelgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Beteiligter Ziff. 6). Die Mitgliedschaft in der IG Metall können Beschäftigte erwerben, die in den Betrieben der Wirtschaftszweige der Metallindustrie, der Metallgewinnung, der eisen- und stahlerzeugenden Industrie, dem Metallhandwerk und den sonstigen Metallbetrieben tätig sind. Zu den umfassten Wirtschaftszweigen zählen nach § 2 der Satzung auch die Elektroindustrie und anverwandte Dienstleistungsunternehmen. Zu den Aufgaben der IG Metall gehört u.a. die Erzielung von günstigen Lohn-, Gehalts- und Arbeitsbedingungen durch den Abschluss von Tarifverträgen. Die IG Metall verfügte nach der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 28.02.2002 im Januar 2002 über 2.685.942 Mitglieder, davon 1.769.776 Mitglieder, die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Wegen der Einzelheiten, insbesondere der Aufgliederung in Branchen und Tarifbezirke wird auf Aktenblatt 1659 ff. der erstinstanzlichen Akte verwiesen.

Die CGM wurde nach ihrer Angabe am 15.10.1899, nach Angabe der IG Metall im Jahr 1959 als Christlicher Metallarbeiterverband Deutschlands gegründet. Im Oktober 1991 benannte sich der Verband in Christliche Gewerkschaft Metall um. Ausweislich ihrer Satzung vom 16.10.1999 ist die CGM eine unabhängige Gewerkschaft gegenüber politischen Parteien, Kirchen, Regierungen und Unternehmern. Ihr Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und umfasst die Bereiche der metallerzeugenden und - verarbeitenden Industrie, des Metallhandwerks, der Elektroindustrie und der sonstigen Metallbetriebe. Zu den Aufgaben und Zielen der CGM gehören insbesondere die Herbeiführung einer gerechten Entgeltregelung und einer Mitarbeiterbeteiligung sowie die Regelung der sonstigen Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge. Die CGM ist Mitgliedsgewerkschaft des Dachverbandes Christlicher Gewerkschaftsbund (Beteiligter Ziff. 7, früher Ziff. 8).

Die CGM hat laut eidesstattlicher Versicherung ihrer Landessekretäre vom 23.07.2003 derzeit 97.823 Mitglieder, davon 88.044, die in einem Arbeitsverhältnis stehen und 9.345 Rentner. Laut Angabe der IG Metall überschreitet der Mitgliederbestand die Zahl 50.000 nicht. Seit dem Jahr 2000 beträgt der Mitgliedsbeitrag € 6,00/Monat für aktiv beschäftigte Mitglieder und € 3,00/Monat für Rentner, Arbeitslose und Auszubildende. Die CGM beschäftigt 43 Mitarbeiter/innen, darunter 14 hauptamtliche Gewerkschaftssekretäre. Diese sind in der Hauptverwaltung in Stuttgart sowie in Sekretariaten in Sulzbach/Murr, Friedrichshafen, Duisburg, Bonn, Schweinfurt, Regensburg, Augsburg, Rüsselsheim, Saarbrücken, Hannover, Wolfsburg, Gera, Chemnitz, Magdeburg und Berlin tätig. Daneben setzen sich für die CGM nach ihrem Angaben insgesamt 498 ehrenamtliche Gewerkschaftsmitglieder ein.

Der Beteiligte Ziff. 3 (im Folgenden: VSME) ist der Arbeitgeberverband der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie. Die CGM schloss mit dem VSME seit dem Jahr 1996 verschiedene Tarifverträge ab, darunter den Tarifvertrag für Standortsicherung und Beschäftigungsförderung in der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie und den Tarifvertrag über die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Sächsische Metall- und Elektroindustrie vom 10.06.1996 (Anlage B 97), den Tarifvertrag zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze und Förderung der betrieblichen Ausbildung in der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie vom 20.06.1997 (Anlage B 99) sowie das Tarifwerk "Phönix" vom 15.05.1998 (Anlage B 106).

Im Bereich der Metall- und Elektroindustrie schloss die CGM nach ihren Angaben bis zum Jahr 2001 rd. 3.000 Anschlusstarifverträge ab. Im Bereich des Handwerks vereinbarte sie seit Ende der achtziger Jahre / Anfang der neunziger Jahre sowohl mit dem Bundesverband Metall (BVM, Beteiligter Ziff. 10, früher Ziff. 11) organisierten Fachverbänden, darunter auch mit dem Fachverband Elektro- und Informationstechnik Sachsen (Beteiligter Ziff. 16, früher 17), als auch mit verschiedenen Landesinnungsverbänden (Beteiligte Ziff. 11-15, früher 12 - 16) nach ihren Angaben bis zum Jahr 2001 insgesamt 550 eigenständige (originäre) Tarifverträge in rd. 30 Tarifbereichen als Manteltarifverträge, Lohn- und Gehaltstarifverträge und Tarifverträge zu sonstigen Regelungsgegenständen. Schließlich ist die CGM Vertragspartnerin von rd. 40 Firmentarifverträgen in rd. 10 Unternehmen, darunter ein Tarifwerk mit der JENOPTIK Gruppe vom 06.03.1999 und verschiedene Tarifverträge aus dem Jahr 2000 mit der VEM-Gruppe (Anlagen B 125-B 127).

Beteiligte am vorliegenden Verfahren sind neben den bereits aufgeführten Beteiligten der Freistaat Sachsen (Beteiligte Ziff. 4), die Bundesrepublik Deutschland (Beteiligte Ziff. 5) und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di (bisher Beteiligte Ziff. 7).

Die Tariffähigkeit der CGM ist seit längerer Zeit streitig. Mit Beschluss vom 04.02.1972 (6 BV 3/71) stellte das Arbeitsgericht Stuttgart auf Antrag des damaligen Christlichen Metallarbeiterverbands fest, dass dieser eine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne ist. In dem damaligen Verfahren waren u.a. die IG Metall beteiligt. Der Beschluss wurde rechtskräftig.

Im Frühjahr 1996 verhandelten die IG Metall und der VSME erfolglos über einen Tarifvertrag für Standortsicherung und Beschäftigungsförderung sowie über Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen für die Sächsische Metall- und Elektroindustrie. Am 10.06.1996 schloss der VSME mit der CGM zwei entsprechende Tarifverträge ab (Anlage 9 zur Klageschrift vom 21.11.1996).

Mit ihrem am 27.11.1996 eingegangenen Antrag begehrt die IG Metall die Feststellung, dass die CGM keine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne ist. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts unter I. verwiesen. Nach abgesonderter Anhörung der Parteien zur Zulässigkeit des Antrags entschied das Arbeitsgericht mit Zwischenbeschluss vom 19.02.1998, dass der Antrag der IG Metall zulässig sei, weil ihm die Rechtskraft des Beschlusses des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 04.02.1972 nicht entgegenstehe. Auf die Beschwerde der CGM wies das Landesarbeitsgericht den Antrag der IG Metall durch Beschluss vom 10.12.1998 (4 TaBV 3/98) als unzulässig ab. Auf die Rechtsbeschwerde der IG Metall hob das Bundesarbeitsgericht den Beschluss des Landesarbeitsgerichts durch Beschluss vom 06.06.2000 (1 ABR 21/99) auf und wies die Beschwerde der CGM gegen den Zwischenbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.02.1998 zurück.

In dem Anfang des Jahres 2001 fortgesetzten Verfahren hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 12.09.2003 festgestellt, dass die CGM keine tariffähige Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne sei. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der gestellte Antrag sei auslegungsbedürftig. Der IG Metall gehe es ersichtlich um die Feststellung, dass die CGM nicht tariffähig und damit keine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne sei. Der so verstandene Antrag sei begründet. Die den Gewerkschaften übertragene Aufgabe, die Lohn- und Arbeitsbedingungen zu regeln, erforderten, die Anerkennung der Tariffähigkeit von Mindestvoraussetzungen abhängig zu machen. Hierzu gehöre eine ausreichende Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler. Internationale Gewährleistungen stünden dem von der deutschen Arbeitsrechtsprechung entwickelten Begriff der tariffähigen Gewerkschaft nicht entgegen. Ebenso wenig führten Gedanken des Wettbewerbsrechts und der sogenannten Inländerdiskriminierung dazu, von der Mächtigkeitslehre des Bundesarbeitsgerichts Abstand zu nehmen. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sorge dafür, dass ein funktionsfähiges Tarifsystem zur Verfügung gestellt werde.

Der CGM fehle es an der erforderlichen Durchsetzungsfähigkeit sowie an der Leistungsfähigkeit ihrer Organisation. Die IG Metall habe ihr Vorbringen schlüssig untermauert. Insbesondere habe sie schlüssig dargelegt, dass die von der CGM angeführten Mitgliederzahlen zu bezweifeln seien. Daher seien Ermittlungen dahingehend anzustellen, ob die CGM in den Bereichen des Handwerks sowie des Bereichs der Arbeitgebervereinigung Ostmetall überhaupt ausreichend Mitglieder habe, auf deren Arbeitsverhältnisse die abgeschlossenen Tarifverträge kraft Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend anzuwenden seien. Es komme entscheidend darauf an, dass sich die von der CGM abgeschlossenen Tarifverträge tatsächlich unter ihren tarifgebundenen Mitgliedern und den Mitgliedern der Arbeitgeberverbände durchgesetzt habe. Durch einzelvertragliche Bezugnahme von Tarifverträgen werde die Privatautonomie auf kollektiv-vertraglicher Ebene nicht realisiert.

Die CGM sei der Aufforderung der Kammer, den Nachweis ihrer Gewerkschaftsmitglieder aufgeschlüsselt nach Landesverbänden und aufgeschlüsselt nach Organisationsbereichen zu erbringen, nicht nachgekommen. Der Vortrag der Gesamtmitgliederschaft reiche nicht aus um festzustellen, welche der insgesamt abgeschlossenen 3.500 Tarifverträge sich tatsächlich durch Anwendung unter ihren tarifgebundenen Mitgliedern durchgesetzt hätten. Die Kammer habe es der CGM freigestellt, in einem Geheimverfahren den Mitgliederbestand offen zu legen. Diesen Weg zu beschreiten, habe die CGM abgelehnt. Die von ihr vorgelegte notarielle Urkunde sei wertlos. Das Prozessverhalten der CGM lasse nur den Schluss zu, dass sie in den Bereichen, in denen sie originäre Tarifverträge abgeschlossen habe, keine oder keine nennenswerten Mitglieder aufzuweisen habe. Hierfür spreche auch die Rolle der CGM in den Tarifauseinandersetzungen im Unternehmen JENOPTK. Was den Fachbereich der Handwerksinnungen angehe, so reiche es nicht aus, wenn die CGM dort jeweils über ein Mitglied verfüge. Insgesamt betrage der Organisationsgrad in der CGM maximal 1,6 %.

Der Beschluss wurde der CGM (nach Angabe in der Beschwerdeschrift) am 09.02.2004, der VSME am 05.02.2004 und dem BVM am 06.02.2004 zugestellt. Gegen den Beschluss haben die CGM am 27.02.2004, der VSME am 03.03.2004 und der BVM am 04.03.2004 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerden wurden innerhalb der verlängerten Fristen am 27.05.2004 (CGM) und 25.06.2004 (BVM) und 30.06.2004 (VSME) begründet.

Die CGM trägt vor, das Arbeitsgericht habe den im Beschlussverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz verletzt. Es habe seinen Beschluss auf der Grundlage eines lückenhaften Tatbestands gefasst und eine Vielzahl von vorgelegten Beweismitteln und Beweisangeboten übergangen. Das Arbeitsgericht habe darüber hinaus die Regeln der objektiven Beweislast verkannt. Denn etwaige Zweifel an der Tariffähigkeit gingen nicht zu ihren Lasten, sondern zu Lasten der IG Metall. An ihren Vortrag zur Mitgliederzahl habe das Arbeitsgericht übersteigerte Anforderungen gestellt. Eine Mindestanzahl von Mitgliedern im Geltungsbereich eines Tarifvertrags sei gesetzlich nicht vorgesehen. Die Durchsetzung des Tarifvertrags im Arbeitsverhältnis sei in die Hände des einzelnen Arbeitnehmers gelegt. Das Arbeitsgericht habe seine Hinweispflicht verletzt, weil es ohne vorherigen Hinweis aus der Personalkostenquote und dem Beitragsaufkommen einerseits und der Auflage der Gewerkschaftszeitschrift DGZ Rückschlüsse auf die Mitgliederzahl gezogen habe. Sie verfüge mit 97.823 Mitgliedern im Jahr 2001 über einen ausreichenden Mitgliederbestand. In den Unternehmen und Betrieben sei sie mit einer Vielzahl von Betriebsgruppen, Vertrauensleuten, Betriebsräten, Aufsichtsratsmitgliedern und ehrenamtlichen Mitgliedern vertreten. Sie verfüge auch über ausreichende finanzielle Mittel.

Das Arbeitsgericht habe eine unzulässige Rechtsfortbildung vorgenommen, wenn es einen repräsentativen Anteil der Gesamtbeschäftigten im satzungsmäßigen Organisationsbereich für die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition fordere. Dieses Erfordernis finde keinen Rückhalt in der Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei sie organisatorisch mit 43 hauptamtlichen Mitarbeitern ausreichend durchsetzungsfähig. Der Beschluss des Arbeitsgerichts stehe auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, weil er sich nicht mit den von ihr geführten Tarifverhandlungen auseinandersetze. Sie habe im Bereich des Handwerks regelmäßig Tarifverträge mit den sozialen Gegenspielern abgeschlossen. Den Ablauf der Tarifverhandlungen habe sie im Einzelnen geschildert. Im Bereich der Industrie schließe sie seit vielen Jahren mit den Arbeitgeberverbänden Anschlusstarifverträge ab. Insgesamt betrachtet liege dem Beschluss des Arbeitsgerichts ein fehlerhaftes, grundrechtswidriges Verständnis des Kriteriums der sozialen Mächtigkeit zu Grunde.

Der BVM trägt vor, die CGM habe mit ihren Landesverbänden in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen Tarifverträge abgeschlossen. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn das Arbeitsgericht den Schluss gezogen habe, die CGM habe bei den von den Metallverbänden geschlossenen Tarifverträgen keine oder keine nennenswerten Mitglieder aufzuweisen. Das Arbeitsgericht stütze seine Entscheidung im Wesentlichen auf das Merkmal der Mächtigkeit. Hierzu habe er bereits auf die fehlende bzw. geringe Mächtigkeit der Arbeitgeberseite hingewiesen, die einem von der CGM initiierten Streik nichts oder wenig entgegenzusetzen habe. Dass die abgeschlossenen Tarifverträge nicht dem Diktat der Arbeitgeberseite entsprungen seien, zeige die Tatsache, dass viele Tarifverträge erst nach mehreren Verhandlungen zu Stande gekommen seien. Die im Handwerk abgeschlossenen Tarifverträge mit der CGM enthielten eigenständige Regelungen, so z.B. Tarifverträge über Bündnisse für Arbeit. Solche seien mit der IG Metall fast nicht zu erreichen.

Der VSME trägt vor, er teile die Bedenken und Angriffe der CGM in ihrer Beschwerdebegründung. Offensichtlich gelinge es der IG Metall nicht, im Wettbewerb der Gewerkschaften die CGM aus dem Feld zu schlagen. Die CGM habe sowohl im Bereich der Industrie als auch im Bereich des Handwerks eine Fülle von Tarifverträgen abgeschlossen, die im Wirtschaftsleben Beachtung fänden. Statt sich damit auseinander zu setzen, begründe das Arbeitsgericht seine falsche Entscheidung mit Zahlenvergleichen zu Mitgliederstärke und Organisation. Das Arbeitsgericht habe sich auch nicht mit der Frage der Antragsberechtigung der IG Metall auseinandergesetzt. Aufgrund der besonderen Situation in den neuen Bundesländern habe er im Jahr 1996 Verhandlungen mit der CGM aufgenommen und verschiedene Tarifverträge abgeschlossen. Die CGM habe auch in der nachfolgenden Zeit am Prozess der tarifvertraglichen Regelungen teilgenommen. Im Bereich des Handwerks habe die CGM zahlreiche originäre Tarifverträge abgeschlossen. Das Arbeitsgericht habe demgegenüber bemängelt, dass die CGM nicht den Beweis erbracht habe, dass sie im Handwerksbereich auch in den neuen Bundesländern über einen ausreichenden Mitgliederbestand verfüge. Genau dies sei aber mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht im Einklang zu bringen. Das Arbeitsgericht habe darüber hinaus prozessuale Rechte verletzt und habe seiner Hinweispflicht nicht genügt. In seinen materiell-rechtlichen Aussagen habe das Arbeitsgericht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verkannt. Das Kriterium der Mächtigkeit sei mit Artikel 9 Abs. 3 GG nicht vereinbar. Es finde auch keine Grundlage im Europäischen Recht, so dass das Beschlussverfahren ggf. im Europäischen Gerichtshof vorzulegen sei.

Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit trägt vor, die Überlegungen zur Tariffähigkeit von Gewerkschaften hätten die herausragende Bedeutung des Art. 9 Abs. 3 GG zu berücksichtigen. Aufgrund des hohen Ranges der Koalitionsfreiheit könne nur in schwerwiegenden Fällen von einem "Nicht-Gewerkschafts-Status" ausgegangen werden. Die CGM habe zweifellos zahlreiche originäre Tarifverträge abgeschlossen, darunter auch für den Bereich des Freistaats Sachsen. Nach ihrer Kenntnis gelte die CGM als kompetenter Verhandlungs- und Vertragspartner. Es könne nicht argumentiert werden, die abgeschlossenen Tarifverträge lägen nicht im Interesse der Arbeitnehmer. Denn es bleibe jedem Arbeitnehmer unbenommen, sich zu entscheiden, bei welcher Gewerkschaft er seine Interessen besser als gewahrt ansehe. Eine Gewerkschaft nehme durch Tarifverträge auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Einfluss. Auf die genaue Zahl ihrer Mitglieder komme es dabei nicht an.

Der CGB trägt vor, die Auffassung des Arbeitsgerichts habe zur Folge, dass außer den etablierten DGB-Gewerkschaften kleinere Gewerkschaften nicht existieren könnten. Dies widerspreche dem Grundrecht aus Artikel 9 Abs. 3 GG. Schließe eine Gewerkschaft einen Tarifvertrag ab, so sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Koalition von der Gegenseite ernst genommen werde. Da auch die Arbeitgeberseite Interesse an gleichen Wettbewerbsvoraussetzungen habe, schaffe allein diese Tatsache eine gewisse Durchsetzungskraft auf Seiten der beteiligten Gewerkschaft. Die Tarifauseinandersetzung in der ostdeutschen Metallindustrie im Jahre 2003 zeige, dass eine starke Mitgliederzahl kein Garant dafür sei, die eigenen Ziele umzusetzen. Gerade im Handwerksbereich habe eine kleine Gewerkschaft ein starkes Druckpotential. Die Durchsetzung von Tarifverträgen im gering organisierten Bereich seien dadurch gewährleistet, dass die Arbeitsverträge im Wesentlichen durch Bezugnahmen auf die Tarifverträge gekennzeichnet seien. Die Tarifverträge hätten daher auch ohne eine große Zahl Tarifgebundener praktisch erhebliche Wirkungen. Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass der Beschluss des Arbeitsgerichts die Wertigkeit der Indizien für die Gewerkschaftsfähigkeit verkenne.

Die CGM, der VSME, der Freistaat Sachsen, der CGB, der BVM, die BDA, Gesamtmetall, die beteiligten Landesinnungsverbände und der Fachverband für die Elektro- und Informationstechnik Sachsen beantragen:

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12.09.2003 - 15 BV 250/96 - wird abgeändert.

Der Antrag der Antragstellerin / Beteiligten Ziff. 2 (IG Metall) wird zurückgewiesen.

Die IG Metall beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Sie trägt vor, nach der ständigen Rechtsprechung komme der Mitgliederzahl einer Arbeitnehmervereinbarung grundlegende Bedeutung für die Annahme einer hinreichenden Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der Arbeitgeberseite zu. Die Mitgliederzahl der CGM beinhalte keine hinreichende Durchsetzungskraft. Nach eigenen Angaben habe sie bundesweit rund 88.000 aktive Mitglieder. Im satzungsmäßigen Organisationsbereich seien rund 5 Mio. Arbeitnehmer beschäftigt. Hieraus errechne sich ein Organisationsgrad von 1,6 %. Eine hin reichende Durchsetzungskraft ergebe sich auch nicht allein aus der Tatsache, dass die CGM inzwischen eine Reihe von Verträgen mit Arbeitgeberverbänden und einzelnen Arbeitgebern geschlossen habe. Die CGM müsse eine originäre, auf der Mitgliedschaft beruhende Mächtigkeit bezogen auf alle von ihr abgeschlossenen Tarifverträge dartun. Eine solche Mächtigkeit setze voraus, dass der Tarifvertrag allein kraft unmittelbarer Tarifbindung Geltung erlange. Die CGM habe jedoch für keinen der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge substanziiert vorgetragen, dass er allein aufgrund beiderseitiger Tarifbindung Geltung erlangt habe. Die Durchsetzungsfähigkeit werde auch nicht aus einer Beachtung der Tarifverträge im Arbeitsleben ersichtlich. Es fehle ein konkreter Vortrag im Beschlussverfahren, inwieweit die abgeschlossenen Verträge tatsächlich auf Arbeitsverhältnisse Anwendung fänden, sei es aufgrund beiderseitiger Tarifbindung oder aufgrund individualvertraglicher Bezugnahme. Es folge aus dem Zwecke der Tarifautonomie, dass die CGM detailliert vorzutragen habe, dass die von ihr genannten Verträge auch tatsächlich für Mitglieder abgeschlossen worden seien. So lange die CGM diesen Nachweis nicht erbringe, handele es sich bei den von ihr abgeschlossenen Verträgen um sogenannte Sozialpartnervereinbarungen.

Dem Grundsatz der Durchsetzungsfähigkeit stehe nicht der Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG entgegen. Eine Arbeitnehmervereinigung habe es selbst in der Hand, sich tariffähig zu machen, wenn sie ihren Zuständigkeitsbereich so definiere, dass sie mit ihren Mitgliedern in diesem Bereich auch durchsetzungsfähig sei. Die CGM habe sich entschieden, einen sehr weiten fachlichen und räumlichen Organisationsbereich in ihre Satzung aufzunehmen. Also müsse sie sich damit abfinden, dass ihre Durchsetzungsfähigkeit an dem von ihr selbst definierten Organisationsbereich gemessen werde.

Was die formellen Rügen angehe, so habe das Arbeitsgericht seine Aufklärungspflichten nicht verletzt. Die Darlegungs- und Beweislast treffe die CGM. Sie habe die vom Arbeitsgericht verlangte Aufschlüsselung der Mitgliederzahlen nicht vorgenommen. Das Zurückhalten der geforderten Informationen könne auch nicht mit dem Gesichtspunkt "Wettbewerb" begründet werden. Die von der CGM betriebene Geheimniskrämerei habe keinen realen Hintergrund. Das Arbeitsgericht habe sich außerdem sehr wohl mit den von der CGM angeführten Tarifverhandlungen auseinandergesetzt. Verhandlungen und Verträge reichten aber allein nicht aus. Tarifverträge seien nur dann gegeben, wenn sie für Mitglieder abgeschlossen worden seien. Das von der CGM in diesem Zusammenhang begehrte beweisrechtliche Geheimverfahren sei unzulässig.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die Anhörungstermine verwiesen.

B.

I.

Die Beschwerden der Beteiligten Ziff. 2, 3 sowie 8 bis 16 (früher: 9 bis 17) sind gem. § 97 Abs. 2, § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie sind auch gem. § 87 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1, § 89 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache haben die Beschwerden der Beteiligten Ziff. 2, 3 sowie 8 bis 16 Erfolg.

II.

1. Der von der IG Metall gestellte Antrag ist zulässig.

a) Über die streitige Frage, ob die CGM eine tariffähige Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne ist, ist nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 97 Abs. 1 ArbGG im Beschlussverfahren zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 23.04.1971 - 1 ABR 26/70 - AP ArbGG 1953 § 97 Nr. 2) sowie der wohl überwiegenden Meinung im Schrifttum (Germelmann-Matthes, ArbGG, 5. Auflage, § 97 Rz. 7 mit zahlreichen Nachweisen) steht das Verfahren nach § 97 ArbGG sowohl dann zur Verfügung, wenn ausschließlich die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung streitig ist (zur Auslegung des Antrag siehe c)) als auch dann, wenn die Gewerkschaftseigenschaft eines Arbeitnehmerverbandes als solche in Frage steht.

b) Das Beschlussverfahren ist durch eine antragsberechtigte Arbeitnehmervereinigung eingeleitet worden. Antragsberechtigt ist nach § 97 Abs. 1 ArbGG neben anderen eine räumlich und sachlich zustehende Vereinigung von Arbeitnehmern. Diese Voraussetzung liegt bei der IG Metall vor. Nach § 1 ihrer Satzung erstreckt sich der räumliche Zuständigkeitsbereich der IG Metall auf das gesamte Bundesgebiet. Der sachliche Zuständigkeitsbereich umfasst nach § 3 Ziff. 1 der Satzung die Betriebe der Metall- und Elektroindustrie und des Metallhandwerks. Für dieselben Betriebe ist auch die CGM bundesweit zuständig

aa) Der VSME, die BDA, Gesamtmetall sowie die beteiligten Landesinnungsverbände und Fachverbände sind der Antragsbefugnis der IG Metall mit der Erwägung entgegengetreten, § 97 Abs. 1 ArbGG begründe kein eigenes materielles Recht des Antragstellers, sondern setze ein solches voraus. § 97 Abs. 2 ArbGG verweise u.a. auf § 81 ArbGG. Hiernach sei antragsbefugt nur derjenige, der nach materiellem Recht im konkreten Fall durch die begehrte Entscheidung unmittelbar betroffen sei (Germelmann-Matthes, a.a.O. § 81 Rz. 53) bzw. ein eigenes Recht geltend mache (Grunsky, ArbGG, 7. Aufl. § 80 Rz. 29). Demgegenüber hat das Bundesarbeitsgericht die Antragsbefugnis der konkurrierenden Arbeitnehmervereinigung ohne weitere Erörterung direkt aus § 97 Abs. 1 ArbGG abgeleitet (BAG, 10.09.1985 - 1 ABR 32/83; 16.01.1990 - 1 ABR 93/88; 06.06.2000 - 1 ABR 10/99 - jeweils AP TVG § 2 Nr. 34, 38 und 55).

Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, welcher Auffassung zu folgen ist. Denn jedenfalls dann, wenn die Tariffähigkeit von Arbeitnehmervereinigungen im Streit steht, die im selben räumlichen und sachlichen Bereich Tarifverträge abschließen, geht es nicht lediglich um wettbewerbliche Interessen, sondern auch um eine materiell-rechtliche Betroffenheit der konkurrierenden Verbände (zutreffen d Deinert, AuR 2004, 212, 214). Diese folgt aus dem Grundsatz der Tarifeinheit, der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch dann anzuwenden ist, wenn ein Fall der Tarifpluralität vorliegt (vgl. zuletzt BAG, 04.12.2002 - 10 AZR 113/02 - AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 28; ferner BAG, 05.09.1990 - 4 AZR 59/90 - AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 19; kritisch nur Löwisch/Rieble, TVG, 2. Auflage, § 4 Rz. 132 ff. Wiedemann-Wank, TVG, 6. Auflage, § 4 Rz. 274 ff.). Da es für die Antragsbefugnis genügt, dass der Antragsteller in seinen Rechten betroffen sein kann, reicht es aus, dass Fallgestaltungen denkbar sind, in denen Konkurrenzen zwischen Tarifverträgen der IG Metall und der CGM zu Lasten der IG Metall aufzulösen sind (vgl. etwa die streitigen Fälle, die den Entscheidungen des BAG, 28.05.1997 - 4 AZR 546/95 und 28.05.1997 - 4 AZR 545/95 - AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 26 u. 27 zugrunde lagen). Dies lässt sich nicht ausschließen.

bb) Der VSME, die BDA, Gesamtmetall sowie die Landesinnungsverbände und Fachverbände haben weiter eingewandt, die Tariffähigkeit der IG Metall könne jedenfalls bezogen auf den Bereich der Metall-, Sanitär- und Elektrohandwerke nicht ohne Weiteres angenommen werden. Denn in diesen Tarifbereichen habe die CGM die IG Metall als Tarifvertragspartei nahezu verdrängt. Dass die IG Metall im Grundsatz eine tariffähige Arbeitnehmervereinigung ist, kann aufgrund ihrer Mitgliederstärke und organisatorischen Leistungsfähigkeit nicht zweifelhaft sein.

Der genannte Einwand spricht die Frage an, ob eine im Grundsatz gegebene Tariffähigkeit in jedem räumlichen Tarifgebiet und in jedem Wirtschaftszweig vorliegen muss (sog. relative Tariffähigkeit). Dies ist eine Frage, die auch für die Begründetheit des Antrags von Bedeutung, also doppelt relevant ist. Bei doppelt relevanten Tatsachen muss für die Feststellung der Antragsbefugnis die Rechtsbehauptung des Antragstellers, tariffähig zu sein, genügen (ebenso für die Doppelrelevanz bei Rechtswegzuständigkeit und Statusfragen, vgl. nur BAG, 24.04.1996 - 5 AZB 25/95 - AP ArbGG 1979 § 2 Zuständigkeitsprüfung Nr. 1).

c) Der Antrag der IG Metall ist hinreichend bestimmt.

aa) Ein Antrag muss im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ebenso bestimmt sein wie im Urteilsverfahren. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechend anwendbar. Der Streitgegenstand muss daher so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann.

Ausreichend ist allerdings, wenn der Antrag entsprechend ausgelegt werden kann (vgl. nur BAG, 24.01.2001 - 7 ABR 2/00 - AP ArbGG 1979 § 81 Nr. 50).

bb) Die IG Metall hat beantragt festzustellen, dass die CGM keine Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne sei. Das Arbeitsgericht hat diesen Antrag dahingehend ausgelegt, es gehe der IG Metall ausschließlich um die Feststellung, dass die CGM nicht tariffähig sei. Ob sie im Sinne des vom Bundesarbeitsgericht entwickelten einheitlichen Gewerkschaftsbegriffs (BAG, 06.07.1956 - 1 AZB 18/55 - AP ArbGG 1953 § 11 Nr. 11) auch in anderen Regelungszusammenhängen Gewerkschaftseigenschaft besitze, sei unmaßgeblich.

Im Rahmen der Anhörung der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz hat die IG Metall ausdrücklich bestätigt, dass die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung ihrem Rechtsschutzbegehren entspreche. Es gehe ihr ausschließlich um die Feststellung der Tariffähigkeit der CGM. Nur hierüber hat das Arbeitsgericht entschieden und ist auch in der Beschwerdeinstanz zu entscheiden. Auf eine Auseinandersetzung mit dem einheitlichen Gewerkschaftsbegriff kommt es daher im vorliegenden Verfahren nicht an.

d) An dem Beschlussverfahren waren neben der IG Metall die bereits vom Arbeitsgericht festgestellten Beteiligten, ausgenommen die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, zu beteiligen. Im Verfahren nach § 97 ArbGG ist Beteiligter, wer durch die Entscheidung unmittelbar in seiner Rechtstellung betroffen wird. § 83 Abs. 3 ArbGG gilt entsprechend (BAG, 25.11.1986 - 1 ABR 22/85; BAG, 06.06.2000 - 1 ABR 10/99 - AP TVG § 2 Nr. 36 und 55). Hiernach war am Verfahren nicht mehr zu beteiligen die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di (bislang Beteiligte Ziff. 7). Das Arbeitsgericht hatte sie als Rechtsnachfolgerin der ursprünglich im Verfahren beteiligten Deutschen Angestelltengewerkschaft beteiligt. Letztere konnte in ihrer Rechtsstellung unmittelbar betroffen sein, weil die CGM nicht nur Arbeiter, sondern auch Angestellte organisiert und die Deutsche Angestelltengewerkschaft nicht Mitglied des ebenfalls verfahrensbeteiligten Deutschen Gewerkschaftsbundes war.

Dieser Gesichtspunkt ist zwischenzeitlich gegenstandslos geworden. Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist Mitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes; ihre Interessen können durch die Spitzenvereinigung wahrgenommen werden. Hierauf hat die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit Schriftsatz vom 10.09.2001 selbst hingewiesen. Damit hat die Beteiligung der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di künftig zu unterbleiben; eines förmlichen Beschlusses bedarf es nicht.

Weiterhin zu beteiligen war hingegen der Freistaat Sachsen, auch wenn mittlerweile durch die Verfügung des Arbeitsgerichts vom 21.01.1997 die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit am Verfahren als oberste Arbeitsbehörde des Bundes beteiligt ist. Erstreckt sich die Zuständigkeit der Arbeitnehmervereinigung, deren Tariffähigkeit im Streit steht, über das Gebiet eines Bundeslandes hinaus, so ist die oberste Arbeitsbehörde des Bundes zu beteiligen (BAG, 06.06.2000, a.a.O. unter I 3 d der Gründe). Dies schließt jedoch nicht aus, auch eine oberste Landesbehörde zu beteiligen, wenn diese einen eigenen auf die Tariffähigkeit der umstrittenen Vereinigung bezogenen Antrag gestellt hat (BAG, 25.11.1996, a.a.O., unter I. 4. der Gründe). Diese Voraussetzung liegt im Bezug auf das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit vor (vgl. Schriftsatz vom 29.07.2004). Aufgrund derselben Erwägung waren auch Gesamtmetall, die verschiedenen Landesinnungsverbände und der Fachverband Elektro- und Informationstechnik Sachsen am Verfahren zu beteiligen.

2. Der Antrag der IG Metall ist jedoch unbegründet. Die Kammer ist der Auffassung, dass die CGM tariffähig ist.

a) Tariffähigkeit im Sinne des § 97 Abs. 1 iVm § 2a Nr. 4 ArbGG ist die Fähigkeit, einen Tarifvertrag im Sinne von § 1 TVG abschließen zu können. Diese Tariffähigkeit besitzen nach § 2 Abs. 1 TVG unter anderem Gewerkschaften.

aa) Das Tarifvertragsgesetz regelt nicht, unter welchen Voraussetzungen eine Arbeitnehmervereinigung als Gewerkschaft im Sinne von § 2 Abs. 1 TVG anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss eine Arbeitnehmervereinigung bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen muss, um tariffähig und damit eine Gewerkschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 TVG zu sein. Sie muss sich als satzungsgemäße Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gesetzt haben und willens sein, Tarifverträge abzuschließen. Sie muss frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein und das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Weiterhin ist Voraussetzung, dass die Arbeitnehmervereinigung ihre Aufgabe als Tarifpartnerin sinnvoll erfüllen kann. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 06.05.1964 (1 BvR 79/62 - AP TVG § 2 Nr. 15) entschieden hatte, dass die Bereitschaft zum Arbeitskampf nicht zu den Voraussetzung der Tariffähigkeit zählt, hat das Bundesarbeitsgericht beginnend mit dem Beschluss vom 09.07.1968 (1 ABR 2/67 - AP TVG § 2 Nr. 25 (Berliner Akademiker Bund)) hierzu den Grundsatz entwickelt, dass dazu einmal die Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler, zum anderen aber auch eine gewisse Leistungsfähigkeit der Organisation gehört.

Das Bundesarbeitsgericht hat im einzelnen ausgeführt, Durchsetzungskraft müsse eine Arbeitnehmervereinigung besitzen, um sicherzustellen, dass der soziale Gegenspieler Verhandlungsangebote nicht übergehen könne. Ein angemessener, sozial befriedender Interessenausgleich könne nur zustande kommen, wenn die Arbeitnehmervereinigung zumindest so viel Druck ausüben könne, dass sich die Arbeitgeberseite veranlasst sehe, sich auf Verhandlungen über eine tarifliche Regelung von Arbeitsbedingungen einzulassen. Die Arbeitnehmervereinigung müsse von ihrem sozialen Gegenspieler ernst genommen werden, so dass die Arbeitsbedingungen nicht einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt, sondern tatsächlich ausgehandelt würden. Ob eine Arbeitnehmervereinigung eine solche Durchsetzungsfähigkeit besitze, müsse aufgrund aller Umstände im Einzelfall festgestellt werden.

Darüber hinaus müsse die Arbeitnehmervereinigung auch von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Der Abschluss eines Tarifvertrages erfordere Vorbereitungen. Er müsse der Mitgliedschaft vermittelt und auch tatsächlich durchgeführt werden. Dies alles müsse eine Arbeitnehmervereinigung sicherstellen, um Tarifverträge abschließen zu können (BAG, 14.03.1978 - 1 ABR 2/76 - AP TVG § 2 Nr. 30 (DAV); BAG, 15.03.1977 - 1 ABR 16/75 - AP GG Art. 9 Nr. 24 (VOE); BAG, 16.11.1982 - 1 ABR 22/78 - AP TVG § 2 Nr. 32 (VOE); BAG, 10.09.1985 - 1 ABR 32/83 - AP TVG § 2 Nr. 34 (ALEB); BAG, 25.11.1986 - 1 ABR 22/85 - AP TVG § 2 Nr. 36 (CGBCE); BAG, 16.01.1990 - 1 ABR 93/88 - AP TVG § 2 Nr. 38 (CGHB); BAG, 16.01.1990 - 1 ABR 10/89 - AP TVG § 2 Nr. 39 (CGBCE); BAG, 06.06.2000 - 1 ABR 10/99 - AP TVG § 2 Nr. 55 (BTÜ)). Die Landesarbeitsgerichte sind dieser Rechtsprechung soweit ersichtlich gefolgt (vgl. nur LAG Berlin, 21.06.1996 - 6 TaBV 2/96 - AP TVG § 2 Nr. 48 (GKD); LAG Frankfurt, 08.08.2003 - 12 TaBV 138/01 (UFO); LAG Rheinland-Pfalz, 22.06.2004 - 11 Sa 2096/03 (Fluglotsen)). Im Schrifttum hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Zustimmung, aber auch starke Kritik gefunden (vgl. die Nachweise bei Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, S. 430 Fußnoten 220 und 221).

bb) Die Kammer hält die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Kriterien für zutreffen d. Die Koalitionsfreiheit kleinerer Arbeitnehmervereinigungen wird hierdurch nicht in verfassungswidriger Weise eingeschränkt. Allerdings ist bei der Anwendung der Kriterien im Einzelfall zu beachten, dass die Koalitionsfreiheit nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss v. 14.11.1995 - 1 BvR 601/92 - AP GG Art. 9 Nr. 80) nicht nur in ihrem Kernbereich gewährleistet ist.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. nur Urteil v. 01.03.1979 - 1 BvR 532/77, 533/77, 419/78, 1 BvL 21/78 - AP MitbestG § 1 Nr. 1) gewährleistet die Koalitionsfreiheit das Recht, durch spezifisch koalitionsmäßige Betätigung, die in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Zwecke zu verfolgen. Hierzu gehört der Abschluss von Tarifverträgen, durch die die Koalitionen insbesondere Lohn- und sonstige materielle Arbeitsbedingungen in einem Bereich, in dem der Staat seine Regelungszuständigkeit weit zurückgenommen hat, in eigener Verantwortung und im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme regeln. Insofern dient die Koalitionsfreiheit einer sinnvollen Ordnung des Arbeitslebens.

(2) Die Zielsetzung, eine sinnvolle Ordnung des Arbeitslebens zu gewährleisten, verfolgen das Bundesarbeitsgericht und die Kritiker seiner Rechtsprechung gewissermaßen von unterschiedlichen Richtungen aus. Während das Bundesarbeitsgericht unbedeutenden Arbeitnehmervereinigungen durch die Prüfung der Durchsetzungsfähigkeit präventiv die Teilnahme am Tarifgeschehen versagt, vertraut die Gegenauffassung insoweit dem freien Spiel der Kräfte. Sie will auf einen präventiven Mechanismus verzichten und nur im Falle eines konkret festgestellten Ungleichgewichts in das Verhandlungsergebnis durch eine Inhaltskontrolle eingreifen (vgl. nur Wiedemann, gemeinsame Anmerkung zu den Beschlüssen des BAG vom 15.03.1977 und 14.03.1978; Wiedemann - Oetker, TVG, 6. Auflage, § 2 Rz. 317 ff.; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht, Band 1, S. 435 ff.).

Gegen eine erweiterte Inhaltskontrolle spricht jedoch folgender Gesichtspunkt: Tarifverträge haben notwendigerweise Kompromisscharakter.

Ob ein Verhandlungsergebnis angemessen ist oder nicht, entzieht sich weitestgehend einer gerichtlichen Rechtskontrolle. Zutreffend geht daher die Rechtsprechung davon aus, dass aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie eine Begrenzung der richterlichen Inhaltskontrolle von Tarifverträgen folgt. Von Grundrechts-, insbesondere Gleichheitsverstößen abgesehen, ist es nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für das jeweilige Regelungsproblem gefunden haben (vgl. nur BAG, 25.06.2003 - 4 AZR 405/02 - NZA 2004, 215 sowie aus dem Schrifttum Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl. Grundl. Rz 47 ff.; Kempen/Zachert, TVG, 3. Aufl., Grundlagen Rz. 88). Bestätigt wird diese Rechtsprechung durch § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB, wonach Tarifverträge von der AGB-Kontrolle ausgenommen sind.

Würde man sich entgegen der Rechtsprechung für eine erweiterte Inhaltskontrolle entscheiden, so hätte dies eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge. Denn die Gerichte für Arbeitssachen müssten in jedem Einzelfall prüfen, ob die betreffende Tarifnorm einer Inhaltskontrolle standhält. Hingegen führt das besondere Beschlussverfahren nach § 97 ArbGG dazu, dass die Prüfung der Tariffähigkeit bei einem Gericht konzentriert wird. Auch angesichts des Umstands, dass die Feststellung der Durchsetzungsfähigkeit im Einzelfall beträchtliche Schwierigkeiten in tatsächlicher Hinsicht aufweisen kann, wäre die Rechtsunsicherheit weitaus höher, wenn erst von Fall zu Fall festgestellt würde, ob eine Tarifnorm einer Inhaltskontrolle standhält (vgl. zur derzeitigen Situation bei der Arbeitnehmerüberlassung Buchner, DB 2004, 1042; Schüren/Riederer, AuR 2004, 241).

(3) Zur Vereinbarkeit der "Mächtigkeitslehre" mit Art. 9 Abs. 3 GG hat das Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 20.10.1981 (1 BvR 404/78 - AP TVG § 2 Nr. 31) entschieden, der Grundsatz der Koalitionsfreiheit verbiete es, die Tariffähigkeit von Umständen abhängig zu machen, die nicht von der Sache selbst, also von der im allgemeinen Interesse liegenden Aufgabe der Ordnung und Befriedigung des Arbeitslebens gefordert seien. Der Gesetzgeber sei nicht an einer sachgemäßen Fortbildung des Tarifvertragssystems gehindert; seine Regelungsbefugnis finde ihre Grenzen (nur) an dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Kernbereich der Koalitionsfreiheit. An diesen Maßstab sind auch die Gerichte für Arbeitssachen gebunden, wenn sie im Wege der Auslegung bestimmte Anforderungen an den Gewerkschaftsbegriff stellen.

Mit Beschluss vom 14.11.1995 (1 BVR 601/92 - AP GG Art. 9 Nr. 80) hat das Bundesverfassungsgericht allerdings die Kernbereichsformel aufgegeben. Die Reduzierung des Schutzes von Art. 9 Abs. 3 GG auf den Bereich des Unerlässlichen beruhe - so das Bundesverfassungsgericht - auf einem Missverständnis seiner Rechtsprechung. Daher müssen in jedem Fall die Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung und das Gewicht der entgegenstehenden Rechtsgüter abgewogen werden (BVerfG, 24.02.1999 - 1 BvR 123/93 - NZA 1999, 713). Zutreffend wird gefordert, dass künftig bei der Auslegung des Gewerkschaftsbegriffs zu beachten sei, dass das Bundesverfassungsgericht seine Kernbereichsformel aufgegeben hat (Richardi, NZA 2004, 1025, 1027).

Grundsätzlich gewährleistet Art. 9 Abs. 3 TVG das Recht zum Abschluss von Tarifverträgen als spezifisch koalitionsmäßige Betätigung (Erfurter Kommentar-Dieterich, 4. Aufl., Art. 9 Rz. 50 ff.; HWK-Hergenröder, Art. 9 Rz. 51; MünchArbR-Löwisch/Rieble, 2. Aufl., § 246 Rz. 50). Die Attraktivität einer Arbeitnehmervereinigung hängt maßgeblich von ihren tarifpolitischen Erfolgen ab. Ist es einer Arbeitnehmervereinigung gelungen, bereits in zahlreichen Fällen Tarifverträge mit dem sozialen Gegenspieler auszuhandeln, so muss es gute Gründe für die Annahme geben, dass dennoch die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie durch die weitere Teilnahme dieser Arbeitnehmervereinigung am Tarifgeschehen ernsthaft bedroht ist.

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Tariffähigkeit der CGM zu bejahen. Sie hat aktiv in den Prozess der Regelung von Arbeitsbedingungen eingegriffen (dazu aa), verfügt über eine ausreichende Mitgliederstärke (dazu bb) und besitzt eine genügende organisatorische Leistungsfähigkeit (dazu cc).

aa) Ob eine Arbeitnehmervereinigung eine hinreichende Durchsetzungsfähigkeit besitzt, muss aufgrund aller Umstände im Einzelfall festgestellt werden. Die Durchsetzungskraft kann sich darin zeigen, dass die Arbeitnehmervereinigung schon aktiv in den Prozess der tariflichen Regelung von Arbeitsbedingungen eingegriffen hat (BAG, 10.09.1985 - 1 ABR 32/83 und BAG, 06.06.2000 - 1 ABR 10/99, a.a.O.). Es kommt nicht darauf an, ob mit solchen Tarifverträgen die Arbeitsbedingungen für die Mitglieder schon ähnlich günstig geregelt worden sind, wie sie von großen und anerkannten Gewerkschaften geregelt werden konnten. Andernfalls würde der Grundsatz missachtet, dass es nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen ist, die Angemessenheit von Verhandlungsergebnissen der Tarifvertragsparteien zu überprüfen. Allerdings will das Bundesarbeitsgericht eine Berücksichtigung der Umstände nicht ausschließen, unter denen es überhaupt zum Abschluss eines Tarifvertrags, gleich mit welchem Inhalt, gekommen ist. Der Abschluss von Gefälligkeits- oder Scheintarifverträgen führt nicht zur Tariffähigkeit. Solche Tarifverträge liegen allerdings nur dann vor, wenn sie von vornherein nicht der Regelung der Arbeitsbedingungen dienen sollen, sondern aus anderen Gründen geschlossen werden (BAG, 10.09.1985 - 1 ABR 32/83 - a.a.O. unter IV.3.). Zu weitgehend in Richtung einer Inhaltskontrolle geht die Auffassung, es seien Art und Qualität des Tarifvertrags zu berücksichtigen (Däubler-Peter, TVG, § 2 Rz. 24; zu Recht restriktiver Löwisch/Rieble, a.a.O., Rz. 47).

(1) Die CGM nimmt, was die Zahl der von ihr abgeschlossenen Tarifverträge angeht, unter denjenigen Arbeitnehmervereinigungen, deren Tariffähigkeit bereits Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen war, eine Sonderstellung ein. Während in den bisher entschiedenen Fällen die Zahl der von der betreff enden Arbeitnehmervereinigung abgeschlossenen Tarifverträge sehr gering (max. 30) war, hat die CGM bis Frühjahr 2001 etwa 3000 Anschlusstarifverträge und mehr als 500 sog. originäre Tarifverträge abgeschlossen. Letztere hat die CGM in der Anlage B 19 (Stand 11.04.2001) zusammengestellt. Die Tarifverträge erfassen vor allem die Wirtschaftszweige des Metallhandwerks, des Elektrohandwerks, des Handwerks Sanitär-Heizung-Klima und des Karosserie- und Fahrzeugbauhandwerks. Entsprechend der üblichen Tarifpraxis hat die CGM zu den einzelnen Regelungsbereichen jeweils getrennte Tarifverträge als Manteltarifverträge, Lohn- und Gehaltstarifverträge und Tarifverträge zu bestimmten Regelungsgegenständen abgeschlossen. Im Einzelfall fällt die Unterscheidung zwischen Anschlusstarifverträgen und sog. originären Tarifverträgen nicht leicht (vgl. den Schriftsatz der IG Metall vom 14.11.1997, Seite 14 ff.). Auch nach dem Vorbringen der IG Metall gibt es jedoch im Handwerksbereich eine Reihe von Tarifgebieten, in denen es nicht oder nicht mehr zu Tarifabschlüssen zwischen den Innungen bzw. Fachverbänden und der IG Metall, wohl aber zu Tarifabschlüssen mit der CGM gekommen ist. Insgesamt betreffen die als originär zu bezeichnenden Tarifverträge nach der Anlage B 19 rd. 30 Wirtschaftszweige bzw. Tarifgebiete. Die Tarifentwicklung setzte in der Regel Ende der 80-er/Anfang der 90-er Jahre ein. Neben den Flächentarifverträgen enthält die Anlage B 19 rund 10 Firmen, mit denen die CGM rund 40 Firmentarifverträge abgeschlossen hat.

(2) Was zunächst die Anschlusstarifverträge betrifft, so dürfen diese nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 10.09.1985 - 1 ABR 32/83 - unter IV.3. der Gründe) nicht mit einem Gefälligkeitstarifvertrag gleichgesetzt werden. Gleichwohl verbleiben einer kleineren Gewerkschaft beim Abschluss von Anschlusstarifverträgen in der Regel wenig Entscheidungsspielräume (Kempen/Zachert, a.a.O., § 2 Rz. 28). Zur Art und Weise, wie die Anschlusstarifverträge zu Stande gekommen sind, hat die CGM verhältnismäßig wenig Angaben gemacht. Laut Angabe in der Beschwerdebegründungsschrift vom 26.05.2004 wurden u.a. mit der Volkswagen AG und den Verbänden der Metall- und Elektroindustrie Hessen e.V. und Saarland e.V. Anschlusstarifverträge abgeschlossen. Inwieweit sich die CGM hierbei mit eigenen tarifpolitischen Vorstellungen durchsetzen konnte, lässt sich nur schwer ersehen. Als gewichtiges Indiz für die Tariffähigkeit der CGM können die Anschlusstarifverträge daher nicht gewertet werden.

(3) Anders verhält es sich mit den originären Tarifverträgen. Die Art und Weise, wie diese Tarifverträge zu Stande gekommen sind, hat die CGM mehrfach exemplarisch, zuletzt umfangreich in dem Schriftsatz vom 28.06.2001 (Seite 25 ff .) und in der Beschwerdebegründungsschrift vom 26.05.2004 (Seite 60 ff.) dargestellt. Hierbei hat die CGM ihre allgemeinen tarifpolitischen Ziele auf Seite 26 des Schriftsatzes vom 28.06.2001 in 10 Leitsätzen zusammengefasst. Aus den Leitsätzen wird deutlich, dass sich die Tarifpolitik der CGM zumindest teilweise von der Tarifpolitik der IG Metall unterscheidet. Dies wird etwa deutlich am Leitsatz 7 "Abgesenkte Einstiegstarife für Langzeitarbeitslose oder/und Neueinstellungen" und am Leitsatz 10 "Grundsätzlicher Verzicht auf den Arbeitskampf". Es ist jedoch nicht die Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, die tarifpolitischen Ziele einer Arbeitnehmervereinigung zu bewerten. Ob sich die CGM mit ihren tarifpolitischen Zielen durchsetzt, ist allein eine Frage des Wettbewerbs unter den Arbeitnehmervereinigungen. Jede andere Betrachtung würde auf eine unzulässige Tarifzensur hinauslaufen.

Die rechtliche Bewertung hat sich somit auf die äußeren Umstände zu beschränken, unter denen es zum Abschluss von Tarifverträgen zwischen der CGM und den verschiedenen Arbeitgebervereinigungen gekommen ist. Hiernach ist nach Auffassung der Kammer nicht feststellbar, dass jedenfalls diejenigen Tarifverträge, die die CGM im Bereich des Handwerks abgeschlossen hat (also der ganz überwiegende Teil der originären Tarifverträge) Tarifverträge darstellen, bei denen die CGM als "Lückenbüßer" auf Initiative der Arbeitgeberverbände als Tarifpartnerin herangezogen wurde. Exemplarisch hat die CGM den Ablauf der von ihr geführten Tarifverhandlungen in den räumlichen und fachlichen Tarifbereichen "Sanitär/Heizung/Klima Baden-Württemberg", "Sanitär/Heizung/Klima Nordrhein-Westfalen", "Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern", "Metallhandwerk Nordrhein-Westfalen", "Metallverarbeitende Handwerke in Bayern" und "Karosserie- und Fahrzeugbauhandwerk Hessen" in ihrem Schriftsatz vom 04.07.2001 Seite 28 ff. aufgeführt. Eine Schilderung des Ablaufes weiterer Tarifverhandlungen erfolgte in der Beschwerdebegründungsschrift vom 26.05.2004 Seite 78 ff. zu den Tarifbereichen "Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Bayern", "Sanitär- Heizungstechnikhandwerk Saarland" und "Karosserie- und Fahrzeugbauhandwerk Rheinland Pfalz".

Aufgrund des dargelegten Ablaufs der Tarifverhandlungen kann die Kammer nicht den Schluss ziehen, die zahlreichen originären Tarifverträge im Handwerksbereich seien nur zu dem Zweck geschlossen worden, um der CGM das Etikett einer "Gewerkschaft" zu verleihen. Jedenfalls seit Anfang der 90-er Jahre lässt sich eine aktive und kontinuierliche Beteiligung der CGM an dem Tarifgeschehen in den Wirtschaftszweigen/Tarifgebieten des Handwerks erkennen, die in der Anlage B 19 aufgeführt sind.

(4) Die gegenteilige Auffassung der IG Metall, bei den von der CGM abgeschlossenen Tarifverträgen handele es sich um "Lückenbüßer"-Tarifverträge, gründet sich vor allem auf folgende Gesichtspunkte:

Die CGM sei erst dann in Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite eingetreten, nachdem die Verhandlungen mit der IG Metall gescheitert seien. Die Einbeziehung der CGM in die Tarifverhandlungen sei auf Initiative der Arbeitgeber zu Stande gekommen. In Einzelfällen mag dieser Eindruck entstehen. So geht aus der Studie von "Schleef/Oetker, Tarifpolitik im Wandel" hervor (Seite 40), dass die Kontakte mit der CGM erst dann aufgenommen wurden, als sich die IG Metall den tarifpolitischen Forderungen von JENOPTIK verschlossen hatte und auch die Deutsche Angestelltengewerkschaft nicht bereit, war auf die Vorstellungen der Arbeitgeberseite zum Inhalt eines Haustarifvertrags einzugehen (vgl. aber auch die Bewertung von Deinert, AuR, 2004, 212, 215). Jedenfalls lässt eine solche Aussage aber nicht für die zahlreichen Tarifverträge treffen, die die CGM im Bereich des Handwerks geschlossen hat. Hier hat sich teilweise die Situation ergeben, dass die CGM der alleinige Tarifpartner der Arbeitgeberseite ist, während die mit der IG Metall abgeschlossenen Tarifverträge sich im Nachwirkungsstadium befinden, weil es zu Neuabschlüssen nicht gekommen ist.

Auch die IG Metall hat in ihrem Schriftsatz vom 25.09.2001 (Seite 11 ff.) eingeräumt, die CGM schließe ihre Tarifverträge nicht als Gefälligkeitstarife in dem "platten Sinn" ab, wie es das Bundesarbeitsgericht im Urteil zur Gewerkschaftseigenschaft der CGBCE (BAG, 16.01.1990 - 1 ABR 10/89 - a.a.O.) festgestellt habe. Die CGM sei jedoch aufgrund der kaum vorhandenen Mitglieder im Handwerksbereich (dazu sogleich unter bb) den Interessen der Arbeitgeberseite ausgeliefert. Formal würden die Verhandlungen wie Tarifverhandlungen geführt. Die Verhandlungen dauerten jedoch nur solange, wie dies von der Arbeitgeberseite akzeptiert werde. Es gebe niemanden, der die Inhalte und deren Einhaltung kontrollieren könne.

Mit diesen Erwägungen greift die IG Metall jedoch in Wirklichkeit die Inhalte der von der CGM abgeschlossenen Tarifverträge an und vergleicht sie inhaltlich mit den selbst abgeschlossenen Tarifverträgen. Augenfällig wird dies etwa bei den von der CGM abgeschlossenen Tarifverträgen zur Schaffung betrieblicher Bündnisse von Arbeit (vorgelegt mit Schriftsatz des Bundesverbands Metall vom 25.06.2004, Anlage B 6a "Tarifvertrag zur Schaffung betrieblicher Bündnisse für Arbeit für das Metallbauer-, Feinwerkmechaniker- und Metall- und Glockengießerhandwerk im Lande Nordrhein-Westfalen vom 01.07.2002). Tarifpolitisch mag man darüber streiten, ob es angemessen erscheint, die Regelungsbefugnisse in einem solchen Umfang, wie dort geschehen, auf die Betriebe zu delegieren. Diese Frage betrifft jedoch die ureigene Aufgabe der Tarifparteien, die Inhalte ihrer Tarifpolitik eigenverantwortlich festzulegen. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, hier eine Inhaltskontrolle vorzunehmen.

Die IG Metall hat weiter eingewandt, die Tarifverhandlungen und Tarifabschlüsse im Handwerksbereich seien ganz überwiegend von Funktionären getätigt worden, die zum Handwerksbereich keinen Bezug hätten. Gerade angesichts des kaum vorhandenen Mitgliederbestandes im Handwerk verfüge die CGM über keine ausreichende Verbindung zur Basis. Hieran ist richtig, dass allein schon die im Vergleich zur IG Metall geringe Zahl von hauptamtlichen Mitarbeitern die CGM dazu zwingt, Tarifverträge von einigen wenigen, ggf. auch branchenfremden Funktionären verhandeln und abschließen zu lassen. Es gibt aber keinen Rechtsgrundsatz, der eine Branchenzugehörigkeit des bevollmächtigten Funktionärs als Voraussetzung für die Anerkennung eines Vertrags als Tarifvertrag verlangen würde. Erforderlich ist vielmehr, dass die innere Ordnung des Verbandes und seine Willensbildung demokratischen Grundsätzen entsprechen. Eine derartige Organisation kann der CGM nicht abgesprochen werden. So sind in § 12 der Satzung die für eine Gewerkschaft typischen Organe (wenn auch nicht so aufgefächert wie bei der IG Metall) vorgesehen. Die CGM hat zudem die Mustergeschäftsordnungen für die Landes- und Bezirksvorstände, für die Landes- und Bezirksverbände sowie für den Landesgewerkschaftstag vorgelegt (Anlagen B 170 - B 174). Die vorgelegten Statuten entsprechen durchweg demokratischen Grundsätzen.

Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass die CGM jedenfalls im Bereich des Handwerks aktiv und kontinuierlich in das Tarifgeschehen eingegriffen hat. Die von ihr abgeschlossenen Tarifverträge können von der Art und Weise ihres Zustandekommens her betrachtet nicht als Gefälligkeits-, Schein- oder Lückenbüßertarifverträge angesehen werden. Eine Inhaltskontrolle der geschlossenen Tarifverträge ist den Gerichten für Arbeitssachen versagt.

bb) Im Rahmen der erforderlichen Würdigung aller Umstände des Einzelfalles kommt auch der Mitgliederzahl der Arbeitnehmervereinigung grundlegende Bedeutung zu. Allerdings hat die absolute Mitgliederzahl nur eine beschränkte Aussagekraft; sie muss bezogen auf den selbst gewählten Zuständigkeitsbereich der Arbeitnehmervereinigung bewertet werden. So hat das Bundesarbeitsgericht die Tariffähigkeit der Christlichen Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (CGBCE) trotz einer Mitgliederzahl von 22.000 verneint (BAG, 16.01.1990 - 1 ABR 10/89 - a.a.O.), während es die Tariffähigkeit des Arbeitnehmerverbandes land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) bei ca. 1.700 Mitgliedern für denkbar gehalten hat (BAG, 10.09.1985 - 1 ABR 32/83 - a.a.O.).

(1) Das Arbeitsgericht hat die Tariffähigkeit der CGM tragend mit dem Argument verneint, die CGM sei der Aufforderung des Gerichts, ihren Mitgliederbestand aufgeschlüsselt nach Landesverbänden und Organisationsbereichen darzulegen, nicht nachgekommen. Der Vortrag zur Gesamtmitgliederschaft reiche nicht zur Feststellung aus, welche der insgesamt abgeschlossenen 3.500 Tarifverträge sich tatsächlich durch Anwendung unter den tarifgebundenen Mitgliedern durchgesetzt hätten. Das Arbeitsgericht ist damit der Sache nach vom Begriff einer "relativen Tariffähigkeit" ausgegangen. Während die Rechtsprechung bislang unausgesprochen von einer entweder gegebenen oder nicht gegebenen, also abstrakten Tariffähigkeit ausgegangen ist (anders andeutungsweise BAG, 25.09.1996 - 1 ABR 25/96 - AP ArbGG § 97 Nr. 4), soll nach der Lehre von der relativen Tariffähigkeit die Tariffähigkeit bezogen auf jedes Tarifgebiet, jeden Wirtschaftszweig, ja letztlich jeden Tarifvertrag festzustellen sein. Die jeweilige Arbeitnehmervereinigung müsste somit für den sachlichen und räumlichen Geltungsbereich des jeweiligen Tarifvertrages die notwendige Durchsetzungskraft besitzen (Dütz, DB 1996, 2385; Löwisch/Rieble, TVG, 2. Auflage, § 2 Rz. 37 ff.; Rieble, Festschrift für Wiedemann, Seite 533 f.).

Für diese Auffassung spricht, dass eine relativ kleine Arbeitnehmervereinigung, die in einem eng abgegrenzten Tarifbereich über einen hohen Organisationsgrad verfügt, nicht zwangsläufig dieselbe Durchsetzungskraft in einem anderen Tarifbereich besitzt. Gegen die Relativierung der Tariffähigkeit sprechen jedoch andere, im Ergebnis gewichtigere Gesichtspunkte. So wird die Tariffähigkeit allgemein als Fähigkeit umschrieben, Tarifverträge mit unmittelbarer und zwingender Wirkung abschließen zu können. Ebenso wie bei den Instituten der Rechts- und Geschäftsfähigkeit ist es erforderlich, das hierbei auf abstrakt-generelle Maßstäbe abgestellt wird. Denn andernfalls müsste in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die betreffende Arbeitnehmervereinigung gerade bezogen auf den Tarifvertrag, um dessen Rechtswirksamkeit gestritten wird, die erforderliche Tariffähigkeit besessen hat oder nicht.

Wirft schon die Feststellung der Tariffähigkeit im abstrakten Sinn beträchtliche Schwierigkeiten auf (vgl. Wiedemann, gemeinsame Anmerkung zu den Beschlüssen des Bundesarbeitsgericht vom 15.03.1977 und 14.03.1978, AP GG Art. 9 Nr. 24), so würde dies für die Prüfung einer relativen Tariffähigkeit um so mehr gelten. Selbst bei Großgewerkschaften könnte die Tariffähigkeit streitig werden, etwa wenn diese in Wirtschaftszweigen oder Unternehmen, in denen bislang ihr Organisationsgrad sehr gering ist, den Abschluss von Flächen- oder Haustarifverträgen anstreben. Darüber hinaus würde die Relativierung der Tariffähigkeit zu einem gravierenden Eingriff in die kollektive Koalitionsfreiheit führen, weil es selbst anerkannten Gewerkschaften erschwert würde, sich zum Schutze der in den besagten Wirtschaftszweigen oder Unternehmen tätigen Mitglieder durch den Abschluss von Tarifverträgen koalitionsmäßig zu betätigen. Dadurch würde die Attraktivität eines Gewerkschaftsbeitritts erheblich verringert, weil die Gewerkschaft eine ihrer Hauptaufgaben, Mindestarbeitsbedingungen durch den Abschluss von Tarifverträgen zu setzen, nicht erfüllen könnte.

Demgegenüber spricht wenig dafür, dass kleine Arbeitnehmervereinigungen, die sich in einem bestimmten Wirtschaftszweig etabliert haben, ohne Verankerung durch Mitglieder in weitere Tarifgebiete drängen. So wird eine kleine Gewerkschaft nur dann in einem anderen Wirtschaftszweig oder ein anderem Tarifgebiet Tarifverhandlungen aufnehmen, wenn sie dort bereits Mitglieder gewonnen hat und sich durch den Abschluss von Tarifverträgen einen Zuwachs an Mitgliedern verspricht. Im Ergebnis folgt daher die Kammer derjenigen Auffassung, die für die Feststellung der Tariffähigkeit an abstrakt-generellen Kriterien anknüpft (Wiedemann-Oetker, TVG, 6. Auflage, § 2 Rz. 314; Schleef/Oetker, Tarifpolitik im Wandel, Seite 76 ff.; Dörlich, Die Tariffähigkeit der Gewerkschaft, Seite 287 ff.; HWK-Hergenröder, Art. 9, Rz. 52; Kissel, Arbeitskampfrecht, § 9 Rz. 34).

(2) Von diesem Ansatz ausgehend kann der CGM nicht vorgehalten werden, sie habe die Aufschlüsselung ihres Gesamtmitgliederbestandes nach Landesverbänden und Organisationsbereichen unterlassen. Allerdings der IG Metall zuzustimmen, dass die CGM zu ihrem Mitgliederbestand eine kaum verständliche "Geheimpolitik" betrieben hat. Es ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, weshalb eine Aufschlüsselung des Mitgliederbestandes in der Weise, wie sie von der IG Metall mit Schriftsatz vom 23.04.2002 vorgenommen wurde, die kollektive Koalitionsfreiheit der CGM bzw. Datenschutzbelange der einzelnen Mitglieder nachhaltig berühren könnte. So hat sich auch die IG Metall darauf beschränkt, den Datenbestand nach Mitgliedern, Branchen und Bezirken - ohne ins Detail zu gehen - aufzuschlüsseln. Eine weitergehende Offenlegung könnte in der Tat dem sozialen Gegenspieler Zugang zu sensiblen Daten geben.

Die CGM hat mit Schriftsatz vom 12.08.2003 lediglich eine eidesstattliche Versicherung der Landessekretäre vorgelegt, wonach sich die Mitgliederzahl bundesweit aufgrund der vorliegenden Mitgliederlisten der einzelnen Landessekretariate auf 88.044 aktive Mitglieder und 9.345 Rentner beläuft. Die Beweiskraft einer derartigen Urkunde ist gering, wenn es wie im vorliegenden Fall an ergänzenden Indizien fehlt, die die Richtigkeit der eidesstattlichen Versicherung unterstützen könnten. Unabhängig von der Frage, welchen Beteiligten im Verfahren nach § 97 ArbGG die (materielle) Beweislast trifft, hätte die CGM ihren Mitgliederbestand nach Auffassung der Kammer ohne Weiteres näher belegen können, etwa durch die Vorlage der Landesmitgliederlisten oder durch eine Aufschlüsselung nach der Zugehörigkeit ihrer Mitglieder zu Industrie und Handwerk. Das von der CGB in diesem Zusammenhang geforderte prozessuale "Geheimverfahren" ist aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten problematisch und muss auf die Fallgestaltung beschränkt blieben, dass trotz der Zulässigkeit einer mittelbaren Beweisführung (dazu sogleich (4)) ein effektiver Rechtsschutz nicht möglich ist (BVerfG, 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 - NJW 2000, 1175). Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor. Die Kammer ist daher davon ausgegangen, dass die CGM - insoweit unstreitig - über einen Mitgliederbestand von um 50.000 Personen verfügt.

(3) Auch dieser Mitgliederbestand genügt indessen für die Tariffähigkeit der CGM. Zwar weist die IG Metall zutreffend darauf hin, dass sich der Organisationsgrad der CGM angesichts der Größe des Zuständigkeitsbereich, je nach dem ob man von 50.000 oder knapp 100.000 Mitgliedern ausgeht, auf knapp ein oder knapp zwei Prozent im räumlichen und sachlichen Geltungsbereich ihrer Tarifverträge beläuft. Der Organisationsgrad der IG Metall geht darüber weit hinaus. Darüber hinaus dürfte die Zahl von CGB-Mitgliedern, die in den Betrieben Schlüsselpositionen einnehmen, relativ überschaubar sein. Was den Hinweis von Richardi (NZA 2004, 1025, 1027) angeht, es habe früher auch relativ mitgliederschwache DGB-Gewerkschaften gegeben, so ist dies sicherlich zutreffend. Der Vergleich "hinkt" aber etwas, weil diese DGB-Gewerkschaften einen deutlich kleineren Zuständigkeitsbereich hatten als die CGB.

Demgegenüber sind jedoch folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Es entzieht sich einer gerichtlichen Feststellung, ob die Möglichkeit zur Druckausübung von einem Organisationsgrad von ein Prozent, fünf Prozent, zehn Prozent, 20 Prozent oder 50 Prozent abhängig ist. Entscheidend für die Fähigkeit, sich gegenüber dem sozialen Gegenspieler zu behaupten, sind auch nicht allein die Mitgliederzahlen, sondern darüber hinaus die Fähigkeit, tarifpolitische Vorstellungen zu entwickeln und diese in Tarifverhandlungen der Arbeitgeberseite zu vermitteln. Wie die IG Metall in ihrem Schriftsatz vom 25.09.2001 (Seite 12) zutreffend hervorgehoben hat, liegt der Abschluss von Tarifverträgen auch im Interesse der Arbeitgeberseite. Versteht es eine Arbeitnehmervereinigung, die sich daraus ergebenden Handlungsspielräume geschickt zu nutzen, so folgen daraus Möglichkeiten zur Durchsetzung gegenüber dem sozialen Gegenspieler, die nicht allein von der Mitgliederzahl abhängig sind.

Darüber hinaus darf im Bereich des Handwerks folgende Besonderheit nicht außer Acht gelassen werden: Hier stehen der CGM Fachverbände bzw. Innungsverbände gegenüber, die ihrerseits nur "relativ mächtig" sind. Die Arbeitgeberverbände bzw. Innungen können sowohl in finanzieller als auch in organisatorischer Hinsicht mit einem Arbeitgeberverband der Industrie nicht verglichen werden. Auch die Mitgliedsunternehmen weisen als in der Regel kleine Unternehmen bei Weitem nicht die Finanzkraft eines Industrieunternehmens auf. Dieser Umstand relativiert die Anforderungen, die an die Durchsetzungsfähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung gestellt werden dürfen. Denn gegenüber einem relativ schwachen sozialen Gegenspieler ist auch eine relativ schwache Arbeitnehmervereinigung relativ stark.

(4) Nach Auffassung der Kammer muss es daher für die Anerkennung der Tariffähigkeit ausreichen, wenn die von der Arbeitnehmervereinigung beschlossenen Tarifverträge den Zweck erfüllen sollen und auch können, Mindestarbeitsbedingungen für die Mitglieder der Arbeitnehmervereinigung im jeweiligen Tarifbezirk zu setzen. Auf eine Mindestmitgliederzahl im Geltungsbereich des jeweils abgeschlossenen Tarifvertrags kann hingegen nicht abgestellt werden. Den Nachweis, dass die von ihr geschlossenen Tarifverträge im Handwerksbereich Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfassen, die beiderseits nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebunden sind, hat die CGM erbracht. Sie hat durch 31 notarielle Urkunden (Anlage B 180) nachgewiesen, dass sie in denjenigen Handwerksbereichen, in denen die CGM Tarifverträge abgeschlossen hat, über Mitglieder verfügt, die in tarifgebundenen Unternehmen tätig sind. Die vorgelegten Urkunden genügen den Anforderungen, die an eine mittelbare Beweisführung zu stellen sind (BAG, 25.03.1992 - 7 ABR 65/90 - AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 4; BVerfG, 21.03.1994 - 1 BvR 1485/93 - AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 4a; BAG, 19.03.2003 - 4 AZR 271/02 - NZA 2003, 1221). Die Urkunden erhalten durchweg die Angabe, dass sich ein Herr "Anonym" unter Vorlage eines Personalausweises, eines Mitgliedsausweises des CGM, einer aktuellen Lohnabrechnung eines bestimmten Arbeitgebers sowie einer Bescheinigung des jeweiligen Arbeitgeberverbandes über die Mitgliedschaft dieses Arbeitgebers im Verband bei einem Notar vorgestellt hat. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die in allen 31 Fällen gleichförmig vorgenommenen Beurkundungen die Wahrheit wiedergeben.

cc) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss die Arbeitnehmervereinigung, die Tariffähigkeit für sich in Anspruch nehmen möchte, schließlich auch von ihrem organisatorischen Aufbau her in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Die Teilnahme am Tarifgeschehen erfordert organisatorische Vorbereitungen. Darüber hinaus müssen Tarifverträge der Mitgliedschaft vermittelt und auch tatsächlich durchgeführt werden (zuletzt BAG, 06.06.2000 - 1 ABR 10/99 - a.a.O. unter II.1. der Gründe).

(1) Die CGM besitzt das erforderliche Mindestmaß an Organisationskraft, auch wenn sie insoweit mit der IG Metall nicht vergleichbar ist. Die Zahl und Struktur ihrer Mitarbeiter hat die CGM in ihrem Schriftsatz vom 04.12.2001 Seite 9 ff . dargestellt. Hiernach verfügt diese CGM über ein Hauptsekretariat und 15 Sekretariate. In diesen Verwaltungseinheiten sind insgesamt 43 hauptamtliche Mitarbeiter, davon 14 Gewerkschaftssekretäre beschäftigt. Hinzu kommen ehrenamtliche Mitarbeiter, deren Zahl die CGM mit 498 angegeben hat. Es ist zwar für die Kammer erneut nicht nachvollziehbar, welche berechtigten Geheimhaltungsinteressen dafür sprechen sollen, die Namen der ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht zu offenbaren. Da sich die ehrenamtliche Mitarbeiter einer Gewerkschaft dazu entschlossen haben, nach außen für ihre Organisation aufzutreten, sind sie anders als das einfache Mitglied in der (Betriebs)- Öffentlichkeit bereits bekannt. Welche Gefahren sich durch eine Bekanntgabe der ehrenamtlichen Mitglieder im Hinblick auf eine Abwerbung durch die IG Metall ergeben sollen, ist daher nicht ersichtlich. Gleichwohl geht die Kammer davon aus, dass die CGM jedenfalls auch über Mitglieder verfügt, die sich ehrenamtlich für die Organisation engagieren.

Mit einer Zahl von 43 hauptamtlichen Mitarbeitern liegt die CGM deutlich über der Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter derjenigen Arbeitnehmervereinigungen, die Gegenstand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung waren. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass der Organisationsbereich der CGM nach § 1 Ziff. 3 der Satzung außerordentlich groß ist. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass sich durch die modernen Kommunikationsmittel Möglichkeiten einer Informationsvermittlung ergeben haben, die noch zu Beginn der 90-iger Jahre unbekannt waren. So verfügt die CGM über einen Internetauftritt, über den sich jedes CGM-Mitglied über das Tarifgeschehen und sonstige Verbandsereignisse unterrichten kann. Die Information der Mitglieder unterliegt nicht mehr den Schwierigkeiten, die noch vor wenigen Jahren gegeben waren.

(2) Was die tatsächliche Durchführung der abgeschlossenen Tarifverträge betrifft, so entfalten die Tarifverträge der CGM ihre Wirkung primär durch die unmittelbare und zwingende Geltung nach § 4 Abs. 1 TVG, in zweiter Linie durch eine Bezugnahme in den Arbeitsverträgen. Daneben folgt aus dem schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags ein Anspruch der einen Tarifvertragspartei gegen die andere auf Durchführung des Tarifvertrags. Letztere ist verpflichtet, die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Tarifvertrages ggf. mit den Mitteln der Verbandsgewalt durchzusetzen (Löwisch/Rieble a.a.O., § 1 Rz. 441 ff.; Kempen/Zachert, TVG, 3. Auflage, § 1 Rz. 352 ff.). Soweit wie im Handwerksbereich zumeist üblich keine Betriebsräte bestehen, die gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG über die Einhaltung der Tarifverträge wachen, ist die Geltendmachung von tariflichen Rechten Sache der Arbeitnehmer.

Soweit die IG Metall mit ihrer Einwendung, die von der CGM abgeschlossenen Tarifverträge würden nicht durchgeführt, darauf abzielt, die CGM müsse belegen, dass ihre Tarifverträge auch in der Praxis tatsächlich angewandt würden, so werden dadurch die Anforderungen überspannt. Schon die Feststellung, wie viele Arbeitnehmer durch beiderseitige Tarifgebundenheit oder Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen erfasst werden, bereitet gewisse Schwierigkeiten. Die Zahl der Arbeitnehmer, die durch arbeitsvertragliche Bezugnahme von Tarifverträgen erfasst werden, ist noch schwieriger abzuschätzen. Allgemein wird angenommen, dass zwischen 80 % und 90 % der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik von tariflichen Regelungen erfasst werden. In bestimmten Branchen liegt der Prozentsatz mit Sicherheit deutlich darunter. Zwischen der abstrakten Geltung von Tarifverträgen durch beiderseitige Tarifgebundenheit, Allgemeinverbindlicherklärung und arbeitsvertraglicher Bezugnahme und ihrer tatsächlichen Anwendung in den Betrieben, sei es ganz oder teilweise, besteht aber ein deutlicher Unterschied. Nach Kenntnis der Kammer gibt es keine Untersuchungen, die Derartiges auch nur im Ansatz belegen. Daher kann auch von der CGM nicht verlangt werden, einen derartigen Nachweis zu führen.

III.

In diesem Verfahren werden nach § 12 Abs. 5 ArbGG Kosten nicht erhoben.

Ende der Entscheidung

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