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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 17.12.2007
Aktenzeichen: 4 TaBV 3/07
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO, ArbGG, GKG


Vorschriften:

BetrVG § 92 Abs. 1
BetrVG § 92 Abs. 1 Satz 2
BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 2
BetrVG § 99 Abs. 3 Satz 1
BetrVG § 100 Abs. 1 Satz 1
BetrVG § 100 Abs. 2
BetrVG § 100 Abs. 3
ZPO § 313 Abs. 2 Satz 2
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 2
ArbGG § 89 Abs. 2
GKG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 22.06.2007 - 10 BV 77/06 - abgeändert, soweit das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers G. von der Kostenstelle 467 in die Kostenstelle 490 als Werkmeister ersetzt hat. Insoweit wird der Antrag abgewiesen.

2. Die weitergehende Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe: A.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zustimmung des Antragsgegners zur beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers G. zu ersetzen ist, sowie darüber, ob die Antragstellerin die vorläufig durchgeführte Versetzung aufrechterhalten darf.

Die Antragstellerin (im folgenden Arbeitgeberin) produziert in ihrem Werk in B. Lenkungen, Pumpen, Lenksäulen und Lenksysteme für Kraftfahrzeuge. Sie beschäftigt in diesem Werk ca. 640 Arbeitnehmer. Der Antragsgegner (im folgenden Betriebsrat) ist der in diesem Werk gebildete Betriebsrat.

Im Betrieb findet - unstreitig - eine Gesamtbetriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien vom 19.04.1989 Anwendung, die damals zwischen dem Gesamtbetriebsrat der Z. AG und dem dortigen Vorstand vereinbart wurde. Diese Gesamtbetriebsvereinbarung sieht im Abschnitt B "Einstellungen", der nach dem Abschnitt C für "Versetzungen" sinngemäß gilt, folgendes vor:

"1.1. Die Auswahl für die Besetzung vakanter Arbeitsplätze wird nach folgenden Kriterien in der Rangfolge

a) fachliche Voraussetzungen

b) persönliche Voraussetzungen

c) soziale Gesichtspunkte

unter Berücksichtigung der Stellenanforderungen vorgenommen.

Über die fachliche Eignung entscheidet der zuständige Vorgesetzte gemeinsam mit der Personalabteilung. Die Beteiligung des Betriebsrats hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen und der sozialen Gesichtspunkte bleibt davon unberührt.

....

Der Betriebsrat wird im Rahmen seiner Rechte gemäß § 99 I BetrVG unter Vorlage der erforderlichen Bewerbungsunterlagen beteiligt."

Im Herbst des Jahres 2005 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über bevorstehende Veränderungen im Meisterbereich. Ab Beginn des Jahres 2006 kam es zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat zu einer Auseinandersetzung über die Besetzung einer Meisterstelle in der Kostenstelle 490 (Pumpenbereich). In diesem Bereich sind ca. 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Da einer der beiden in der Kostenstelle 490 tätigen Meister zum 01.01.1996 in die Fertigung wechselte, schrieb die Arbeitgeberin die Stelle am 16.11.2005 intern aus. Die auf diese Ausschreibung eingegangenen Bewerbungen der Arbeitnehmer C., S. und T. berücksichtigte die Arbeitgeberin nicht, weil die drei genannten Arbeitnehmer nicht über die erforderliche fachliche Eignung für diese Stelle verfügten. Sie bat den Betriebsrat statt dessen mit Schreiben vom 23.03. und 31.03.2006 um die Zustimmung zur Versetzung des in der Kostenstelle 467 tätigen Meisters G.. Dieser ist seit 20.08.1975 bei der Arbeitgeberin beschäftigt; er hatte sich um die Stelle nicht beworben. Der Betriebsrat widersprach der Versetzung mit Schreiben vom 27.03. und 04.04.2006.

In einem ersten Zustimmungsersetzungsverfahren, eingeleitet am 07.04.2006, wies das Arbeitsgericht den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin mit der Begründung zurück, die Arbeitgeberin habe dem Betriebsrat nicht die Bewerbungsunterlagen der drei Stellenbewerber vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart, Kammern Ludwigsburg, vom 25.07.2006 (20 BV 16/06) verwiesen. Herr G. wurde seit April 2006 in dieser Kostenstelle vorläufig eingesetzt und ist dies bis heute. In der Kostenstelle 467 waren neben Herrn G. die Meister S., W. und B. tätig.

Im Anschluss an den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 25.07.2006 schrieb die Arbeitgeberin die Position eines Meisters in der Kostenstelle 490 am 16.08.2006 erneut aus. In der Stellenbeschreibung heißt es unter "Aufgaben":

- "Führen, Unterweisen und Überwachen der Mitarbeiter bei der Montage von RC 1, RKP, Flügelpumpen, Ventilen und Läufersätzen

- Personalplanung

- Durchführung von Leistungsbeurteilungen

- ..."

Unter "Anforderungen" hieß es:

- "Meister oder Techniker

- ...

- Durchsetzungsvermögen"

Auf diese Stellenausschreibung hin bewarben sich die Arbeitnehmer C., G., S. und P.. Unstreitig besitzt jedenfalls Herr P. einen Abschluss als Meister; zu den Abschlüssen der drei anderen Bewerber fehlt es an einer genauen Angabe der Beteiligten. Die Arbeitgeberin erteilte allen vier Bewerbern mangels Führungserfahrung für einen Bereich dieser Größenordnung eine Absage. Sie teilte dem Betriebsrat mit Schreiben vom 06.10.2006 und 13.10.2006 mit, dass sie erneut um die Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers G. bitte. Im Schreiben vom 13.10.2006 teilte sie des Weiteren mit, dass sie die Versetzung vorläufig durchführen werde. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigen Versetzung mit Schreiben vom 11.10.2006 und 16.10.2006. Im letztgenannten Schreiben widersprach er auch der vorläufigen Durchführung der Maßnahme. Wegen der Einzelheiten wird auf den erstinstanzlichen Beschluss im vorliegenden Verfahren unter I verwiesen.

Auf den am 23.10.2006 eingegangenen Antrag der Arbeitgeberin ersetzte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22.06.2007 die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers G. von der Kostenstelle 467 in die Kostenstelle 490 als Werkmeister. Zugleich stellte das Arbeitsgericht fest, dass die vorläufige Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, der vom Betriebsrat geltend gemachte Einwand, er sei nicht rechtzeitig und umfassend bereits im Planungsstadium unterrichtet worden, könne im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden, weil der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung hierauf nicht gestützt habe. Es liege auch kein Verstoß gegen die Gesamtbetriebsvereinbarung vor. Zwar habe die Arbeitgeberin das Kriterium "Führungserfahrung" in der Stellenausschreibung nicht ausdrücklich ausgeführt. Allerdings nenne die Aufgabenbeschreibung das "Führen, Unterweisen und Überwachen der Mitarbeiter in der Montage" an erster Stelle. Dem sei unschwer zu entnehmen, dass Erfahrungen in diesem Bereich ohne weiteres auch in die Auswahlentscheidung einfließen könnten. Was die fachlichen Voraussetzungen angehe, so entscheide hierüber ausschließlich der zuständige Vorgesetzte gemeinsam mit der Personalabteilung. Eines Einvernehmens mit dem Betriebsrat bedürfe es nicht.

Gegen den ihm am 13.07. zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 13.08.2007 Beschwerde eingelegt und diese am 11.09.2007 begründet. Er trägt vor, zu Unrecht gehe das Arbeitsgericht davon aus, dass der Einwand mangelnder Unterrichtung nicht in der Begründung zur Zustimmungsverweigerung genannt worden sei. Er habe in seinem Schreiben vom 16.10.2006 ausdrücklich ausgeführt, dass bereits im Vorfeld eine einseitige Festlegung der Arbeitgeberseite erfolgt sei. Die Arbeitgeberin habe ihrer Unterrichtungspflicht auch nicht durch ein Nachschieben im Prozess genügt. Die Bestimmung unter B 1.1 der Gesamtbetriebsvereinbarung sehe ein "echtes" Beteiligungsrecht des Betriebsrats vor. Das Arbeitsgericht habe diese Regelung auch in anderer Hinsicht unrichtig angewandt, indem es die Auffassung vertreten habe, die Ermessensentscheidung der Arbeitgeberin sei durch die Formulierung "unter Berücksichtigung der Stellenanforderungen" nicht eingeschränkt. Die Stellenbesetzung müsse in jedem Fall unter Berücksichtigung der Stellenanforderungen erfolgen. Nur so sei es dem Betriebsrat möglich zu überprüfen, ob die Entscheidung auf der Grundlage der Stellenanforderungen erfolgt sei. Schließlich wende er sich auch gegen die Erforderlichkeit der vorläufigen Versetzung. Die Arbeitgeberin habe die Verzögerung selbst zu verantworten.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 22.06.2007, Az.: 10 BV 77/06, abzuändern, soweit dem Antrag stattgegeben wurde und die Anträge insgesamt zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Betriebsrat habe den Einwand unzureichender Unterrichtung nicht geltend gemacht. Außerdem habe sie den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über die personelle Maßnahme unterrichtet. Die Berücksichtigung des Kriteriums "Führungserfahrung" stelle keinen Verstoß gegen die Bestimmung in Ziff. B. 1.1 der Gesamtbetriebsvereinbarung dar. Diese Regelung schließe nicht aus, weitere, sich aus der Stellenausschreibung möglicherweise nicht ergebenden fachliche Kriterien zu berücksichtigen. Dessen ungeachtet sei das Kriterium "Führungserfahrung" in der Aufgabenbeschreibung enthalten. Was die vorläufige Versetzung angehe, so sei die Besetzung Leitungsfunktion zur Sicherung des betrieblichen Ablaufs erforderlich gewesen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die Anhörungstermine verwiesen.

B.

I.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß § 87 Abs. 2 in Verbindung mit § 66 Abs. 1 ArbGG, § 89 Abs. 2 ArbGG in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist begründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers G. von der Kostenstelle 467 in die Kostenstelle 490 als Werkmeister ersetzt hat.

1. Der Antrag ist zulässig. Gegenstand des vorliegenden Zustimmungsersetzungsverfahrens ist das vom Betriebsrat abgelehnte Zustimmungsersuchen der Arbeitgeberin vom 13.10.2006. Die Arbeitgeberin hatte zwar bereits mit Schreiben vom 06.10.2006 den Betriebsrat um Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers G. in die Kostenstelle 490 als Meister gebeten. Nachdem der Betriebsrat mit Schreiben vom 11.10.2006 die Zustimmung hierzu verweigert hatte, verzichtete die Arbeitgeberin auf die Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens und hat mit Schreiben vom 13.10.2006 erneut um Zustimmung zur Versetzung gebeten, verbunden mit der Unterrichtung über die vorläufige Durchführung der Versetzung. Daraufhin verweigerte der Betriebsrat mit Schreiben vom 16.10.2006 seine Zustimmung erneut und bestritt die Erforderlichkeit der vorläufigen Versetzung. Da die Arbeitgeberin somit das erste Zustimmungsersuchen nicht weiter verfolgt hat, ist ausschließlich das zweite Ersuchen Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (vgl. BAG 28.02.2006 - 1 ABR 1/05 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 51).

2. Der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung ist unbegründet. Die Kammer stimmt zwar dem Arbeitsgericht in weiten Teilen der Begründung zu, insbesondere was die Ausführungen zur Unterrichtung des Betriebsrats, zur Auswahl zwischen den Meistern G. und B. und die Benachteiligung der in der Kostenstelle 467 verbleibenden Meister angeht. Die Kammer kann dem Arbeitsgericht jedoch nicht darin folgen, dass die Auswahl zwischen den vier Stellenbewerbern und Herrn G. unter Berücksichtigung der Stellenanforderungen (vgl. B 1.1 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 19.04.1989) vorgenommen wurde.

a) Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung des Arbeitnehmers G. gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG form- und fristgerecht verweigert. Er hat der Arbeitgeberin die Zustimmungsverweigerung unstreitig mit Schreiben vom 16.10.2006 innerhalb einer Woche nach seiner Unterrichtung (Schreiben vom 13.10.2006) unter Angabe der Gründe schriftlich mitgeteilt. In seiner Zustimmungsverweigerung hat der Betriebsrat u.a. darauf abgestellt, dass die Ablehnung der vier Stellenbewerber wegen (mangelnder) Führungserfahrung mit der Ausschreibung nicht zu vereinbaren sei. Da die Ausschreibung nur Durchsetzungsvermögen verlange, sei die Ablehnung aus Gründen erfolgt, die aus der Ausschreibung nicht hervorgingen. Damit ist der Sachverhalt der Zustimmungsverweigerung hinreichend konkret angegeben (vgl. nur BAG 14.12.2004 - 1 ABR 54/03 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 121).

b) Der Betriebsrat kann seine Zustimmungsverweigerung auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BetrVG stützen, weil die Versetzung des Arbeitnehmers G. gegen die Bestimmung in B 1.1 der "Gesamtbetriebsvereinbarung über Auswahlrichtlinien gemäß § 95 BetrVG" vom 19.04.1989 verstoßen würde.

aa) Nach der genannten Bestimmung wird die (Personal) Auswahl nach folgenden Kriterien in der Rangfolge a) fachliche Voraussetzungen, b) persönliche Voraussetzungen und c) soziale Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der Stellenanforderungen vorgenommen. Über die Auslegung dieser Bestimmung besteht zwischen den Beteiligten Streit. Während der Betriebsrat eine strikte Bindung an die Stellenanforderungen bei der Personalauswahl annimmt, meint die Arbeitgeberin, ihr Ermessen sei nicht auf die in den Stellenanforderungen aufgeführten Kriterien reduziert.

bb) Die Kammer hält die Auslegung des Betriebsrats für zutreffend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebsvereinbarungen wegen ihrer normativen Wirkung wie Tarifverträge auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend zunächst vom Wortlaut. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang der Systematik der Bestimmung an. Von besonderer Bedeutung sind ferner Sinn und Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (vgl. nur BAG, 13.03.2007 - 1 AZR 262/06 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 183).

Geht man zunächst vom Wortlaut aus, so wird der Wortsinn des Wortes "berücksichtigen" mit "beachten, in Rechnung stellen, zu seinem Recht kommen lassen" beschrieben (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 6. Auflage, Stichwort "berücksichtigen"). Dieser Wortlaut lässt noch keinen eindeutigen Rückschluss auf den Bedeutungsinhalt zu. Denn hiernach erscheint sowohl die Auslegung des Betriebsrats als auch diejenige der Arbeitgeberin vertretbar. Der Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung geben ebenfalls keinen weiteren Aufschluss.

cc) Der Sinn und Zweck der Regelung spricht jedoch entscheidend für die Richtigkeit der vom Betriebsrat vertretenen Auffassung. Die Bestimmung in B 1.1 der Gesamtbetriebsvereinbarung soll sicherstellen, dass bei der Personalauswahl ein Abgleich zwischen den Fähigkeiten und Eigenschaften des Bewerbers einerseits und den Stellenanforderungen andererseits stattfindet. Stellenanforderungen, auch Anforderungsprofile genannt, dienen dazu, für bestimmte Arbeitsplätze auszuweisen, welchen Anforderungen fachlicher, persönlicher oder sonstiger Art ein potentieller Stelleninhaber genügen muss, um die dem Arbeitsplatz durch die Stellenbeschreibung zugewiesene Aufgabe erfüllen zu können. Am Anforderungsprofil werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (BAG 31.05.1983 - 1 ABR 6/80 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 2; BAG 31.01.1984 - 1 ABR 63/81 - AP BetrVG 1972 § 95 Nr. 3; Richardi-Thüsing, BetrVG, § 95 Rz. 20; für den öffentlichen Dienst: BAG 21.01.2003 - 9 AZR 72/02 - AP GG Art. 33 Abs. 2 Nr. 59; BAG 15.03.2005 - 9 AZR 142/04 - zitiert nach Juris; BAG 12.09.2006 - 9 AZR 807/05 - AP SGB IX § 81 Nr. 13). Anforderungsprofile stehen in einem engen Zusammenhang mit innerbetrieblichen Stellenausschreibungen. Deren Inhalt schreibt das Gesetz zwar nicht vor. Aus dem Sinn und Zweck einer Ausschreibung folgt jedoch, dass aus ihr selbst hervorgehen muss, welche Aufgaben am jeweiligen Arbeitsplatz anfallen und welche Anforderungen ein Bewerber erfüllen muss (BAG, 23.02.1988 - 1 ABR 82/86 - AP BetrVG 1972 § 93 Nr. 2). Denn durch die Ausschreibung im Betrieb soll der innerbetriebliche Arbeitsmarkt erschlossen werden.

Für die innerbetrieblichen Bewerber bieten die Aufgabenbeschreibung und das Anforderungsprofil die maßgeblichen Informationen, anhand derer sie die Erfolgsaussicht einer Bewerbung beurteilen können. Wird etwa wie im vorliegenden Fall als formale Qualifikation der Abschluss als Meister oder Techniker gefordert, so wird ein Facharbeiter von einer Bewerbung absehen. Darüber hinaus enthalten Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofile eine wichtige Information für den Betriebsrat. Zwar hat der Betriebsrat bei der Erstellung von Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofilen kein Mitbestimmungsrecht (BAG, 31.05.1983 und 31.01.1984, a.a.O.; zustimmend GK-Kraft/Raab, BetrVG, 8. Aufl. § 95 Rz. 30; ablehnend DKK-Klebe, BetrVG, 9. Aufl. § 95 Rz. 5 ff.). Jedoch ist die Erstellung von Anforderungsprofilen und Stellenausschreibungen Teil der Personalbedarfsplanung, über die der Betriebsrat nach § 92 Abs. 1 BetrVG zu unterrichten ist. Werden etwa nach Auffassung des Betriebsrats für einen bestimmten Arbeitsplatz zu hohe oder zu niedrige Anforderungen gestellt, so kann er im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Beratung mit dem Arbeitgeber über die Personalplanung auf eine Änderung hinwirken.

Der dargestellte Sinn und Zweck von Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofilen würde konterkariert, wenn der Arbeitgeber im Rahmen des Bewerbungsverfahrens unvermittelt Anforderungen stellen könnte, die in der Stellenausschreibung nicht aufgeführt sind. Diejenigen Bewerber, die das nunmehr aufgestellte Anforderungsprofil nicht erfüllen, müssten sich in die Irre geführt fühlen. Gleiches gilt für den Betriebsrat. Denn ein Betriebsrat, der gegen das zunächst aufgestellte Anforderungsprofil keine Bedenken hatte, wird möglicherweise Einwendungen gegen das neue Anforderungsprofil haben. Das Beratungsrecht des Betriebsrats im Rahmen der Personalplanung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 BetrVG würde leerlaufen, wenn der Arbeitgeber im konkreten Stellenbesetzungsverfahren Anforderungen "nachschieben" könnte, die bislang im Anforderungsprofil nicht aufgeführt waren. Zwar unterliegt der private Arbeitgeber bei der Erstellung von Anforderungsprofilen nicht denselben rechtlichen Beschränkungen wie der öffentliche Arbeitgeber (dazu BAG 21.01.2003, 15.03.2005 und 12.09.2006, a.a.O.). Jedoch gilt auch für den privaten Arbeitgeber, dass er sich durch die Aufstellung von Anforderungsprofilen selbst bindet. Im Stellenbesetzungsverfahren dürfen daher nicht unvermittelt höhere Anforderungen gestellt werden.

dd) Die Arbeitgeberin hat im Stellenbesetzungsverfahren eine Anforderung gestellt, die in der Stellenausschreibung nicht aufgeführt war. Sie hat die Ablehnung der vier Stellenbewerber ausschließlich darauf gestützt, diese besäßen keine Führungserfahrung für einen Bereich dieser Größenordnung. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen den beiden Schreiben der Arbeitgeberin vom 06. und 13.10.2006. Das zweite Zustimmungsersuchen vom 13.10.2006 verweist insoweit ausdrücklich auf das erste Ersuchen vom 06.10.2006. Keiner der Bewerber wurde etwa mit der Begründung abgelehnt, er verfüge nicht über die angegebene formale Qualifikation (Meister oder Techniker). Jedenfalls der Arbeitnehmer P. besitzt auch den erforderlichen Abschluss als Meister.

Die Anforderung "Führungserfahrung" ist nicht identisch mit dem in der Stellenausschreibung aufgeführten Kriterium "Durchsetzungsvermögen". Während "Führungserfahrung" eine Tatsache im Rahmen des beruflichen Werdegangs darstellt, ist "Durchsetzungsvermögen" eine persönliche Eigenschaft. Durchsetzungsvermögen kann auch derjenige Bewerber besitzen, der noch nie in einer Führungsposition tätig war, eine solche aber gerne künftig einnehmen möchte. Umgekehrt muss ein Arbeitnehmer, der Führungserfahrung besitzt, nicht zwangsläufig über Durchsetzungsvermögen verfügen.

Das Erfordernis von Führungserfahrung kann auch nicht der Aufgabenbeschreibung entnommen werden, die an erster Stelle das "Führen, Unterweisen und Überwachen der Mitarbeiter bei der Montage" als Aufgabe nennt. Die Aufgabenbeschreibung darf nicht mit dem Anforderungsprofil verwechselt werden. Will der Arbeitgeber etwa einer Nachwuchskraft die Chance zur Bewährung in einer Führungsposition geben, so kann die Aufgabenbeschreibung durchaus so wie im vorliegenden Fall formuliert werden, wenn nur das Anforderungsprofil entsprechend offen gestaltet ist. Will der Arbeitgeber Nachwuchskräfte hingegen vom Bewerbungsverfahren ausschließen, so muss er dies im Anforderungsprofil zum Ausdruck bringen. Die Aufgabenbeschreibung allein genügt hierfür jedenfalls dann nicht, sofern sich nicht bereits aus ihr selbst ein bestimmtes Anforderungsprofil ergibt. Dies trifft jedoch im vorliegenden Fall nicht zu.

ee) Infolgedessen durfte die Arbeitgeberin den vier Bewerbern C., G., S. und P. nicht allein mit der Begründung eine Absage erteilen, sie verfügten über keine Führungserfahrung für einen Bereich dieser Größenordnung. Die Arbeitgeberin hätte ihre Personalauswahl zwar damit begründen können, Herrn G. sei aufgrund seiner besseren fachlichen Eignung, die auch in seiner langjährigen Führungserfahrung zum Ausdruck komme, der Vorzug vor den vier Stellenbewerbern einzuräumen. So hat die Arbeitgeberin aber nicht argumentiert. Sie hat vielmehr die vier Stellenbewerber unter Berufung auf ein unzulässiges Auswahlkriterium vom weiteren Stellenbesetzungsverfahren ausgeschlossen. Damit hat sie gegen die Regelung in B 1.1 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 19.04.1989 verstoßen. Eine andere Frage ist, dass die Arbeitgeberin zweifellos ein neues Anforderungsprofil, in dem nunmehr "Führungserfahrung" gefordert wird, erstellen und sodann ein weiteres Stellenbesetzungsverfahren einleiten kann.

III.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts richtet, dass die vorläufige Versetzung des Arbeitnehmers G. in die Kostenstelle 490 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen ist.

a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann der Arbeitgeber, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorläufig durchführen, wenn der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert hat. Das weitere Verfahren ist in § 100 Abs. 2 BetrVG geregelt. Das Arbeitsgericht hat insoweit zutreffend festgestellt, dass die Arbeitgeberin fristgerecht das Arbeitsgericht angerufen hat.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 07.11.1977 - 1 ABR 55/75 - AP BetrVG § 100 Nr. 1) ist der vom Arbeitgeber zu stellende Feststellungsantrag nur dann unbegründet, wenn die Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war. Das Merkmal "offensichtlich" erfordert eine grobe Verkennung der sachlich-betrieblichen Notwendigkeit der vorläufigen Durchführung der Personalmaßnahme. Hierzu hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, es handele sich jedenfalls nicht um eine offensichtliche Fehlbewertung, wenn die Arbeitgeberin der Auffassung sei, die seit 01.01.2006 vakante Meisterstelle in der Kostenstelle 490 könne nicht über einen längeren Zeitraum hinweg unbesetzt bleiben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich um einen Bereich mit ca. 100 Arbeitnehmern handelt, für den normalerweise zwei Meister vorgesehen sind. Zwar hat der Betriebsrat in der Anhörung vom 17.12.2007 angeführt, hierarchisch sei den beiden Meistern noch ein weiterer Meister und der Abteilungsleiter vorgesetzt. Hierdurch wird die Sachlage aber nicht entscheidend verändert. Denn auch der Betriebsrat bestreitet nicht, dass es an sich einen Bedarf für die Besetzung der Stelle gibt. Der Vollständigkeit halber weist die Kammer allerdings darauf hin, dass die vorläufige personelle Maßnahme nach § 100 Abs. 3 BetrVG mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung endet. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht mehr aufrecht erhalten werden.

IV.

In diesem Verfahren werden nach § 2 Abs. 2 GKG Kosten nicht erhoben. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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