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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 07.12.2001
Aktenzeichen: 5 Sa 105/00
Rechtsgebiete: MTV, ZPO, BUrlG, TVG, ArbGG


Vorschriften:

MTV § 2 Ziff. 4
MTV § 2 Ziff. 5 Satz 3
MTV § 11
MTV § 11 Ziff. 2
MTV § 11 Ziff. 3
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
BUrlG § 3 Abs. 1
TVG § 1 Abs. 2
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5 Sa 105/00

verkündet am 07. Dezember 2001

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm, den ehrenamtlichen Richter Fritz und den ehrenamtlichen Richter Schwiedel auf die mündliche Verhandlung vom 07.12.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 07.09.2000 - 1 Ca 207/00 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, da das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage, mit der der Kläger für das Jahr 2000 Abgeltung von weiteren zwei Urlaubstagen sowie für die Jahre 1998 und 1999 Schadensersatz in Geld für jeweils fünf weitere Urlaubstage unter Einschluss eines tariflichen Urlaubsgeldes von DM 23,-- brutto je Urlaubstag in der rechnerisch unstreitigen Höhe von insgesamt DM 3.681,73 brutto beansprucht, zu Recht entsprochen. Das Berufungsgericht folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen im angefochtenen Urteil und sieht daher gemäß § 543 Abs. 1 ZPO insoweit auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Auf Grund des Berufungsvorbringens sind folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:

Das Arbeitsgericht ist zutreffend zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger gemäß § 11 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Bewachungsgewerbe in Baden-Württemberg vom 15.07.1998 in der Fassung vom 15.07.1999 (MTV), der auf das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Grund Allgemeinverbindlicherklärung Anwendung fand, ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen und nicht - wie die Beklagte meint - von 30 Werktagen und damit lediglich von 25 Arbeitstagen pro Kalenderjahr zustand. Zwar sind urlaubsrechtliche Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz zu beurteilen, wenn und soweit die Tarifvertragsparteien keine abweichende Regelungen getroffen haben (vgl. BAG AP Nr. 56 zu § 7 BUrlG Abgeltung; NZA 2001, 622). Vorliegend haben die Tarifvertragsparteien des MTV jedoch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass unter Urlaubstage im Sinne von § 11 Ziff. 2 MTV in Abweichung von § 3 Abs. 1 BUrlG nicht die Werktage, sondern die Arbeitstage zu verstehen sind. Denn wenn es in § 11 Ziff 2 MTV heißt, dass die Urlaubsdauer 30 Tage unter Zugrundelegung der 5-Tage-Woche beträgt, so wird bereits durch den Zusatz "unter Zugrundelegung der 5-Tage-Woche", bei der es sich gemäß § 2 Ziff. 5 Satz 3 MTV um den tariflichen Normalfall handelt, das Ziel der Regelung deutlich, in Abweichung vom Gesetz auf der Grundlage der 5-Tage-Woche allen Arbeitnehmern mit 30 Tagen Arbeitsbefreiung die Möglichkeit eines zusammenhängenden Erholungsurlaubs von sechs Wochen zu verschaffen, nicht aber bereits für den tariflichen Normalfall der 5-Tage-Woche die Notwendigkeit einer Umrechnung von Werktagen auf Arbeitstage zu begründen, wie dies nach der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung der Fall wäre. Da davon auszugehen ist, dass den Tarifvertragsparteien die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Abhängigkeit des Umfangs des Urlaubsanspruchs von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht (vgl. dazu etwa BAG AP Nr. 13 zu § 3 BUrlG Fünf-Tage-Woche) bekannt war, liegt vielmehr die Annahme nahe, dass durch die Bezugnahme auf die 5-Tage-Woche in § 11 Ziff. 2 MTV das Erfordernis der Umrechnung lediglich für die Fälle begründet werden sollte, in denen sich die regelmäßige Arbeitszeit auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Woche verteilt. Für die Richtigkeit der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Auslegung sprechen auch die Protokollnotizen zu § 11 Ziff. 2 und 3 MTV vom 07.06.1999, bei denen es sich ebenfalls um Tarifnormen handelt, da auch insoweit dem Schriftformerfordernis des § 1 Abs. 2 TVG genügt ist. Die Protokollnotiz zu § 11 Ziff. 2 MTV wiederholt nämlich nicht nur den Grundsatz, dass die Urlaubsdauer 30 Tage unter Zugrundelegung der 5-Tage-Woche beträgt, sondern bestimmt darüber hinaus ausdrücklich, dass als Urlaubstag nur der Tag angerechnet werden kann, an dem nicht gearbeitet wurde. Auch wenn letzterer Satz sprachlich als missglückt erscheint, ist dessen Bedeutung gleichwohl nicht zweifelhaft: als Urlaubstag kommt nur ein Tag in Betracht, an welchem für den Arbeitnehmer an sich Arbeitspflicht bestanden hätte, diesem also unter Befreiung von der Arbeitspflicht ein Tag Urlaub gewährt werden konnte. Schließlich sprechen gegen die Auffassung, unter Urlaubstagen im Sinne von § 11 Ziff. 2 MTV seien Werktage zu verstehen, auch die in der Protokollnotiz zu § 11 Ziff. 3 MTV zur Berechnung des Urlaubsentgelts getroffenen Regelungen. Denn hätten die Tarifvertragsparteien auf der Grundlage der 5-Tage-Woche einen Urlaubsanspruch von 30 Werktagen anstatt von 30 Arbeitstagen verschaffen wollen und demgemäß als Urlaubstag nicht den Arbeits-, sondern den Werktag angesehen, so hätten diese den Bruttotagessatz pro Urlaubstag konsequenterweise nicht - wie in der Protokollnotiz zu § 11 Ziff. 3 MTV geschehen - auf 1/65, sondern 1/78 des Bruttoverdienstes der letzten drei abgerechneten Monate festgesetzt. Da der von den Tarifvertragsparteien pro Urlaubstag festgesetzte Bruttotagessatz sich auf den Urlaubstag im Sinne von § 11 Ziff. 2 MTV bezieht, wäre dieser daher bei einer 5-Tage-Woche nicht für fünf, sondern für sechs Tage in der Woche zu gewähren, wenn unter Urlaubstag im Sinne von § 11 Ziff. 2 MTV nicht Arbeitstage, sondern Werktage zu verstehen wären. Für einen dahingehenden Willen der Tarifvertragsparteien ist aber nach allem kein Anhaltspunkt gegeben. Vielmehr spricht alles dafür, dass diese unter Urlaubstag in Abweichung von § 3 Abs. 1 BUrlG nicht Werk-, sondern Arbeitstage verstanden haben, wie dies im Arbeitsleben mittlerweile auch weithin üblich ist.

Auf der Grundlage des von ihm somit rechtsfehlerfrei gewonnenen Auslegungsergebnisses ist das Arbeitsgericht auch zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Kläger pro Kalenderjahr ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zustand und die klägerischen Ansprüche daher begründet sind. Entgegen den im Tatbestand des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen verteilte sich die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers nicht auf sechs Arbeitstage in der Woche. Dieser war vielmehr unstreitig im Schichtdienst gemäß § 2 Ziff. 4 MTV tätig, so dass sich dessen regelmäßige Arbeitszeit im Wechsel auf vier und sechs Arbeitstage, im Durchschnitt also auf fünf Arbeitstage in der Woche belief und sich daher im Ergebnis das Erfordernis der Umrechnung des Urlaubsanspruchs wegen abweichender Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit von der von den Tarifvertragsparteien zu Grunde gelegten 5-Tage-Woche nicht stellte.

Die Berufung der Beklagten war daher mit der auf § 97 Abs. 1 ZPO beruhenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Die Zulassung der Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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