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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 16.11.2006
Aktenzeichen: 5 Sa 142/05
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, ZPO, ArbGG, GVG


Vorschriften:

KSchG § 9
KSchG § 10
KSchG § 14
KSchG § 14 Abs. 1
BGB § 123
BGB § 126 Abs. 1
BGB § 126 Abs. 2
BGB § 126 Abs. 2 Satz 1
BGB § 154 Abs. 2
BGB § 623
ZPO § 252 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 313 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 519
ZPO § 520
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3b
ArbGG § 64 Abs. 2c
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 65
GVG § 17a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 142/05

Verkündet am 16.11.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 5. Kammer -

durch den Richter am Arbeitsgericht Bachhuber, den ehrenamtlichen Richter Benz und den ehrenamtlichen Richter Quirin

auf die mündliche Verhandlung vom 08.09.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 04.11.2005 - 3 Ca 72/05 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht, hilfsweise über die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung sowie den Weiterbeschäftigungsanspruch und Vergütungsansprüche des Klägers und beiderseitige Auflösungsanträge.

Der am 00.00.1959 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 15.03.1988 für die Beklagte tätig. Nach dem Arbeitsvertrag vom 01.05.1989 war der Kläger für den Gesamtbereich Fertigung und Qualitätssicherung verantwortlich und erhielt ab dem 01.05.1989 Gesamtprokura. Unter dem Datum des 30.06.1997 schlossen die Parteien einen weiteren "Anstellungsvertrag mit Prokura" (Bl. 8 bis 13 der ArbG-Akten). Danach umfasste der Aufgabenbereich des Klägers alle Bereiche der Fertigung. Nach § 3 betrug seine Arbeitszeit wöchentlich 40 Stunden. Er erhielt eine jährliche Vergütung von 14 Gehältern zu je DM 8.000,00 und eine Tantieme in Höhe von 2,5 % ab einem Gewinn von DM 800.000,00. Im Jahr 1997 wurde der Kläger Mitgesellschafter der Beklagten und übernahm 5 % der Gesellschaftsanteile. Auf der Grundlage dieses Vertrages verdiente der Kläger im Jahr 1999 DM 181.840,00 (= € 92.973,32).

Mit Wirkung ab 01.05.2000 bestellte die Beklagte den Kläger zum Geschäftsführer. Am 10.05.2000 unterzeichneten die Parteien den "Geschäftsführervertrag" mit Datum vom 01.05.2000 (Bl. 139 bis 144 der ArbG-Akten). Dieser Vertrag enthält unter andere, folgende Regelungen:

"§ 2 Beginn und Ende

1. Dieser Vertrag beginnt mit Wirkung ab 01. Mai 2000.

2. Der Geschäftsführer kann jederzeit abberufen werden.

3. Im Innenverhältnis endet das Arbeitsverhältnis nach einer Dauer von fünf Jahren, d. h. am 30.04.2005.

4. Es soll bei gegenseitigem Einvernehmen auch darüber hinaus fortgesetzt werden, längstens jedoch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Geschäftsführers."

Der in § 3 geregelte Umfang der Vertretungs- und Geschäftsführerbefugnis entsprach den Befugnissen des Klägers als Prokurist auf der Grundlage des Vertrages vom 30.06.1997. Als Vergütung erhielt der Kläger gemäß § 5 Geschäftsführervertrag weiterhin 14 Gehälter jährlich zu je DM 8.000,00. Weiter vereinbarten die Parteien zur Anpassung der Vergütung eine Gleitklausel unter Bezugnahme auf den Preisindex für die Lebenshaltung eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushalts. Gemäß § 6 erhielt der Kläger eine gestaffelte Tantieme von 3 % ab einem Gewinn von DM 200.000,00, 3,5 % ab einem Gewinn von DM 500.000,00 und 4 % ab einem Gewinn von DM 800.000,00. Darüber hinaus versprach die Beklagte ihm eine Altersvorsorge in Form einer Direktversicherung in Höhe von jährlich DM 3.000,00. Auf der Grundlage dieses Vertrages erhielt der Kläger im Jahr 2000 eine Vergütung von insgesamt DM 207.799,00 (= € 106.245,94).

Im Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäftsführervertrages lag der damalige Mehrheitsgesellschafter und Onkel des Klägers, W. S., im Krankenhaus im Sterben. Zwischen dem Kläger und seinem Onkel fand am 30.04.2000 ein Gespräch statt, bei dem die Stellung des Klägers zum Mitgeschäftsführer der Beklagten und die wesentlichen Vertragskonditionen besprochen wurden, wobei bereits zum damaligen Zeitpunkt die Beteiligten sich darüber einig waren, dass ein schriftlicher "Geschäftsführervertrag" aufgestellt werden soll. Am 01.05.2000 fand am Krankenbett des Mehrheitsgesellschafters eine Gesellschafterversammlung statt, die die Bestellung des Klägers zum Mitgeschäftsführer billigte und den zugleich anwesenden Steuerberater beauftragte, die Beschlüsse der Gesellschafter umzusetzen. Dieser erarbeitete den "Geschäftsführervertrag" vom 01.05.2000, der dann am 10.05.2000 unterzeichnet wurde. Kurz darauf verstarb am 27.05.2000 der damalige Mehrheitsgesellschafter.

Trotz der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis in § 2 des Geschäftsführervertrages vom 01.05.2000 ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auf der Grundlage dieses Geschäftsführervertrages zwischen ihnen ein freies Dienstverhältnis und kein Arbeitsverhältnis bestand.

Unter dem Datum des 19.12.2003 vereinbarten die Parteien einen geänderten Geschäftsführervertrag unter Aufrechterhaltung der Befristung für die Dauer von fünf Jahren bis zum 30.04.2005. Danach erhielt der Kläger zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von € 5.900,00 sowie ein 13. und 14. Gehalt in Höhe von je € 4.100,00 und Tantiemen in Höhe von 3 % ab einem Gewinn von € 100.000,00, 3,5 % ab einem Gewinn von € 250.000,00 und 4 % ab einem Gewinn von € 400.000,00. Auf dieser Grundlage bezog der Kläger zuletzt im Jahr 2004 ca. € 145.000,00 als Jahresvergütung. Zusätzlich stellte die Beklagte dem Kläger am dem 01.01.2004 einen Dienstwagen zur Verfügung.

Gesellschafter der Beklagten waren zuletzt die Herren M. und J. S., die Söhne des verstorbenen Mehrheitsgesellschafters und Cousins des Klägers, die je 45 % der Gesellschaftsanteile hielten, sowie der Kläger und ein weiterer ehemaliger Geschäftsführer der Beklagten, die je 5 % der Gesellschaftsanteile hielten. Eine Mehrheit der Gesellschafter für die Fortsetzung des Geschäftsführervertrages des Klägers über das vereinbarte Befristungsende zum 30.04.2005 hinaus fand sich im Frühjahr des Jahres 2005 nicht. Dies wurde dem Kläger zu einem nicht näher vorgetragenen Zeitpunkt im Frühjahr 2005 mitgeteilt. Am 01.04.2005 verabschiedete sich der Kläger von der Belegschaft der Beklagten und räumte am 05.04.2005 seinen Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten. Der Mitgesellschafter M. S. befand sich ebenfalls im Betrieb. Dieser sprach gegen 16.00 Uhr mit einem Mitarbeiter der Leitungsebene der Beklagten. Der Kläger betrat diesen Raum, legte dem Mitarbeiter seine Hand auf die Schulter und sagte in Bezug auf den Mitgesellschafter und seinen Cousin: "Waschen Sie sich auch gut nachher, wenn Sie mit so einem Schwein zusammen waren". Kurze Zeit später, nachdem der Mitarbeiter der Leitungsebene das Gespräch mit dem Mitgesellschafter M. S. beendet hatte, betrat der Kläger erneut diesen Raum, und schlug den Mitgesellschafter unvermittelt mit der Faust ins Gesicht.

Für die Zeit vom 06.04.2005 bis 30.04.2005 legte der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor.

Mit Schreiben vom 24.06.2005 kündigte die Beklagte vorsorglich für den Fall, dass mit dem Kläger ein Arbeitsverhältnis bestehe, ordentlich zum 31.12.2005. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 30.06.2005 zu.

Mit der am 12.05.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage machte der Kläger zunächst geltend, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe und verlangte seine Weiterbeschäftigung als Leiter der Bereiche Fertigung. Mit der Klageerweiterung vom 13.07.2005, bei Gericht am 14.07.2005 eingegangen, wandte sich der Kläger gegen die Kündigung vom 24.06.2005.

Der Kläger ist der Auffassung, das ursprünglich zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis habe nach Begründung des Geschäftsführerverhältnisses ab dem 01.05.2000 ruhend fortbestanden. Über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses sei weder zwischen ihm und dem damaligen Mehrheitsgesellschafter am 30.04.2000 noch bei der Gesellschafterversammlung am 01.05.2000 gesprochen worden. Nach seiner Erinnerung habe am 30.04.2000 zwischen ihm und dem damaligen Mehrheitsgesellschafter ein persönliches Gespräch, kein Telefongespräch, stattgefunden.

Die von der Beklagten vorsorglich ausgesprochene Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Soweit sich die Beklagte auf betriebsbedingte Kündigungsgründe berufe, habe sie eine unternehmerische Entscheidung nicht substantiiert vorgetragen. Es werde bestritten, dass sein Arbeitsplatz weggefallen sei.

Zu den Vorfällen vom 05.04.2000 sei es gekommen, nachdem ihm sein Neffe von herabwürdigenden Äußerungen des Gesellschafters M. S. berichtet habe. Dieser habe behauptet, der Kläger stelle eine Gefahr für das Unternehmen dar, setze Mitarbeiter unter Druck und sei für das Unternehmen nicht mehr tragbar. Deshalb sei es in einer Art Kurzschlussreaktion zu der Tätlichkeit gekommen. Der Gesellschafter M. S. sei jedoch nicht ernstlich verletzt worden. Es werde bestritten, dass ein "Veilchen" entstanden sei. Auch am nächsten Tage habe man die Spuren der Auseinandersetzung nur dann gesehen, wenn man von ihr gewusst habe.

Die Beklagte sei aufgrund des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses zu seiner Weiterbeschäftigung verpflichtet. Im Hinblick darauf, dass eine gedeihliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jedoch nicht mehr zu erwarten sei, sei das Arbeitsverhältnis auf seinen Antrag hin gemäß § 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung, die € 93.000,00 nicht unterschreiten sollte, aufzulösen. Im Hinblick auf das fortbestehende Arbeitsverhältnis schulde ihm die Beklagte für die Zeit von Mai 2005 bis einschließlich Oktober 2005 Annahmeverzugsvergütung in Höhe von € 34.767,86.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24.06.2005, zugegangen am 30.06.2005, nicht aufgelöst worden ist;

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände beendet worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;

4. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen;

5. das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber nicht EUR 93.000,00 unterschreiten sollte, aufzulösen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 34.767,86 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils EUR 5.112,92 seit dem 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10. und 01.11.2005 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2005 aus EUR 4.090,34 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag hat sie beantragt,

das Arbeitsverhältnis nach § 9, 10, 14 KSchG aufzulösen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht bestehe. Alle Beteiligten seien bei Abschluss des Geschäftsführervertrages von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen.

Mangels eines Arbeitsverhältnisses unterliege der Kläger nicht dem Kündigungsschutzgesetz. Die vorsorglich ausgesprochene Kündigung vom 24.06.2005 sei jedenfalls sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz des Klägers sei weggefallen. Mit dem nahezu zeitgleichen Ausscheiden des Klägers und des weiteren Mitgeschäftsführers sei ein neuer Geschäftsführer bestellt worden. In dessen Position seien sämtliche Leitungsfunktionen zusammengefasst worden. Eine Bereichsleitertätigkeit, die der Kläger vor seiner Beschäftigung als Geschäftsführer ausgeübt habe, gebe es nicht mehr. Im Übrigen sei die Kündigung auch aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und den Gesellschaftern sei nicht mehr möglich gewesen. Jedenfalls rechtfertigen die Vorfälle vom 05.04.2005 die ordentliche Kündigung. Zudem sei der Kläger leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 1 KSchG. Das Arbeitsverhältnis sei deshalb auf den hilfsweise gestellten Auflösungsantrag der Beklagten für den Fall des Unterliegens mit dem Klageabweisungsantrag aufzulösen. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch oder Annahmeverzugsansprüche stünden dem Kläger schon mangels eines Arbeitsverhältnisses nicht zu.

Mit seinem Urteil vom 04.11.2005 hat das Arbeitsgericht die Statusfeststellungsklage des Klägers abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angenommen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zulässig sei. Zwischen den Parteien bestehe jedoch kein Arbeitsverhältnis. Mit Abschluss des Geschäftsführervertrages sei das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis konkludent aufgehoben worden. Die Vergütung des Klägers habe sich nach Abschluss des Geschäftsführervertrages vom 01.05.2000 im Verhältnis zu den bis dahin geltenden Arbeitsbedingungen verbessert. Die hierdurch begründete Erwartungshaltung in eine Vergütungsverbesserung habe sich auch in der Fortschreibung des zweiten Dienstvertrages bestätigt. Der Kläger habe im Jahr 2004 Bezüge in Höhe von € 145.000,00 gegenüber einer Vergütung im Arbeitsverhältnis für das Jahr 1999 von zuletzt € 92.973,32 gehabt. Schließlich habe der verstorbene Altgeschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter den Kläger als seinen Neffen verstärkt in die Geschäftsführung einbinden wollen. Damit habe der Wechsel vom Arbeitnehmer zum Mitgeschäftsführer für den Kläger auch einen sozialen Aufstieg bedeutet. Damit sei davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis mit Abschluss des Geschäftsführervertrages mit Ablauf des 30.04.2000 konkludent aufgehoben worden sei. Die konkludente Aufhebung sei auch nach § 623 BGB formwirksam zustande gekommen. § 623 BGB finde auf die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses Anwendung, weil der Geschäftsführervertrag erst am 10.05.2000 unterzeichnet worden sei. Der Dienstvertrag, durch dessen Inhalt und Begleitumstände der Arbeitsvertrag aufgehoben worden sei, erfülle die Voraussetzungen der Schriftform gemäß § 126 Abs. 2 BGB. Die anderen Anträge des Klägers seien danach nicht zur Entscheidung angefallen.

Gegen das ihm am 14.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger mit dem am 13.12.2005 per Fax und am 14.12.2005 im Original eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 14.02.2006 mit dem am 14.02.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass das Arbeitsverhältnis durch den Abschluss des Geschäftsführervertrages konkludent aufgehoben worden sei. Das Arbeitsgericht begründe nicht, weshalb nach Inkrafttreten des § 123 BGB die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur konkludenten Aufhebung von Arbeitsverhältnissen bei Abschluss freier Dienstverträge von Geschäftsführern noch fortgelten solle. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei maßgeblich, ob sich die fraglichen Konditionen im Verhältnis zu den bisherigen Arbeitsbedingungen verbesserten. Davon könne beim Kläger angesichts der von € 181.000,00 auf € 207.000,00 gestiegenen Vergütung nicht ausgegangen werden. Im Übrigen sei er der Auffassung, dass die zur Aufhebung von Arbeitsverhältnissen bei Abschluss von freien Dienstverträgen ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach Inkrafttreten des § 623 BGB nicht aufrecht erhalten werden könne.

Der Kläger hat zweitinstanzlich klargestellt, dass er den Statusfeststellungsantrag als Hauptantrag und die weiteren Anträge nur als Hilfsanträge für den Fall des Obsiegens mit dem Hauptantrag verfolge.

Der Kläger stellt folgende Anträge:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm - 3 Ca 72/05 - vom 04.11.2005 abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.

Hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit diesem Antrag beantragt er weiter:

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24.06.2005, zugegangen am 30.06.2005, nicht aufgelöst worden ist.

4. das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber nicht € 93.000,00 unterschreiten sollte, aufzulösen.

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 34.767,86 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 5.112,92 seit dem 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10. und 01.11.2005 sowie weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2005 aus € 4.090,34 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei nicht gegeben. Die Klage sei unbegründet, weil das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.04.2000 weggefallen sei. Auf die Geltung des Schriftformerfordernisses nach § 623 BGB komme es nicht entscheidend an, weil die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2000 erfolgt sei. Selbst wenn die Aufhebung erst am 10.05.2000 stattgefunden habe, ergebe sich nichts anderes. Dem Geschäftsführervertrag ließen sich keine Umstände entnehmen, wonach die Parteien von einem Wiederaufleben eines ruhenden Arbeitsverhältnisses ausgegangen seien. Der Kläger habe im Jahr 2000 ein deutlich erhöhtes Gesamteinkommen im Verhältnis zu dem Einkommen für das Jahr 1999 gehabt. Auch in den Folgejahren sei die Tantieme nicht geringer ausgefallen. Im Übrigen habe der Kläger als Geschäftsführer weit mehr unternehmerische Verantwortung gehabt und damit auch mehr Prestige genossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des sonstigen Vorbringens der Parteien wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst den Anlagen und Protokolle über die mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A

Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 2c ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden und damit auch im Übrigen zulässig.

B

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Statusfeststellungsantrag des Klägers zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung abgewiesen.

I.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist für den vorliegenden Rechtsstreit über die Feststellung, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, nach § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG eröffnet. Die Klage ist auch gemäß § 252 Abs. 1 ZPO zulässig.

1. Für den Statusfeststellungsantrag des Klägers ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG eröffnet, weil zwischen den Parteien das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses streitig ist. Soweit die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zweitinstanzlich erstmals die Zulässigkeit des Rechtsweges in Zweifel zieht, ist die erkennende Kammer schon nach § 65 ArbGG an einer Überprüfung der Rechtswegzuständigkeit gehindert; denn nach § 65 ArbGG prüft das Berufungsgericht nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Dieser Grundsatz der eingeschränkten Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts gilt auch, wenn das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen durch Erlass eines Urteils bejaht hat (vgl. BAG, 08.06.1999 - 3 AZR 136/98 - NZA 1999, 1103; 21.06.1996 - 5 AZR 1011/94 - NZA 1996, 1342). Etwas anderes gilt nur dann, wenn wegen der Rüge einer Partei eine Vorabentscheidung des Arbeitsgerichts gemäß § 17a GVG geboten war. Eine derartige Rüge hat die Beklagte jedoch erstinstanzlich nicht erhoben.

2. Der Kläger hat auch das für seine Statusfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

a) Das Bundesarbeitsgericht sieht gegenwartsbezogene Klagen von Beschäftigten auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses in ständiger Rechtsprechung als zulässig an. Das Interesse an einer alsbaldigen Feststellung ergibt sich hier daraus, dass bei einem Erfolg der Klage die zwingenden gesetzlichen Vorschriften, die ein Arbeitsverhältnis gestalten, auf das Vertragsverhältnis der Parteien unabhängig von den getroffenen Vereinbarungen anzuwenden sind, und zwar sofort und nicht erst in Zukunft. Darauf, ob über einzelne Bedingungen des Vertragsverhältnisses Streit besteht, kommt es nicht an. Solange das Rechtsverhältnis nicht wirksam beendet ist, kann die Statusfrage jederzeit zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden (BAG, 15.12.1999 - 5 AZR 457/98 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 59 = EzA ZPO § 256 Nr. 2; 15.12.1999 - 5 AZR 3/99 - BAGE 93, 112 , 118).

b) Vorliegend ergibt sich das Feststellungsinteresse des Klägers bereits daraus, dass sowohl die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes als auch die Begründetheit der weiteren hilfsweise geltend gemachten Ansprüche den Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

II.

Das Feststellungsbegehren des Klägers ist nicht begründet. Zwischen den Parteien besteht nach der unstreitigen Beendigung des freien Dienstverhältnisses auf der Grundlage der Geschäftsführerverträge vom 01.05.2000 und 19.12.2003 mit Ablauf des 30.04.2005 kein Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis, das bis zum Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages vom 01.05.2000 bestanden hat, ist mit dessen Abschluss formwirksam nach § 623 BGB aufgehoben worden.

1. Das zwischen den Parteien zuletzt auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 30.06.1997 bestehende Arbeitsverhältnis wurde mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages vom 01.05.2000 aufgehoben. Daneben bestand zwischen den Parteien kein ruhendes Arbeitsverhältnis fort, das nach Beendigung des Geschäftsführerdienstvertrages durch Fristablauf wieder hätte aufleben können.

a) Nach nunmehr ständiger Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt in dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen angestellten Mitarbeiter im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nicht entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit einer anderen Gesellschaft oder unmittelbar mit seinem Arbeitgeber abschließt. Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen. Dem Arbeitnehmer muss im Regelfall klar sein, dass er, wenn anderes nicht vereinbart wird, mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt. Die vertraglichen Beziehungen werden auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage verliert ihre Bedeutung. Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen. Hierzu zählt etwa die nur für eine kurze Zeit befristete Übertragung der Geschäftsführerstellung bei sonst unveränderten Vertragsbedingungen. Dagegen spricht zum Beispiel die Verbesserung der Vergütung in dem Geschäftsführerverhältnis gegen ein ruhend gestelltes Arbeitsverhältnis. Ebenso können die Hoffnung auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung oder ein erhöhtes Sozialprestige den Entschluss zum endgültigen Wechsel in eine Geschäftsführerposition tragen (BAG 24.11.2005 - 2 AZR 614/04 - AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 19, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B 2 der Gründe m. w. N.; 25.04.2002 - 2 AZR 352/01 - AP ZPO 1977 § 543 Nr. 11 = EzA ZPO § 543 Nr. 11, zu II 1 der Gründe; 08.06.2000 - 2 AZR 207/99 - BAGE 95, 62 , 67 ff., 69; 18.12.1996 - 5 AZB 25/96 - BAGE 85, 46 , 54 f.; 28.09.1995 - 5 AZB 4/95 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 24 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 12, zu II 2 b der Gründe; 07.10.1993 - 2 AZR 260/93 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 16 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 9, zu II 1 b der Gründe). Für die Beurteilung des Parteiwillens können ferner die Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen und die Gründe der Geschäftsführerbestellung von Bedeutung sein. Es macht einen Unterschied, ob ein untergeordneter oder ein leitender Mitarbeiter zum Geschäftsführer bestellt wird. Erfolgt die Bestellung nur pro forma, werden die Parteien eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nicht beabsichtigen. Ein einvernehmlich aufgehobenes Arbeitsverhältnis lebt nicht wieder auf, wenn der ehemalige Arbeitnehmer als Geschäftsführer abberufen wird (BAG, 24.11.2005 - 2 AZR 614/04 - a. a. O., zu B 2 c der Gründe m. w. N.; BAG, 14.06.2006 - 5 AZR 592/05 - AP Nr. 62 zu § 5 ArbGG 1979 zu II 2 b aa der Gründe).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung ergibt sich nach Auffassung der erkennenden Kammer, dass die Parteien mit Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages vom 01.05.2000 das bis dahin bestehende Arbeitsverhältnis aufgehoben haben.

aa) Dafür spricht, dass die Parteien ihre Rechtsbeziehungen mit dem Geschäftsführerdienstvertrag vom 01.05.2000 auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt haben. Weder der Geschäftsführerdienstvertrag vom 01.05.2000 noch der Änderungsvertrag vom 19.12.2003 enthält nach den vertraglichen Regelungen irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den Parteien neben dem freien Dienstverhältnis das bisher bestehende Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen sollte. Etwaige Anhaltspunkte hierfür ergeben sich auch nicht daraus, dass in § 2 Nr. 3 des Vertrages vom 01.05.2000 und in § 2 Abs. 2 des Vertrages vom 19.12.2003 das Rechtsverhältnis als "Arbeitsverhältnis" bezeichnet wird. In der mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Kammer ist ausdrücklich dargestellt, dass der Kläger auf der Grundlage der Geschäftsführerdienstverträge im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses tätig war und die begriffliche Bezeichnung des Rechtsverhältnisses in den Verträgen falsch war. Gerade der Umstand, dass sowohl im Vertrag vom 01.05.2000 als auch im Änderungsvertrag vom 19.12.2003 das Dienstverhältnis ausdrücklich auf die Zeit von fünf Jahren begrenzt war, bringt zum Ausdruck, dass dann eben kein fortbestehendes ruhendes Arbeitsverhältnis bestehen sollte. Hätten die Parteien Letzteres gewollt, so hätte es nahegelegen, gerade im Zusammenhang mit der Befristung des freien Dienstverhältnisses eine ausdrückliche Regelung über die Fortsetzung der Zusammenarbeit nach Befristungsablauf des Geschäftsführerdienstvertrages zu treffen. Gerade das Fehlen einer entsprechenden Regelung spricht für die endgültige Ablösung des Arbeitsverhältnisses, zumal der Tätigkeitsbereich des Klägers bis zum Abschluss des ersten Geschäftsführerdienstvertrages und danach jedenfalls teilweise deckungsgleich war. Bei der auf fünf Jahre befristeten Begründung des freien Dienstverhältnisses handelt es sich auch nicht nur um eine kurzfristige Übertragung der Geschäftsführerstellung bei ansonsten unveränderten Vertragsbedingungen. Immerhin hatten die Parteien in den jeweiligen Verträgen bereits die Fortsetzung der Geschäftsführerdienstverhältnisse über den Befristungszeitpunkt hinaus, längstens jedoch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers, bei gegenseitigem Einverständnis ins Auge gefasst.

bb) Auch die Vergütungsregelungen in den Geschäftsführerdienstverträgen sprechen ebenfalls nicht für einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Bereits mit den Vergütungs- und insbesondere Tantiemeregelungen im Vertrag vom 01.05.2000 war die Chance auf eine nicht unerhebliche Steigerung der Jahresvergütung verbunden. Diese hat sich auch in der Weise realisiert, dass der Kläger im Jahr 2000 ein Jahreseinkommen von DM 207.799,00 anstelle eines Jahreseinkommens von noch DM 187.840,00 im Jahr 1999 hatte. Erst recht gilt dies unter Berücksichtigung der im Abänderungsvertrag vom 19.12.2003 getroffenen Vergütungsregelungen. Danach kam der Kläger im Jahr 2004 auf ein Jahreseinkommen von € 145.000,00. Dafür, dass sich sein Jahreseinkommen bei Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses in vergleichbarer Weise entwickelt hätte, sind keine Anhaltspunkte vorhanden. Solche werden auch vom Kläger nicht behauptet.

2. Die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages bedurfte zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform gemäß § 623 BGB, weil das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis erst mit Unterzeichnung des Geschäftsführerdienstvertrages vom 01.05.2000 am 10.05.2000 aufgehoben wurde.

a) Nach § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Diese Vorschrift ist durch Art. 2 des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens (Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz vom 30.03.2000 [BGBl I S. 333]) eingefügt worden und trat am 01.05.2000 in Kraft. Danach bedurfte die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei der Beklagten der Schriftform gemäß § 623 BGB, weil diese erst mit Vertragsunterzeichnung am 10.05.2000 wirksam wurde.

b) Denn im Hinblick darauf, dass zwischen dem Kläger und dem verstorbenen Mehrheitsgesellschafter der Beklagten bei dem Gespräch am 30.04.2000 vereinbart wurde, dass der Geschäftsführerdienstvertrag schriftlich beurkundet werde, ist nach § 154 Abs. 2 BGB anzunehmen, dass der Geschäftsführerdienstvertrag erst mit der schriftlichen Beurkundung wirksam werden sollte.

aa) Nach der gesetzlichen Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB (MüKo-Kramer, BGB, 3. Aufl., § 154 Rz. 12; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 154 Rz. 11) ist bei Vereinbarung einer Vertragsbeurkundung im Zweifel anzunehmen, dass keine Vertragsbindung entsteht, solange die Beurkundung nicht erfolgt ist. Im Zweifelsfall ist damit von der Konstitutivität der Beurkundung auszugehen. Dies schließt allerdings nicht den Nachweis aus, dass die Beurkundung lediglich deklaratorisch sein, das heißt insbesondere Beweiszwecken dienen sollte. Die Beweislast dafür, dass eine unstreitig vereinbarte Beurkundung nur Beweiszwecken dienen sollte, trifft angesichts der gesetzlichen Auslegungsregel denjenigen, der aus der formlosen Vereinbarung Rechte herleiten will (Staudinger/ Bork, BGB, 13. Aufl., § 154 Rz. 17; MüKo-Kramer, a. a. O., Rz. 20; vgl. BAG, 16.01.1997 - 2 AZR 35/96 - AP Nr. 14 zu § 779 BGB zu II 3 b der Gründe).

bb) Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die vereinbarte Beurkundung nur Beweiszwecken dienen sollte, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Im Gegenteil spricht gerade der Umstand, dass am Krankenbett des Mehrheitsgesellschafters am 01.05.2000 noch eine Gesellschafterversammlung abgehalten wurde, die die künftige Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten billigen sollte, dagegen, dass bereits bei dem Gespräch zwischen dem Kläger und dem damaligen Mehrheitsgesellschafter eine rechtlich bindende Vereinbarung über einen Geschäftsführerdienstvertrag zustandekam. Nachdem auch bei der Gesellschafterversammlung am Krankenbett des Mehrheitsgesellschafters am 01.05.2000 dem Steuerberater der Auftrag erteilt wurde, die Beschlüsse umzusetzen und den Vertrag zu erstellen, damit also eine Beurkundung noch erfolgen sollte, wurde auch das Arbeitsverhältnis des Klägers erst mit dem Zustandekommen der rechtlich verbindlichen Vereinbarung am 10.05.2000 mit Unterzeichnung des Geschäftsführerdienstvertrages aufgehoben. Zu diesem Zeitpunkt bedurfte jedoch die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses der Schriftform nach § 623 BGB.

3. Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei der Beklagten ist durch den Geschäftsführerdienstvertrag vom 01.05.2000 gewahrt.

a) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat es bisher dahinstehen lassen, ob die Formvorschrift des § 623 BGB eine ausdrückliche schriftliche Auflösung des Arbeitsvertrages bei Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages erfordert (vgl. BAG, 14.06.2006 - 5 AZR 592/05 - a. a. O. zu II 2 b bb der Gründe, 24.11.2005 - 2 AZR 614/04 - a. a. O., zu B II d der Gründe).

b) Nach Auffassung der erkennenden Kammer begründet § 623 BGB keine über die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hinausgehenden Anforderungen, insbesondere ist nicht die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses durch ausdrückliche Erklärung erforderlich; denn auch nach allgemeinen Grundsätzen kommt es auf die von den Vertragsparteien angestrebte Rechtsfolge der Auflösung des Arbeitsverhältnisses an, nicht auf die Wortwahl. Dies heißt für die Aufhebung eines Arbeitsvertrages durch die Bestellung eines Arbeitnehmers zum Organ einer juristischen Person, dass es für die Erfüllung des Schriftformerfordernisses des § 623 BGB genügt, wenn sich der Wille der Parteien zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses aus dem abgeschlossenen Vertrag ergibt und ihm zumindest andeutungsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entnommen werden kann (vgl. ErfK/Müller-Glöge, 6. Auflage, § 623 BGB Rn. 12; Baeck/Hopfner DB 2000, 1914, 1915, Kamanabrou DB 2002, 146, 149, Nägele, BB 2001, 305, 308; Niebler/Schmiedl NZA-RR 2001, 281, 285; LAG Niedersachsen, 26.06.2006 - 5 Sa 2100/05 - Juris, LAG Schleswig-Holstein, 16.03.2003 - 4 Sa 494/05 - Juris; a. A. Dollmann, BB 2003, 1838, 1840).

c) Diesen Anforderungen genügt der Geschäftsführerdienstvertrag vom 01.05.2000, unterzeichnet am 10.05.2000. Die Vertragsurkunde ist von beiden Parteien handschriftlich unterzeichnet. Sie genügt damit dem Schriftformerfordernis des § 126 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Inhalt der wechselseitig abgegebenen Erklärungen lässt auch mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die Parteien zugleich mit Begründung des Geschäftsführerdienstverhältnisses das Arbeitsverhältnis aufheben wollten. Insoweit kann auf die bereits dargelegten Umstände verwiesen werden. Insbesondere ergibt sich die Andeutung des Willens der Parteien jedoch aus der Befristung des Geschäftsführerdienstvertrages ohne ergänzende Regelung zum Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses.

III.

Da der Kläger mit seiner Statusfeststellungsklage als Hauptantrag unterlegen ist, sind die hilfsweise für den Fall des Unterliegens gestellten weiteren Hilfsanträge nicht zur Entscheidung angefallen.

C

Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

D

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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