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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.06.2000
Aktenzeichen: 5 Sa 98/99
Rechtsgebiete: EStG, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 9
EStG § 24 Nr. 1
EStG § 34 Abs. 1
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4
EStG § 39 b Abs. 3
EStG § 39 b Abs. 3 S. 1
EStG § 39 b Abs. 3 S. 5
EStG § 39 b Abs. 3 S. 7
EStG § 39 b Abs. 3 S. 9
EStG § 41 b Abs. 1
EStG § 41 c
EStG § 42 b
EStG § 42 d Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 72 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
5 Sa 98/99

Verkündet am 30. Juni 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg -5. Kammer- durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Lemm, den ehrenamtlichen Richter Döring und den ehrenamtlichen Richter Weiß auf die mündliche Verhandlung vom 30.06.2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 14.10.1999 - 3 Ca 217/99 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, da das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Die an sich statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage, mit der der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer restlichen Abfindung von DM 4.720,55 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.04.1999 begehrt, zu Recht als unbegründet abgewiesen. Denn die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Klägers auf die ihm gemäß Prozeßvergleich per 31.03.1999 in Höhe von DM 75.000,00 zustehende Sozialabfindung nicht in Höhe der Klageforderung zu viel Lohnsteuern abgeführt und damit in dieser Höhe seinen Abfindungsanspruch nicht erfüllt. Hierzu ist im wesentlichen auszuführen:

Zwar geht der Kläger zutreffend davon aus, daß es sich bei der ihm zustehenden Abfindung um eine Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 EStG handelt, die gemäß § 3 Nr. 9 EStG in Höhe von DM 20.000,00 steuerfrei ist und im übrigen als außerordentliche Einkünfte im Sinne von § 34 Abs. 1 EStG zu versteuern ist. Der Kläger übersieht aber, daß die Beklagte bei der Berechnung der danach auf die Abfindung zu entrichtenden Lohnsteuer nicht auf das um die Abfindung verminderte, sonstige vom Kläger im Veranlagungszeitraum 1999 tatsächlich erzielte zu versteuernde Einkommen abstellen konnte und auch nicht abzustellen hatte, da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund des Prozeßvergleichs bereits am 31.03.1999 endete und die Beklagte gemäß § 41 b Abs. 1 EStG zu diesem Zeitpunkt das Lohnkonto des Klägers abzuschließen hatte. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.1999 und der zu diesem Zeitpunkt geschuldeten Zahlung der Abfindung konnte die Beklagte nämlich noch gar nicht wissen, welche Einkünfte der Kläger in der Zeit bis zum 31.12.1999 - noch - erzielen wird, ob und in welchem Umfang dieser also in der Zeit vom 01.04. bis zum 31.12.1999 etwa arbeitslos sein oder durch Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses oder die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkünfte erzielen wird. Demgemäß stellt § 39 b Abs. 3 S. 1 EStG für die Einbehaltung der Lohnsteuer von einem sonstigen Bezug, zu dem gemäß § 39 b Abs. 3 S. 9 EStG auch außerordentliche Einkünfte im Sinne von § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 und 4 EStG, also auch Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG beim Vorliegen der weiteren Voraussetzung der Zusammenballung von Einkünften gehören, auch nicht auf den tatsächlichen, sondern lediglich auf den "voraussichtlichen Jahresarbeitslohn" ab, den der Arbeitgeber zunächst ohne den sonstigen Bezug festzustellen hat. Mangels konkreter Anhaltspunkte, die eine verläßliche Prognose hinsichtlich der künftigen Einkünfte des Klägers in der Zeit vom 01.04. bis 31.12.1999 ermöglicht hätten, konnte und durfte die Beklagte daher - auch zwecks Vermeidung eines Haftungsrisikos nach § 42 d Abs. 1 EStG - den voraussichtlichen Jahresarbeitslohn ohne den sonstigen Bezug auf der Grundlage des vom Kläger im Jahre 1999 bis zum 31.03.1999 erzielten Bruttoverdienstes von insgesamt DM 21.813,48 (= DM 7.271,16 brutto monatlich) feststellen, also davon ausgehen, daß der Kläger diesen Verdienst auch in der Zeit vom 01.04. bis zum 31.12.1999 erzielen wird. Dem sich hieraus für 1999 ergebenden voraussichtlichen Jahresarbeitslohn von DM 87.253,92 brutto (DM 7.271,16 brutto x 12) entspricht nach der für den Kläger maßgeblichen Steuerklasse III (§ 39 b Abs. 3 S. 3 und 4 EStG) eine Jahreslohnsteuer von DM 14.467,92 (DM 1.205,66 x 12) und dem um ein Fünftel des sonstigen Bezugs (= DM 11.000,00) gemäß § 39 b Abs. 3 S. 5 und 9 EStG auf DM 98.253,92 brutto erhöhten voraussichtlichen Jahresarbeitslohn eine solche von DM 17.949,96 (DM 1.495,83 x 12). Der sich hieraus ergebende Differenzbetrag von DM 3.482,04 (DM 17.949,96 abzüglich DM 14.467,92) stellt in Höhe seines Fünffachen gemäß § 39 b Abs. 3 S. 7 und 9 EStG die vom sonstigen Bezug einzubehaltende Lohnsteuer dar, so daß die Beklagte befugt war, von der dem Kläger geschuldeten Abfindung von DM 75.000,00 eine Lohnsteuer in Höhe von DM 17.410,20 einzubehalten. Ausweislich der lt. Verdienstabrechnung für den Monat März 1999 (Blatt 8 der Akten 1. Instanz) abgeführten Lohnsteuer von insgesamt DM 20.214,66 hat die Beklagte unter Berücksichtigung des Umstandes, daß von diesem Betrag DM 1.568,66 auf den laufenden Verdienst des Klägers im Monat März 1999 in Höhe von DM 8.410,70 brutto entfallen und die Beklagte auf den Abfindungsanspruch einen weiteren Betrag von DM 1.255,45 an den Kläger zur Auszahlung gebracht hat, aber nur DM 17.390,55 als Lohnsteuer von der Abfindung einbehalten und abgeführt, so daß diese den Abfindungsanspruch des Klägers im vollen Umfange erfüllt hat.

Der Auffassung des Klägers, daß bei der Beurteilung der Frage, welche Lohnsteuer auf die dem Kläger geschuldete Abfindung abzuführen ist, auf die Erkenntnisse hinsichtlich des vom Kläger im Jahre 1999 erzielten Jahresarbeitslohnes zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung abzustellen sei, kann im Hinblick auf die vorstehend angeführten Regelungen in den §§ 41 b Abs. 1, 39 b Abs. 3 EStG sowie die Vorschriften der §§ 41 c, 42 b EStG nicht gefolgt werden. Die Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber zur nachträglichen Änderung des Lohnsteuerabzugs, insbesondere zur Erstattung erhobener Lohnsteuer nach den Vorschriften der §§ 41 c, 42 b EStG berechtigt ist, liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor. Denn die Beklagte hatte nach § 41 b Abs. 1 EStG bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.1999, spätestens aber innerhalb von acht Wochen nach diesem Zeitpunkt die Lohnsteuerbescheinigung auszuschreiben, so daß danach eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr zulässig war (§ 41 c Abs. 3 S. 2 EStG). Einen Lohnsteuerjahresausgleich konnte die Beklagte schon deshalb nicht durchführen, weil der Kläger am 31.12.1999 nicht bei ihr beschäftigt war und im Jahr 1999 nicht ständig in einem Dienstverhältnis stand (§ 42 b EStG).

Die Berufung des Klägers war daher mit der auf § 97 Abs. 1 ZPO beruhenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Eine Veranlassung zur Zulassung der Revision bestand nicht. Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen ersichtlich nicht vor.

Ende der Entscheidung

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