Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 28.09.2009
Aktenzeichen: 5 Ta 87/09
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 48 Abs. 1
ZPO § 3
1. Die Bewertung eines Antrages auf Feststellung der fehlenden Berechtigung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer eine anderweitige Tätigkeit zuzuweisen bzw. Unwirksamkeit der Versetzung erfolgt nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO.

2. Im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des Werts ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich das Gericht im Rahmen seiner Ermessenentscheidung von der Bewertungsgröße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten lässt.


Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten vom 10. Juli 2009 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 2. Juni 2009 - 4 Ca 84/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe: I.

Die Beschwerde der Beklagten richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gem. § 63 Abs. 2 GKG.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer Versetzung des Klägers. Der Kläger hat sich mit Klage vom 12. Februar 2009 gegen eine Maßnahme der Beklagten gewandt und beantragt festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, dem Kläger eine Tätigkeit als Händlerscout zuzuweisen, und darüber hinaus sollte die Beklagte verpflichtet werden, den Kläger zu unveränderten Bedingungen als Außendienstmitarbeiter (Leiter Vertrieb Deutschland Süd) weiter zu beschäftigen.

Der Rechtsstreit endete durch Abschluss eines Vergleiches in einem zwischen den Parteien und einer weiteren Beklagten parallel geführten Änderungskündigungsschutzrechtsstreit, wonach das Arbeitsverhältnis des Klägers letztlich am 30. Juni 2009 geendet hat und die Arbeitgeberin an den Kläger eine Sozialabfindung bezahlt. Darüber hinaus wurden weitere Regelungen zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses getroffen und der vorliegende Rechtsstreit betreffend die Berechtigung der Versetzung wurde miterledigt.

Mit Beschluss vom 2. Juni 2009 hat das Arbeitsgericht den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert entsprechend seiner zuvor den Beteiligten mitgeteilten Absicht auf EUR 28.000,00 festgesetzt. Gegen diesen Beschluss wendet sich die am 10. Juli 2009 eingegangene Beschwerde der Beklagten, mit der sie die Festsetzung eines niedrigeren Wertes erstrebt.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 26. August 2009 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die nach dem Wert der Beschwer statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 2. Juni 2009 ist unbegründet. Die Beschwerde richtet sich erkennbar gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 2. Juni 2009. Das Arbeitsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert gem. § 48 Abs. 1 GKG i. V: m. § 3 ZPO auf EUR 28.000,00 festgesetzt. Die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts hält sich im Rahmen des ihm nach § 3 ZPO zustehenden Ermessens. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

1. Die Beschwerde der Beklagten vom 10. Juli 2009 richtet sich erkennbar gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 2. Juni 2009. Zwar richtet sich die Beschwerde ausweislich des Wortlauts der Beschwerdeschrift gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 3. Juni 2009; ein Wertfestsetzungsbeschluss von diesem Tag existiert jedoch nicht. Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert mit Beschluss vom 2. Juni 2009 festgesetzt. Bei der Datumsangabe in der Beschwerdeschrift vom 10. Juli 2009 handelt es sich jedoch erkennbar um ein Versehen. Die Beschwerdekammer geht davon aus, dass sich die Beschwerde, denn allein dies ist sinnvoll, gegen den Beschluss vom 2. Juni 2009 richtet. Im Übrigen bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde der Beklagten keine Bedenken.

2. Die Bewertung eines Antrages auf Feststellung der fehlenden Berechtigung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer eine anderweitige Tätigkeit zuzuweisen bzw. Unwirksamkeit der Versetzung hat als vermögensrechtliche Streitigkeit nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zu erfolgen.

a) § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO kommt als Maßstab für die nach freiem Ermessen vorzunehmende Schätzung des Gebührenstreitwertes nur in vermögensrechtlichen Streitigkeiten in Betracht. Im Fall einer nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit bemisst sich der Streitwert nach § 48 Abs. 2 GKG. Er orientiert sich dann nicht am Interesse desjenigen, der das Verfahren einleitet, sondern an den in dieser Vorschrift genannten Umständen. Eine solche nicht vermögensrechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sie nicht auf Geld oder Geldwertes gerichtet ist und nicht einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis entstammt. Zwar ist das erste Merkmal erfüllt, wenn der Antrag wirtschaftlich auf einen Umstand gerichtet ist, der keinen Vermögenswert beinhaltet, sondern vielmehr auf einen solchen verzichtet. Unzweifelhaft ergibt sich der Beschäftigungsanspruch des Klägers und damit der gegen die Versetzung gerichtete Antrag aus dem als vermögensrechtlich zu begreifenden Arbeitsverhältnis. Es geht um die Berechtigung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit kraft Direktionsrechts zuzuweisen. Das Verlangen des Klägers, die fehlende Berechtigung der Beklagten, eine andere Tätigkeit aufgrund arbeitgeberseitigem Direktionsrecht zuzuweisen, ist deshalb als vermögensrechtliche Streitigkeit zu qualifizieren und entsprechend zu bewerten. Auch bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten können neben rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten immaterielle Interessen (Affektionsinteresse) bei der Bewertung herangezogen werden, wenn gerade diese Anlass für den Rechtsstreit sind und diesem seinen Sinn verleihen (vgl. BGH 16. Januar 1991 - XII ZR 244/90 - FamRZ 1991, 547; LAG Baden-Württemberg 24. Juni 2009 - 5 Ta 10/09 -, zu II 1 a der Gründe unter Bezugnahme auf Entscheidungen der früheren Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts).

b) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erweist sich der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm im Ergebnis als nicht ermessensfehlerhaft. Der Beschwerde der Beklagten bleibt deshalb der Erfolg versagt. Der vom Arbeitsgericht festgesetzte Wert für den Klageantrag mit EUR 28 000,00 wird dem Interesse des Klägers zum Zeitpunkt der Klagerhebung (§ 40 GKG) gerecht. Weder die Anknüpfung an das Monatseinkommen des Klägers bei der Ermessensausübung noch eine Bewertung mit dem Vielfachen des Monatseinkommens sind für sich betrachtet ermessensfehlerhaft nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO. Für eine Ausrichtung der Streitwertfestsetzung am aktuellen Einkommen der klagenden Partei streiten - im Hinblick auf die in Streitwertsachen erforderliche Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit und damit letztlich die Rechtssicherheit - die besseren Argumente. Die konkrete Ermittlung des Monatseinkommens unter Rückgriff auf die Verdienste aus dem Jahr 2008 begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Im Ergebnis hält sich auch die Bewertung mit insgesamt drei Monatsbezügen gerade noch im Rahmen des Ermessens des Arbeitsgerichts.

aa) Die nunmehr für Streitwertbeschwerden ausschließlich zuständige Kammer 5 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg geht auch bei Streitigkeiten über die Wirksamkeit und/oder Berechtigung einer Versetzung davon aus, dass es im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 GKG i. V: m. § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des Gebührenstreitwertes grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft ist, wenn das Arbeitsgericht sich im Rahmen seiner Ermessensentscheidung von der Bewertungsgröße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten lässt (grundlegend LAG Baden-Württemberg 24. Juni 2009 -5 Ta 10/09 - zitiert nach juris, zu II 1 b der Gründe; vergleiche für die Versetzung schon LAG Baden-Württemberg 30. August 2007 - 9 Sa 83/06 - AE 2009, 293 mit zahlreichen Nachweisen).

(1) Eine Klage, mit der sich ein Arbeitnehmer gegen die Wirksamkeit einer aufgrund des Direktionsrechts vorgenommenen Versetzung wendet, entstammt dem vermögensrechtlich zu begreifenden Arbeitsverhältnis. Der aus diesem Vertragsverhältnis erzielte Verdienst stellt, neben anderen Gesichtspunkten, den Wert der Anerkennung und Achtung durch die geleistete Arbeit einen bedeutsamen Maßstab für die Ermittlung des Wertes eines Arbeitsverhältnisses und der daraus resultierenden Ansprüche dar. Diese Bezugsgröße kann bei der Bewertung einzelner vermögensrechtlicher, nicht unmittelbar in Geld zu bewertender Ansprüche nicht außer Betracht bleiben, denn das aktuelle Monatseinkommen ist zumindest bei Ansprüchen in einem bestehenden und in Vollzug befindlichen Arbeitsverhältnis ein Indikator für die wirtschaftliche Bedeutung des Arbeitsverhältnisses und dessen Ausgestaltung durch Ausübung des Direktionsrechts.

(2) Das monatliche Einkommen aus dem Arbeitsverhältnis ist auch ein geeigneter Bewertungsmaßstab. Neben anderen Gesichtspunkten ist es gerade das aktuelle Monatseinkommen, das den vom Arbeitnehmer verfolgten Anspruch gegen eine Zuweisung eines anderen Aufgabengebiets den Wert des Arbeitsverhältnisses in besonderem Maße prägt. Die wirtschaftliche Bedeutung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses hängt in besonderem Maße gerade auch von dem daraus erzielten Einkommen des Arbeitnehmers ab.

(3) Daneben sprechen auch Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit für ein Anknüpfen an das jeweilige Monatseinkommen. Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts hat weitreichende Bedeutung für die Kosten des Rechtsstreits sowohl hinsichtlich der Gerichtsgebühren (§ 63 GKG) als auch hinsichtlich der Vergütung der mit der Prozessvertretung beauftragten Rechtsanwälte (§ 32 RVG). Deshalb haben alle am Wertfestsetzungsverfahren Beteiligten ein Interesse daran, dass die Wertfestsetzung vorhersehbar und transparent erfolgt. Dies kann nach Auffassung der Beschwerdekammer auch bei Streitigkeiten über ein die Wirksamkeit einer Versetzung über eine Anknüpfung an das Monatseinkommen erreicht werden.

bb) Auch die Bewertung eines Antrags auf Überprüfung der Wirksamkeit einer Versetzung mit einem Vielfachen oder Bruchteil des Monatseinkommens der den Anspruch verfolgenden Partei ist für sich nicht ermessensfehlerhaft.

(1) Zwar geht die Beschwerdekammer davon aus, dass die Bewertung eines solchen Antrags mit einem Monatsgehalt regelmäßig den Wert der Streitigkeit ausreichend abbildet. Im Rahmen des dem Arbeitsgericht zustehenden Ermessens kommt jedoch auch eine Bewertung mit einem Vielfachen oder einem Bruchteil eines Monatsbezugs in Betracht, ohne dass dadurch die Wertfestsetzung von vornherein ermessensfehlerhaft werden würde. Wie bereits in anderem Zusammenhang von der Beschwerdekammer entschieden, kommt ein Rückgriff auf die Wertungsgrenze des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (nunmehr § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG n. F.) weder unmittelbar noch in analoger Anwendung in Betracht. Ebenso wenig kann nach Auffassung der Beschwerdekammer jedoch eine absolute Festlegung dergestalt erfolgen, dass lediglich die Bewertung mit einem Bruttomonatseinkommen in Betracht kommt und ermessensfehlerfrei sein kann. Dies würde das dem Arbeitsgericht zustehende und von diesem auszuübende Ermessen zu sehr einschränken und letztlich dazu führen, dass die Beschwerdekammer sich an die Stelle des Arbeitsgerichts setzt. Die erkennende Beschwerdekammer respektiert den Ermessensspielraum des Arbeitsgerichts auch dann, wenn sie selbst eine andere Festsetzung im konkreten Fall vornehmen würde, solange die ermessensleitenden Erwägungen des Arbeitsgerichts nicht fehlerhaft sind. Die Festlegung einer starren Grenze seitens der Beschwerdekammer - so wünschenswert diese im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Streitwertfestsetzung auch wäre - ist mit diesem Ansatz der Beschwerdekammer nicht in Einklang zu bringen. Das Arbeitsgericht könnte dann den Umständen des Einzelfalls, die nach § 3 ZPO in die Bewertung einzustellen sind, nicht in ausreichendem Maße genügen.

(2) In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die vom Arbeitsgericht im Entscheidungsfall angestellten Ermessenserwägungen nicht ermessensfehlerhaft sind und die Wertfestsetzung sich gerade noch in den Grenzen des Ermessens nach § 3 ZPO hält. Das Arbeitsgericht hat sein Ermessen dahingehend ausgeübt, dass es den Wert mit dem dreifachen Bruttomonatsbezug des Klägers bewertet hat. Es hat dabei berücksichtigt, dass mit der streitigen Maßnahme erhebliche Auswirkungen auf die Vergütung des Klägers verbunden waren. Daneben hat sich - zumindest teilweise - auch der Arbeitsort von Merklingen nach Krefeld und die Arbeitsaufgabe vollständig geändert. Durch die Versetzung sollte auch erreicht werden, dass der Kläger sich jeder Vertriebstätigkeit enthält, woraus er jedoch den überwiegenden Teil seines Einkommens im Hinblick auf die daraus resultierenden Provisionen erzielt. Alle diese Umstände hat das Arbeitsgericht in seine Entscheidung einfließen lassen. Diese lassen die Bewertung gerade noch nicht ermessensfehlerhaft werden.

(3) Soweit die Beschwerde geltend macht, dass mit der Versetzung keine solche in ein Krisengebiet angeordnet wurde, weshalb von weitreichenden Folgen nicht die Rede sein könne, verkennt die Beschwerde, dass es nicht darum geht, das Risiko des Klägers bei der Ausübung der Tätigkeit zu bewerten, sondern vielmehr darum, Auswirkungen der konkreten Versetzungsmaßnahme zu bewerten. Auch der Umstand, dass durch die Versetzung "lediglich" die Veränderung des Arbeitsortes und des Arbeitsgebietes bis zum Wirksamwerden der Änderungskündigung vom 27. Februar 2009 mit Wirkung ab 1. September 2009, die Gegenstand des Parallelrechtsstreits beim Arbeitsgericht Ulm (4 Ca 126/09) war, bewirkt werden sollte, führt nicht dazu, dass die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts ermessenfehlerhaft wird. Zwar soll die Versetzung nach dem Willen der Beklagten lediglich den Übergangszeitraum bis zum Wirksamwerden der Änderungskündigung abdecken; der mit ihr vorgenommene "Eingriff" in das Arbeitsverhältnis wird dadurch jedoch in seiner Intensität nicht gemildert, sondern in seiner Dauer. Der Beklagten ist insoweit allerdings zuzugeben, dass die beschränkte Dauer der Versetzungsmaßnahmen bzw. die beschränkte Dauer, in der der beschränkte Zeitraum, in dem die Versetzungsmaßnahme Wirkung entfalten soll, bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen ist. Der Zeitraum, der durch die Versetzung abgedeckt wird, reicht vom 21. Januar 2009 bis zum 31. August 2009.

Auch der Hinweis darauf, dass durch die vom Arbeitsgericht vorgenommene Bewertung letztlich die beiden Rechtsstreite betreffend die Wirksamkeit der Versetzung einerseits und die Wirksamkeit der Änderungskündigung vom 27. Februar 2009 andererseits mit insgesamt sechs Bruttomonatsbezügen bewertet wird, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Der Umstand, dass die Zielrichtung beider Rechtsstreitigkeiten ein ähnlicher ist, führt nicht dazu, dass über die Grenzen eines Rechtsstreits hinaus eine Verrechnung des Streitwertes erfolgen kann. Es ist nicht die Aufgabe des Streitwertbeschwerderechts, die Prozessführung in mehreren Rechtsstreitigkeiten zu "korrigieren". Der Kläger hat sich entschieden, die beiden Streitgegenstände in gesonderten Verfahren zu verfolgen. Für jedes Verfahren ist ein Gegenstandswert festzusetzen, ohne dass es dabei auf eine Bewertung im Parallelrechtsstreit ankommen könnte.

cc) Soweit das Arbeitsgericht den Dreimonatsbezug mit EUR 28 000,00 angenommen hat, ist die Entscheidung ebenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beschwerde weist zutreffend darauf hin, dass nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (jetzt § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG n. F.) der nach dem streitigen Beendigungszeitpunkt folgende Zeitraum für die Ermittlung der Vergütung maßgeblich ist (vgl. BAG 19. Juli 1973 - 2 AZR 190/73 - AP ArbGG 1953 § 12 Nr. 20 = EzA ArbGG § 12 Nr. 1, zu II 1 der Gründe; LAG Rheinland-Pfalz 20. Januar 2009 - 1 Ta 1/09 - MDR 2009, 454, zu I 1 der Gründe; LAG Baden-Württemberg 28. August 2009 - 5 Ta 55/09 -, zu II 1 a der Gründe). Gleichwohl durfte das Arbeitsgericht bei der Bestimmung des Monatsbezugs auf die Vergütung aus dem Jahr 2008 zurückgreifen.

(1) Soweit es die Wirksamkeit der Versetzung angeht, ist schon fraglich, ob auf die Rechtsprechung zur Kündigung insoweit zurückgegriffen werden kann oder ob etwa auf den konkreten Monat abzustellen ist, in dem die Maßnahme ausgesprochen wird. Dies kann aber dahinstehen, denn auch im Rahmen eines Kündigungsschutzrechtsstreits wäre die Bewertung in Ausrichtung an die Vergütung 2008 nicht zu beanstanden. Eine Ermittlung des Verdienstes im Jahr 2009, insbesondere in den Monaten Januar, Februar, März und April 2009, begegnet deshalb Schwierigkeiten, weil die Beklagte dem Kläger noch im Januar 2009 die neue Tätigkeit zugewiesen hat und dieser möglicherweise im Nachgang einige Zeit arbeitsunfähig erkrankt war. Der Verdienst des Klägers ist jedoch in hohem Maße von Provisionen abhängig. Aus der Abrechnung für den Monat Dezember 2008 (Bl. 18 der arbeitsgerichtlichen Akte) ergibt sich, dass der Kläger ein Gehalt in Höhe von EUR 2 950,00 bezogen hat. Dies stimmt mit der Regelung in § 2 des Arbeitsvertrags vom 6. Juli/14. August 2005 überein. Daneben ist noch ein geldwerter Vorteil für den Dienstwagen in Höhe von EUR 493,37 brutto in die Abrechnung eingestellt. Gleichwohl ergibt sich aus der genannten Lohnabrechnung für Dezember 2008, dass der Kläger im Jahr 2008 ein steuerpflichtiges Jahreseinkommen in Höhe von EUR 113.649,10 brutto erzielt hat. Dieser Betrag entstammt in weiten Teilen Provisionen, die der Kläger aus seiner Vertriebstätigkeit verdient hat, die ihm durch die Versetzung vom 21. Januar 2009 gerade entzogen wurde. Sicherlich zutreffend ist, dass die Umsatzerwartungen der Beklagten sich im Jahr 2009 im Vergleich zum Vorjahr verändert haben und die Auftragseingänge geringer geworden sind.

(2) Es ist im Entscheidungsfall im Hinblick auf die erheblichen Anteile von Provisionen am Einkommen des Klägers und dem Umstand, dass dem Kläger die Tätigkeit, aus der die Provisionen erzielt werden konnten, durch die streitige Versetzungsmaßnahme entzogen worden ist, nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht zu beanstanden, wenn das Arbeitsgericht auf den Durchschnittswert des Kalenderjahres 2008 als Referenzzeitraum abstellt und zurückgreift. Dies ist eine feststehende und klar ermittelbare Bezugsgröße und verhindert die Entwicklung letztlich fiktiver Bezugsgrößen. Vor diesem Hintergrund durfte das Arbeitsgericht sich an den Einkommenswerten aus dem Jahr 2008 orientieren und hat ausgehend von diesen den Wert zutreffend mit EUR 28.000,00 ermittelt.

III.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück