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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.01.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 93/06
Rechtsgebiete: ZPO, BetrVG, BGB, KSchG, GewO


Vorschriften:

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
BetrVG § 3
BetrVG § 102
BetrVG § 102 Abs. 1
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 2
BetrVG § 102 Abs. 5
BetrVG § 102 Abs. 5 Satz 1
BGB § 242
BGB § 305 Abs. 1 Satz 1
BGB § 307
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 307 Abs. 3 Satz 1
BGB § 611
BGB § 613
KSchG § 1 Abs. 3
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 1
KSchG § 1 Abs. 3 Satz 2
KSchG § 1 Abs. 4
KSchG § 2 Satz 1
GewO § 106
GewO § 106 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird auf seinen Hilfsantrag das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.07.2006 - 14 Ca 2149/06 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.03.2006 hinaus zu den Bedingungen seines Arbeitsvertrages mit vollzeitiger Tätigkeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites weiter zu beschäftigen.

2. Im Übrigen wird sowohl die Berufung des Klägers als auch die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt 3/4, der Kläger 1/4 der Kosten des Rechtsstreites.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung der Beklagten vom 15.02.2006 zum 31.03.2006, deren Änderungsangebot der Kläger nicht vorbehaltlich angenommen hat, und damit zusammenhängend über die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens einschließlich der Rechtsansichten wird auf den nicht angegriffenen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.07.2006 dem Kündigungsschutzantrag des Klägers im Wesentlichen mit der Begründung entsprochen, die Beklagte habe sowohl zum "Änderungsteil" der ausgesprochenen Änderungskündigung als auch zur für die Änderungskündigung modifiziert geltenden Sozialauswahl nicht ausreichend vorgetragen. Das mittels Haupt- und Hilfsantrag verfolgte Weiterbeschäftigungsbegehren hat das Arbeitsgericht mit der Begründung abgewiesen, der auf tatsächliche Weiterbeschäftigung als Kurierfahrer gerichtete Hauptantrag sei für die Vergangenheit aufgrund von Unmöglichkeit und für die Zukunft wegen der arbeitsvertraglichen Freistellungsberechtigung der Beklagten unbegründet. Der angefallene Hilfsantrag sei mangels Bestimmtheit im Sinne von § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils unter I ergänzend Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 11.08.2006 zugestellte Urteil legte diese mit beim Berufungsgericht am 23.08.2006 eingegangenem Schriftsatz Berufung ein und führte diese innerhalb der bis zum 13.11.2006 verlängerten Begründungsfrist mit beim Landesarbeitsgericht am 13.11.2006 eingegangenem Schriftsatz aus.

Die Beklagte rügt fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts insofern, als ein anderer als der mit der Änderungskündigung angebotene Teilzeitarbeitsplatz im S.-C. S. nicht verfügbar sei. Freie geeignete Arbeitsplätze, auf denen der Kläger vertragsgemäß in Vollzeit eingesetzt werden könne, gebe es nicht. Der Kläger sei der Tarifgruppe 3 zugeordnet. Vollzeitstellen gebe es nach der Umstrukturierung ausschließlich in der Disposition (TG 4) und in Leitungsfunktionen (TG 5 und AT) sowie in der Sachbearbeitung regionaler Aufgaben wie Personal und Controlling (TG 4 oder 5), mithin in höher dotierteren Stellen, auf die der Kläger keinen Anspruch habe. Daneben gebe es in ihren operativen Betrieben lediglich zwei weitere Tätigkeitsbereiche/Abteilungen, nämlich die der Umschlagmitarbeiter, das so genannte Terminal-Handling (TG 3) und die Dateneingabe (Data Capture). Im Terminal-Handling würden aber auch ausschließlich Teilzeitstellen vorgehalten; die Data Capture sei der Tarifgruppe 2 zugeordnet; auch dort gebe es ausschließlich Teilzeitstellen. Der Kläger könne auch nicht einwenden, dass eine gegebenenfalls durchzuführende Sozialauswahl fehlerhaft gewesen sei. Die Sozialauswahl vor Ausspruch einer Kündigung sei stets streng betriebsbezogen durchzuführen. Die durch Tarifvertrag gemäß § 3 BetrVG geschaffenen betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen seien nur für betriebsverfassungsrechtliche Fragen relevant; in allen anderen Bereichen, zum Beispiel im Kündigungsschutz, sei ungeachtet dessen weiterhin auf den allgemeinen Betriebsbegriff abzustellen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei eine durchzuführende Sozialauswahl auf die Mitarbeiter des S.-C. S. beschränkt gewesen. Eine Vergleichbarkeit mit den Mitarbeitern des Terminal-Handlings sei nicht nur aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit der Aufgaben, sondern auch der besonderen Umstrukturierungssituation im Terminal-Handling (absenkende Arbeitszeit auf gestaffelte Teilzeitvolumina) nicht gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten ihrer Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10.11.2006 ergänzend Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.07.2006 - 14 Ca 2149/06 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Der Kläger ist der Ansicht, die streitgegenständliche Kündigung sei unter anderem wegen fehlerhaft durchgeführter Sozialauswahl und wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrates rechtsunwirksam. Die Fehlerhaftigkeit der auch bei einer Änderungskündigung zumindest nach modifiziert geltenden Regelungen durchzuführenden Sozialauswahl ergebe sich zum einen aus der räumlichen Begrenzung des Auswahlkreises auf Arbeitnehmer des Betriebsteiles S.-C. in S.. Die A. S., für die ein Betriebsrat gebildet ist, bestehe jedoch neben dem S.-C. S. als Betriebsteil aus weiteren Betriebsteilen in B., N.-U. und L.. Zum anderen sei die Sozialauswahl lediglich innerhalb der von der Beklagten gebildeten Vergleichsgruppe der Kurierfahrer durchgeführt worden, obgleich sowohl eine arbeitsvertrags- als auch eine tätigkeitsbezogene Vergleichbarkeit der auch nach Tarifgruppe 3 vergüteten Arbeitnehmer im Terminal-Handling gegeben sei. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe es im insoweit für die Sozialauswahl maßgebenden Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung noch eine größere Anzahl von Vollzeitarbeitsplätzen im Bereich Terminal-Handling im S.-C. S. gegeben. Dies folge auch aus dem eigenen Vortrag der Beklagten, wonach die Reduzierung der Arbeitszeiten von Voll- in Teilzeit im Terminal-Handling erst später infolge der Umstrukturierung eingetreten sei. Im Übrigen sei auch bei unterschiedlichen vertraglichen Arbeitszeiten grundsätzlich von Vergleichbarkeit auszugehen, da Maßstab der Vergleichbarkeit nicht die Vertragsidentität sei, sondern die Um- bzw. Versetzbarkeit auf einen anderen Arbeitsplatz. Wäre die Beklagte richtigerweise von einer Vergleichbarkeit der Kurierfahrer mit den Arbeitnehmern im Bereich Terminal-Handling ausgegangen, dann wäre der Kläger nach der Bepunktung auf der Grundlage der Auswahlrichtlinie (Anlage 1 zu Nr. 3 des einschlägigen Sozialplanes vom 15.11.2004) mit 96 Sozialpunkten gegenüber sechs Arbeitnehmern aus dem Bereich Terminal-Handling sozial schutzwürdiger. Im Übrigen werde seine Rüge der nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates auch zweitinstanzlich weiter verfolgt. Der Inhalt des Anhörungsschreibens vom 06.02.2006 an den Betriebsrat genüge nicht den Mindestanforderungen an die Betriebsratsanhörung bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung. Darin würden unter anderem keine stichhaltigen Angaben zur Sozialauswahl und zu den Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten seiner Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 19.12.2006 ergänzend Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 14.08.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts legte dieser mit beim Berufungsgericht am 12.09.2006 eingegangenem Schriftsatz Berufung ein und führte sie mit beim Landesarbeitsgericht am 11.10.2006 eingegangenem Schriftsatz aus.

Der Kläger rügt fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts insofern, als das Arbeitsgericht für die Abweisung des Hauptantrages von einer Unmöglichkeit der Realisierung seines Weiterbeschäftigungsantrages für die Vergangenheit ausgegangen sei. Der Antrag sei nämlich naturgemäß auf zukünftige tatsächliche Beschäftigung gerichtet. Soweit das Arbeitsgericht die Realisierung seines hauptweise geltend gemachten Weiterbeschäftigungsantrages für die Zukunft am Freistellungsrecht der Beklagten nach § 14 des Arbeitsvertrages scheitern lasse, handle es sich insoweit um ein Überraschungsurteil. Im Übrigen sei die Freistellungsklausel im Formulararbeitsvertrag nach § 307 BGB unwirksam. Die Abweisung seines hilfsweise geltend gemachten Weiterbeschäftigungsantrages wegen mangelnder Bestimmtheit sei gleichfalls verfehlt. Seine Antragsformulierung definiere eindeutig den von der Beklagten als Arbeitgeberin vereinbarten und dann auch zu erfüllenden Anspruch.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.07.2006 - 14 Ca 2149/06 - abzuändern, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.03.2006 hinaus zu den bisherigen Bedingungen mit vollzeitiger Tätigkeit als Kurierfahrer im Hauptbetrieb S. der A. S. der Beklagten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites weiter zu beschäftigen,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.03.2006 hinaus zu den Bedingungen seines Arbeitsvertrages mit vollzeitiger Tätigkeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt insoweit das erstinstanzliche Urteil.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Kündigungsschutzantrag des Klägers stattgegeben. Die ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung der Beklagten vom 15.02.2006, deren Änderungsangebot der Kläger nicht vorbehaltlich angenommen hat, ist rechtsunwirksam. Die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung ergibt sich jedenfalls aus der rechtsfehlerhaft vorgenommenen Sozialauswahl.

1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die ordentliche Änderungskündigung der Beklagten vom 15.02.2006 auch insoweit als rechtsunwirksam bewertet, als die Beklagte das auch bei der Änderungskündigung geltende Gebot der ausreichenden sozialen Auswahl nicht rechtsfehlerfrei angewandt hat. Die auf die Änderungskündigung modifiziert anzuwendenden Grundsätze der Bestimmung des Auswahlkreises der vergleichbaren Arbeitnehmer hat die Beklagte insofern fehlerhaft zugrunde gelegt, als sie jedenfalls die im S.-C. S. ebenfalls in Tarifgruppe 3 eingereihten Arbeitnehmer im Bereich Terminal-Handling nicht als vergleichbar mit der Gruppe der Kurierfahrer angesehen hat. Der Rechtsfehler wirkt sich auf die gegenüber dem Kläger als Kurierfahrer durchgeführte Sozialauswahl im Ergebnis ursächlich aus. Insofern können die weiteren vom Kläger im Zusammenhang mit der Durchführung der Sozialauswahl gerügten Rechtsfehler unentschieden bleiben.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung hat, ist das Gebot der ausreichenden sozialen Auswahl für den Arbeitgeber nicht nur bei Beendigungs-, sondern auch bei Änderungskündigungen anzuwenden. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Verweisung in § 2 Satz 1 KSchG, in dessen Klammerzusatz auch auf § 1 Absatz 3 Satz 1 KSchG Bezug genommen wird. Anders als bei der Beendigungskündigung ist bei der betriebsbedingten Änderungskündigung die Sozialauswahl jedoch nicht an der Prüfung auszurichten, welcher von mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern durch den Verlust des Arbeitsplatzes am wenigsten hart getroffen wird. Da es bei der ordentlichen Änderungskündigung, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer sie unter Vorbehalt angenommen hat oder nicht, um die soziale Rechtfertigung des Änderungsangebotes geht, ist auch bei der sozialen Auswahl darauf abzustellen, wie sich die vorgeschlagene Vertragsänderung auf den sozialen Status der vergleichbaren Arbeitnehmer auswirkt. Es ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber, statt die Arbeitsbedingungen des gekündigten Arbeitnehmers zu ändern, diese Änderung einem anderen vergleichbaren Arbeitnehmer hätte anbieten können, dem sie in sozialer Hinsicht eher zumutbar gewesen wäre (Urteil vom 13.06.1986 - 7 AZR 623/84 - AP Nr. 13 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu II 2 der Gründe). Auch die Frage der in die Sozialauswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer ist bei der Änderungskündigung anders zu beantworten als bei der Beendigungskündigung. Bei letzterer ist die Vergleichbarkeit schon gegeben, wenn die betreffenden Arbeitnehmer nach ihren bisherigen Tätigkeiten miteinander verglichen werden können und damit auf ihren innegehabten Arbeitsplätzen gegenüber austauschbar sind. Bei der Änderungskündigung muss hinzukommen, dass diese Arbeitnehmer auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebotes ist, wenigstens annähernd gleich geeignet sind. Die Austauschbarkeit muss sich also auch auf den mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsplatz beziehen (BAG, Urteil vom 13.06.1986 - 7 AZR 623/84 - a. a. O., zu II 2 der Gründe; BAG, Urteil vom 18.10.1984 - 2 AZR 543/83 - AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu II 2 der Gründe).

b) Hieran gemessen erweist sich die von der Beklagten gegenüber dem Kläger durchgeführte Sozialauswahl als rechtsfehlerhaft.

aa) Die vorstehenden Grundsätze sind auf die von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Änderungskündigung vom 15.02.2006 anzuwenden. Obgleich der Kläger das ihm von der Beklagten im Zusammenhang mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt angenommen hat, die Parteien also ausschließlich um die Frage der Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses streiten, ist gleichwohl das Änderungsangebot einschließlich der insoweit modifiziert zu beachtenden Grundsätze der Sozialauswahl in die Prüfung der Sozialwidrigkeit mit einzubeziehen (BAG, Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 - AP Nr. 81 zu § 2 KSchG 1969, zu B I 1 der Gründe; BAG, Urteil vom 13.06.1986 - 7 AZR 623/84 - AP Nr. 13 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu II 2 der Gründe).

bb) Die von der Beklagten ihrer Sozialauswahl zugrunde gelegte betriebsvereinbarte Auswahlrichtlinie nach Nr. 3 des Sozialplanes vom 15.11.2004 in Verbindung mit Anlage 1 führt nicht zur Anwendung des Prüfungsmaßstabes der groben Fehlerhaftigkeit nach § 1 Absatz 4 KSchG. Es kann im Ergebnis unentschieden bleiben, ob § 1 Absatz 4 KSchG überhaupt für die Änderungskündigung gilt (vergleiche zum Streitstand KR-Rost, 7. Auflage, § 2 KSchG Randnummer 103c mit zahlreichen Nachweisen). Außerdem kann dahingestellt bleiben, ob sich die Begrenzung der gerichtlichen Kontrolle in § 1 Absatz 4 KSchG lediglich auf die berücksichtigungsbedürftigen Sozialkriterien und deren Gewichtung (APS/Kiel, 2. Auflage, § 1 KSchG Randnummer 759; ErfK/Ascheid/Oetker, 7. Auflage, § 1 KSchG Randnummer 510; Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Auflage, Randnummer 1161 mit zahlreichen Nachweisen) oder auch auf die Zusammensetzung des auswahlrelevanten Personenkreises und der entgegenstehenden betrieblichen Bedürfnisse im Sinne des § 1 Absatz 3 Satz 2 KSchG bezieht (Linck, AR-Blattei SD 1020.1.2 Randnummer 124 f.; Löwisch/Spinner, § 1 KSchG, Randnummer 402); denn die von der Beklagten verwendete Auswahlrichtlinie verhält sich konstitutiv nur zur Gewichtung der seit 01.01.2004 geltenden Sozialauswahlkriterien nach § 1 Absatz 3 Satz 1 KSchG. In Bezug auf die einzubeziehenden Arbeitnehmer beschreibt sie lediglich die nach dem Kündigungsschutzgesetz insoweit geltende Rechtslage, indem die Richtlinie unter Nr. 4 ausführt: "In die soziale Auswahl sind diejenigen Arbeitnehmer des Arbeitgebers im jeweils betroffenen Betrieb einzubeziehen, deren Tätigkeit vergleichbar im Sinne des KSchG ist.".

cc) Auf der Grundlage der von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Frage der Vergleichbarkeit aufgestellten Kriterien hätte die Beklagte die im S.-C. S. beschäftigten Arbeitnehmer des Bereiches Terminal-Handling in den Auswahlkreis der dort beschäftigten Kurierfahrer einbeziehen müssen; denn die Kurierfahrer und somit auch der Kläger im S.-C. S. sind zum einen nach ihren bisherigen Tätigkeiten mit den Arbeitnehmern im Bereich Terminal-Handling vergleichbar, weil sie auf ihren innegehabten Arbeitsplätzen gegeneinander austauschbar sind. Zum anderen sind diese Arbeitnehmer auch für die Tätigkeit, die Gegenstand des Änderungsangebotes ist, nämlich Arbeitnehmer im Bereich Terminal-Handling, wenigstens annähernd gleich geeignet.

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wovon abzuweichen die Kammer keine Veranlassung hat, bestimmt sich der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, also zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit. Dies gilt nicht nur bei einer Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausüben kann. Die Notwendigkeit einer kurzen Einarbeitungszeit steht der Vergleichbarkeit nicht entgegen. An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann. Dabei kann die tarifliche Eingruppierung - vor allem bei ausgesprochenen Hilfstätigkeiten - für die Beurteilung der Vergleichbarkeit in engen Grenzen herangezogen werden (zum Beispiel BAG, Urteil vom 05.12.2002 - 2 AZR 697/01 - AP Nr. 60 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B I 3 a der Gründe).

(2) Hieran gemessen ist die Vergleichbarkeit auf der Grundlage der bisherigen Tätigkeiten beider Arbeitnehmergruppen gegeben. Sowohl im Bereich Kuriertätigkeit als auch im Bereich Terminal-Handling handelt es sich um angelernte Tätigkeiten. Beide Tätigkeiten werden auch nach Tarifgruppe 3 vergütet. Das jeweilige Aufgaben- und Qualifikationsprofil ist weitgehend deckungsgleich. Die von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 18.05.2006 (Seiten 9 und 10 = Blatt 56 und 57 der ArbG-Akte) beschriebenen Einzelaufgaben eines Mitarbeiters im Bereich Terminal-Handling werden nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 30.06.2006 (Seite 13 = Blatt 152 der ArbG-Akte) auch in einem erheblichen Umfang von einem Kurierfahrer wahrgenommen (Be- und Entladen des Fahrzeuges, Retouren, Scannen, Sortieren, Abfertigung zollpflichtiger Sendungen, Überprüfen von Begleitpapieren, ebenfalls elektronische Datenerfassungen). Soweit der Kläger als Kurierfahrer bestimmte Einzelaufgaben eines Arbeitnehmers im Bereich Terminal-Handling aktuell nicht ausübt, steht dies einer Vergleichbarkeit nicht entgegen. Zum einen kommt es auf eine aktuelle Identität der Arbeitsplätze nicht an, zum anderen handelt es sich lediglich um eine Anlerntätigkeit (vergleiche Schriftsatz der Beklagten vom 18.05.2006, Seite 10 = Blatt 57 der ArbG-Akte), deren Inhalte nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers nach einer kurzfristigen Einarbeitung ausgeübt werden können. Dass dem so ist, wird bereits dadurch bestätigt, dass die Beklagte dem Kläger als Änderungsangebot eine Tätigkeit im Terminal-Handling unterbreitet hatte.

Die Beklagte versucht zweitinstanzlich, die fehlende Vergleichbarkeit der Kurierfahrer mit den Arbeitnehmern im Bereich Terminal-Handling mit den dort bestehenden gestaffelten Teilzeitvolumina zu begründen. Sie ist der Ansicht, zu berücksichtigen seien nur solche Arbeitsplätze, die dem Kläger kraft Direktionsrecht hätten zugewiesen werden können. Der rechtliche Ausgangspunkt der Beklagten ist zutreffend. An einer Vergleichbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig qua Direktionsrecht auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann. Jedoch verhält es sich bereits in tatsächlicher Hinsicht anders. Nach dem nicht erheblich bestrittenen Vortrag des Klägers bestanden im insoweit maßgebenden Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung im Bereich Terminal-Handling Vollzeitstellen. Insofern weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass es nicht auf den mittlerweile eingetretenen Arbeitszeitumfang der Beschäftigten im Terminal-Handling ankommt. Auf diesen stellt wohl die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 10.11.2006 (Seite 17 = Blatt 109 der LAG-Akte) insofern ab, als sie hierzu ausführt: "Die Beklagte hat zur Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung "Modell DPE" insbesondere im Bereich Terminal-Handling erhebliche Umstrukturierungen vorgenommen, was für die Mitarbeiter der D. W. mit sehr weitgehenden Reduzierungen der bisherigen Wochenstunden - einvernehmlich oder mittels Änderungskündigungen - verbunden war.". Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Kreis der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung zu bilden (Urteil vom 21.04.2005 - 2 AZR 241/04 - AP Nr. 74 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B I 3 der Gründe). Aber auch aus Rechtsgründen ist im Rahmen der Sozialauswahl bei unterschiedlichen vertraglichen Arbeitszeiten grundsätzlich von einer Vergleichbarkeit auszugehen (BAG, Urteil vom 22.04.2004 - 2 AZR 244/03 - AP Nr. 67 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B II 3 a der Gründe). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber eine Organisationsentscheidung getroffen hat, nach der aus offensichtlich nicht unsachlichen Gründen Arbeitnehmer gerade mit einem bestimmten Arbeitszeitvolumen zukünftig benötigt werden. Der Arbeitgeber kann nämlich regelmäßig auch hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung eine unternehmerische Organisationsentscheidung treffen und Vorgaben machen, an denen das Arbeitsgericht nicht ohne Weiteres vorbeigehen kann. In einem solchen Fall wäre eine Sozialauswahl nicht zu beanstanden, die bei diesen organisatorischen Rahmenbedingungen ansetzt (BAG, Urteil vom 22.04.2004 - 2 AZR 244/03 - a. a. O., zu B II 3 b der Gründe mit weiteren Nachweisen). Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang auf ein so genanntes "Modell DPE", nach dem im Bereich Terminal-Handling die Abwicklung des Umschlages in zwei Zeitfenstern vonstatten geht. Danach sei eine Arbeitszeit von maximal 20 bis 30 Stunden pro Woche gegeben. Demgegenüber bestätigt zwar der Kläger bestehende Zeitfenster, gibt diese jedoch konkret für den Bereich des Terminal-Handlings von 05.00 Uhr bis 13.30 Uhr und von 16.00 Uhr bis 22.30 Uhr an, so dass ohne Weiteres die Beschäftigung von Vollzeitarbeitnehmern im Terminal-Handling gegeben sei. Von einer Organisationsentscheidung, die einer Sozialauswahl zwischen vollzeit- und teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern entgegensteht, kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat diesbezüglich keinen Sachvortrag gehalten, wann und mit welchem konkreten Inhalt das "Modell DPE" im Bereich Terminal-Handling eingeführt wurde und welches Arbeitszeitmodell vorher in diesem Bereich bestand. Im Übrigen ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Anlage B 4 (Blatt 91 der ArbG-Akte), dass im Bereich Terminal-Handling auch Arbeitnehmer in Vollzeit aufgelistet sind (zum Beispiel Helmut Raff, Jose Di Dio).

(3) Die Austauschbarkeit des Klägers als Arbeitnehmer der Gruppe der Kurierfahrer mit den Arbeitnehmern im Bereich Terminal-Handling besteht auch in Bezug auf den angebotenen neuen Arbeitsplatz. Dies entspricht auch der Auffassung der Beklagten insofern, als sie dem Kläger als Änderungsangebot eine Tätigkeit im Terminal-Handling angetragen hat. Ist Gegenstand des Änderungsangebotes eine Tätigkeit, für die bereits die Vergleichbarkeit in Bezug auf die innegehabten Arbeitsplätze bejaht wurde, dann ergibt sich für die Bewertung des angebotenen neuen Arbeitsplatzes nichts anderes.

dd) Die rechtsfehlerhafte Bildung des Kreises der vergleichbaren Arbeitnehmer wirkt sich auch ursächlich zu Lasten des Klägers aus. Hätte die Beklagte richtigerweise die Arbeitnehmer im Bereich Terminal-Handling in die Vergleichsgruppe einbezogen, so hätten vor dem Kläger mit 96 Sozialpunkten sechs Arbeitnehmer aus dem Bereich Terminal-Handling mit 74 bis 91 Sozialpunkten vorrangig gekündigt werden müssen (vergleiche Schriftsatz des Klägers vom 30.06.2006, Seite 15 = Blatt 154 der ArbG-Akte). Das ist zwischen den Parteien unstreitig.

ee) Im Übrigen kann sich die Beklagte auf die zur Rechtfertigung ihrer getroffenen sozialen Auswahl angeführten Gründe nicht berufen. Sie hat nämlich den Betriebsrat objektiv unvollständig angehört, weswegen es ihr verwehrt ist, im Kündigungsschutzprozess die dem Betriebsrat nicht mitgeteilten Gründe nachzuschieben (ständige Rechtsprechung des BAG, zum Beispiel Urteil vom 11.12.2003 - 2 AZR 536/02 - AP Nr. 65 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B II 3 a der Gründe; BAG, Urteil vom 02.06.2005 - 2 AZR 480/04 - AP Nr. 75 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu B II 1 der Gründe).

(1) Nach § 102 Absatz 1 Satz 2 BetrVG muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe mitteilen, die aus seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind. Den Kündigungssachverhalt muss er in der Regel unter Angabe von Tatsachen, aus denen der Kündigungsentschluss hergeleitet wird, so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Teilt der Arbeitgeber objektiv kündigungserhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deshalb nicht mit, weil er darauf die Kündigung nicht oder zunächst nicht stützen will, dann ist die Anhörung ordnungsgemäß, weil eine nur bei objektiver Würdigung unvollständige Mitteilung der Kündigungsgründe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung nach § 102 BetrVG führt. Eine in diesem Sinne objektiv unvollständige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber allerdings, im Kündigungsschutzprozess Gründe nachzuschieben, die über die Erläuterung des mitgeteilten Sachverhaltes hinausgehen.

In Bezug auf eine durchgeführte Sozialauswahl braucht der Arbeitgeber nur seine subjektiven, das heißt die von ihm tatsächlich angestellten Auswahlüberlegungen mitzuteilen. Sind diese subjektiven Überlegungen des Arbeitgebers fehlerhaft, das heißt entsprechen sie nicht den gemäß § 1 Absatz 3 KSchG an eine Sozialauswahl zu stellenden Anforderungen, so kann die Kündigung nur gemäß § 1 Absatz 3 KSchG, nicht aber gemäß § 102 Absatz 1 BetrVG unwirksam sein (BAG, Urteil vom 16.01.1987 - 7 AZR 495/85 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 48, zu I 2 der Gründe).

(2) Hieran gemessen kann sich die Beklagte jedenfalls nicht auf die von ihr zur Rechtfertigung der Sozialauswahl angeführten Gründe berufen (Sperrwirkung).

Aufgrund der erst- und zweitinstanzlich vom Kläger näher bestimmt angebrachten Rügen der nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates hat sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 18.05.2006 (Seite 21 = Blatt 68 der ArbG-Akte) insoweit hierzu erklärt, als sie vollumfänglich auf den Inhalt der als Anlagen beigefügten Betriebsratsanhörung (Blatt 121 ff. der ArbG-Akte) Bezug genommen und sie zum Gegenstand ihres Vortrages gemacht hat. Im Anhörungsschreiben vom 06.02.2006 ist die von der Beklagten in ihren Schriftsätzen behauptete Sozialauswahl mit keinem Wort erwähnt. Mittelbar ergibt sich aus der Formulierung "Dabei könne nach dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung der aufgrund des o. g. Sozialplans erlangten Punkte,..." bei wohlwollender Auslegung, dass die Beklagte hiermit in Verbindung mit dem Schreiben wohl beigefügten fünf Anlagen auf die betriebsvereinbarte Auswahlrichtlinie Bezug nimmt. Indessen fehlt es an jedwedem Vortrag zu den tatsächlichen Gesichtspunkten der im Streit stehenden Vergleichsgruppenbildung. Eine diesbezügliche Kenntnis des Betriebsrates von den Überlegungen der Beklagten wird auch nicht mitgeteilt. Da für die Berufungskammer keine Anhaltspunkte für eine bewusste oder irreführende Fehlinformation des Betriebsrates vorliegt, geht sie nach dem Grundsatz der subjektiven Determination einerseits von einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates aus, verwehrt es jedoch der Beklagten, die dem Betriebsrat nicht mitgeteilte Begründung ihrer Sozialauswahl nachzuschieben.

2. Da die Kündigung bereits aufgrund der fehlerhaften Sozialauswahl sozial nicht gerechtfertigt ist, konnten die weiteren vom Kläger geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe unentschieden bleiben.

II.

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist im Umfang des Hilfsantrages begründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Hauptantrag abgewiesen. Der Kläger kann nämlich von der Beklagten keine Weiterbeschäftigung im Hauptbetrieb S. der A. S. beanspruchen. Eine Anspruchsgrundlage ist nicht gegeben. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist der Hilfsantrag zulässig und auch begründet.

1. Der Kläger kann von der Beklagten auf der Grundlage seines Hauptantrages eine Weiterbeschäftigung über den Beendigungstermin 31.03.2006 hinaus nicht verlangen. Eine Anspruchsgrundlage ist nicht gegeben.

a) Der vom Kläger verlangten Weiterbeschäftigung steht nicht entgegen, dass die Beklagte ihm gegenüber eine Änderungskündigung ausgesprochen hat. Nach herrschender Meinung kann ein Arbeitnehmer Weiterbeschäftigung nach § 102 Absatz 5 BetrVG und/oder nach §§ 611, 613 BGB in Verbindung mit Artikel 1, 2 GG, § 242 BGB (so genannter allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch) verlangen, sofern - wie vorliegend geschehen - er das unterbreitete Änderungsangebot ablehnt.

b) Der Kläger kann von der Beklagten eine Weiterbeschäftigung ausschließlich im Hauptbetrieb S. der A. S. nicht verlangen. Dem Weiterbeschäftigungsverlangen des Klägers steht nämlich das Direktionsrecht der Beklagten entgegen. In § 2 I des Arbeitsvertrages der Parteien vom 17.04.2000, der die inhaltliche Ausgestaltung des Weiterbeschäftigungsverlangens über den vermeintlichen Beendigungstermin 31.03.2006 ist, heißt es: "Der Arbeitnehmer wird derzeit eingestellt als Kurierfahrer im B.-C. S. in F..". § 2 Absatz 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages lautet: "Der Arbeitgeber strebt an, im begründeten Fall, dem Arbeitnehmer eine andere, seiner Eignung entsprechende Tätigkeit innerhalb unserer Gesellschaft zu übertragen.". Nach Satz 3 der vorgenannten Bestimmung soll das Weisungsrecht des Arbeitgebers hiervon unberührt bleiben. Danach kann der Kläger eine Beschäftigung ausschließlich im Hauptbetrieb S. der A. S. nicht beanspruchen ("derzeit"; "innerhalb unserer Gesellschaft"). Des Weiteren liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Konkretisierung des Arbeitsortes vor. Jedenfalls liegen besondere Umstände nicht vor, die eine solche Konkretisierung rechtfertigen könnten.

c) Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB liegt nicht vor. Im Übrigen fehlt es an der Kontrollfähigkeit des in § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien zum Ausdruck kommenden Direktionsrechts (§ 307 Absatz 3 Satz 1 BGB).

aa) § 2 ist Inhalt eines Formulararbeitsvertrages im Sinne des § 305 Absatz 1 Satz 1 BGB. Die schlüssige Behauptung des Klägers wird von der Beklagten auch nicht angegriffen.

bb) Die mangelnde Kontrollfähigkeit nach § 307 Absatz 3 Satz 1 BGB steht der Anwendung des Transparenzgebotes nicht entgegen (§ 307 Absatz 3 Satz 2 BGB).

(1) AGB-Klauseln, die von den auf den Vertrag anwendbaren Rechtsvorschriften weder abweichen noch sie ergänzen, sind nicht kontrollfähig. Voraussetzung ist, dass sie in jeder Hinsicht mit der fraglichen Rechtsnorm übereinstimmen. Am Vertragsinhalt darf sich nichts ändern, wenn man sich die fragliche Klausel wegdenkt. Dabei spielt es keine Rolle, ob auf die Rechtsvorschrift verwiesen oder diese inhaltlich übernommen wird (vergleiche Däubler/Dorndorf, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 1. Auflage, § 307 BGB Randnummer 256).

(2) Hieran gemessen fehlt es an der Kontrollfähigkeit des in § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien enthaltenen Direktionsrechts; denn insoweit handelt es sich lediglich um eine deklaratorische Wiedergabe dessen, was der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Denkt man den Inhalt des § 2 weg, so wäre die Beklagte nach § 106 Satz 1 GewO kraft Gesetzes berechtigt, den Kläger nach billigem Ermessen an einem anderen Ort einzusetzen.

(3) Nach § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen jedoch entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BAG, Urteil vom 11.04.2206 - 9 AZR 557/05 - AP Nr. 17 zu § 307 BGB, zu A I 2 b bb (3) (3.1) der Gründe).

Dem trägt die Klausel des § 2 des Arbeitsvertrages der Parteien Rechnung. Die von der Beklagten als Verwender der Klausel aufgestellten Tatbestandsmerkmale "derzeit", "innerhalb unserer Gesellschaft" lassen den Einsatz an einem anderen Ort als im B.-C. S. in F. erkennen. Hinzu kommt, dass die gesetzliche Grundlage des § 106 Satz 1 GewO der Beklagten als Arbeitgeberin ein sehr weitgehendes Bestimmungsrecht auch in Bezug auf den Ort der Arbeitsleistung einräumt. Daraus folgt die Berechtigung der Festlegung auch einer Mobilitätsklausel. Die Zulässigkeit einer konkreten Maßnahme würde dann der Ausübungskontrolle unterliegen.

2. Der zur Entscheidung angefallene Hilfsantrag ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht bereits auf der Grundlage des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches in Verbindung mit seinem Arbeitsvertrag das geltend gemachte Begehren zu.

a) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist der zur Entscheidung gestellte Hilfsantrag bestimmt im Sinne des § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO.

aa) Nach dieser anzuwendenden Bestimmung muss das Begehren, das sich aus Klageantrag und Klagebegründung ergibt, die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruches sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Dadurch wird der Streitgegenstand bestimmt, die Entscheidungsbefugnis des Gerichts abgegrenzt und die Grundlage für das formalisierte enumrativ ausgestaltete Zwangsvollstreckungsverfahren gelegt.

bb) Hieran gemessen genügt der Antrag des Klägers dem Bestimmtheitserfordernis.

(1) Die Beklagte als Adressatin einer stattgebenden Entscheidung und somit Vollstreckungsschuldnerin weiß bereits aus dem Klageinhalt, dass der Kläger in Vollzeit auf der Grundlage des vertraglich Vereinbarten Beschäftigung beansprucht.

(2) Gleichwohl ist der formulierte Antrag des Klägers aus sich heraus nicht vollstreckungsfähig, weil eine Weiterbeschäftigung "zu den Bedingungen seines Arbeitsvertrages" geltend gemacht wird. Jedoch ergibt sich aus der Klagebegründung, dass insoweit auf den dem Schriftsatz des Klägers vom 14.03.2006 beigefügten Arbeitsvertrag der Parteien verwiesen wird (Blatt 27 bis 32 der ArbG-Akte). Dass die sich aus der vorgelegten Vertragsurkunde ergebenden und durch Bezugnahme als Parteivortrag zu bewertenden Arbeitsvertragsbedingungen derzeit Geltung haben, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Es wäre Förmelei, wollte man vom Kläger verlangen, dass er die vereinbarten und unstreitigen Arbeitsbestimmungen in seinen Antrag mit aufnimmt. Die Feststellung des Konsenses der Parteien über die Arbeitsvertragsbedingungen ist nicht mit der von Amts wegen zu beurteilenden Frage der Bestimmtheit des Begehrens zu verwechseln (vergleiche Gießen, SAE 2006, 45 ff., 47). Bestünde Streit der Parteien über den Inhalt des Arbeitsvertrages, könnte von einer Bestimmtheit des Begehrens nicht ausgegangen werden; denn es gilt nach wie vor der Grundsatz, dass materiell-rechtliche Streitpunkte im Erkenntnis- und nicht etwa im Vollstreckungsverfahren zu klären sind.

(3) Die von der Berufungskammer angenommene Bestimmtheit des Klageantrages entspräche auch den Anforderungen an die Bestimmtheit eines vollstreckungsfähigen Titels auf Beschäftigung/Weiterbeschäftigung. Es entspricht der Logik, dass die im Erkenntnisverfahren zu beurteilende Bestimmtheit des Streitgegenstandes bejahendenfalls die Vollstreckungsfähigkeit des Titels im anschließenden Vollstreckungsverfahren zur Folge hat. Die Instanzrechtsprechung erachtet nämlich dann einen Beschäftigungs-/Weiterbeschäftigungstitel für vollstreckbar, soweit er die Art der zu leistenden Beschäftigung/ Weiterbeschäftigung nach Verkehrsüblichkeit und Herkommen typischerweise erkennen lässt. Sie geht davon aus, dass auch die Vollstreckungsfähigkeit eines Titels auf Beschäftigung/Weiterbeschäftigung zu den "alten", "bisherigen", "vertraglichen" oder "unveränderten" Bedingungen bejaht werden kann, wenn sich die Einzelheiten der Beschäftigungsweise unter Heranziehung der dem Vollstreckungsschuldner zugestellten Urkunden, also von Tatbestand und Entscheidungsgründen des Urteils sowie aus sonstigen im Urteil in Bezug genommenen Urkunden, auch für einen unbeteiligten Dritten aus sich heraus eindeutig erkennen lassen (zum Beispiel LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.02.2005 - 2 Ta 23/05 - NZA-RR 2005, 550 f., zu II 2 a der Gründe mit zahlreichen Nachweisen). Die fehlende Angabe der begehrten Tätigkeit ist entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts unschädlich. Die Beklagte als Arbeitgeberin und Autorin des Arbeitsvertrages weiß sehr wohl, welche Tätigkeit sie berechtigt ist, vertraglich anzubieten.

b) Der Kläger kann seinen Hilfsantrag auf die Anspruchsgrundlage des vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts im Wege der Rechtsfortbildung entwickelten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch stützen (Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu C II 2 der Gründe). Auf den kollektiv-rechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Absatz 5 Satz 1 BetrVG kommt es vorliegend nicht an.

aa) Die Voraussetzungen des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches liegen vor.

(1) Außerhalb der Regelung des § 102 Absatz 5 Satz 1 BetrVG hat der gekündigte Arbeitnehmer einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Außer im Fall einer offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses. Dieses überwiegt in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht. Solange ein solches Urteil besteht, kann die Ungewissheit des Prozessausganges für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen. Hinzukommen müssen dann vielmehr zusätzliche Umstände, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen.

(2) Danach liegen die Voraussetzungen für das geltend gemachte Weiterbeschäftigungsbegehren vor.

Nach Auffassung der Kammer bestehen zwar methodologische Bedenken gegen die vom Großen Senat des Bundesarbeitsgerichts im Wege der Rechtsfortbildung gewonnene Erkenntnis (vergleiche insbesondere Rüthers, Rechtstheorie, 2. Auflage, Randnummer 796 ff. und 822 ff.); sie sind im Ergebnis jedoch nicht durchschlagend, da die seit 1985 bestehende Rechtsprechung zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch auch als gewohnheitsrechtliches Richterrecht überwiegend anerkannt ist.

Die Anspruchsvoraussetzungen für den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch liegen vor; denn die dem Konstrukt des allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrages zugrunde liegende Ungewissheit über die objektive Rechtslage hat sich anspruchsbegründend zugunsten des Klägers gestaltet. Mit Urteil vom 19.07.2006 hat das Arbeitsgericht die ordentliche Kündigung der Beklagten als rechtsunwirksam festgestellt. Durch das Obsiegen des Klägers in erster Instanz kann die Ungewissheit des Prozessausganges für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse der Beklagten nicht mehr begründen. Zusätzliche Umstände, aus denen sich im Einzelfall gleichwohl ein überwiegendes Interesse der Beklagten ergeben kann (zum Beispiel der Verdacht des Verrates von Betriebsgeheimnissen oder die Herbeiführung einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers durch die Weiterbeschäftigung), den Kläger nicht zu beschäftigen, hat die insoweit darlegungsbelastete Beklagte nicht mitgeteilt.

Der Erkenntnis der Berufungskammer steht das Direktionsrecht der Beklagten nicht entgegen. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen unter anderem nicht durch den Arbeitsvertrag festgelegt sind. Nach § 2 II Satz 2 des Arbeitsvertrages der Parteien gilt, dass die Beklagte berechtigt ist, dem als Kurierfahrer zuletzt eingesetzten Kläger auch andere, seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende Aufgaben zu übertragen oder ihn an einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort zu versetzen. Dem hat der Kläger mit seiner Antragsformulierung Rechnung getragen. Er weiß, dass ihm ein Ausschließlichkeitsanspruch nicht zusteht. Ein solcher wäre mit dem vorbehaltenen Direktionsrecht der Beklagten nicht zu vereinbaren. Der Erlass eines Weiterbeschäftigungstitels mit einer bestimmten Tätigkeit würde insoweit einen Eingriff in die von den Parteien ausgeübte Privatautonomie bedeuten. Vorliegend trägt deshalb der Kläger bereits mit seiner Antragsformulierung "zu den Bedingungen seines Arbeitsvertrages" dem vertraglich sehr weitgehend vorbehaltenen Direktionsrecht der Beklagten Rechnung. Mit anderen Worten: Der Kläger verlangt von der Beklagten - vereinfacht ausgedrückt - vertragsgemäße Beschäftigung. Dementsprechend ist es der Beklagten auch nicht verwehrt, dem Kläger auf der Grundlage des mit dem Arbeitsvertrag übereinstimmenden Direktionsrechts vorbehaltlich der Beteiligung des Betriebsrates, zum Beispiel eine bestimmte Tätigkeit zuzuweisen; denn die dem Konstrukt des allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrages zugrunde liegende Ungewissheit der objektiven Rechtslage bedingt folgerichtig die Weitergeltung der Arbeitsvertragsbedingungen.

bb) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist das vom Kläger verfolgte Begehren nicht vergangenheitsbezogen. Das Weiterbeschäftigungsbegehren ist naturgemäß auf zukünftige Beschäftigung ausgerichtet.

cc) Dem Weiterbeschäftigungsanspruch steht auch § 14 des Arbeitsvertrages der Parteien nicht entgegen. Zum einen erfasst diese vertragliche Abrede nur den Beschäftigungs-, nicht aber den Weiterbeschäftigungsanspruch, zum anderen wäre die generelle und einschränkungslose Freistellungsklausel gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

(1) Die Bewertung des Inhaltes der Freistellungsklausel auf der Grundlage der für rechtsgeschäftliche Erklärungen anerkannten Auslegungsregeln ergibt im insoweit wohlverstandenen Interesse beider Parteien, dass lediglich hiervon der so genannte Beschäftigungsanspruch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses erfasst ist. Dies entspricht zum einen auch der darin beschriebenen Konstellation. Sie gilt für den Fall einer ordentlichen Kündigung, und zwar insoweit, als der Arbeitgeber berechtigt sein soll, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitnehmer unter Fortzahlung seiner Vergütung von seiner Tätigkeit freizustellen. Die Klausel erfasst weder den anders gelagerten Sachverhalt einer außerordentlichen fristlosen Kündigung noch die Konstellation einer Weiterbeschäftigung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses. Das ist eine andere Konstellation, auf die der Arbeitgeber auch vertraglich keinen Einfluss hat; denn zum anderen kann sowohl auf den kollektiv-rechtlichen als auch auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch vom Arbeitgeber im Voraus nicht verzichtet werden (zum Beispiel Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Auflage, Randnummer 2078; vergleiche auch HaKo-Griebeling, 2. Auflage, § 102 BetrVG Randnummer 191 mit weiteren Nachweisen). Dem wohlverstandenen Interesse der Parteien entspricht es, davon auszugehen, ihre Privatautonomie im Rahmen des rechtlich Möglichen ausüben zu wollen.

(2) Soweit die Freistellungsklausel den Weiterbeschäftigungsanspruch erfasst, hält sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nr. 1 BGB nicht stand.

Dass es sich insoweit um einen Formulararbeitsvertrag im Sinne des § 305 Absatz 1 Satz 1 BGB handelt, wurde bereits vorstehend erörtert. Die Freistellungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien vom 18.06.2001 unterliegt seit 01.03.2003 (Artikel 229, § 5 EGBGB) der AGB-Kontrolle. Wäre der Weiterbeschäftigungsanspruch Inhalt der Freistellungsklausel, läge eine unangemessene Benachteiligung vor, weil sie insoweit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 102 Absatz 5 BetrVG und des richterrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruches nicht vereinbar wäre. Wie bereits vorstehend ausgeführt, kann sowohl auf den kollektiv-rechtlichen als auch auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch im Voraus nicht verzichtet werden. Insoweit ist allgemein anerkannt, dass generelle, einschränkungslose Freistellungsklauseln unwirksam sind (zum Beispiel LAG München, Urteil vom 07.05.2003 - 5 Sa 297/03 - LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Absatz 1, 92 Absatz 1 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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