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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 23.11.2006
Aktenzeichen: 7 Sa 95/06
Rechtsgebiete: BErzGG, ZPO, BGB, TzBfG, ArbGG, MuSchG, BBiG, BetrVG


Vorschriften:

BErzGG § 15
BErzGG § 15 Abs. 4
BErzGG § 15 Abs. 4 Satz 1
BErzGG § 15 Abs. 4 Satz 3
BErzGG § 15 Abs. 4 Satz 4
BErzGG § 15 Abs. 5
BErzGG § 15 Abs. 6
BErzGG § 15 Abs. 7
BErzGG § 15 Abs. 7 Nr. 1
BErzGG § 15 Abs. 7 Nr. 2
BErzGG § 15 Abs. 7 Nr. 3
BErzGG § 15 Abs. 7 Nr. 4
BErzGG § 15 Abs. 7 Nr. 5
BErzGG § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1
BErzGG § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4
BErzGG § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5
BErzGG § 15 Abs. 7 Satz 2
BErzGG § 15 Abs. 7 Satz 3
BErzGG § 15 Abs. 7 Satz 4
BErzGG § 15 Abs. 7 Satz 5
BErzGG § 16 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 894 Abs. 1 Satz 1
BGB § 275 Abs. 1 n. F.
BGB § 306 a. F.
BGB § 311a Abs. 1
TzBfG § 8
TzBfG § 8 Abs. 4 Satz 1
TzBfG § 8 Abs. 5 Satz 2
TzBfG § 8 Abs. 5 Satz 3
TzBfG § 23
ArbGG § 69 Abs. 2
MuSchG § 9 Abs. 3 Satz 2
BBiG § 22 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 3
BetrVG § 102 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 7 Sa 95/06

verkündet am 23.11.2006

In dem Rechtsstreit

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 7. Kammer -

durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Pfeiffer, den ehrenamtlichen Richter Fischer und den ehrenamtlichen Richter Jung

auf die mündliche Verhandlung vom 23.11.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 06.07.2005 - 28 Ca 2692/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf eine Teilzeitbeschäftigung während ihrer Elternzeit.

Die Klägerin ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages der Parteien vom 23.07.2001 (Blatt 6 bis 8 der ArbG-Akte) in Verbindung mit den Stellenbeschreibungen vom 05.06.2001 (Blatt 9 der ArbG-Akte) und vom 30.04.2004 (Blatt 45, 46 der ArbG-Akte) seit 08.10.2001 als Sachbearbeiterin Marketingkoordination in Vollzeit beschäftigt. Die Beklagte betreibt einen Versandhandel; sie beschäftigt regelmäßig mindestens 200 Arbeitnehmer. Die Klägerin war zuletzt in der aus sieben Personen bestehenden Abteilung Database-Marketing mit der Koordination von so genannten Mailing- und Faxaktionen beschäftigt, die sich unmittelbar an die Kunden der Beklagten richten. Dabei müssen Preise abgefragt, Preisregeln geprüft, Entscheidungen der Geschäftsführung eingeholt und gegebenenfalls ein Werbefax beim Dienstleister freigegeben werden. Sie ist zentrale Ansprechpartnerin für die Werbeabteilung, den Zentraleinkauf und die Druckereien. Mitunter fallen auch situationsabhängige Werbekampagnen an, so zum Beispiel das Angebot von Ventilatoren bei schönem Wetter. Diese Aktionen müssen dann zeitnah bearbeitet werden. Im Fall ihrer Urlaubsnahme bereitet die Klägerin die in dieser Zeit durchgeführten Aktionen vor.

Die Klägerin unterrichtete die Beklagte im Sommer 2004 über ihre Schwangerschaft. Im August 2004 teilte sie der Beklagten ihre Absicht mit, Elternzeit in Anspruch zu nehmen und während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten. Obgleich die Beklagte mehrfach nachfragte, legte sich die Klägerin hinsichtlich des Beginns ihrer gewünschten Teilzeitbeschäftigung und des zeitlichen Umfanges noch nicht fest. Die Beklagte stellte am 06.10.2004 mit Wirkung ab 01.11.2004 eine Ersatzkraft für die Klägerin unbefristet und in Vollzeit ein, um dieser noch während der Anwesenheit der Klägerin eine Einarbeitung in den komplexen Aufgabenbereich zu ermöglichen.

Mit am 26.10.2004 zugegangenem Schreiben vom 25.10.2004 (Blatt 11 der ArbG-Akte) wandte sich die Klägerin an die Beklagte unter dem Betreff:

"Antrag auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit (§ 15 Absatz 5 und 7 BErzGG)

Sehr geehrte Frau E.,

wie bereits im August im Rahmen zweier Gespräche mit Ihnen bzw. Ihnen und Herrn W. angedeutet, kommt für mich eine Teilzeitbeschäftigung (gerne auch als Telearbeit) während der Elternzeit in Frage.

Obwohl die gesetzliche Regelung die Antragstellung erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt vorsieht, möchte ich Sie schon jetzt darüber informieren, dass ich gerne während der Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung ausüben würde.

Diese soll am 01.03.2006 beginnen und 15 h pro Woche, verteilt auf zwei Arbeitstage in S. (sofern keine Telearbeitsmöglichkeit besteht), betragen. An welchen Wochentagen die Tätigkeit ausgeübt wird, wäre dann zusammen mit Ihnen noch festzulegen. Ferner kann ich mir eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit im weiteren Verlauf der Elternzeit vorstellen.

Den entsprechenden Antrag auf Elternzeit werde ich Ihnen fristgerecht zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen.

Für Rückfragen oder zur Klärung weiterer Einzelheiten stehe ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.

Für Ihre Bemühungen danke ich Ihnen bereits im Voraus und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Unterschrift"

Mit Schreiben vom 10.01.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab der Geburt ihres Kindes (00.00.2005) für die Dauer von zwei Jahren Elternzeit in Anspruch nehmen werde.

Von November 2004 bis Oktober 2005 führte die Klägerin mehrere Gespräche mit ihren Vorgesetzten wegen der beabsichtigten Teilzeitbeschäftigung. Am 07.12.2005 und nachfolgend mit Schreiben vom 15.12.2005 (Blatt 14, 15 der ArbG-Akte) teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie könne ihrem Antrag vom 25.10.2004 nicht entsprechen, weil sie bereits zuvor eine Ersatzkraft in Vollzeit eingestellt habe. Diese und auch andere Mitarbeiter seien nicht bereit, ihre Arbeitszeit zu verringern. Andere Beschäftigungsmöglichkeiten seien nicht vorhanden.

Unter Vorlage einer Originalvollmacht und unter Bezugnahme auf das Schreiben seiner Mandantin vom 15.12.2005 bat ihr Bevollmächtigter mit Anwaltsschreiben vom 31.01.2006 unter Fristsetzung von zwei Wochen mitzuteilen, wann sie die Klägerin zur Aufnahme ihrer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 15 Stunden wöchentlich erwarte (Blatt 17, 18 der ArbG-Akte). Die Beklagte ließ mit beim Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14.02.2006 eingegangenem Anwaltschreiben vom 13.02.2006, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 19 bis 22 der ArbG-Akte), die begehrte Teilzeitbeschäftigung der Klägerin zurückweisen. Mit der Beklagten am 31.03.2006 zugestellten Klage vom 21.03.2006 verlangt die Klägerin von der Beklagten ihre Zustimmung zu einer Verringerung der Arbeitszeit auf 15 Stunden pro Woche an zwei Tagen der Woche während der Dauer ihrer Elternzeit bis zum 04.02.2007.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe nicht fristgerecht innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung auf ihr als schriftliche Mitteilung der Geltendmachung des gesetzlichen Anspruches zu bewertendes Schreiben vom 25.10.2004 reagiert. Schon deswegen sei der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gegeben. Die Beklagte könne mit den später mitgeteilten, angeblich entgegenstehenden betrieblichen Gründen nicht gehört werden. Die Klägerin hat bestritten, dass ihre Tätigkeit nicht von zwei Mitarbeitern an unterschiedlichen Wochentagen ausgeübt werden könne. Der dahingehende Einwand der Beklagten sei lediglich vorgeschoben. Sie habe sich in keinem der Gespräche darauf berufen. Ihr Vorgesetzter habe sie vielmehr aufgefordert, sich bezüglich des Umfanges und des Beginns der Teilzeitbeschäftigung festzulegen. Die Beklagte könne sich insofern nicht auf die Einstellung der Ersatzkraft als ein der Teilzeitbeschäftigung entgegenstehender betrieblicher Grund berufen, als sie bei der Ausgestaltung jenes Arbeitsvertrages bereits ihren Teilzeitwunsch gekannt habe und gegebenenfalls sie zu einer Festlegung hätte drängen müssen.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zu erteilen zu einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 15 Stunden pro Woche an zwei Tagen der Woche während der Dauer ihrer Elternzeit bis zum 04.02.2007.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Schreiben der Klägerin vom 25.10.2004 stelle bereits keinen Teilzeitantrag dar, sondern lediglich die unverbindliche Information über die Absichten der Klägerin, Elternzeit beantragen und währenddessen einer teilschichtigen Tätigkeit nachgehen zu wollen. Entgegen der Ansicht der Klägerin gehe mit dem Ablauf der Frist für eine Ablehnung nach § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG keine Präklusion ihres Vorbringens einher. Entgegenstehende dringende betriebliche Gründe lägen vor. Sie habe unter Berücksichtigung einer Einarbeitungszeit den Arbeitsplatz der Klägerin wegen der voraussichtlichen Elternzeit neu besetzen müssen. Da die Klägerin auf mehrfache Nachfrage Beginn und Lage der Teilzeittätigkeit nicht festgelegt habe, habe sie sich mit der Einstellung auch nicht treuwidrig verhalten. Freie Arbeitsplätze seien nicht vorhanden. Es bestünde auch keine Bereitschaft anderer Mitarbeiter, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. In den Gesprächen mit dem Vorgesetzten der Klägerin sei es stets darum gegangen, ob ein anderer Arbeitsplatz für sie geschaffen werden könne, den dahingehenden Antrag habe die Geschäftsführung aber im Rahmen der Personalplanung im Herbst 2005 nicht genehmigt. Im Übrigen sei der Arbeitsplatz tatsächlich auch nicht teilbar. Mailing- und Faxaktionen müssten unverzüglich bearbeitet und umgesetzt werden, einzelne Arbeitsschritte dürften nicht mehrere Arbeitstage liegen bleiben, weil die Teilzeitkraft nur an einigen Tagen der Woche arbeite. Die einzelnen Arbeitsprozesse wären eng miteinander verbunden und eng terminiert. Erforderlich sei ein umfassendes und detailliertes Wissen um die jeweilige Werbeaktion, das allenfalls aufgrund einer umfangreichen Liste an eine weitere Teilzeitkraft weitergegeben werden könne. Das führe zu einem unzumutbaren Arbeitsaufwand und zur Verdoppelung einzelner Arbeitsschritte oder zum Verlust von Informationen.

Mit Urteil vom 06.07.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Teilzeitbegehren der Klägerin stünden dringende betriebliche Gründe entgegen. Das Schreiben der Klägerin vom 25.10.2004 sei bei interessengerechter Auslegung ein annahmefähiger Antrag im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen. Dem Auslegungsergebnis stehe nicht entgegen, dass die Klägerin den Antrag auf Elternzeit, der die Grundlage der Teilzeitbeschäftigung bilde, noch gar nicht gestellt hätte; denn der Beklagten sei klar gewesen, dass die Klägerin nach der Geburt ihres Kindes bzw. nach Ablauf der Mutterschutzfrist Elternzeit in Anspruch nehmen werde. Dringende betriebliche Gründe stünden insofern einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin entgegen, als die Beklagte mit der Einstellung der Ersatzkraft in Vollzeit mit Wirkung zum 01.11.2004 die erforderlichen organisatorischen und personellen Dispositionen getroffen habe, um eine reibungslose Übernahme der Tätigkeiten der Klägerin zu gewährleisten. Die Beklagte sei mit den vorgebrachten betrieblichen Gründen auch nicht präkludiert. Diese Rechtsfolge ergebe sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG. Im Übrigen habe die Beklagte mit der Einstellung der Vertretungskraft in Vollzeit die Beschäftigung der Klägerin nicht treuwidrig vereitelt. Zwar habe die Beklagte spätestens seit August 2004 gewusst, dass die Klägerin beabsichtigte, Elternzeit in Anspruch zu nehmen und Interesse an einer Teilzeitbeschäftigung habe; trotz mehrfacher Nachfragen habe sich die Klägerin aber auf den Beginn der Teilzeitarbeit und deren konkreten Umfang nicht festlegen wollen. Es müsse der Beklagten zugestanden werden, im betrieblichen Interesse rechtzeitig für eine Ersatzkraft Sorge zu tragen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe unter A ergänzend Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 07.08.2006 zugestellte Urteil legte diese mit beim Berufungsgericht am 06.09.2006 eingegangenem Schriftsatz Berufung ein und führte sie mit beim Landesarbeitsgericht am 09.10.2006 (Montag) eingegangenem Schriftsatz aus.

Die Klägerin rügt fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts insofern, als es die Bedeutung des § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG verkannt habe. Nach ihrer Ansicht könne der Arbeitgeber nur dann den Teilzeitwunsch ablehnen, wenn er seiner Verpflichtung nachkomme, innerhalb der gesetzlichen Frist seine Gründe in schriftlicher Form darzulegen. Dies ergebe sich insbesondere aus der Verwendung des Wortes "muss". Nach Ablauf der normierten Frist könnten Erklärungen oder Handlungen nicht mehr nachgeholt werden. Diese Rechtsfolge müsse nicht ausdrücklich normiert werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung der Klägerin wird auf ihren Schriftsatz vom 09.10.2006 unter II (Aktenblatt 25 bis 28) ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 06.07.2006, Aktenzeichen 28 Ca 2692/06, abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zu erteilen zu einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 15 Stunden pro Woche an zwei Tagen der Woche während der Dauer ihrer Elternzeit bis zum 04.02.2007.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt unter Vertiefung ihrer bereits erstinstanzlich vertretenen Auffassung das arbeitsgerichtliche Urteil. Wegen der Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 13.11.2006 unter A I bis III verwiesen.

In der Berufungsverhandlung nahm die Klägerin ihr auf den Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für den Zeitraum ab 01.03.2006 bis einschließlich September 2006 gestütztes Zahlungsbegehren aus Rechtsgründen zurück.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat während der Elternzeit keinen Anspruch auf Verringerung ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit (Elternteilzeit); dem Anspruch der Klägerin stehen nämlich dringende betriebliche Gründe entgegen.

A

Die Klage auf Verringerung der Arbeitszeit ist zulässig. Sie ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO.

1. Die Klägerin begehrt die Zustimmung zur Verringerung ihrer Arbeitszeit. Der Anspruch der Klägerin ist somit auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet, die nach § 894 Absatz 1 Satz 1 ZPO mit Rechtskraft der Entscheidung als abgegeben gilt. Nach § 15 Absatz 7 Satz 2 BErzGG, der eine normative Ausgestaltung sowohl des prozessualen (§ 252 Absatz 2 Nr. 2 ZPO) als auch des materiell-rechtlichen (§ 145 BGB) Bestimmtheitserfordernisses ist, muss der Antrag den Beginn und den Umfang der verringerten Arbeitszeit enthalten. Der ausformulierte Antrag der Klägerin entspricht insoweit nur der gesetzlichen Vorgabe, als er den Umfang der verringerten Arbeitszeit von Vollzeit auf 15 Stunden pro Woche benennt. Dass der Klageantrag den gewünschten Beginn der von der Klägerin begehrten Vertragsänderung nicht benennt, widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO. Die Auslegung des prozessualen Begehrens der Klägerin ergibt den 01.03.2006 als gewünschten Beginn der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin in Elternzeit. Diese Erkenntnis ergibt sich sowohl aus ihrem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 25.10.2004, das Gegenstand der Klagebegründung ist, als auch aus ihrem zweitinstanzlich anhängig gewesenen, auf den rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges gestützten Zahlungsbegehren ab dem 01.03.2006. Einer solchen Auslegung steht nicht entgegen, dass damit eine rückwirkende Vertragsänderung beansprucht wird; denn die Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten des § 311a Absatz 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts (vom 26.11.2001 - BGBl. I Seite 3138) ab dem 01.01.2002 geändert. Der rückwirkende Abschluss eines Vertrages ist nicht mehr nichtig (BAG, Urteil vom 27.04.2004 - 9 AZR 522/03 - AP Nr. 12 zu § 8 TzBfG, zu A II 1 der Gründe).

2. Der Klageantrag ist auch nicht deshalb unbestimmt, weil er keine Angaben zur Verteilung der Arbeitszeit enthält. Nach § 15 Absatz 7 Satz 3 BErzGG soll die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit im Antrag angegeben werden. Bereits aus dem Wortlaut der vorgenannten Bestimmung folgt, dass die Verteilung der verringerten Arbeitszeit nicht dem Bestimmtheitserfordernis unterfällt. Gegenüber der Konzeption des Teilzeitanspruches nach § 8 Absatz 4 Satz 1 TzBfG besteht nämlich im Anwendungsbereich des § 15 Absatz 7 BErzGG hierauf kein gesetzlicher Anspruch. Im Übrigen hat die Klägerin § 15 Absatz 7 Satz 3 BErzGG insoweit Rechnung getragen, als sie im Antrag die Verteilung der verringerten Arbeitszeit auf zwei Tage pro Woche wünscht. Die Ausgestaltung der vorgenannten Bestimmung ist Ausdruck der Befugnis der Beklagten, die Verteilung der Arbeitszeit im Wege des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts selbst zu bestimmen (vergleiche BAG, Urteil vom 27.04.2004 - 9 AZR 522/03 - a. a. O., zu A I 2 der Gründe).

B

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Teilzeitbeschäftigung während ihrer Elternzeit.

1. Dem steht nicht entgegen, dass eine rückwirkende Vertragsänderung seit dem 01.03.2006 begehrt wird.

Nach § 306 BGB a. F. war die Verurteilung zur Eingehung eines rückwirkenden Vertragsverhältnisses ausgeschlossen (BAG, Urteil vom 27.04.2004 - 9 AZR 522/03 - a. a. O., zu A II 1 der Gründe). Die Rechtslage hat sich mit dem Inkrafttreten des § 311a Absatz 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts (vom 26.11.2001 - BGBl. I Seite 3138) ab dem 01.01.2002 geändert. Der Wirksamkeit eines Vertrages steht nicht mehr entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Absatz 1 BGB n. F. nicht zu leisten braucht, auch wenn das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Nach § 275 Absatz 1 BGB n. F. ist der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Der rückwirkende Abschluss eines Vertrages (auch Änderungsvertrages) ist nicht mehr nichtig. Damit ist auch eine dahingehende Verurteilung möglich (so BAG, Urteil vom 27.04.2004 - 9 AZR 522/03 - a. a. O., zu A II 1 der Gründe).

2. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts begründet das Schreiben der Klägerin vom 25.10.2004 keinen wirksamen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit. Die Berufungskammer geht davon aus, dass ein solcher den gesetzlichen Anforderungen genügender Antrag erstmals mit Anwaltsschreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31.01.2006 gestellt wurde.

a) Zutreffend hat das Arbeitsgericht das Schreiben der Klägerin vom 25.10.2004 auf der Grundlage der für rechtsgeschäftliche Erklärungen anerkannten Auslegungsregeln als Antrag im Sinne des § 15 Absatz 7 Satz 2 BErzGG bewertet. Zur Vermeidung von Wiederholungen schließt sich die Berufungskammer gemäß § 69 Absatz 2 ArbGG insoweit den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts unter A II 1 und 2 der Entscheidungsgründe vollumfänglich an. Von daher bedarf es insofern keiner erneuten Darstellung der Obersätze und der Subsumtion des festgestellten und nicht angegriffenen Sachverhaltes.

b) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die von der Klägerin darzulegenden Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 15 Absatz 7 Nr. 1, 2, 3 und 5 BErzGG erfüllt sind; zwischen den Parteien ist insoweit lediglich streitig, ob die von der Beklagten darzulegenden entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe im Sinne des § 15 Absatz 7 Nr. 4 BErzGG gegeben sind.

c) Gleichwohl ist der Antrag der Klägerin vom 25.10.2004 ohne Rechtswirkung, weil die in Anspruch genommene Elternzeit als Grundvoraussetzung für eine Teilzeitbeschäftigung der Klägerin im Zeitpunkt der vorgenannten Antragstellung noch nicht gegeben war.

aa) Nach § 15 Absatz 4 Satz 1 BErzGG ist Teilzeitarbeit "während der Elternzeit" zulässig. Aus § 15 Absatz 4 Satz 3 und 4 folgt, dass dies sowohl für die Erwerbstätigkeit bei einem fremden als auch bei dem eigenen Arbeitgeber gilt. Die Bestimmungen über den Teilzeitanspruch während der Elternzeit nach § 15 Absatz 4 bis 7 BErzGG sind in § 15 BErzGG, der die amtliche Überschrift "Anspruch auf Elternzeit" trägt (KDZ/Zwanziger, KSchR, 6. Auflage, § 6 TzBfG Randnummer 5), geregelt. Die Zulassung der Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit dient dem gesellschaftspolitischen Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit der Erleichterung der Erwerbstätigkeit während der Elternzeit sollen erziehende Eltern gegenüber der alten Rechtslage wirtschaftlich besser gestellt werden (vergleiche Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung BT-Drucksache 14/3553 Seite 11).

bb) Wortlaut ("während der Elternzeit"), Systematik der Bestimmung des § 15 BErzGG und ihr Regelungszweck erfordern, dass der Antrag auf Teilzeit zeitgleich mit der Inanspruchnahme von Elternzeit oder aber nach Beginn der Elternzeit gestellt werden kann. Die Inanspruchnahme der Elternzeit führt aufgrund des dem Arbeitnehmer eingeräumten Gestaltungsrechts unmittelbar zum Ruhen der sich aus dem Vertrag ergebenden wechselseitigen Hauptpflichten (BAG, Urteil vom 19.04.2005 - 9 AZR 233/04 - AP Nr. 44 zu § 15 BErzGG, zu II 3 a aa der Gründe mit weiteren Nachweisen). Wegen der unmittelbar gestaltenden Wirkung der Inanspruchnahme der Elternzeit würde bei einer zeitgleichen Geltendmachung der logische Vorrang der Elternzeit gewahrt bleiben. Demgegenüber ist nämlich die Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit als Vertragsänderung konzipiert. Eine vor der Inanspruchnahme der Elternzeit verlangte Teilzeitbeschäftigung während einer solchen widerspricht der aufgezeigten gesetzlichen Konzeption und den Denkgesetzen der Logik (statt vieler Buchner/Becker, MuSchG, BErzGG, 7. Auflage, § 15 BErzGG Randnummer 50; KDZ/Zwanziger, a. a. O., § 6 TzBfG Randnummer 5; Sievers, TzBfG, 1. Auflage, § 23 Randnummer 9; so wohl auch BAG, Urteil vom 19.04.2005 - 9 AZR 233/04 - a. a. O., zu II 3 b aa der Gründe; Gegenstand der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts war jedoch die Frage, ob ein Antrag auf Teilzeit nach Beginn der Elternzeit gestellt werden kann; LAG München, Urteil vom 03.03.2004 - 9 Sa 782/03 - LAG-Report 2005, 197 ff., zu 1 der Gründe). Das entspricht auch der Gesetzesgenese. Durch Artikel 20 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 29.12.2003 (BGBl. I Seite 3076) wurde § 15 Absatz 7 Nr. 5 BErzGG dahingehend neu gefasst, dass eine Harmonisierung der Fristen für die Inanspruchnahme des Elternzeit und der Geltendmachung des Teilzeitanspruches hergestellt wurde (ErfK/Dörner, 7. Auflage, § 15 BErzGG Randnummer 23); denn nach dem Dritten Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 12.10.2000 (BGBl. I Seite 1426) war in § 15 Absatz 7 Satz 1 Nr. 5 BErzGG bestimmt, dass der Verringerungsanspruch während der Elternzeit (damals noch Erziehungsurlaub) dem Arbeitgeber acht Wochen vorher mitgeteilt werden musste. Demgegenüber betrug und beträgt weiterhin die Frist für denjenigen Arbeitnehmer, der die Elternzeit mit der Geburt des Kindes oder sofort nach Ablauf der Mutterschutzfrist antreten will, sechs Wochen (ansonsten acht Wochen), § 16 Absatz 1 Satz 1 BErzGG (vergleiche auch Sowka, NZA 2001, 1185, 1190). Insofern wurde durch den bewerkstelligten Gleichlauf der Fristen, §§ 15 Absatz 7 Satz Nr. 1, 16 Absatz 1 Satz 1 BErzGG sehen nun übereinstimmende Fristen vor, das vorgenannte Verhältnis von Elternzeit und Verringerungsanspruch bestätigt, die gesetzliche (handwerkliche) Unschärfe mithin beseitigt.

d) Das Schreiben der Klägerin vom 25.10.2004 kann nicht zugleich als konkludente Inanspruchnahme der Elternzeit bewertet werden. Dem steht der ausdrückliche Wille der Klägerin entgegen. Im vorletzten Absatz des Schreibens heißt es nämlich: "Den entsprechenden Antrag auf Elternzeit werde ich Ihnen fristgerecht zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen.".

e) Mit Anwaltsschreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 31.01.2006 hat die Klägerin nach Inanspruchnahme ihrer Elternzeit mit Schreiben vom 10.01.2005 erstmals einen wirksamen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit gestellt. Das ergibt die Auslegung des vorgenannten Schreibens. Darin hat nämlich ihr Prozessbevollmächtigter unter Vorlage einer Originalvollmacht und unter Bezugnahme auf das Schreiben der Klägerin vom 15.12.2005 das Begehren der Klägerin wiederholt und die Beklagte zur Beschäftigung der Klägerin auf der Grundlage ihres Teilzeitverlangens aufgefordert.

3. Dem Verringerungsanspruch der Klägerin stehen dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 15 Absatz 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG entgegen. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

a) Dem Antrag der Klägerin vom 31.01.2006 ist die Beklagte durch Anwaltsschreiben vom 13.02.2006 unter Hinweis auf die für die Klägerin eingestellte Ersatzkraft innerhalb der 4-Wochen-Frist gemäß § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG entgegengetreten.

b) Mit diesem unbestrittenen Sachvortrag hat die Beklagte einen dringenden betrieblichen Ablehnungsgrund dargetan. Zur Vermeidung von Wiederholungen schließt sich die Berufungskammer insoweit gemäß § 69 Absatz 2 ArbGG den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts unter III 1 und 2 der Entscheidungsgründe vollumfänglich an. Im Übrigen macht sich die Berufungskammer auch die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 19.04.2005 (9 AZR 233/04 - a. a. O. zu II 4 der Gründe) zu Eigen. Nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kann sich der Arbeitgeber auf dem Verringerungsanspruch entgegenstehende dringende betriebliche Gründe berufen, wenn er für die Dauer der Elternzeit eine Vollzeitvertretung eingestellt hat, die nicht bereit ist, ihre Arbeitszeit zu verringern, und keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden sind, insbesondere weil auch andere vergleichbare Mitarbeiter zu keiner Verringerung ihrer Arbeitszeit bereit sind. So verhält es sich auch vorliegend.

4. Die Beklagte hat die Beschäftigung der Klägerin auch nicht treuwidrig vereitelt (§ 162 BGB). Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Zur Vermeidung von Wiederholungen schließt sich die Berufungskammer auch insoweit gemäß § 69 Absatz 2 ArbGG den zutreffenden Erwägungen des Arbeitsgerichts unter III 4 der Entscheidungsgründe vollumfänglich an. Zur Klarstellung und Präzisierung ist anzumerken, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 30.05.2006 (Seite 1 = Blatt 54 der ArbG-Akte; vergleiche auch Schreiben der Klägerin vom 18.12.2005 = Blatt 13 der ArbG-Akte) die Beklagte im Zeitraum von August bis Oktober 2004, mithin vor Einstellung der Ersatzkraft, mehrfach bei der Klägerin hinsichtlich des Beginns und der Lage der gewünschten Teilzeittätigkeit nachgefragt hat.

C

Die Berufung der Klägerin wäre auch dann zurückzuweisen, handelte es sich im Schreiben der Klägerin vom 25.10.2004 um einen rechtswirksamen Antrag auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit. Ihrem Antrag stünden dann gleichwohl dringende betriebliche Gründe im Sinne des § 15 Absatz 7 Satz 1 Nr. 4 BErzGG entgegen. Die Nichteinhaltung der Frist zur schriftlichen Begründung gemäß § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG hat weder die Fiktion einer Zustimmung noch die Präklusion der für die Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung geltend gemachten Gründe zur Folge. Das ergibt die Auslegung des § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG. Auch das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

1. Nach § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG muss der Arbeitgeber, falls er die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen will, dies innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung tun. Nach Satz 5 des § 15 Absatz 7 BErzGG kann der Arbeitnehmer, soweit der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit nicht oder nicht rechtzeitig zustimmt, Klage vor den Gerichten für Arbeitssachen erheben. Demgegenüber bedarf die Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbständiger der Zustimmung des Arbeitgebers (§ 15 Absatz 4 Satz 3 BErzGG). In diesem Fall kann er sie nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen (§ 15 Absatz 4 Satz 4 BErzGG). Im Recht der Teilzeitarbeit nach § 8 Absatz 5 Satz 2 TzBfG - die Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ist nach § 23 TzBfG eine speziellere Regelung - verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang, sofern der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn schriftlich ablehnt (gesetzliche Fiktion der Zustimmung). Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung (Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes) vom 07.06.2000 (BT-Drucksache 14/3553 Seite 22) heißt es: "Der Arbeitgeber hat nach Absatz 7 Satz 3 (entspricht nunmehr Satz 4 seit der Fassung des Gesetzes vom 29.12.2003, BGBl. I Seite 3076) die Gelegenheit, den Anspruch innerhalb von vier Wochen mit einer schriftlichen Begründung abzulehnen. Der Arbeitnehmer kann dann, oder auch bei untätiger Fristversäumnis des Arbeitgebers, in seiner Sache vor dem Arbeitsgericht klagen.".

2. Sowohl der Wortlaut als auch die systematische und telelogische Auslegung einschließlich der Gesetzesgenese rechtfertigen weder die Annahme einer gesetzlichen Zustimmungsfiktion noch die Präklusion nicht fristgerecht vorgebrachter Begründungen.

a) Zu Recht weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass die von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Rechtsfolge im Gesetzeswortlaut des § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG keinen Niederschlag gefunden hat. Einer entsprechenden gesetzlichen Formulierung hätte es jedoch bedurft, weil die Zustimmungsfiktion unserer Privatrechtsordnung fremd ist; denn sie durchbricht den Grundsatz der privatautonomen Willensfreiheit (für eine Fiktionswirkung: Staudacher/Hellmann/Hartmann/Wenk, Teilzeitarbeit, 1. Auflage, Randnummer 685; dagegen: Buchner/Becker, a. a. O.; 7. Auflage, § 15 BErzGG Randnummer 53; ErfK/Dörner, a. a. O.; § 15 BErzGG Randnummer 27; Meinel/Heyn/Herms, TzBfG, 2. Auflage, § 23 Randnummer 11; Schaub/ Linck, Handbuch Arbeitsrecht, 11. Auflage, Seite 1050, Randnummer 178 b). Nichts anderes gilt für die Rechtsfigur der Präklusion (ebenso Annuß/Thüsing-Lambrich, TzBfG, 2. Auflage, § 23 Randnummer 33; MünchHandbuchArbeitsrecht/Heenen, 2. Auflage, § 229 Randnummer 22; Schaub/Linck, a. a. O., Seite 1050, Randnummer 178 b). Will der Gesetzgeber eine entsprechende Präklusionsregelung treffen, hat er diese wegen ihres Ausnahmecharakters eindeutig zu formulieren. So heißt es beispielsweise in § 9 Absatz 3 Satz 2 MuSchG, die Kündigung bedarf der schriftlichen Form und sie muss den zulässigen Kündigungsgrund angeben. Ebenso bestimmt § 22 Absatz 3 BBiG, die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen des Absatzes 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen. Entsprechende Ausnahmetatbestände sowohl für den Tatbestand einer gesetzlichen Fiktion als auch für die Präklusion enthalten beispielsweise die §§ 99 Absatz 3, 102 Absatz 2 BetrVG. Ebenso verhält es sich für die gesetzlich angeordnete Fiktion in §§ 8 Absatz 5 Satz 2 und 3 TzBfG. Die Verwendung des Tatbestandsmerkmales "muss" ergibt nichts anderes. Damit wird lediglich eine gesetzliche Rechtspflicht des Arbeitgebers begründet. Verstößt der Arbeitgeber gegen die gesetzliche Verpflichtung, kommt ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers in Betracht (Dispositionsschaden; vergleichbar auch § 1 Absatz 3 ArbplatzSchuG; nach KDZ/Zwanziger, a. a. O., § 6 TzBfG Randnummer 13, handelt es sich nur um eine Ordnungsvorschrift).

b) Auch die systematische Auslegung des Normkontextes (Bedeutungszusammenhang des Gesetzes) rechtfertigt diesen Befund. § 15 Absatz 7 BErzGG stellt im Verhältnis zu § 8 TzBfG eine abschließende Spezialvorschrift dar, der wegen § 23 TzBfG im Rahmen ihres Anwendungsbereiches Vorrang zukommt (Annuß/Thüsing-Lambrich, a. a. O.; § 23 Randnummer 32). Im Anwendungsbereich des § 8 Absatz 5 Satz 2 und 3 TzBfG hat der Gesetzgeber aufgrund einer anderen Ausgangslage bewusst eine von § 15 Absatz 7 Satz 4 und 5 BErzGG abweichende Konzeption gewählt. Die Konzeption des § 15 Absatz 7 Satz 4 und 5 BErzGG ist auch eine andere als im Anwendungsbereich der Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbständiger. Nicht nur, dass die jeweils zugrunde liegenden Interessenlagen nicht vergleichbar sind, das Zustimmungserfordernis nach § 15 Absatz 4 Satz 3 BErzGG bezieht sich auf eine arbeitgeberfremde Tätigkeit (zum Beispiel Gefahr einer Konkurrenztätigkeit), während die Teilzeitbeschäftigung nach § 15 Absatz 7 BErzGG die Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber regelt. Auch die inhaltliche Ausgestaltung der Zustimmung ist unterschiedlich konzipiert. § 15 Absatz 4 Satz 4 BErzGG enthält ein befristetes Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vergleiche BAG, Urteil vom 26.06.1997 - 8 AZR 506/95 - AP Nr. 22 zu § 15 BErzGG, zu I 1 b der Gründe). Danach entfällt das Zustimmungserfordernis, wenn der Arbeitgeber kraft gesetzlicher Anordnung keine Möglichkeit mehr hat, die Zustimmung zu verweigern (vergleiche den Wortlaut: "nur ... ablehnen"). Diese gesetzliche Konzeption rechtfertigt sich daraus, dass bei einer erfolgreichen Bewerbung bei einem Drittarbeitgeber eine rasche Klärung erfolgen muss, ob der bisherige Arbeitgeber mit dieser Tätigkeit einverstanden ist oder nicht, da der Drittarbeitgeber die Teilzeitstelle nicht lange unbesetzt lassen wird (BAG, Urteil vom 26.06.1997 - 8 AZR 506/95 - a. a. O., zu I 1 b aa der Gründe). Demgegenüber hat der Gesetzgeber des § 15 Absatz 7 BErzGG dem Arbeitnehmer eine Klageoption zur Verfügung gestellt, woraus ersichtlich wird, dass weder eine gesetzliche Fiktion noch eine Ausschlussfrist mit Präklusionscharakter gewollt ist; denn ansonsten wäre Satz 5 des § 15 Absatz 7 BErzGG überflüssig.

c) Auch der Sinn und Zweck des Gesetzes spricht für das gewonnene Ergebnis. Die nach Satz 5 des § 15 Absatz 7 BErzGG dem Kläger eingeräumte Klagemöglichkeit steht der Annahme einer gesetzlichen Fiktion oder aber einer Präklusion entgegen. Anknüpfungspunkt für die Ablehnung nach § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG ist nämlich im Gegensatz zu § 8 Absatz 5 Satz 2 TzBfG der Teilzeitantrag. Ist er langfristig im Voraus gestellt, vorliegend über 16 Monate, ist die betriebliche Entwicklung, die gegebenenfalls zu Ablehnungsgründen führen kann, für den Arbeitgeber in vielen Fällen noch gar nicht absehbar. Dieser Ausgangslage würde sowohl eine gesetzliche Zustimmungsfiktion als auch eine Präklusion widersprechen.

d) Auch die Gesetzesgenese ergibt nichts anderes. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 15 Absatz 7 BErzGG (BT-Drucksache 14/3553 Seite 22) ist ausschließlich von einer Klagemöglichkeit des Arbeitnehmers die Rede. Die Rechtsfiguren der gesetzlichen Fiktion und der Präklusion bei Fristversäumung werden nicht erwähnt. Insofern ist von einem beredten Schweigen des Gesetzgebers auszugehen, da er sich gerade in § 8 Absatz 5 Satz 2 und 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz für eine andere Konzeption entschieden hat (BT-Drucksache 14/4374 Seite 32).

e) Eine Rechtsfortbildung praeter legem (Analogie, Erstrecht-Schluss, Teleologische Reduktion) kommt nicht in Betracht. Eine so genannte echte oder unechte Gesetzeslücke liegt gerade nicht vor (ebenso Annuß/Thüsing-Lambrich, a. a. O.; § 23 Randnummer 33; Schaub/Linck, a. a. O.; Seite 1050, Randnummer 178 b; zur Begriffsbildung "Gesetzeslücke" und zu weiteren Unterscheidungskriterien siehe Rüthers, Rechtstheorie, 2. Auflage, Randnummern 842). Einer solchen Annahme steht sowohl das vorgenannte beredte Schweigen des Gesetzgebers als auch der sich aus der allgemeinen Regelung des § 8 Absatz 5 Satz 2 und 3 TzBfG in Verbindung mit § 23 TzBfG ergebende Umkehrschluss (argumentum e contrario, Gegenstück zum Analogieschluss) für die speziellere Regelung des § 15 Absatz 7 Satz 4 BErzGG entgegen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Absatz 1 ArbGG.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Absatz 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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