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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 17.04.2001
Aktenzeichen: 8 TaBV 1/01
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 40 Abs. 2
ArbGG § 87
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
8 TaBV 1/01

verkündet am 17. April 2001

In dem Beschlussverfahren

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 8. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Kaiser, den ehrenamtlichen Richter Krapf und den ehrenamtlichen Richter Stroheker auf die mündliche Verhandlung vom 17.04.2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 28.09.2000, Az.: 5 BV 180/97, abgeändert:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Arbeitgebers (Antragsgegner), Fernsprecheinrichtungen zum Zwecke der Kommunikation zwischen dem Betriebsrat (Antragsteller) und den Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen.

Der Arbeitgeber betreibt bundesweit den Einzelhandel mit Drogerieartikeln. Jeweils mehrere der entsprechenden Drogeriemärkte (Verkaufsstellen) sind in Verkaufsbezirke zusammengefasst. Für Personalfragen zuständig und Ansprechpartner der in den Verkaufsbezirken gebildeten Betriebsräte sind die Betriebsleiter. Im Bezirk L. waren 17 Verkaufsstellen wie aus Bl. 3 d.A. ersichtlich zusammengefasst; im Entscheidungszeitpunkt waren es 19 Verkaufsstellen. Der in diesem Bezirk gewählte Betriebsrat hat fünf Mitglieder, die in unterschiedlichen Verkaufsstellen beschäftigt sind, die Vorsitzende in W., zwei Mitglieder in D., ein Mitglied in K. und ein wegen des Erziehungsurlaubs der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden häufig herangezogenes Ersatzmitglied in H.. Sämtliche Verkaufsstellen sind mit Telefongeräten ausgestattet, die so geschaltet sind, dass mit ihnen eine beschränkte Anzahl von anderen Teilnehmern bzw. Anschlüssen angewählt werden kann, nämlich insbesondere Polizei und Notruf, das Verkaufsbüro sowie "telefonische Bestellungen". Darüber hinausgehend befinden sich in den Verkaufsstellen D. und W. Telefone, von denen aus die übrigen Verkaufsstellen des Bezirks L. angerufen werden können. Dagegen waren die Verkaufsstellen in K. und H. ursprünglich nicht mit einem solchen Telefon ausgestattet.

Der Betriebsrat hat gemeint, den Arbeitnehmern müsse die Möglichkeit gegeben werden, fernmündlich nicht nur mit der Vorsitzenden, sondern mit allen Mitgliedern des Betriebsrats fernmündlich Kontakt aufzunehmen. Andere Formen der Kommunikation seien wegen der vorgegebenen Filialstruktur und des Mangels an eigenen Kraftfahrzeugen zu zeitaufwendig und zu langwierig.

Der Betriebsrat hat beantragt:

1. Dem Arbeitgeber aufzugeben, über die vorhandenen Installationen in den Filialen bei der Betriebsratsvorsitzenden und bei der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden hinaus die in den einzelnen Verkaufsstellen im Zuständigkeitsbereich des Antragstellers vorhandenen Fernsprecher telefontechnisch so einrichten zu lassen, dass jedes Mitglied des Antragstellers in den Verkaufsstellen anrufen kann.

Hilfsweise,

dem Arbeitgeber aufzugeben, über die vorhandenen Installationen in den Filialen bei der Betriebsratsvorsitzenden und bei der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden hinaus die in den einzelnen Verkaufsstellen im Zuständigkeitsbereich des Antragstellers vorhandenen Fernsprecher telefontechnisch so einrichten zu lassen, dass jedes Mitglied des Antragstellers von seiner Verkaufsstelle in all den Verkaufsstellen anrufen kann, in denen Mitglieder des Antragstellers beschäftigt sind.

2. Dem Arbeitgeber aufzugeben, über die vorhandenen Installationen in den Filialen bei der Betriebsratsvorsitzenden und bei der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden hinaus und neben den Installationen nach Ziff. 1 die in den einzelnen Verkaufsstellen im Zuständigkeitsbereich des Antragstellers vorhandenen Fernsprecher telefontechnisch so einrichten zu lassen, dass sämtliche Mitarbeiter in all den Verkaufsstellen anrufen können, in denen Mitglieder des Antragstellers beschäftigt sind.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er ist dem Antrag Ziff. 1 nicht entgegengetreten, meint aber, nicht zu weiteren Freischaltungen der Telefone verpflichtet zu sein. Den Mitarbeitern sei es zuzumuten, sollten sie ausnahmsweise nicht die Betriebsratsvorsitzende oder die Stellvertreterin sondern ein sonstiges Betriebsratsmitglied sprechen wollen, einen Umweg über die Vorsitzende zu gehen, die dann ihrerseits das gewünschte Mitglied informieren könne. Er verweist auf die durch die weiteren Freischaltungen entstehenden zusätzlichen Kosten und bezweifelt, dass der Betriebsrat einen die Antragstellung deckenden Beschluss gefasst habe.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, der Arbeitgeber habe den dem vorliegenden Verfahren vorausgegangenen Betriebsratsbeschluss nur unsubstanziiert bestritten, weshalb seine geäußerten Zweifel insoweit keine rechtliche Bedeutung hätten. Den Antrag Ziff. 1 habe der Arbeitgeber selbst untechnisch anerkannt. Jedem Betriebsratsmitglied sei die Möglichkeit der Kommunikation mit den von ihm vertretenen Arbeitnehmern zuzugestehen, wobei sich die Nutzung eines Telefons zur Kontaktaufnahme als zweckentsprechend erweise. Auch der Antrag Ziff. 2 sei begründet. Neben der Vorsitzenden und ihrer im Erziehungsurlaub befindlichen und daher kaum je in einer Verkaufsstelle erreichbaren Stellvertreterin müssten die Arbeitnehmer auch die weiteren Betriebsratsmitglieder erreichen können. Auf Grund der räumlichen Entfernung der einzelnen Verkaufsstellen dränge sich das Telefon als einschlägiges Kommunikationsmittel auf. Bei der Erforderlichkeitsprüfung habe der Betriebsrat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überzogen. Der hierdurch ausgelöste finanzielle Aufwand sei als für die Durchführung der Betriebsratsarbeit erforderlich anzusehen und stehe im Übrigen nicht außer Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen dieser Maßnahme.

Mit der Beschwerde verfolgt der Arbeitgeber sein Begehren unverändert weiter. Er trägt vor, der Antrag Ziff. 1 sei erledigt, da zwischenzeitlich über die Telefone mit Amtsleitung in den Verkaufsstellen W. und D. hinaus in den Verkaufsstellen H. und K. besondere Telefone installiert worden seien, mit Hilfe derer die dort tätigen Betriebsratsmitglieder in sämtliche andere Verkaufsstellen telefonieren könnten. Dadurch sei ein uneingeschränkter Informations- und Meinungsaustausch sowohl der Betriebsratsmitglieder untereinander wie auch mit der Belegschaft gewährleistet. Darüber hinaus stünden dem Betriebsrat mit diesen Telefonen die gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG erforderlichen sachlichen Mittel nun zur Verfügung; die Telefonapparate, mit denen Mitarbeiter anrufen könnten, seien nicht als direkte Sachmittel des Betriebsrats anzusehen. Jedenfalls wäre die notwendige Einrichtung neuer zusätzlicher Leitungen eine unangemessene Zusatzausstattung. Bei den 50 im Bezirk beschäftigten Arbeitnehmer habe der Arbeitgeber bereits 20 Telefone angeschafft. Der Arbeitgeber verweist auf die Kosten von jährlich ca. 600,-- DM, wenn er tatsächlich zwei weitere Telefone mit Amtsleitung anschaffen müsste. Bei ordnungsgemäßer Interessenabwägung hätte der Betriebsrat deshalb erkennen müssen, dass die vorhandenen Sachmittel ausreichend seien.

Der Betriebsratsbeschluss vom 16.06.1997 decke nicht den Antrag Ziff. 2.

Der Arbeitgeber beantragt,

der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 21.11.2000, Az.: 5 BV 103/00, wird abgeändert, die Anträge werden zurückgewiesen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde des Antragsgegners/Beschwerdeführers zurückzuweisen.

und hilfsweise

festzustellen, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, in den Verkaufsstellen, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, die installierten Telefone fernmeldetechnisch so einrichten zu lassen, dass die Betriebsratsmitglieder in allen zum Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats gehörenden Verkaufsstellen anrufen können.

Er verteidigt den Beschluss des Arbeitsgerichts und weist darauf hin, dass die in den Verkaufsstellen installierten "einfachen" Telefonapparate von Anfang an nicht nur den Zweck gehabt hatten, eine Verbindung zum Betriebsrat herzustellen und daher nicht als Sachmittel des Betriebsrats angesehen werden könnten. Im Hinblick auf das Ausscheiden der früheren stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Frau Baumann sei der Antrag Ziff. 1 lediglich hinsichtlich der Verkaufsstelle W., jedoch nicht insgesamt erledigt.

Der Betriebsrat meint, zur ordnungsgemäßen Ausübung der Betriebsratstätigkeit müssten die Telefone so freigeschaltet werden, dass die Mitarbeiter mit jedem Betriebsratsmitglied ihrer Wahl telefonisch Verbindung aufnehmen könnten. Dies stelle vom Kostenaufwand her keine unangemessene zusätzliche Ausstattung dar. Im Hinblick darauf, dass ein großer Teil der Beschäftigten Teilzeitkräfte seien, müsse davon ausgegangen werden, dass diese die Betriebsratsmitglieder in der Zeit, in der Betriebsratssitzung stattfinde, nicht erreichen könnten. Auch werde die Betriebsratssitzung unangemessen in die Länge gezogen, wenn zu dieser Zeit Einzeltelefonate stattfinden müssten. Bei der telefonischen Kontaktaufnahme den Umweg über die Betriebsratsvorsitzende oder Stellvertreterin zu wählen, sei technisch nicht möglich und für die einzelnen Betriebsratsmitglieder unzumutbar. Der Arbeitgeber müsse die Erreichbarkeit jedes Betriebsratsmitglieds ohne "Vorzensur" ermöglichen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Betriebsrat unstreitig gestellt, dass zwischenzeitlich auch die Verkaufsstelle K. technisch so ausgestattet sei, dass von dort alle Filialen telefonisch erreicht werden können.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die Beschwerdebegründung vom 18.01.2001 und die Beschwerdeerwiderung vom 28.02.2001 Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 87 ArbGG statthafte und auch in gehöriger Form und Frist eingelegte und begründete Beschwerde des Arbeitgebers hat auch in der Sache Erfolg. Der Antrag Ziff. 1 hat sich in der Beschwerdeinstanz erledigt; der Hilfsantrag ist unzulässig, der Antrag Ziff. 2 unbegründet.

1. Der Antrag Ziff. 1 ist in der Beschwerdeinstanz unzulässig geworden, da für ihn kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht. Mit diesem Antrag erstrebt der Betriebsrat die Verpflichtung des Arbeitgebers, die bereits installierten Telefone fernmeldetechnisch so einzurichten, dass alle Betriebsratsmitglieder in alle anderen zum Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats gehörenden Verkaufsstellen anrufen können. In der mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht ist unstreitig geworden, dass der Arbeitgeber zwischenzeitlich auch die letzte derartige Verkaufsstelle (K.) entsprechend dem Begehren des Betriebsrats ausgestattet hat. Der Betriebsrat bedarf daher keines arbeitsgerichtlichen Beschlusses mehr, um sein Begehren durchzusetzen. Der gleichwohl aufrechterhaltene Verpflichtungsantrag war daher als unzulässig abzuweisen (BAG AP Nr. 2 zu § 101 BetrVG 1972).

2. Auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte, auf die nämliche Verpflichtung des Arbeitgebers zielende Feststellungsantrag des Betriebsrats ist unzulässig; für ihn ist kein Feststellungsinteresse ersichtlich:

Zum Feststellungsinteresse hat der Betriebsrat nicht besonders vorgetragen. Die Kammer hat indessen nicht verkannt, dass der auf Feststellung gerichtete Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung nur im Hinblick darauf gestellt wurde, dass der Arbeitgeber zwischenzeitlich sämtliche Verkaufsstellen, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, mit Telefonen ausgestattet hatte, die zum Anrufen in den anderen Verkaufsstellen geeignet waren. Auch ist nicht zu verkennen, dass durch das vorzeitige Ausscheiden von Betriebsratsmitgliedern, spätestens jedoch bei der nächsten Betriebsratswahl, Mitarbeiter aus Verkaufsstellen, die nicht mit solchen Telefonen ausgestattet sind, ihr Amt als Betriebsrat aufnehmen. Für das Feststellungsinteresse ist es grundsätzlich auch ausreichend, dass eine Streitfrage, die sich inzwischen erledigt hat, jederzeit wieder auftauchen kann (BAG AP § 5 BetrVG 1972 Nrn. 2 und 22). Für dieses Wiederaufflammen des Streits besteht vorliegend jedoch keine bzw. eine höchst geringe Wahrscheinlichkeit: Der Arbeitgeber hat nach der Verkündung des ebenfalls gegen ihn ergangenen Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 09.06.1999 (7 ABR 66/97) (der Wahrheit zuwider) behauptet, er habe diese Entscheidung in vollem Umfang umgesetzt; alle Betriebsratsmitglieder könnten von ihren Verkaufsstellentelefonen aus direkt in alle Verkaufsstellen telefonieren (vgl. Schriftsatz des Arbeitgebers vom 03.08.2000, Bl. 26 ff. d.A.). Diese unzutreffende Behauptung hat der Arbeitgeber fortlaufend schriftsätzlich wiederholt und zudem ausdrücklich erklärt, er werde "selbstverständlich, sobald ein Ersatzmitglied zum ordentlichen Betriebsratsmitglied nachgerückt ist, die entsprechende Kommunikation auch in der Verkaufsstelle zur Verfügung stellen" (vgl. ebenfalls Schriftsatz des Arbeitgebers vom 03.08.2000, Bl. 27 d.A.). Der Streit der Parteien (jedenfalls in der Beschwerdeinstanz) ging daher von Anfang an nur darüber, ob die Behauptung des Arbeitgebers zutreffend war, die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts umgesetzt zu haben oder nicht. Seine entsprechende Verpflichtung hat der Arbeitgeber seit der genannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr geleugnet. Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer kein Interesse des Betriebsrats an einer gerichtlichen Feststellung dieser Verpflichtung erkennen.

3. Der Antrag Ziff. 2 ist zulässig; er scheitert insbesondere nicht daran, dass der Betriebsrat keinen Beschluss über die Einleitung eines gerichtlichen Beschlussverfahrens über die dort beschriebene Streitigkeit gefasst hätte. Ausweislich des vorgelegten Beschlusses vom 16.06.1997 (Bl. 11 d.A.) sollte ein Beschlussverfahren "zur Freischaltung der Verkaufsstellentelefone der Verkaufsstellen im Bezirk L." eingeleitet werden. Nach seinem Wortlaut ist dieser Beschluss nicht beschränkt auf die Verkaufsstellen (bzw. die dort installierten Telefone), in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind. Ihm lässt sich auch keine Einschränkung dahin entnehmen, es solle nur das "aktive" Telefonieren nach außen verlangt werden. Unter dem Begriff "Freischaltung" ist vielmehr ohne Weiteres auch der umgekehrte Weg, also die telefonische Erreichbarkeit in den jeweiligen Verkaufsstellen zu verstehen.

Der Antrag Ziff. 2 ist aber nicht begründet. Dem Betriebsrat steht kein Anspruch auf die Einrichtung von Telefonen in sämtlichen Filialen dahingehend zu, dass alle Betriebsratsmitglieder in ihren jeweiligen Beschäftigungsfilialen erreicht werden können.

Der Anspruch folgt nicht aus § 40 Abs. 2 BetrVG. Danach hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Die Voraussetzung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers hat der Betriebsrat selbst zu beurteilen und zu prüfen, ob das Verlangen des Sachmittels für die Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist. Bei seiner Entscheidung muss der Betriebsrat die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigen. Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung der Kostentragungspflicht gerichtet sind, sind gegeneinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser Entscheidung ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats dient und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt hat sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat (BAG AP Nr. 65 zu § 40 BetrVG 1972). Mit dem Bundesarbeitsgericht geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass zum erforderlichen Umfang sachlicher Mittel bei einer Telefonanlage auch deren Nutzbarkeit in einer Art und Weise gehört, die eine Erfüllung gesetzlicher Aufgaben ermöglicht, wozu auch die telefonische Erreichbarkeit von Mitarbeitern gehört, an deren Arbeitsplätzen der Arbeitgeber eine Fernsprecheinrichtung bereit gestellt hat. Bewirken erst die technischen Veränderungen an diesen Anlagen die nach § 40 Abs. 2 BetrVG erforderliche Nutzbarkeit der dem Betriebsrat zur Verfügung stehenden Fernsprecheinrichtung, sind sie Teil des Sachmittelanspruchs des Betriebsrats. Schließlich kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Betriebsrat (und nicht dem Arbeitgeber) die Wahl und das Bestimmungsrecht darüber zusteht, mit welchem Kommunikationsmittel er mit der Belegschaft in Kontakt treten will.

Die vorliegend verlangte Freischaltung der Telefone betrifft aber nicht diese Kontaktaufnahme zwischen einzelnen Betriebsratsmitgliedern und der Belegschaft, sondern den umgekehrten Weg. Der Betriebsrat verlangt nicht (nur), dass an den Arbeitsplätzen seiner Mitglieder bestimmte Telefonapparate bereit gestellt werden, sondern dass dies an sämtlichen Arbeitsplätzen (Verkaufsstellen) geschieht und damit nicht etwa den Betriebsratsmitgliedern sondern der übrigen Belegschaft ein Mittel zur Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat zur Verfügung gestellt wird. Das lässt sich unter den Begriff der "Sachmittel des Betriebsrats" nach Dafürhalten der Kammer nicht mehr umschreiben.

Selbst wenn jedoch von einem solch weitergehenden Sachmittelbegriff auszugehen wäre (etwa deshalb, weil die Telefonanlage bereits installiert ist, die Anlage lediglich technisch anders geschaltet werden müsste) hat die Kammer eine solche Freischaltung für nicht mehr erforderlich gehalten: Dabei war nicht zu verkennen, dass im Hinblick auf die Filialstruktur der Beklagten die telefonische Kommunikation gegenüber der persönlichen unter vielen Gesichtspunkten vorzuziehen ist, diese insbesondere im allgemeinen auch wirtschaftlicher sein wird, zieht man lediglich die zwischen den Filialen zuzubringende Wegezeit in Betracht. Andererseits hatte der Betriebsrat zu berücksichtigen, dass mit der jetzt bestehenden Schaltung drei von fünf Betriebsratsmitgliedern, darunter die Betriebsratsvorsitzende, von allen Belegschaftsangehörigen telefonisch erreichbar waren. Der Kontakt der Belegschaftsmitglieder zum Betriebsrat (als Gremium) ist daher derzeit bereits problemlos möglich. Der Kammer ist nicht deutlich geworden, ob es unter der Belegschaft im Bezirk L. überhaupt das Bedürfnis gibt, gerade mit den beiden übrigen Betriebsratsmitgliedern in Kontakt zu treten oder Kontakt zu halten und ob insoweit gerade telefonischer Kontakt gewünscht wird. Irgendwelchen Vortrag dazu hat der Betriebsrat jedenfalls nicht gehalten. Die vom Gesetz hervorgehobenen Fallkonstellationen, bei denen die Arbeitnehmer ein Betriebsratsmitglied ihrer Wahl hinzuziehen können (§ 81 Abs. 3 Satz 3, § 82 Abs. 2 Satz 2, § 83 Abs. 1 Satz 2, § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) sind jedenfalls sämtlich Situationen, in denen die Mitarbeiter auf sofortige telefonische Erreichbarkeit des betreffenden Betriebsratsmitglieds nicht angewiesen sind. Auch soweit darüber hinaus Gesprächsbedarf (ausgehend von Seiten der Arbeitnehmer) besteht, ist nicht ersichtlich, weshalb die entsprechende Initiative unbedingt telefonisch gemacht werden muss. Das vom Arbeitgeber aufgezeigte Verfahren, nämlich den "Umweg" über eines der anderen drei Betriebsratsmitglieder zu nehmen, erscheint der Kammer jedenfalls dann, wenn kein Eilbedürfnis vorliegt, als praktikabel und den Arbeitnehmern zumutbar. Dies entspricht im Übrigen der Situation in zahlreichen anderen Betrieben, in denen die Betriebsratsmitglieder ebenfalls nicht sämtlich telefonisch erreichbar sind. Soweit der Betriebsrat in diesem Zusammenhang auf die Filialstruktur der Beklagten hinweist, kann daraus zwar das Erfordernis der telefonischen Erreichbarkeit "des Betriebsrats" überhaupt abgeleitet werden, jedoch nicht die eines jeden einzelnen Betriebsratsmitglieds. Zu verweisen sei in diesem Zusammenhang nur auf solche Betriebe, bei denen die Betriebsratsmitglieder auf teilweise weit vom Betriebssitz entfernten Baustellen, Montageplätzen oder auf Fahrzeugen unterwegs sind und die nicht etwa sämtlich mit Funktelefonen ausgestattet sind.

Weshalb der telefonische "Umweg" technisch nicht möglich sein soll, ist nicht ersichtlich. Schließlich ist es der Kammer auch nicht einsichtig, weshalb der "Umweg" für die Betriebsratsmitglieder unzumutbar sein soll. Weder für die "Vermittler" noch für die beiden anderen Mitglieder entstehen durch den zusätzlichen Anruf besondere Umstände. Für die Ausübung einer "Vorzensur" fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

Sind nach all den die Mitarbeiter im Bezirk L. auf eine gerade telefonische Kontaktaufnahme mit den beiden in K. und H. beschäftigten Betriebsratsmitglieder nicht angewiesen, so hätte der Betriebsrat die durch die weitere Freischaltung entstehenden Kosten bei seiner Entscheidung zu Gunsten des Arbeitgebers berücksichtigen müssen. Soweit erkennbar ist dies nicht geschehen. Das Arbeitsgericht hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Kosten in keinem Verhältnis zu den Kosten des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens stehen. Sie sind andererseits absolut gesehen aber nicht unbedeutend, zumal das Bedürfnis in der Belegschaft für eine entsprechende weitere Freischaltung, wie oben ausgeführt, möglicherweise gar nicht besteht.

Nach all dem ist der Beschluss des Arbeitsgerichts abgeändert und die Anträge insgesamt zurückgewiesen worden.

Die Frage, ob der Arbeitgeber die telefonische Erreichbarkeit sämtlicher Betriebsratsmitglieder für alle Arbeitnehmer des Betriebes gewährleisten muss, hat die Kammer für von grundsätzlicher Bedeutung gehalten, weshalb die Rechtsbeschwerde zugelassen worden ist.

Ende der Entscheidung

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