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Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 01.03.2005
Aktenzeichen: 8 TaBV 3/04
Rechtsgebiete: TVG, BetrVG, ArbGG, BGB, UmwG


Vorschriften:

TVG § 3 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
BetrVG § 99 Abs. 2 Ziff. 1
BetrVG § 99 Abs. 2
BetrVG § 99 Abs. 3
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 87 Abs. 2 Satz 2
ArbGG § 11 Abs. 1
ArbGG § 11 Abs. 2 Satz 2
ArbGG § 11 Abs. 2 Satz 4
ArbGG § 11 Abs. 2 Satz 5
ArbGG § 11 Abs. 3 Satz 1
BGB § 305 c Abs. 2
BGB §§ 307 ff.
BGB § 310 Abs. 4 Satz 1
BGB § 613a Abs. 1 Satz 2
UmwG § 2 Abs. 1
UmwG § 20 Abs. 1 Ziff. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Beschluss

Aktenzeichen: 8 TaBV 3/04

Stuttgart, 01.03.2005

Im Beschlussverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 8. Kammer - durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Kaiser, den ehrenamtlichen Richter Krapf und den ehrenamtlichen Richter Miller auf die mündliche Verhandlung vom 18.01.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 19.04.2004, Az.: 30 BV 178/03, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Ersetzung der vom Betriebsrat am Standort L. für den Gemeinschaftsbetrieb der Unternehmen TSI GmbH, TGG und DTT GmbH (nachfolgend: Betriebsrat) verweigerten Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin .

Die Antragstellerin ist die ehemalige DS GmbH, die mit Eintrag in das Handelsregister vom 28.11.2001 in die T.ITS GmbH umfirmiert wurde. Mit Eintrag in das Handelsregister vom 11.12.2002 wurde die damalige TSI GmbH (nachfolgend: TSI alt) auf die T.ITS GmbH verschmolzen. Ebenfalls mit Eintrag in das Handelsregister vom 11.12.2002 wurde sodann die T.ITS GmbH in die Firma der Antragstellerin umbenannt.

Die TSI alt hatte am 20.03.2002 mit der Gewerkschaft ver.di diverse Haustarifverträge, u.a. den Manteltarifvertrag und den Entgeltrahmentarifvertrag für die TSI (nachfolgend: ERTV TSI) geschlossen. Diese Tarifverträge fanden ihrem Geltungsbereich nach Anwendung auf die bei der TSI beschäftigten Arbeitnehmer, soweit sie Mitglieder von ver.di waren. Mit Änderungstarifvertrag vom 11.10.2002 wurde u.a. der Geltungsbereich des ERTV TSI wie folgt eingeschränkt:

§ 2.2f:

Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Tarifvertrages gelten nicht Arbeitnehmer die organisatorisch den Buchungskreisen (BK) 08 und 010 zugeordnet sind. Insoweit gilt der Ergänzungstarifvertrag zu den Flächentarifverträgen der Metallindustrie fort.

Der ERTV TSI vom 04.11.2004, in Kraft getreten am 01.09.2004 sieht in der Protokollnotiz zu § 1 vor:

"1. Abs. 1 und 2:

In der Zeit bis zum 31.12.2004 findet der Entgeltrahmentarifvertrag der T-Systems International GmbH keine Anwendung auf Arbeitnehmer die organisatorisch den Buchungskreisen (BK) 08 oder 010 zugeordnet sind".

Bei der T.ITS GmbH fanden kraft Mitgliedschaft im Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg die Flächentarifverträge Metall sowie - speziell - der Ergänzungstarifvertrag für Beschäftigte von D. Unternehmen vom 03.09. /10.09.1998 zwischen der "Tarifgemeinschaft von Dienstleistungsunternehmen, die Mitglieder im Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg e.V. sind" und der Industriegewerkschaft Metall (nachfolgend: DLTV) Anwendung. Die Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin der T.ITS ist am 30.06.2003 als Mitglied aus dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg ausgetreten.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob nach der Verschmelzung der TSI alt auf die T.ITS GmbH bzw. auf die Antragstellerin auf sämtliche Arbeitnehmer im Unternehmen - so der Arbeitsvertrag dies zulässt - unabhängig von deren Gewerkschaftszugehörigkeit die Haustarifverträge mit der Gewerkschaft ver.di, insbesondere der ERTV TSI Anwendungen finden und ob dementsprechend die Arbeitnehmer der ehemaligen T.ITS GmbH in die Vergütungsordnung des ERTV TSI umzugruppieren sind oder ob die Flächentarifverträge Metall und insbesondere der DLTV auf diese Arbeitnehmer weiterhin zur Anwendung gelangen.

Der Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin, deren etwaige Mitgliedschaft bei einer Gewerkschaft nicht bekannt ist, enthält folgende Tarifbezugnahmeklausel:

" Für Ihr Arbeitsverhältnis gilt der Ergänzungstarifvertrag sowie die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden bzw. Berlin - je nach den ergänzungstariflichen Bestimmungen zum Geltungsbereich - soweit diese nicht durch den Ergänzungstarifvertrag (ETV) abgeändert wurden. Die Tarifverträge gelten solange sie in einer Gesellschaft der Tarifgemeinschaft, die den Ergänzungstarifvertrag gemäß § 3 Abs. 1 TVG abgeschlossen hat beschäftigt sind, so das Arbeitsverhältnis in ihrer jeweils gültigen Fassung wenn nicht abweichende einzelvertragliche Regelungen getroffen sind oder in späteren Abmachungen getroffen werden. Finden in ihrem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung so bezieht sich diese Verweisung auf den für den Betrieb spezielleren (insbesondere Branchen-) Tarifvertrag.

Die Frau gehört nicht den Buchungskreisen 08 oder 010 an. Mit dem Betriebsrat am 27.02.2003 vorgelegten Listen (vgl. Bl. 12 ff. d. Akte) bat die Antragstellerin den Betriebsrat um Zustimmung zur Ein- bzw. Umgruppierung u.a. der vorliegend betroffenen Arbeitnehmerin. Die Liste enthielt die Namen der betroffenen Arbeitnehmer, die jeweilige Kostenstelle, Geschäftsbereich, Personalnummer, Tätigkeitsbezeichnung, Vergütungsgruppe nach dem DLTV, die vorgesehene Vergütungsgruppe nach dem ERTV TSI sowie das Richtbeispiel nach dem ERTV TSI. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zur Umgruppierung innerhalb der von der Antragstellerin verlängerten Frist mit Schreiben vom 19.03.2003, für dessen Inhalt auf Bl. 59 d. Akte Bezug genommen wird. Mit dem am 25.06.2003 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingeleiteten Beschlussverfahren begehrt die Antragstellerin die Ersetzung der Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin in den ERTV TSI. Die Antragstellerin hat vorgetragen, mit der Verschmelzung der TSI alt auf die damalige T.ITS GmbH beanspruchten bei der Antragstellerin kollektivrechtlich zwei Tarifwerke Geltung, nämlich einerseits die Haustarifverträge der TSI alt mit der Gewerkschaft ver.di und andererseits die Flächentarifverträge Metall, insbesondere in der Ausprägung des DLTV kraft Verbandszugehörigkeit. Die damit eingetretene Tarifpluralität sei nach dem Prinzip der Tarifeinheit dahingehend zu lösen, dass der bzw. die jeweils spezielleren Tarifverträge zur Anwendung gelangten. Dies seien die mit der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Haustarifverträge. Diese seien im Verhältnis zu den Flächentarifverträgen der Metallindustrie speziellere Regelungen. Falls die betroffene Arbeitnehmerin nicht gewerkschaftlich organisiert sei, finde der Haustarifvertrag aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel Anwendung.

Die Antragstellerin hat beantragt:

Die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin in die Vergütungsgruppe 5 des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrags vom 20.03.2002 wird ersetzt.

Der Betriebsrat hat beantragt:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Er hat vorgetragen, der Antrag scheitere schon an der nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsinformation. Folge der unzureichenden Unterrichtung des Betriebsrats sei, dass die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG noch nicht zu laufen begonnen habe. Unabhängig davon habe der Betriebsrat die Zustimmung zur Umgruppierung der Arbeitnehmerin zu Recht verweigert. Sowohl für Mitglieder als auch für unorganisierte Mitglieder seien nach der Verschmelzung der TSI alt auf die T.ITS GmbH weiterhin die Metalltarifverträge, insbesondere der DLTV für die Eingruppierung einschlägig. Zwar löse die höchstrichterliche Rechtsprechung Fälle der Tarifpluralität nach den Grundsätzen der Spezialität. Dieser Grundsatz müsse jedoch in einem Fall der gewillkürten Tarifpluralität wie er vorliegend gegeben sei, durchbrochen werden. Jedenfalls fänden aber die zwischen der IG-Metall und der Tarifgemeinschaft von Dienstleistungsunternehmen (DLTV) abgeschlossene Ergänzungstarifvertrag als Sonderregelung für Datenverarbeitungsunternehmen als speziellere Tarifverträge vor den mit der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Haustarifverträgen Anwendung. Diese seien inhaltlich spezieller. Selbst wenn die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel als sogenannte große dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen wäre, könne hierauf die Anwendbarkeit des ERTV TSI nicht gestützt werden; die Klausel scheitere dann am Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 19.05.2004 die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin in die Vergütungsgruppe 5 des zwischen der Antragstellerin und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2003 ersetzt. Hinsichtlich der Begründung wird auf Ziff. II des Beschlusses vom 19.05.2004 Bezug genommen.

Der Beschluss ist dem Betriebsrat am 25.05.2004 zugestellt worden. Mit der am 23.06.2004 eingelegten und innerhalb der bis 26.08.2004 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist am 23.08.2004 begründeten Beschwerde rügt der Betriebsrat zunächst die fehlende Vertretungsbefugnis des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin. Er meint, der vom BAG aufgestellte Grundsatz zur Tarifeinheit beziehe sich auf den jeweiligen Betrieb. Im Gemeinschaftsbetrieb der Antragstellerin, der TGG und der DTT GmbH am Standort L. könne es keine Tarifeinheit geben, da nur die Antragstellerin als eine von drei Vertragsarbeitgeberinnen einer Tarifbindung unterliege. Auf den ganz überwiegenden Teil der Mitarbeiter der Antragstellerin im Betrieb L. findet der ERTV TSI bereits aufgrund der Bereichsausnahme in § 1.2 f ohnehin keine Anwendung. Diese Mitarbeiter würden weiterhin nach den IG-Metalltarifverträgen eingruppiert und vergütet. Eine Tarifeinheit könne auch auf lange Zeit nicht hergestellt werden, da eine Vielzahl von Arbeitnehmern Arbeitsverträge mit einer konkreten Verweisung auf die Tarifverträge der IG-Metall besitze. Im Übrigen handle es sich bei beiden Tarifwerken letztlich um Firmentarifverträge. Bereits aus Gründen der Koalitionsfreiheit des jeweiligen Arbeitnehmers könne durch eine Verweisungsklausel keine Anwendung der ver.di Tarifverträge auf IG-Metallmitglieder erfolgen. Der Betriebsrat rügt, dass er nicht über die Gewerkschaftszugehörigkeit der Frau informiert worden sei. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG sei nicht beachtet worden. Im Übrigen ergebe die Auslegung des Widerspruchsschreibens, dass der Betriebsrat auch die konkrete Eingruppierung rüge. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Betriebsrats wird auf die Beschwerdebegründung (Bl. 26 ff. d. Akte) sowie den Schriftsatz vom 27.10.2004 (Bl. 56 ff. d. Akte) Bezug genommen.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgericht Stuttgart vom 19.05.2004, Az.: 30 BV 178/03 zu ändern und den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie meint, sie könne sich im Beschlussverfahren selbst vertreten. Im Übrigen sei ihr Vertreter auch in der mündlichen Verhandlung postulationsfähig. In der Sache gelte das Prinzip der Tarifeinheit dahingehend, dass der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung komme. Hierdurch werde die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit nicht verletzt. Hinsichtlich der Tarifeinheit komme es in einem Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Arbeitgeber nur auf die Arbeitnehmer der Antragstellerin an. Bezüglich der bis Ende 2004 geltenden Bereichsausnahme für die Buchungskreise 08 und 010 hätten die Tarifvertragsparteien von ihrer Regelungskompetenz Gebrauch gemacht und damit für diesen Personenkreis bis Ende 2004 eine Tarifpluralität vermieden. Die mit ver.di abgeschlossenen Tarifverträge seien als Firmentarifverträge gegenüber dem Flächen/Verbandstarifvertrag der DLTV die speziellerein Tarifverträge und würden den DLTV verdrängen. Deshalb komme für alle Arbeitnehmer der Antragstellerin im Betrieb - mit Ausnahme derer, die bis Ende 2004 der Bereichsausnahme unterfielen - der ERTV TSI zur Anwendung. Damit könne auch die Gewerkschaftszugehörigkeit dahinstehen, weshalb diese dem Betriebsrat auch nicht mitzuteilen gewesen sei. Eine Verletzung des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG scheide aus, da die Antragstellerin lediglich eine aufgrund des Grundsatzes der Tarifeinheit maßgebliche Tarifnorm vollziehe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Antragstellerin wird auf die Schriftsätze vom 01.11.2004 (Bl. 70 ff. d. Akte) und vom 05.11.2004 (Bl. 91 ff. d. Akte) Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte, in gehöriger Form und Frist eingelegte Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin in die Vergütungsgruppe 5 des Entgeltrahmentarifvertrages vom 20.03.2003 ersetzt. Auf die zutreffenden Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses wird verwiesen. Das weitere Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt keine Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung.

1. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin ist vertretungsbefugt. § 87 Abs. 2 Satz 2 ArbGG bestimmt, dass für die Vertretung der Beteiligten § 11 Abs. 1 ArbGG entsprechend gilt. Die Beteiligten können sich vor dem Landesarbeitsgericht selbst vertreten oder durch eine nach § 11 Abs. 1 ArbGG postulationsfähige Person vertreten lassen.

Lediglich die Beschwerdeschrift muss von einem Rechtsanwalt oder einer nach § 11 Abs. 2 Satz 2, 4 und 5 ArbGG zur Vertretung befugten Person unterzeichnet sein (§ 89 Abs. 1 ArbGG). Die Antragstellerin ist vorliegend Beschwerdegegnerin. Auch bei der Anhörung im Beschwerdeverfahren gilt die Vertretungsregelung des § 11 Abs. 1 ArbGG. Im Übrigen braucht ein Beteiligter im Anhörungsverfahren überhaupt nicht teilzunehmen (§ 90 Abs. 2 in Verbindung mit § 83 Abs. 4 Satz 2 ArbGG). Darüber hinaus ist der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin postulationsfähig im Hinblick auf die mündliche Verhandlung. Zwar heißt es in § 11 Abs. 3 Satz 1 ArbGG, dass mit Ausnahme der Rechtsanwälte Personen, die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, als Prozessbevollmächtigte und Beistände in der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen sind. Kein fremdes Geschäft wird betrieben, wenn ein Angestellter für seinen Arbeitgeber regelmäßig vor Gericht auftritt, wie dies beispielsweise bei Angestellten von Personalabteilungen oder Rechtsabteilungen der Fall ist. Diese nehmen nämlich die Rechtsangelegenheiten des eigenen Arbeitgebers, also der eigenen Partei wahr. Das gilt entsprechend, wenn - wie vorliegend - die Vertretung im Rahmen der Leitungsbefugnis der Konzernobergesellschaft erfolgt (Germelmann/Matthes, ArbGG, § 11 Rn 40).

2. Der Antrag der Arbeitgeberin ist begründet, denn der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur Umgruppierung der Frau zu Unrecht verweigert. Die Arbeitgeberin hat der Frau zutreffend nach Maßgabe des Entgeltrahmentarifvertrages für die TSI vom 20.03.2002 eingruppiert. Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG stehen dem Betriebsrat nicht zu:

a) Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die Unterrichtung des Betriebsrats anlässlich der beabsichtigten Umgruppierung der Frau ordnungsgemäß und vollständig war. Hierbei bedurfte es nicht der Mitteilung einer eventuellen Gewerkschaftszugehörigkeit der Frau . Es ist nicht ersichtlich, dass die Arbeitgeberin über diesen Umstand eigene Kenntnis hatte. Sie konnte sich - ohne eine Mitwirkung der Arbeitnehmerin, zu der diese indessen nicht verpflichtet war - auch keine entsprechende Kenntnis verschaffen. Umstände, die der Arbeitgeber selbst nicht kennt und die im Übrigen für seine personelle Maßnahme (aus seiner Sicht) unerheblich sind, braucht der Arbeitgeber aber auch dem Betriebsrat im Anhörungsverfahren nicht mitzuteilen.

b) Auf die Arbeitnehmer der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin finden potenziell zwei Tarifwerke Anwendung:

Für die Arbeitsverhältnisse der bei der frühereen Firma DS GmbH beschäftigte Arbeitnehmer kamen die Tarifverträge für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nord-Württemberg/Nord-Baden mit den Änderungen bzw. Ergänzungen durch den Ergänzungstarifvertrag vom 03.09.1998 zur Anwendung. Das Tarifwerk der Metallindustrie galt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gemäß § 3 Abs. 1 TVG für die Firma DS GmbH als Mitglied der Tarifgemeinschaft (Anlage 2 zum Ergänzungstarifvertrag) und die im Unternehmen beschäftigten Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall. Die zweifache Umfirmierung änderte an der Tarifgebundenheit nichts. Nach dem Ausscheiden der Arbeitgeberin aus dem Arbeitgeberverband Südmetall zum 30.06.2003 blieb die Tarifgebundenheit kraft Nachbindung gemäß § 3 Abs. 3 TVG bestehen. Für die in der früheren deutschen Angestelltengewerkschaft organisierten Arbeitnehmer der Firma DS GmbH galt der Ergänzungstarifvertrag aufgrund eines Vertragsschlusses vom 09.09.1999. Als Rechtsnachfolgerin der DAG ist somit auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Tarifpartei des Ergänzungstarifvertrages. Für die nichtorganisierten Arbeitnehmer galt der Ergänzungstarifvertrag zusammen mit dem Tarifwerk der Metallindustrie aufgrund der unterschiedlichen Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen.

Auf die Arbeitsverhältnisse der bei der Firma TSI (alt) beschäftigten Arbeitnehmer fanden hingegen die zwischen diesem Unternehmen und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossenen Firmentarifverträge vom 20.03.2002 Anwendung. Aufgrund der Verschmelzung der TSI (alt) auf die Firma T.ITS GmbH wurde das zweitgenannte Unternehmen Tarifvertragspartei der Firmentarifverträge. Für den Fall der Verschmelzung im Wege der Neugründung hat das Bundesarbeitsgericht (AP Nr. 1 zu § 20 UmwG) entschieden, dass ein Firmentarifvertrag aufgrund der gesetzlich angeordneten Gesamtrechtsnachfolge uneingeschränkt auf den neu gegründeten Rechtsträger übergeht. Der Firmentarifvertrag wirkt daher kollektiv fort; § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB findet daneben keine Anwendung. Der hier vorliegende Fall der Verschmelzung durch Aufnahme ist nicht anders zu behandeln. Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Ziff. 1 UmwG gilt für beide Arten der Verschmelzung im Sinne des § 2 Abs. 1 UmwG. Die Geltung des Firmentarifvertrags beschränkt sich zwar zunächst auf diejenigen Arbeitnehmer, die zuvor ein Arbeitsverhältnis mit dem übernommenen Rechtsträger hatten. Findet jedoch im übernehmenden Rechtsträger ein Verbandstarif Anwendung, so stellt sich die Frage, ob im übernehmenden Rechtsträger künftig zwei Tarifwerke gelten oder nur eines. Dies ist keine Frage des Umwandlungsrechts sondern eine solche des Tarifrechts. So sieht dies offenkundig auch der Betriebsrat wenn er ausführt, im Falle der Verschmelzung durch Aufnahme könnten die bisherigen Grundsätze zur Auflösung einer Tarifpluralität keine Anwendung finden. Galten also im Betrieb L. je nach "Herkunft" der Arbeitnehmer unterschiedliche Tarifwerke und ist weiter davon auszugehen, dass in der Regel ein Arbeitnehmer nicht sowohl Mitglied der IG Metall wie auch der Gewerkschaft ver.di ist, liegt ein Fall der Tarifpluralität, nicht ein solcher der Tarifkonkurrenz vor. Denn es finden nicht Tarifverträge verschiedener Tarifvertragsparteien auf das gleiche Arbeitsverhältnis Anwendung. Vielmehr wird der Betrieb der Arbeitgeberin vom Geltungsbereich zweier von verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossener Tarifverträge erfasst, an die der Arbeitgeber gebunden ist, während für die jeweiligen Arbeitnehmer je nach Tarifbindung nur einer der beiden Tarifwerke Anwendung findet. Hierbei genügt es, dass ein der tarifschließenden Gewerkschaft angehöriger Arbeitnehmer beschäftigt ist oder sein könnte. Diese Möglichkeit besteht zweifellos.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG AP Nr. 19, 20 und 28 zu § 4 Tarifkonkurrenz) sind die Fälle der Tarifpluralität ebenso wie diejenigen der Tarifkonkurrenz nach dem Prinzip der Tarifeinheit im Regelfall dahingehend zu lösen, dass nur der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung kommt.

Das ist der Tarifvertrag, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen undd Eigenarten des Betriebes de dort tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird. Die gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten Einwände (vgl. hierzu Löwisch/Rieble, TVG, § 4 Rn 132 ff.) sind der Kammer bekannt. Sie folgt indessen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Abgesehen von Praktikabilitätsüberlegungen ist vorliegend ein berechtigtes Anliegen der Arbeitgeberin, die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter des Betriebes in das Tarifwerk zu überführen, das mit der satzungsmäßig fachnäheren Gewerkschaft abgeschlossen worden ist, nicht zu verkennen. Der Arbeitgeberin als Dienstleistungsunternehmen der EDV-Branche ist die Gewerkschaft ver.di sachnäher. Dass für zahlreiche Arbeitsverhältnisse das Tarifwerk der Metallindustrie Anwendung fand, erklärt sich allein durch die Herkunft der Firma DS GmbH aus dem DCK. Obwohl auch dieses Unternehmen ein Dienstleistungsunternehmen war, unterfiel es dem Organisationsbereich der IG Metall.

Die mit der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Haustarifverträge stellen gegenüber dem Ergänzungstarifvertrag und dem Tarifwerk der Metallindustrie die speziellere Regelung dar. Denn ein Firmentarifvertrag kann den besonderen Bedürfnissen eines Betriebes weitergehend gerecht werden als ein Branchentarifvertrag.

Ein materieller Günstigkeitsvergleich zwischen den Tarifwerken scheidet aus, zumal es im vorliegenden Fall auch vom Einzelfall abhängt, ob der Firmentarifvertrag ungünstigere Regelungen enthält als das Tarifwerk der Metallindustrie. Dieses Tarifwerk ist auch unter Berücksichtigung des Ergänzungstarifvertrages vom 03.09.1998 ein Branchentarifwerk. Der Ergänzungstarifvertrag galt nach seiner Anlage 2 nicht nur für die DS GmbH, sondern für weitere Unternehmen und war nach den Ziff. 2 und 3 der Anlage 2 darauf angelegt, dass weitere vergleichbare Unternehmen in den Geltungsbereich einbezogen würden.

Entgegen der Rechtsansicht des Betriebsrats kann von einer gewillkürten Herbeiführung einer Tarifpluralität nicht gesprochen werden. Ein solcher Fall läge vor, wenn der Arbeitgeber die Geltung eines Branchentarifvertrages dadurch zu unterlaufen versuchte, dass er einen Firmentarifvertrag mit einer kleinen Gewerkschaft abschließt. Verfügt diese Kleingewerkschaft nur über wenige Mitglieder im Betrieb, so würde dies dazu führen, dass in die Koalitionsfreiheit der Mehrheit der Arbeitnehmer durch die Verdrängung des Branchentarifvertrages eingegriffen würde. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Sowohl das Firmentarifwerk als auch das Branchentarifwerk sind jeweils mit Großgewerkschaften abgeschlossen, deren "Mächtigkeit" nicht in Frage steht.

Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die Vorgehensweise der Arbeitgeberin zielgerichtet in dem Sinne war, dass eine Harmonisierung der Arbeitsbedingungen angestrebt war. Diese Zielsetzung ist aber legitim. Soweit auf die bisherigen Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall ein gewisser Druck ausgeübt wird, sich der Gewerkschaft anzuschließen, ist dies kein gravierender Eingriff in die individuelle Koalitionsfreiheit. Wenn sie sich statt der einen Großgewerkschaft einer anderen Großgewerkschaft anschließen müssen, um nicht auf den Status eines unorganisierten Arbeitnehmers zurückzufallen, ist dies nicht zu beanstanden.

Schließlich sehen die Haustarifverträge keine durchweg ungünstigeren Arbeitsbedingungen vor als das Tarifwerk der Industriegewerkschaft Metall.

Damit gelten die mit der Gewerkschaft ver.di abgesschlossenen Firmentarifvertrge, insbesondere der Entgeltrahmentarifvertrag für die Mitglieder dieser Gewerkschaft gemäß § 3 Abs. 1 TVG kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit. Für die Mitglieder der Industriegewerkschaft Metall und die nicht organisierten Arbeitnehmer findet das Haustarifwerk aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel Anwendung: Satz 1 und 2 der Bezugnahmeklausel enthalten eine Verweisung auf den Ergänzungstarifvertrag vom 03.09.1998 sowie das Tarifwerk der Metallindustrie. Satz 3 erfasst ausdrücklich den Fall der Tarifpluralität. Die Verweisung soll sich nämlich auf den für den Betrieb spezielleren Tarifvertrag beziehen, falls in dem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge Anwendung finden. Es handelt sich damit um eine einzelvertragliche Vereinbarung, die dem Prinzip der Tarifeinheit Geltung verschafft, also um eine besondere Ausprägung einer Tarifwechselklausel (vgl. hierzu BAG AP Nr. 22 zu § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag).

Gegen diese Vertragsklausel bestehen keine rechtlichen Bedenken. Sie verstößt insbesondere nicht gegen die Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB.

Wenn sie bestimmt, dass im Fall einer Tarifpluralität der speziellere Tarifvertrag Anwendung finden soll, so ist dies derjenige, der dem Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht. Regelmäßig lässt sich dieser Tarifvertrag unschwer ermitteln. Als Globalverweisung auf den spezielleren Tarifvertrag unterliegt die Bezugnahmeklausel keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB. Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB unterliegen wiederum Tarifverträge keiner Inhaltskontrolle. Gleiches gilt für eine Globalverweisung auf einen Tarifvertrag. Denn der Tarifvertrag, auf den einzelvertraglich umfassend Bezug genommen wird, unterliegt der gleichen Richtigkeitsgewähr wie bei einer Geltung kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit.

Auf die Tarifgebundenheit der Arbeitnehmerin kommt es nach alldem nicht an.

Soweit der Betriebsrat im Beschwerdeverfahren die konkrete Eingruppierung rügt und meint, es seien die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe 5 gegeben, ist dies gerade diejenige, auf die sich der Antrag bezieht. Selbst wenn zugunsten des Betriebsrats das Widerspruchsschreiben dahin ausgelegt würde, dass eine Verletzung des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG gerügt wird, da die Frau nach seiner Ansicht in die Vergütungsgruppe 6 einzugruppieren wäre, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Antragstellerin hat schlüssig vorgetragen, dass die als Assistentin tätige Frau nach dem Richtbeispiel "Sekretär III" (u.a.: Managementassistenz) der Vergütungsgruppe 5 zu vergüten ist. Dem ist der Betriebsrat nicht mit tatsächlichen oder rechtlichen Argumenten entgegen getreten.

III.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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