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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 19.06.2000
Aktenzeichen: 9 Sa 3/00
Rechtsgebiete: WRV, KSchG, GG, AVR


Vorschriften:

WRV § 137 Abs. 3
KSchG § 1 Abs. 2
GG Art. 4 Abs. 1
AVR § 4
AVR § 4 Abs. 2
AVR § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
9 Sa 3/00

Verkündet am 19. Juni 2000

In dem Rechtsstreit

pp.

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 9. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Greß, den ehrenamtlichen Richter Reiner Koch und den ehrenamtlichen Richter Josef Schleer auf die mündliche Verhandlung vom 19.06.2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.11.1999 - AZ: 2 Ca 423/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten.

Die Klägerin ist seit dem 16. Oktober 1991 als Haus- und Familienpflegerin bei der Beklagten, der katholischen Sozialstation K. GmbH, beschäftigt. Sie ist mit 20 Wochenstunden teilzeitbeschäftigt und verdient monatlich durchschnittlich DM 3.200,-- brutto. Die Klägerin war bei der Einstellung Mitglied der evangelischen Kirche. Im Zusammenhang mit ihrer Eheschließung im November 1997 trat sie aus der evangelischen Kirche aus und wurde Mitglied der "Christengemeinschaft in Baden-Württemberg", der auch ihr Ehemann angehört. Die "Christengemeinschaft" ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, jedoch nicht Mitglied des Arbeitskreises christlicher Kirchen" (im folgenden ACK). Mit Schreiben vom 19.07.1999, der Klägerin am 24.07.1999 zugegangen, hat die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1999 erklärt. Als Kündigungsgrund wurde ihr Austritt aus einer "Religionszugehörigkeit, welche der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehört", angegeben.

Die Beklagte ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Nach § 2 des schriftlichen Dienstvertrages gelten für das Dienstverhältnis die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR). Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit in der Haus- und Familienhilfe wird sowohl katholischen, nichtkatholischen als auch nichtchristlichen Familien bzw. Personen gewährt.

Die Klägerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 19.07.1999, der Klägerin zugegangen am 24.07.1999, aufgelöst wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, mit dem Austritt der Klägerin aus einer dem ACK angehörenden Kirche habe sie gegen die gesteigerten Loyalitätsanforderungen der katholischen Kirche verstoßen. Kirchenaustritte würden von der Beklagten nicht gebilligt werden. Zu den besonderen Loyalitätsobliegenheiten gehöre es, daß eine Mitarbeiterin zumindest einer Konfession angehöre, die Mitglied der ACK sei. Die Beklagte hat sich auf die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen der kirchlichen Arbeitsverhältnisse" vom 22.09.1993 berufen (im folgenden als Grundordnung bezeichnet).

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.11.1999 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Austritt der Klägerin aus der evangelischen Kirche als solcher sei kein Loyalitätsverstoß gegenüber der Beklagten als einer katholischen Einrichtung. Die katholische Kirche könne keine Loyalität zu anderen Kirchen einfordern. Aus der Grundordnung der katholischen Kirche ergäbe sich kein Kündigungsgrund. Soweit die Grundordnung in Artikel 5 Abs. 2 den Kirchenaustritt als kirchenspezifischen Kündigungsgrund nenne, gelte dies nur für Kirchenaustritte aus der katholischen Kirche. Die Mitgliedschaft der Klägerin in der "Christengemeinschaft" sei auch keine kirchenfeindliche Betätigung. Die Beklagte habe nie behauptet, daß die Christengemeinschaft "kirchenfeindlich" sei. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen (ABl. 48 - 52).

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts. Sie rügt, das Arbeitsgericht habe übersehen, daß die "Dienstgemeinschaft" der zentrale Ausgangspunkt des kirchlichen Arbeitsrechtes sei und daß sich hiervon ausgehend die Frage nach der Kirchenmitgliedschaft der einzelnen Mitarbeiter beantworte. Diese "Dienstgemeinschaft" müsse deutlich und erfahrbar machen, daß die Einrichtung sich dem Auftrag Christi verpflichte und der "Gemeinschaft der Kirche" verbunden wisse. Aus diesem Grunde sei der Austritt aus einer anderen Kirche als ein schwerer Verstoß gegen die Loyalitätsobliegenheiten eines Mitarbeiters anzusehen. Durch ihren Austritt aus der evangelischen Kirche habe sich die Klägerin aus dieser Gemeinschaft herausbegeben. Die Klägerin sei auch nicht einer anderen Kirche, die der ACK angehöre, beigetreten. Daraus folge, daß durch diese Handlungsweise die Glaubwürdigkeit der Kirche bzw. der Sozialstation, in welcher die Klägerin beschäftigt sei, grundlegend gefährdet sei. Dies stelle einen Verstoß gegen Artikel 4 Abs. 4 Satz 2 der Grundordnung dar.

Die Berufungsklägerin/Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23.11.1999 - AZ: 2 Ca 423/99 - wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufungsbeklagte/Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Arbeitsgerichts für zutreffend.

Im übrigen wird auf die Berufungsbegründung, die Berufungserwiderung und den Schriftsatz der Beklagten vom 26.04.2000 verwiesen. Auf den Inhalt des Dienstvertrages vom 04.12.1991 (ABl. 9), der Grundordnung und der mit Schriftsatz vom 26.08.1999 vorgelegten Unterlagen (mit der Verfassung der "Christengemeinde" ABl. 21 - 30) wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 19.07.1999 aufgelöst wurde. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, denn es liegen dafür weder Gründe in der Person, noch in dem Verhalten der Klägerin vor, die ihrer Weiterbeschäftigung entgegenstehen (§ 1 Abs. 2 KSchG). Der kündigungsrelevante Vorwurf der Beklagten, die Klägerin sei als Arbeitnehmerin eines katholischen Betriebes aus der evangelischen Kirche ausgetreten und der nicht zum ACK gehörenden "Christengemeinschaft" beigetreten, ist auch unter Berücksichtigung des Selbstverständnisses der katholischen Kirche und den auf der kirchlichen Selbstverwaltung beruhenden Vorschriften kein Kündigungsgrund.

1. Nach Artikel 140 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung (WRV) ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Das Berufungsgericht geht entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts davon aus, daß Kirchen aufgrund dieses Selbstbestimmungsrechts in ihren caritativen und erzieherischen Einrichtungen die von ihrer Sendung her gebotenen Voraussetzungen für die Loyalitätsobliegenheiten der im kirchlichen Dienst Beschäftigten festlegen (vgl. BAG, Urt.v.18.11.1986 - AZ: 7 AZR 274/85 - in AP NR. 35 Art. 140 GG). Dabei können die Kirchen der Gestaltung des kirchlichen Dienstes auch dann, wenn sie ihn auf der Grundlage von Arbeitsverträgen regeln, das besondere Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft aller ihrer Mitarbeiter zugrundelegen. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Befugnis der Kirche, den ihr angehörenden Arbeitnehmern die Beachtung jedenfalls der tragenden Grundsätze der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre aufzuerlegen und deren Einhaltung zu verlangen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschl.v. 04.06.1985, AZ: 2 BVR 1703/83; 1718/83, 856/84) in AP Nr. 24 zu Art. 140 GG). Dabei bleibe es den Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordere, was spezifisch kirchliche Aufgaben seien und was Nähe zu diesen Aufgaben bedeute, welches die wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre seien und was als Verstoß gegen diese anzusehen sei. Dabei könne die Kirche auch darüber entscheiden, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätspflicht eingreife. Die Arbeitnehmer seien an diese Vorgaben gebunden, es sei denn, es entstünde durch ihre Anwendung im konkreten Fall ein Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot sowie in dem Begriff der guten Sitten und des ordre public ihren Niederschlag gefunden hätten (vgl. BVerfG, Beschl.v. 04.06.1985 in AP Nr. 24 zu Art. 140 GG). Ein Arbeitnehmer, der durch seine vertragliche Arbeitsleistung Funktionen der Kirche wahrnimmt und an der Erfüllung ihres Auftrages mitwirkt, macht sich für die Wahrnehmung der von ihm arbeitsvertraglich übernommenen Aufgaben ungeeignet, wenn er seine Lebensführung nicht so einrichtet, daß sie den der Kirche zugrunde liegenden Gesetzen entspricht (BAG, Urt.v. 18.11.1986 - AP Nr. 35 - Art. 140 GG). Das Bundesverfassungsgericht hat Artikel 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV so ausgelegt, daß die Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsgarantie nicht nur den verfaßten Kirchen und deren rechtlich selbständigen Teilen zugute kommt, sondern allen der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihren Aufgaben entsprechend berufen sind, ein Stück des Auftrags der Kirche wahrzunehmen und zu erfüllen. Nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche umfaßt die Religionsausübung nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch den der Freiheit zur Entfaltung und zum Wirken in der Welt; hierzu gehören auch caritative Aufgaben.

Die Beklagte bedient sich bei der Verfolgung ihrer Aufgaben als katholische Sozialstation der Rechtsform einer GmbH. Gleichwohl erfüllt sie zumindest auch caritative Aufgaben, die nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche ein Stück ihres christlichen Auftrags darstellt. Es gilt somit grundsätzlich das staatliche Arbeitsrecht, wobei die Beklagte ihre spezifischen kirchlichen Angelegenheiten "selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes im Sinne des Art. 137 Abs. 3 Satz 1 Weimarer Reichsverfassung regeln kann. Das staatliche Arbeitsrecht darf auch bei einer privatrechtlichen Rechtsform die verfassungsrechtlich geschützte Eigenart des kirchlichen Dienstes nicht in Frage stellen.

2.

a) Bei Beachtung dieser Rechtssätze gilt für den vorliegenden Fall folgendes: Die Beklagte hat die Kündigung damit begründet, die Klägerin habe die evangelische Kirche verlassen und sich der Christengemeinschaft angeschlossen, welche der ACK nicht angehört. Dadurch habe sie sich aus der "Dienstgemeinschaft" herausbegeben, die "Beschäftigungsanforderung" läge somit in ihrer Person nicht mehr vor. Die Handlungsweise der Klägerin verstoße gegen die "Grundlagen der AVR-Richtlinien" (so im Kündigungsschreiben).

Bei der Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG muß beurteilt werden, was unter sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bei Beachtung des Kirchenrechts bzw. der kirchenrechtlichen Vorschriften zu verstehen ist und ob ein so schwerwiegender Verstoß gegen die Pflichten eines kirchlichen Arbeitnehmers vorliegt, daß der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf Dauer nicht mehr zugemutet werden kann.

Nach staatlichem Arbeitsrecht ist ein Kirchenaustritt kein Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG; Art. 4 Abs. 1 GG gewährt die uneingeschränkte Glaubensfreiheit. Soweit sich die Beklagte im Kündigungsschreiben auf einen Verstoß gegen die AVR-Richtlinien berufen hat, rechtfertigt dies keine Kündigung. Zwar sind die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in ihrer jeweiligen Fassung anwendbar, der Austritt aus der evangelischen Kirche eines in einer katholischen Einrichtung beschäftigten Arbeitnehmers ist jedoch nicht geregelt. In § 4 der AVR sind die allgemeinen Dienstpflichten wie folgt bestimmt:

" (1) Der Dienst in der katholischen Kirche fordert vom Dienstgeber und vom Mitarbeiter die Bereitschaft zu gemeinsam getragener Verantwortung und vertrauensvoller Zusammenarbeit unter Beachtung der Eigenart, die sich aus dem Auftrag der Kirche und ihrer besonderen Verfaßtheit ergibt.

(2) Bei der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben sind die allgemeinen und für einzelne Berufsgruppen erlassenen kirchlichen Gesetze und Vorschriften zu beachten.

(3) Der Dienst in der katholischen Kirche erfordert vom katholischen Mitarbeiter, daß er seine persönliche Lebensführung nach der Glaubens- und Sittenlehre sowie den übrigen Normen der katholischen Kirche einrichtet. Die persönliche Lebensführung des nichtkatholischen Mitarbeiters darf dem kirchlichen Charakter der Einrichtung, in der er tätig ist, nicht widersprechen.

(4) Jeder Mitarbeiter hat seine beruflichen Fähigkeiten und Erfahrungen nach bestem Können bei der Erfüllung des ihm übertragenen Dienstes einzusetzen. Er soll jederzeit bemüht sein, sein fachliches Können zu erweitern. Er hat die für seinen Arbeitsbereich bestehenden Gesetze und Verwaltungsbestimmungen und daneben die durch Dienstanweisungen oder Anordnungen seiner Vorgesetzten gegebenen Weisungen zu beachten.

(5) Die Dienstordnung sowie die Haus- und Heimordnung sind für jeden Mitarbeiter verbindlich."

Der Klägerin kann nicht vorgeworfen werden, sie habe ihre persönliche Lebensführung nicht nach der Glaubens- und Sittenlehre der katholischen Kirche ausgerichtet, da sich diese Forderung in § 4 AVR ausdrücklich nur an katholische Mitarbeiter wendet. Im übrigen hat die Beklagte auch nicht dargelegt, inwiefern ihr Verhalten gegen diese Glaubens- und Sittenlehre verstoßen haben könnte.

b) Soweit in § 4 Abs. 2 AVR auf die kirchlichen Gesetze und Vorschriften und in Abs. 3 auf die übrigen Normen der katholischen Kirche Bezug genommen ist, kann damit nur die "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" vom 22.09.1993 gemeint sein (im folgenden als Grundordnung bezeichnet - abgedruckt in NJW 1994 Seite 1394) gemeint sein. Im Kündigungsschutzprozeß hat sich die Beklagte auch überwiegend darauf berufen. Diese Grundordnung hat unter anderem folgenden Wortlaut:

"Art. 1. Grundprinzipien des kirchlichen Dienstes.

Alle in einer Einrichtung der katholischen Kirche Tätigen tragen durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung gemeinsam dazu bei, daß die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann (Dienstgemeinschaft). Alle Beteiligten, Dienstgeber sowie leitende und ausführende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, müssen anerkennen und ihrem Handeln zugrunde legen, daß Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur und Leitung der Einrichtung, für die sie tätig sind, sich an der Glaubens- und Sittenlehre und an der Rechtsordnung der katholischen Kirche auszurichten haben.

Art. 2. Geltungsbereich.

(1) Diese Grundordnung gilt für Arbeitsverhältnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei den Dienststellen, Einrichtungen und sonstigen selbständig geführten Stellen - nachfolgend als Einrichtung(en) bezeichnet -

a) der Diözesen,

b) der Kirchengemeinden und Kirchenstiftungen,

c) der Verbände von Kirchengemeinden,

d) der Diözesencaritasverbände und deren Gliederungen, soweit sie öffentliche juristische Personen des kanonischen Rechts sind,

e) der sonstigen öffentlichen juristischen Personen des kanonischen Rechts.

(2) Diese Grundordnung ist auch anzuwenden im Bereich der sonstigen kirchlichen Rechtsträger und ihrer Einrichtungen, unbeschadet ihrer Rechtsform sowie des Verbandes der Diözesen Deutschlands und des Deutschen Caritasverbandes. Die sogenannten Rechtsträger sind gehalten, die Grundordnung für ihren Bereich rechtsverbindlich zu übernehmen.

(3) Unter diese Ordnung fallen nicht Mitarbeiter, die auf Grund eines Klerikerdienstverhältnisses oder ihrer rdenszugehörigkeit tätig sind.

Art. 3 ......

Art. 4. Loyalitätsobliegenheiten.

(1) Von den katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, daß sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Insbesondere im pastoralen, katechetischen und erzieherischen Dienst sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind, ist das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich. Dies gilt auch für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(2) von nichtkatholischen christlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, daß sie die Wahrheiten und Werte des Evangeliums achten und dazu beitragen, sie in die Einrichtung zur Geltung zu bringen.

(3) Nichtchristliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben kirchenfeindliches Verhalten zu unterlassen. Sie dürfen in ihrer persönlichen Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht gefährden.

(4) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben kirchenfeindliches Verhalten zu unterlassen. Sie dürfen in ihrer persönlichen Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht gefährden.

Art. 5. Verstöße gegen Loyalitätsobliegenheiten

(1) Erfüllt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr, so muß der Dienstgeber durch Beratung versuchen, daß die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt. Im konkreten Fall ist zu prüfen, ob schon ein solches klärendes Gespräch oder eine Abmahnung, ein formeller Verweis oder eine andere Maßnahme (z.B. Versetzung, Änderungskündigung) geeignet sind, dem Obliegenheitsverstoß zu begegnen. Als letzte Maßnahme kommt eine Kündigung in Betracht.

(2) Für eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen sieht die Kirche insbesondere folgende Loyalitätsverstöße als schwerwiegend an:

- Verletzungen der gemäß Art. 3 und 4 von einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter zu erfüllenden Obliegenheiten, insbesondere Kirchenaustritt, öffentliches Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche (z.B. hinsichtlich der Abtreibung) und schwerwiegende sittliche Verfehlungen,

- Abschluß einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe,

- Handlungen, die kirchenrechtlich als eindeutige Distanzierung von der katholischen Kirche anzusehen sind, vor allem Abfall vom Glauben (Apostasie oder Häresie gem. c. 1364 § 1 i.V.m. c. 751 CIC), Verunehrung der heiligen Eucharistie (c. 1367 CIC), öffentliche Gotteslästerung und Hervorrufen von Haß und Verachtung gegen Religion und Kirche (c. 1369 CIC), Straftaten gegen die kirchlichen Autoritäten und die Freiheit der Kirche (insb.gem. den cc.1374 CIC).

(3) Ein nach Abs. 2 generell als Kündigungsgrund in Betracht kommendes Verhalten schließt die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus, wenn es begangen wird von pastoral, katechetisch oder leitend tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind. Von einer Kündigung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalles diese als unangemessen erscheinen lassen.

(4) Wird eine Weiterbeschäftigung nicht bereits nach Abs. 3 ausgeschlossen, so hängt im übrigen die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung von den Einzelfallumständen ab, insbesondere vom Ausmaß einer Gefährdung der Glaubwürdigkeit von Kirche und kirchlicher Einrichtung, von der Belastung der kirchlichen Dienstgemeinschaft, der Art der Einrichtung, dem Charakter der übertragenen Aufgabe, deren Nähe zum kirchlichen Verkündungsauftrag, von der Stellung der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters in der Einrichtung sowie von der Art und dem Gewicht der Obliegenheitsverletzung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Lehre der Kirche bekämpft oder sie anerkennt, aber im konkreten Fall versagt.

(5) Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die aus der katholischen Kirche austreten, können nicht weiterbeschäftigt werden. Im Falle des Abschlusses einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe scheidet eine Weiterbeschäftigung ebenfalls dann aus, wenn sie unter öffentliches Ärgernis erregenden oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigenden Umständen geschlossen wird (z.B. nach böswilligem Verlassen von Ehepartner und Kindern)."

Diese Grundordnung ist auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien anwendbar. Sie wurde von der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz erlassen. Sie ist ein Kirchengesetz, das von dem jeweiligen Diözesanbischof mit unmittelbarer Wirkung für den verfaßten kirchlichen Bereich gemäß Artikel 2 Grundordnung in Kraft gesetzt werden kann. Die Beklagte ist dem Deutschen Caritasverband angeschlossen. Das Berufungsgericht geht mit der Beklagten davon aus, daß die Grundordnung gemäß ihrem Artikel 2 Abs. 2 vom Deutschen Caritasverband rechtsverbindlich umgesetzt wurde. Damit gilt die Grundordnung für den Bereich des Deutschen Caritasverbandes. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Grundordnung bereits kraft der normativen Rechtsetzungsbefugnis der katholischen Kirche gemäß Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung unmittelbar für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gilt. Die Grundordnung gilt jedenfalls aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme. Ob die Grundordnung allerdings bereits aufgrund der Verweisung in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 AVR gilt, ist fraglich. Diese Verweisung entspricht nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Bezugnahmeklausel. Auch für einen Arbeitnehmer einer katholischen Einrichtung muß feststellbar sein, welche konkreten Kirchennormen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Die Grundordnung gilt jedoch unmittelbar für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Bezugnahme in § 1 des Dienstvertrages vom 4.12.1991. In dieser Vertragsbestimmung ist unter anderem folgendes geregelt: "Die Mitarbeiterin gehört zur Dienstgemeinschaft der oben genannten Einrichtung. Sie verspricht, die ihr übertragenen Aufgaben in Beachtung der allgemeinen und besonderen Dienstpflichten, der Dienst- und Geschäftsordnung der Einrichtung, der Haus- bzw. Heimordnung und der Anordnungen des Dienstgebers treu und gewissenhaft zu erfüllen und das Gebot der Verschwiegenheit in allen dienstlichen Angelegenheiten auch nach der Beendigung des Dienstverhältnisses zu beachten.".....

Die Grundordnung ist zwar nicht ausdrücklich erwähnt; allerdings wurde diese erst nach Abschluß des Arbeitsvertrages am 22.09.1993 durch die Deutsche Bischofskonferenz verabschiedet. Zuvor waren Dienstordnungen anwendbar. § 1 des Arbeitsvertrages ist dahingehend auszulegen, daß auch die den Dienstordnungen nachfolgenden Grundordnung für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien anwendbar sein solle.

3. Die Klägerin hat gegen diese Grundordnung nicht verstoßen.

a) Die Beklagte hat der Klägerin zum Vorwurf gemacht, gegen ihre in der Grundordnung festgelegten Loyalitätspflichten verstoßen zu haben. Diese Loyalitätsobliegenheiten sind in Artikel 4 Grundordnung, die Folgen der Verstöße gegen diese Obliegenheiten in Artikel 5 Grundordnung geregelt. Weder der Austritt aus der evangelischen Kirche noch der Eintritt in die "Christengemeinschaft" ist weder alleine noch zusammen betrachtet ein Loyalitätsverstoß gegenüber der Beklagten nach Artikel 5 Grundordnung. Artikel 5 Abs. 5 Grundordnung erwähnt nur den Austritt aus der katholischen Kirche. Artikel 5 Abs. 2 Grundordnung nennt ebenfalls den Kirchenaustritt, bezieht sich jedoch auf Artikel 3 und Artikel 4 Grundordnung, woraus zu entnehmen ist, daß ebenfalls nur der Austritt aus der katholischen Kirche gemeint ist: Nach Artikel 4 Abs. 2 wird von nichtkatholischen christlichen Mitarbeitern - also auch von der Klägerin - nur erwartet, daß "sie die Wahrheiten und Werte des Evangeliums achten und dazu beitragen, sie in der Einrichtung zur Geltung zu bringen". Von nichtchristlichen Mitarbeitern wird gemäß Artikel 4 Abs. 3 nur erwartet, daß sie die ihnen in einer kirchlichen Einrichtung übertragenen Aufgaben im Sinne der Kirche erfüllen. Ungeeignet für einen Dienst in der Kirche ist nach Artikel 3 Abs. 4 Grundordnung hinsichtlich eines Kirchenaustritts nur derjenige, der aus der katholischen Kirche austritt oder sich kirchenfeindlich betätigt. Entsprechend § 4 Abs. 3 AVR wird auch die Beachtung der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre in Artikel 4 Abs. 1 Grundordnung nur von den katholischen Mitarbeitern erwartet. Ein Austritt aus der evangelischen Kirche ist in der Grundordnung überhaupt nicht geregelt.

b) Die Beklagte kann einen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten der Klägerin auch nicht mit einem "Verlassen der Dienstgemeinschaft" und einem Verlassen der "Gemeinschaft der Kirche" begründen. Die Beklagte sieht einen solchen Verstoß darin, daß die Klägerin aus einer der ACK angehörenden Kirche - hier der evangelischen Kirche - ausgetreten sei und in eine Gemeinschaft, die nicht der ACK angehöre - hier der "Christengemeinschaft" -, eingetreten sei. In diesem Verlassen der "Gemeinschaft der Kirche" bzw. der "Dienstgemeinschaft" liege ein Verstoß gegen Artikel 4 Absatz 4 Satz 2 Grundordnung. Nach dieser Bestimmung darf ein Mitarbeiter in seiner "persönlichen Lebensführung und in seinem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der er beschäftigt ist, nicht gefährden". Das Berufungsgericht kann nicht nachvollziehen, daß damit die Glaubwürdigkeit der Kirche bzw. der caritativen Betätigung der Beklagten gefährdet sein könnte. Den Vorwurf der Gefährdung hat die Beklagte nicht näher erläutert. Die weitere Begründung der Beklagten überzeugt nicht: Die Klägerin habe der evangelischen Kirche, mit der sie im Rahmen der ACK eine Gemeinschaft bilde, den Rücken gekehrt. Die Funktion der Klägerin in der Repräsentation und der Darstellung ihres Arbeitgebers - also der katholischen Sozialstation - sei recht hoch anzusetzen. Die Klägerin komme mit leidenden Menschen, mit sterbenden Menschen und mit deren Familienmitgliedern bei Erfüllung ihres Dienstes zusammen. Die notwendige Repräsentation der kirchlichen Einstellungen und der kirchlichen Sendungen könne nur im Rahmen der ACK verwirklicht werden. Diese Auffassung der Beklagten hätte einer näheren Begründung bedurft. Bei der "Christengemeinschaft" handelt es sich ausweislich ihrer Verfassung vom 08. Februar 1997 um eine Religionsgesellschaft, die für die religiöse Erneuerung des Christentums wirkt (Präambel zur Verfassung). Dabei diene die Verkündung des Evangeliums auf erkenntnismässiger Grundlage, Vollzug der Sakramente, Seelsorge und Begründung von Gemeinden diesem Wirken. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, daß es bei der "Christengemeinschaft" nicht um eine christliche Kirche handelt. Soweit die Beklagte sich auf den Begriff der "Gemeinschaft der Kirche" beruft, steht nicht fest, daß zu dieser Gemeinschaft nur jene Kirchen gehören, die in der ACK zusammengefaßt sind. Im Zweifel wird man unter der "Gemeinschaft der Kirche" nur die Gemeinschaft der katholischen Kirche verstehen. Jedenfalls kann der Austritt aus der evangelischen Kirche und der Beitritt zur "Christengemeinschaft" nicht als Verlassen der "Gemeinschaft der Kirche" verstanden werden, wobei die Grundordnung diesen Vorgang nicht erwähnt und deshalb darin wohl auch keinen Kündigungsgrund sieht. Im übrigen könnte der Vorwurf des Verlassens der "Gemeinschaft der Kirche" bzw. eine Gefährdung der Glaubwürdigkeit der Kirche allenfalls dann vorliegen, wenn die Klägerin einer christlichen Kirche beigetreten wäre, die nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche den Mindestanforderungen nicht gerecht wird, die nach den Glaubenssätzen der katholischen Kirche an eine christliche Gemeinschaft bzw. Kirche gestellt werden muß. Dies deshalb, weil die Klägerin als vormals evangelische Christin noch nie der Gemeinschaft der katholischen Kirche angehört hat, der Übertritt von einer nichtkatholischen zu einer anderen nichtkatholischen christlichen Glaubensgemeinschaft allenfalls nur dann eine Gefährdung der katholischen Kirche im Sinne des Artikel 4 Abs. 2 Grundordnung wäre, wenn die "Christengemeinschaft" von der katholischen Kirche nicht als christlich angesehen werden könnte. Daß die "Christengemeinschaft" diesen Mindestanforderungen an eine christliche Kirche nicht entspricht, hat die Beklagte nie behauptet. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte nicht vorgetragen, daß die "Christengemeinschaft" keine christliche Kirche sei und daß die Klägerin auch nach ihrem Beitritt zur "Christengemeinschaft" nicht als "nichtkatholische christliche Mitarbeiterin" im Sinne des Artikel 4 Abs. 2 Grundordnung bezeichnet werden könne.

Aufgrund ihres kirchlichen Selbstbestimmungsrechts hätte die Beklagte darlegen können, daß die "Christengemeinschaft" christlichen Wertvorstellungen aus Sicht der katholischen Kirche nicht entspreche. Nachdem unstreitig dieser Vorwurf gegen die "Christengemeinschaft" nicht erhoben worden ist, braucht auch nicht entschieden zu werden, ob dies gegebenenfalls ein Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewesen wäre, weil darin eine Gefährdung der Glaubwürdigkeit der Kirche hätte gesehen werden können (§ 4 Abs. 4 Grundordnung).

c) Nichts anderes gilt, soweit die Beklagte in dem Wechsel der Religionsgemeinschaft der Klägerin ein "Verlassen der Dienstgemeinschaft" gesehen hat und meint, damit habe die Klägerin die Glaubwürdigkeit der Kirche gefährdet. Weder in der Grundordnung noch in anderen kirchlichen Bestimmungen ist geregelt, wann ein Verlassen der Dienstgemeinschaft vorliegt. Nach einer von der Beklagten in der Berufungsbegründung zitierten "Erklärung zum kirchlichen Dienst Teil 1" müsse diese Dienstgemeinschaft deutlich und erfahrbar machen, daß die Einrichtung "sich dem Auftrag Christi verpflichtet und der Gemeinschaft der Kirche verbunden weiß....". Artikel 1 Grundordnung legt die Grundprinzipien des kirchlichen Dienstes fest und erwähnt die Dienstgemeinschaft. Darunter wird verstanden, daß die bei der Beklagten tätigen Beschäftigten durch ihre Arbeit gemeinsam dazu beitragen, daß die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann. Es wird gefordert, daß die Mitarbeiter anerkennen müssen, daß Zielsetzung und Tätigkeit, Organisationsstruktur und Leitung der Einrichtung, für die sie tätig sind, an der Glaubens- und Sittenlehre und an der Rechtsordnung der katholischen Kirche auszurichten sei. Der Begriff der Dienstgemeinschaft kann unter Beachtung dieser Bestimmungen nur so verstanden werden, daß die Dienstgemeinschaft sowohl die katholischen als auch die nichtkatholischen christlichen und die nichtchristlichen Mitarbeiter entsprechend Artikel 4 Abs. 1 - 3 Grundordnung umfaßt. Entgegen der Auffassung der Beklagten läßt sich nicht feststellen, daß der Beitritt zu einer nicht dem ACK angehörenden Religionsgemeinschaft ein "Verlassen der Dienstgemeinschaft" darstellt. Die katholische Kirche hätte für alle Arbeitnehmer verbindlich regeln können, was sie unter einem Verlassen der Dienstgemeinschaft bzw. der Gemeinschaft der Kirche versteht und wann im einzelnen eine Gefährdung der Glaubwürdigkeit der Kirche im Sinne des Artikel 4 Abs. 4 Grundordnung gegeben ist. Dies hat sie jedoch nicht getan. Für das Berufungsgericht ist auch nicht nachvollziehbar, daß damit die Glaubwürdigkeit der Kirche bzw. die caritative Betätigung der Beklagten gefährdet sein könnte. Die Kirche kann kraft ihres verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts festlegen, was unter einer "Dienstgemeinschaft" zu verstehen ist, wann eine Gefährdung der Glaubwürdigkeit der Kirche vorliegt und welche Loyalitätspflichten von einem kirchlichen Mitarbeiter erwartet werden können (vgl. BVerfG, Beschl.v. 04.06.1985 in AP Nr. 24 zu Art. 140 GG). Dies muß jedoch so klar formuliert sein, daß es für die staatlichen Gerichte nachvollziehbar ist. Auch Artikel 140 GG i.V.m. Artikel 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung entbindet die Beklagte nicht, entsprechend § 1 Abs. 2 KSchG die Kündigungsgründe für das Gericht nachvollziehbar darzulegen. Wenn Artikel 4 Abs. 2 Grundordnung von der Klägerin als nichtkatholische christliche Mitarbeiterin nur erwartet, daß sie die Wahrheiten und die Werte des Evangeliums achtet und dazu beiträgt, sie bei der Beklagten zur Geltung zu bringen, so ist nicht verständlich, daß der Übertritt der Klägerin von der evangelischen Kirche zu einer anderen christlichen Gemeinschaft eine Gefährdung der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche bzw. der Beklagten sein kann. Mit ihrer Begründung der Kündigung hat die Beklagte lediglich auf einen formalen Gesichtspunkt abgestellt, die "Christengemeinschaft" sei nicht Mitglied der ACK. Die fehlende Mitgliedschaft der Christengemeinschaft" in der ACK besagt jedoch nichts über den Inhalt der Glaubenssätze der "Christengemeinschaft". Weder die Grundordnung noch andere kirchliche Rechtssätze der Beklagten enthalten eine nähere Bestimmung, derzufolge Loyalitätsverstöße der Mitarbeiter bzw. eine "Gefährdung der Glaubwürdigkeit der Kirche" oder der Vorwurf der Kirchenfeindlichkeit in der Weise formal bestimmt werden könnte, daß die Mitgliedschaft einer christlichen Kirche zur ACK entscheidend für das Vorliegen einer "Dienstgemeinschaft" oder einer "Gemeinschaft der Kirche" sein könnte. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere deshalb, weil die Beklagte keine Einwände gegen die christliche Glaubens- und Sittenlehre der "Christengemeinschaft" erhoben hat. Würde die "Christengemeinschaft" Mitglied der ACK werden, so würde ein Kündigungsgrund auch nach Meinung der Beklagten ohne inhaltliche Änderung deren Glaubenssätze bereits aus formalen Gründen entfallen. Somit steht für das Berufungsgericht fest, daß der Klägerin weder ein Verstoß gegen ihre Loyalitätspflichten vorgeworfen werden kann, noch daß sie durch ihr Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche gefährdet hat. Einen Verstoß gegen die Glaubens- und Sittenlehre der katholischen Kirche hat diese selbst nicht behauptet. Damit steht fest, daß die Kündigung der Klägerin sozial ungerechtfertigt ist.

4. Selbst wenn man mit der Beklagten einen Kündigungsgrund annehmen würde, wäre die Berufung gleichwohl unbegründet. In diesem Falle wäre gemäß § 1 Abs. 1 KSchG eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der unter Beachtung der Schwere der Arbeitsvertragsverletzung der Klägerin die Interessen der Beklagten an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses und jene der Klägerin an einer Fortsetzung des Dienstverhältnisses miteinander hätte abgewogen werden müssen. Nach Beurteilung des Berufungsgerichts würden die Interessen der Klägerin an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses überwiegen. Das kündigungsrelevante Verhalten, also der Austritt der Klägerin aus der evangelischen Kirche und der Beitritt zur "Christengemeinschaft" wäre eine Dienstverletzung, die aufgrund einer sehr formalen Betrachtungsweise beruht. Andererseits hat sich die Klägerin bei ihrer Arbeit bei der Beklagten nie etwas zuschulden kommen lassen. Ihre Arbeit in der katholischen Sozialstation wurde stets beanstandungsfrei ausgeführt. Die Beklagte konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht bestreiten, daß die Klägerin ihre Arbeit - trotz des Übertritts in die "Christengemeinschaft" - zufriedenstellend ausführt. Unter diesen Umständen könnte das Berufungsgericht keinen Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses erkennen.

Die Berufung der Beklagten war deshalb unbegründet. Sie hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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