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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 01.04.2005
Aktenzeichen: 9 TaBV 3/04
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, GVG, BGB, MTV, GKG


Vorschriften:

BetrVG § 78 a
BetrVG § 78 a Abs. 2
ArbGG § 48 Abs. 1
ArbGG § 65
ArbGG § 87 Abs. 1
ArbGG § 88
GVG § 17
GVG § 17 a
GVG § 17 a Abs. 3 Satz 2
GVG § 17 a Abs. 4
GVG § 17 b
GVG § 78
GVG § 83 Abs. 5
BGB § 126 Abs. 2 Satz 2
BGB § 130 Abs. 1 Satz 1
BGB § 623
MTV § 2 Abs. 1
GKG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - Im Namen des Volkes Beschluss

Aktenzeichen: 9 TaBV 3/04

Im Beschlussverfahren

hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 9. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht P., den ehrenamtlichen Richter B. und den ehrenamtlichen Richter L. auf die mündliche Verhandlung vom 01.04.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beteiligten 2 - 4 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 30.09.2004 - 11 BV 17/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Hauptantrag darüber, ob zwischen der Arbeitgeberin und dem Bet. zu 2, einem Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ein unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis entstanden ist, hilfsweise darüber, ob das begründete Vollzeitarbeitsverhältnis aufzulösen ist.

Die Beteiligte zu 1 ist die Arbeitgeberin des am 0.0.1984 geborenen Beteiligten zu 2, der bei ihr ausgebildet wurde und nunmehr in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt wird. Der Beteiligte zu 3 ist der Betriebsrat des Betriebes F., die Beteiligte zu 4 die Jugend- und Auszubildendenvertretung des Betriebes F.

Die Niederlassung B. F. der Arbeitgeberin ist für die Brief- und Verbundzustellung in dem Postleitzahlbereich 77 und 79 zuständig. Jeweils pro Postleitzahlbereich besteht ein eigenständiger Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung des Betriebes F. besteht aus insgesamt 3 Mitgliedern. Der Beteiligte zu 2 hatte zum 01.09.2002 die Ausbildung zur Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr bei der Arbeitgeberin in deren Betrieb in F. begonnen. Der Berufsausbildungsvertrag wurde für die Zeit vom 01.09.2002 bis zum 31.08.2004 geschlossen. Am 19.07.2004 endete das Ausbildungsverhältnis infolge des Bestehens der praktischen Abschlussprüfung. Der Beteiligte zu 2 ist seit 14.11.2002 Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung im Betrieb F. Mit bei der Arbeitgeberin am 10.05.2004 eingegangenem Schreiben ohne Datum verlangte er die Weiterbeschäftigung gemäß § 78 a BetrVG. Am 14.06.2004 bot die Arbeitgeberin, vertreten durch ihre Personalleiterin, Frau K., bei einer Veranstaltung für sämtliche Auszubildende diesen die Übernahme auf einen Arbeitsplatz mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden (Teilzeitarbeitsverhältnis) an. Den in Betracht kommenden Auszubildenden, so auch dem Beteiligten zu 2, händigte sie ein an den jeweiligen Auszubildenden adressiertes Schreiben vom 11.06.2004 aus, das auszugsweise wie folgt lautet:

"Sehr geehrter Herr T.,

...

Aufgrund Ihres Leistungs- und Verhaltensbildes im Verlauf der Ausbildung und insbesondere während des bisher absolvierten Teils des selbständigen Einsatzes haben wir Sie in den Kreis der Auszubildenden aufgenommen, denen wir hiermit ein unbefristetes Beschäftigungsangebot bei der Niederlassung B. F. im Anschluss an die Ausbildung unterbreiten. Die Wochenarbeitszeit dieses Arbeitsplatzes beträgt 30 Stunden.

Bitte senden Sie das beigefügte Rückmeldeformular bis spätestens zum 16.06.2004 im beigefügten Rückumschlag an uns zurück...."

Auf dem mit "Beschäftigungsangebot bei der Niederlassung B. F." überschriebenem, dem vorgenannten Schreiben beigefügten Antwort-Formular, in dem bereits der Name des jeweiligen Auszubildenden, so auch der des Beteiligten zu 2, eingedruckt war, kreuzte der Beteiligte zu 2 das Feld an, "Ich nehme das unbefristete Beschäftigungsangebot bei der Niederlassung B. F. an" und unterschrieb es. Das Antwort-Formular ging am 16.06.2004 in der Personalabteilung des Betriebes F. der Arbeitgeberin ein.

Am 02.07.2004 schrieb der Beteiligte zu 2 erneut an die Arbeitgeberin und führte aus:

"Ich habe als JAV-Mitglied eine Weiterbeschäftigung gem. § 78 a Abs. 2 BetrVG mit Schreiben vom 16.06.2004 geltend gemacht. Ich habe daher nach erfolgreichem Abschluss meiner Ausbildung am 19.07.2004 einen Anspruch auf Beschäftigung in einem Vollzeitarbeitsverhältnis. Mir wurde lediglich ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit 30 Wochenstunden angeboten, das ich unter dem Vorbehalt angenommen habe, dass das Arbeitsgericht rechtskräftig entscheidet, dass eine Vollzeitbeschäftigung unzumutbar ist. Mit meinem Weiterbeschäftigungsverlangen habe ich zugleich meine Bereitschaft erklärt, im Umfang von 38,5 Wochenstunden zu arbeiten. Dieses habe ich wiederholt durch die vorbehaltliche Annahme des Teilzeitarbeitsverhältnisses ...".

Unter dem 16.07.2004 unterzeichnete der Beteiligte zu 2 den von der Arbeitgeberin vorgelegten Teilzeitarbeitsvertrag im Umfang von 30 Wochenstunden "unter Vorbehalt des Gerichtsbeschlusses".

Am 12.07.2004 ging der Antrag der Arbeitgeberin bei Gericht ein, festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem Beteiligten zu 2 nach Ablauf der Ausbildungszeit am 20.07.2004 nicht begründet wird.

Wegen des streitigen Vorbringens der Beteiligten einschließlich ihrer Rechtsansichten wird auf die Gründe unter I. des Beschlusses des Arbeitsgerichts Freiburg vom 30.09.2004 verwiesen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Beteiligten zu 2 - 4 in ihrem Schriftsatz vom 24.08.2004 die Zulässigkeit der Verfahrensart betreffend den nachstehend mitgeteilten Hauptantrag der Arbeitgeberin gerügt haben.

Nach einem Hinweis des Arbeitsgerichts hat die Arbeitgeberin zuletzt beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass zwischen dem Beteiligten zu 1 und dem Beteiligten zu 2 nach Ablauf der Ausbildungszeit ab dem 20.07.2004 ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden besteht.

2. Hilfsweise:

Ein Vollzeitarbeitsverhältnis zwischen dem Beteiligten zu 1 und dem Beteiligten zu 2 nach Ablauf der Ausbildungszeit ab dem 20.07.2004 wird aufgelöst.

Die Beteiligten zu 2, 3 und 4 haben um Zurückweisung der Anträge gebeten.

Mit Beschluss vom 30.09.2004 stellte das Arbeitsgericht das Beschlussverfahren aus prozessökonomischen Gründen als zulässige Verfahrensart für den Hauptantrag der Arbeitgeberin fest und entsprach ihm im Wesentlichen mit der Begründung, dass durch das Übernahmeverlangen des Beteiligten zu 2 ins Werk gesetzte Arbeitsverhältnis hätten die Arbeitgeberin und der Bet. zu 2 durch ihre Erklärungen vom 11.06.2004 und 16.06.2004 in ein Teilzeitarbeitsverhältnis von 30 Wochenstunden abgeändert. Der Beteiligte zu 2 habe ein weiteres Übernahmeverlagen nicht stellen können, da er durch einen vorbehaltlosen Abschluss des abweichenden Vertrages in zulässiger Weise konkludent auf sein Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 78 a Abs. 2 BetrVG verzichtet habe. Ein solcher Verzicht sei auch nicht unwirksam. Dies folge bereits daraus, dass ein Auszubildender, der Mitglied des Betriebsrats oder der Jugend- und Auszubildendenvertretung sei, die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht verlangen müsse. Wegen der weiteren Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf die Beschlussgründe unter II. verwiesen.

Gegen den der Beteiligten zu 2 - 4 am 02.12.2004 zugestellten Beschluss legten diese mit beim Landesarbeitsgericht am 22.12.2004 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde ein und führten diese mit beim Beschwerdegericht am 25.01.2005 eingegangenem Schriftsatz aus.

Die Beteiligten zu 2 - 4 teilen zunächst die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, dass aus prozessökonomischen Gründen der von der Arbeitgeberin im Beschlussverfahren verfolgte Hauptantrag zulässig sei. Entgegen der Meinung des Arbeitsgerichts habe der Beteiligte zu 2 nicht freiwillig auf ein Vollzeitarbeitsverhältnis durch Ausfüllen des Formulars vom 16.06.2004 verzichtet. Er habe nämlich nicht die freie Wahl zwischen einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit 30 Stunden und einem Vollzeitarbeitsverhältnis mit 38,5 Stunden gehabt. Die Beteiligten zu 2 - 4 behaupten, im Rahmen der Veranstaltung vom 14.06.2004 sei der Beteiligte zu 2 mit der Situation konfrontiert worden, entweder ein Arbeitsverhältnis mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden anzunehmen oder in die Arbeitslosigkeit zu gehen. Insoweit habe die Arbeitgeberin rechtsmissbräuchlich gehandelt, da sie dem Beteiligten zu 2 hätte mitteilen müssen, dass er bei Annahme des Teilzeitangebotes das gesetzlich begründete Vollzeitarbeitsverhältnis nach § 78 a BetrVG verliere. Selbst wenn in dem ausgefüllten Formular vom 16.06.2004 ein Verzicht auf den Anspruch aus § 78 a BetrVG zu sehen sei, so sei dieser wirksam widerrufen worden. Der Beteiligte zu 2 habe nämlich mit Schreiben vom 02.07.2004 erneut sein Übernahmeverlangen in Vollzeit geltend gemacht und zugleich erklärt, dass er das angebotene Teilzeitarbeitsverhältnis nur unter dem Vorbehalt annehme, dass arbeitsgerichtlich festgestellt werde, dass eine Vollzeitbeschäftigung unzumutbar sei. Dementsprechend habe er auch den Arbeitsvertrag vom 16.07.2004 unter diesem Vorbehalt erklärt. Eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2 in Vollzeit sei der Arbeitgeberin nicht unzumutbar. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Beteiligten von 2 - 4 vom 24.01.2005 ergänzend Bezug genommen.

Die Beteiligten zu 2 - 4 beantragen:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg - Az.: 11 BV 17/04 - vom 30.09.2004 wird abgeändert.

2. Der Antrag wird abgewiesen.

Die Arbeitgeberin beantragt Zurückweisung der Beschwerde und verteidigt den Beschluss des Arbeitsgerichts verbunden mit dem Hinweis, dass in der Veranstaltung vom 14.06.2004 keine Situation entstanden sei, in der sich der Beteiligte zu 2 unter Druck gesetzt habe fühlen müssen. Ergänzend wird auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 14.03.2005 Bezug genommen.

II.

Die jeweils statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und ausgeführte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 2 - 4 ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Hauptantrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Die Arbeitgeberin und der Beteiligte zu 2 haben nach Ablauf des Berufsausbildungsverhältnisses mit Wirkung ab dem 20.07.2004 ein Arbeitsverhältnis mit 30 Wochenstunden vereinbart.

1. Der Beschwerdekammer war es verwehrt, die Richtigkeit der vom Arbeitsgericht angenommenen Zulässigkeit des Beschlussverfahrens als richtige Verfahrensart für den Hauptantrag der Arbeitgeberin zu überprüfen. Denn gemäß § 88 ArbGG i. V. m. § 65 ArbGG prüft das Beschwerdegericht nicht, ob die Verfahrensart zulässig ist. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Ausnahme von der vorgenannten Prüfungssperre liegen nicht vor.

a) Aus § 48 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 17 - 17 b GVG folgt zunächst, dass es sich bei der Wahl der richtigen Verfahrensart um eine von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung handelt (Schwab/Weth-Walker, ArbGG, 1. Aufl., § 48 Rz. 95; Germelmann u.a., ArbGG, 5. Aufl., § 48 Rz 329). Nach dem in Bezug genommenen § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG hat das Gericht über die Zulässigkeit der Verfahrensart vorab zu entscheiden, wenn ein Beteiligter insoweit eine Rüge anbringt. Nach § 88 ArbGG i. V. m. § 65 ArbGG prüft das Beschwerdegericht nicht, ob die Verfahrensart zulässig ist. Dies setzt jedoch selbstverständlich voraus, dass im erstinstanzlichen Verfahren die Frage der Verfahrensart ordnungsgemäß geprüft und verfahrensmäßig einwandfrei entschieden worden ist, dass also insbesondere die entsprechende Rüge eines Beteiligten nicht verfahrensfehlerhaft übergangen worden ist, sondern eine entsprechende Vorabentscheidung erlassen wurde (BAG, Urt. v. 26.034.1992 - 2 AZR 443/91 - AP Nr. zu § 48 ArbGG 1997, zu II. 3. b aa der Gründe). Bejaht das Arbeitsgericht trotz vorherigen Rüge die Zulässigkeit der Verfahrensart nur in den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung, dann ist die Beschwerde nach § 87 Abs. 1 ArbGG nach dem so genannten Meistbegünstigungsgrundsatz (auch) als sofortige Beschwerde gem. § 83 Abs. 5 und § 78 i. V. m. § 17 a Abs. 4 GVG zu behandeln, wenn der Beschwerdeführer seine erstinstanzlich erhobene Rüge im Beschwerdeverfahren aufrecht erhält bzw. die Verfahrensweise des Arbeitsgerichts beanstandet (Schwab/Weth - Schwab, a.a.O., § 88 Rz 10 m. w. N.).

b) Hieran gemessen ergibt sich, dass vorliegend die Prüfungssperre des § 88 ArbGG i. V. m. § 65 ArbGG gegeben ist.

Zwar hat das Arbeitsgericht das Verfahren fehlerhaft nach dem Inhalt seiner Entscheidung (in der Hauptsacheentscheidung statt vorab beschränkt auf die Verfahrensartfrage) entschieden. Die Beteiligten zu 2 - 4 haben nämlich in ihrem Schriftsatz vom 24.08.2004 unter 2. ihrer Ausführungen (Bl. 20, 21 d. Vorakte) die von der Arbeitgeberin für ihren Hauptantrag gewählte Verfahrensart beanstandet. Jedoch haben sie als Beschwerdeführer im zweitinstanzlichen Verfahren ihre Rüge nicht mehr aufrecht erhalten. Sie haben sich ausdrücklich unter I. 1. ihrer Beschwerdebegründung vom 24.01.2005 mit der vom Arbeitsgericht insoweit vertretenen Rechtsauffassung einverstanden erklärt.

2. Zu Recht hat das Arbeitsgericht erkannt, dass das vom Beteiligten zu 2 durch form- und fristgerechte Übernahme verlangte Vollzeitarbeitsverhältnis einvernehmlich zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2 in ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit einer Wochenstundenzahl von 30 Stunden abgeändert worden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe unter II. der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Veranlassung besteht noch auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:

a) Zutreffend geht das Arbeitsgericht infolge des am 10.05.2004 form- und fristgerecht bei der Arbeitgeberin eingegangenen Übernahmeverlangens des Beteiligten zu 2 davon aus, dass durch die Ausübung des einseitigen Gestaltungsrechts kraft Gesetzes ein den Vorgaben des § 78 a BetrVG entsprechender Arbeitsvertrag zustande gekommen ist. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich insoweit um einen von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses abhängigen und damit aufschiebend bedingten Arbeitsvertrag, der durch Eintritt der Bedingung vom "Anwartschaftsrecht" zum Vollrecht erwächst.

b) Den durch die Ausübung des Gestaltungsrechts bedingt entstandenen Arbeitsvertrag hat der Beteiligte zu 2 mit der Arbeitgeberin einvernehmlich zu einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit 30 Wochenstunden abgeändert.

aa) Dieser quasi Bestandsschutz zu Gunsten der Auszubildenden unterliegt der Disposition des Übernahmeberechtigten, sobald er sein Recht nach § 78 a BetrVG ausüben kann (z. B. Opolony, BB 2003, 123, 133; Richardi/Thüsing, BetrVG, 9. Aufl., Rn . 25).

Da der Auszubildende sein Übernahmerecht nicht ausüben muss, kann er hierauf auch verzichten. Indessen ist ein Widerruf des Form- und fristgerecht zugegangenen Übernahmeverlangens nicht möglich. Gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zeitigt eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt Wirkung, in welchem sie dem Adressaten zugeht. Die Wirksamkeit tritt jedoch dann nicht ein, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. Das als gestaltende Willenserklärung ausgekleidete Übernahmerecht entfaltete vorliegend entsprechend seinem gesetzlich festgelegten Inhalt mit Eingang der Erklärung des Bet. zu 2 bei der Arbeitgeberin am 10.05.2004 Wirkung. Einem Verzicht auf die Ausübung des Übernahmerechts nach § 78 a BetrVG steht jedoch eine anderweitige Vereinbarung über das nicht ausgeübte Übernahmerecht oder das bereits schon ausgeübte Übernahmerecht zwischen dem Arbeitgeber und dem Auszubildenden vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses gleich (Richardi/Thüsing, a.a.O., § 78 Rn 5). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind inhaltliche Abänderungen dieses nach § 78 a BetrVG entstandenen Arbeitsvertrages nach dem Konsensprinzip möglich (z.B. BAG, Beschl. v. 06.11.1996 - 7 ABR 54/95 - AP Nr. 26 zu § 78 a BetrVG 1972, zu II. 1. der Gründe).

bb) Der Beteiligte zu 2 hat das ihm von der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 11.06.2004 befristet bis zum 16.06.2004 angebotene Teilzeitarbeitsverhältnis im Umfang von 30 Wochenstunden mit bei der Arbeitgeberin am 16.06.2004 frist- und formgerecht eingegangenem Schreiben angenommen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer war der Antrag der Arbeitgeberin im Schreiben vom 11.06. 2004 inhaltlich bestimmt und daher annahmefähig. Der vom Beteiligten zu 2 unterzeichnete Vordruck war dem Schreiben der Arbeitgeberin vom 11.06.2004 beigefügt und nimmt insoweit inhaltlich Bezug auf das Schreiben der Arbeitgeberin vom 11.06.2004. Obgleich ein Abänderungsvertrag nicht der Schriftform des § 623 BGB unterfällt, wäre gleichwohl der gesetzlichen Schriftform Rechnung getragen, §§ 126 Abs. 2 Satz 2 BGB. Sofern man die Auffassung vertreten sollte, die Abänderung als actus contrarius bedürfe ebenso der Schriftform wie die Ausübung des Übernahmerechts, wäre auch diesem Gesichtspunkt entsprochen.

c) Das vom Beteiligten zu 2 erneut ausgeübte Übernahmeverlangen mit Schreiben vom 02.07.2006 ist dogmatisch als Antrag auf Abänderung des Abänderungsvertrags zu bewerten. Den Antrag hat jedoch die Arbeitgeberin nicht angenommen.

d) Soweit die Beschwerdeführer auf die Unterschrift des Beteiligten zu 2 "unter Vorbehalt des Gerichtsbeschlusses" betreffend den Arbeitsvertrag über das Teilzeitarbeitsverhältnis vom 16.07.2004 abstellen, kommt dem keine konstitutive Bedeutung zu. Der Abänderungsvertrag bezüglich des ausgeübten Übernahmerechts war bereits zuvor vorbehaltlos angenommen worden. Hierauf weist auch das Arbeitsgericht ausdrücklich hin.

Damit hat die Arbeitgeberin zum Einen dem Nachweisgesetz und zum Anderen § 2 Abs. 1 MTV - DP AG entsprochen. Im Übrigen ist nach Auffassung der Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht der Abänderungsvertrag in ein Teilzeitarbeitsverhältnis von 30 Wochenstunden rechtswirksam, so dass der Vorbehalt des Beteiligten zu 2 entfallen ist.

e) Soweit die Beschwerdeführer auf die Unkenntnis des Beteiligten zu 2 über die Rechtsfolgen seiner Erklärung vom 16.06.2004 abstellen, würde es sich lediglich um einen unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtum handeln. Subsumtionsfähige Tatsachen in Bezug auf die von den Beschwerdeführern behauptete von der Arbeitgeberin initiierte Drucksituation auf den Willensbildungsprozess des Beteiligten zu 2 liegen nicht vor. Im Übrigen liegt jedenfalls keine hinreichend deutliche Anfechtungserklärung des Beteiligten zu 2 vor.

III.

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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