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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 18.04.2007
Aktenzeichen: 15 Sa 195/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a Abs. 1
Hinweis: Parallelentscheidung zu LAG Berlin vom 31.03.2006 - 6 Sa 2262/05 (Revision: 4 AZR 554/06); abweichend von LAG Düsseldorf vom 20.07.2006 - 15 (4) Sa 62/06 (Revision: 4 AZR 767/06).
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Im Namen des Volkes Urteil

15 Sa 195/07

Verkündet am 18. April 2007 In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 15. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2007 durch den Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht K. als Vorsitzender sowie die ehrenamtlichen Richter Herr B. und Herr H.

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24.10.2006 - 36 Ca 11763/06 - teilweise abgeändert.

I.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.582,31 EUR (viertausendfünfhundertzweiundachtzig 31/100) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 aus 3.353,12 EUR, seit dem 01.07.2006 aus 298,95 EUR ab dem 01.08.2006 aus 631,29 EUR sowie ab dem 01.09.2006 aus weiteren 298,95 EUR zu zahlen.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger auch in der Zeit ab dem 01.09.2006 ein monatliches Entgelt nach der Lohngruppe 3 a der Anlage 1 des Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G II, Stand 30.06.2005 in Höhe von 1.970,36 EUR (eintausendneunhundertsiebzig 36/100) brutto sowie ein jährliches Urlaubsgeld in Höhe von 332,34 EUR brutto sowie eine Jahressonderzahlung in Höhe von 1.559,42 EUR (eintausendfünfhundertneunundfünfzig 42/100) brutto zu zahlen.

III.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.

Die weitere Berufung wird zurückgewiesen.

V.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

VI.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Entgeltdifferenzansprüche für die Zeit vom 1. November 2005 bis 31. August 2006 in Höhe von 4.881,26 EUR brutto nebst Zinsen und über die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger auch in der Zeit ab dem 1. September 2006 ein monatliches Entgelt nach der Lohngruppe 3 a der Anlage 1 des Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G II mit Stand vom 30. Juni 2005 zu zahlen. Dieses Verfahren ist das letzte von insgesamt fünf Parallelverfahren, die inzwischen vom Landesarbeitsgericht Berlin/Berlin-Brandenburg entschieden wurden (Urteil vom 31.03.2006 - 6 Sa 2262/05 - jetzt: 4 AZR 554/06; vom 16.05.2006 - 7 Sa 2263/05 - jetzt: 4 AZR 765/06; vom 11.05.2006 - 18 Sa 2120/05 - jetzt: 4 AZR 766/06; vom 30.01.2007 - 12 Sa 2044/06 -).

Der Kläger war aufgrund des Arbeitsvertrages vom 26. September 1994 (Kopie Bl. 6 ff. d.A.) seit dem 1. Oktober 1994 bei dem J.n Krankenhaus Berlin als Transportarbeiter mit einer Vergütung nach der Lohngruppe 3, Fallgruppe 49 der Anlage 1 des Berliner Bezirkstarifvertrages Nr. 2 zum BMT-G eingestellt worden. Darüber hinaus war in § 5 des Arbeitsvertrages Folgendes bestimmt worden:

"§ 5

Anwendung von Tarifverträgen

Für das Arbeitsverhältnis sind bei Angestellten die nachfolgend unter Ziffer 1. und Arbeiter die unter Ziffer 2. näher bezeichneten Tarifvorschriften in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden:

...

2.

Der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) sowie die für Berlin geltenden Bezirkstarifverträge, einschließlich der Lohntarife, insbesondere auch des Versorgungstarifvertrages in der jeweils geltenden Fassung."

Später erhielt der Kläger im Rahmen des Bewährungsaufstiegs eine Vergütung nach der Lohngruppe 3 a. Das J. Krankenhaus Berlin, eine Stiftung bürgerlichen Rechts, war Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Berlin. Der Kläger gehörte keiner Gewerkschaft an.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 (Kopie Bl. 9 f d.A.) informierte das J. Krankenhaus und ein Geschäftsführer der Beklagten unter anderem auch den Kläger darüber, dass bezüglich der Hausdienstleistungen einschließlich der Krankentransporte ein Betriebsübergang zu der Beklagten stattfinde. Dort heißt es:

"Demgemäß geht auch das zwischen Ihnen und dem J. Krankenhaus bestehende Arbeitsverhältnis zum 1. Juli 2005 gemäß § 613 a BGB auf die (Beklagte) über, wenn Sie dem Übergang nicht widersprechen. ...Durch den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses gemäß § 613 a BGB tritt die (Beklagte) in das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten ein, wobei insbesondere auch die von Ihnen bei dem J. Krankenhaus Berlin zurückgelegten Betriebszugehörigkeitszeiten erhalten bleiben.

...

Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit der (Beklagten) ist nicht erforderlich, da das Arbeitsverhältnis - wenn Sie dem Übergang nicht widersprechen - soweit es derzeit besteht, kraft Gesetzes nach § 613 a BGB mit der (Beklagten) weiter besteht."

Einen angebotenen Überleitungsvertrag schloss der Kläger nicht ab. Die Beklagte unterfällt den allgemeinverbindlichen Tarifverträgen des Gebäudereinigerhandwerks. Von den 33 betroffenen Arbeitnehmern haben insgesamt 17 Mitarbeiter dem Betriebsübergang widersprochen. Neun haben sich für den Übertritt in die Transfergesellschaft entschieden. 16 wechselten zu der Beklagten, wobei acht Arbeitnehmer den dreiseitigen Überleitungsvertrag unterzeichneten.

Der Kläger erhielt beim J.n Krankenhaus zuletzt ein monatliches Entgelt in Höhe von 1.970,36 EUR brutto sowie ein jährliches Urlaubsgeld in Höhe von 332,34 EUR brutto sowie eine Jahressonderzahlung in Höhe von 1.559,42 EUR brutto. Mit Schreiben vom 31. Mai 2006, das die Beklagte am gleichen Tag erhielt, machte der Kläger die monatlichen Vergütungsdifferenzen für die Zeit ab dem 1. November 2005 geltend (Kopie Bl. 42 f d.A.).

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, wegen der Regelungen im Arbeitsvertrag stünde ihm auch nach dem Betriebsteilübergang eine Vergütung nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes mit Stand vom 30. Juni 2005 zu. Demgegenüber hat die Beklagte unter anderem die Meinung vertreten, ein Betriebsteilübergang liege nicht vor, da weniger als 50 % der Arbeitnehmer zu ihr übergewechselt seien. Daher sei allenfalls ein faktisches Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Doch selbst bei einem zu unterstellenden Betriebsteilübergang seien die Regelungen des Arbeitsvertrages gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB durch die allgemeinverbindlichen Regelungen der Tarifverträge für das Gebäudereinigerhandwerk abgelöst worden. Darüber hinaus hat sie behauptet, der Kläger leiste keine Arbeiten, die der Lohngruppe 3 a zuzurechnen seien.

Mit Urteil vom 24. Oktober 2006 hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. In der Begründung hat es sich zum größten Teil wörtlich auf das Urteil des LAG Berlin vom 31. März 2006 bezogen. Dieses Urteil ist dem Beklagtenvertreter am 27. Dezember 2006 zugestellt worden. Am 26. Januar 2006 gingen die Berufungsschrift und am 27. Februar 2006 die Berufungsbegründung ein.

Die Beklagte wiederholt auf den Seiten 3 bis 60 der Berufungsbegründung wortgleich ihren erstinstanzlichen Vortrag. Darüber hinaus rügt sie, dass das Arbeitsgericht den Betriebsteilübergang hinsichtlich der Tatsachen falsch bewertet habe. Die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag müsse ergänzend entsprechend einer Entscheidung des LAG Düsseldorf dahingehend ausgelegt werden, dass der Arbeitnehmer im Vorhinein sein Einverständnis mit einer Ablösung der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge für den Fall erklärt habe, dass künftig beiderseitige Tarifbindung vorliegt. Anderenfalls käme es zu einer Besserstellung der Arbeitnehmer, die nicht tarifgebunden seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. Oktober 2006 - 36 Ca 11763/06 - aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. Oktober 2006 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen,

2. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Zeit ab 1. November 2005 Ausgleichsbeträge nach § 5 Abs. 3 des freiwilligen Interessenausgleichs und Sozialplanes vom 10.05.2005 zwischen dem J. Krankenhaus Berlin, dessen Betriebsrat und der Beklagten an ihn zu zahlen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist jedoch nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht Berlin dem Kläger auch für November 2005 eine Vergütungsdifferenz in Höhe von 298,95 EUR nebst Zinsen zugesprochen. Zu Recht hat es jedoch entschieden, dass die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. August 2006 4.582,31 EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen hat. Zu Recht hat es auch dem Feststellungsantrag entsprochen.

1. Der Kläger kann von der Beklagten für November 2005 nicht die Zahlung von 298,95 EUR brutto verlangen. Insofern war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin teilweise abzuändern und die Klage in dieser Höhe abzuweisen. Der Kläger hat insofern die sechsmonatige Ausschlussfrist nach § 63 BMT-G II, § 6 Berliner Bezirkslohntarifvertrag Nr. 2 nicht eingehalten.

Das Entgelt für November 2005 ist gemäß § 26 a Abs. 1 Satz 1 BMT-G II am letzten Tag eines jeden Kalendermonats zu zahlen, somit am 30. November 2005. Nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB hätte der Kläger somit spätestens am 30. Mai 2006 diesen Anspruch geltend machen müssen. Das entsprechende Schreiben datiert jedoch erst vom nächsten Tag und ist auch erst am 31. Mai 2006 der Beklagten zugegangen.

2. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. August 2006 4.582,31 EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die Vergütung richtet sich nicht nach den Entgelttarifverträgen für das Gebäudereinigerhandwerk, sondern weiterhin nach dem Bezirkstarifvertrag Nr. 2 zum BMT-G II mit Stand vom 30.06.2005 und dort nach der Entgeltgruppe 3 a. Dies ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB.

2.1 Der Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien bestimmt sich nach den Regeln des § 613 a BGB.

Soweit ein Betriebsteilübergang stattgefunden hat, folgt dies unmittelbar aus der entsprechenden Norm. Bedenken können sich hier deswegen ergeben, weil nur 16 von 33 betroffenen Arbeitnehmern zur Beklagten übergewechselt sind. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts reicht bei einfachen Tätigkeiten eine Übernahmegrad von 75 % der Beschäftigten nicht (BAG vom 10.12.1998 - NZA 1999, 420 zu Hol- und Bringediensten in einem Krankenhaus; a.A.: EuGH vom 24.01.2002 - Rs. C-51/00 - Temco, NZA 2002, 265 zu Reinigungsarbeiten).

Doch auch wenn die Voraussetzungen für einen Betriebsteilübergang nicht erfüllt sein sollten, dann muss die Beklagte sich angesichts des Schreibens vom 12. Mai 2005 aber daran festhalten lassen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nach den Regeln des § 613 a BGB übergeht. Dort war gegenüber den Arbeitnehmern ausdrücklich behauptet worden, dass ein Betriebsübergang vorliege. Insofern sei auch nicht der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages erforderlich, denn das Arbeitsverhältnis gehe kraft Gesetzes über.

Wenn die Beklagte nunmehr meint, es sei allenfalls ein faktisches Arbeitsverhältnis zustande gekommen, dann verhält sie sich widersprüchlich im Vergleich zu dem von ihr mit unterzeichneten Schreiben und kann hiermit nicht gehört werden (so schon LAG Berlin vom 16.05.2006 - 7 Sa 2263/05 -).

2.2 Soweit in § 5 des Arbeitsvertrages geregelt ist, dass auf das Arbeitsverhältnis der BMT-G II sowie die für Berlin geltenden Bezirkstarifverträge, einschließlich der Lohntarifverträge in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist, führt dies nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB dazu, dass hinsichtlich dieser Regelung das Arbeitsverhältnis unverändert auf die Beklagte übergeht. Dies ergibt die Auslegung der Klausel des Arbeitsvertrages.

2.2.1 Die Regelungen im Arbeitsvertrag stellen keine Tarifwechselklausel dar.

Dies ist nur dann anzunehmen, wenn im Arbeitsvertrag mit dem tarifgebundenen Arbeitgeber vereinbart ist, dass für das Arbeitsverhältnis "die Bedingungen des jeweils gültigen Tarifvertrages gelten" sollen (BAG vom 16.10.2005 - 4 AZR 467/01 - NZA 2003, 390). Diese allgemeine Formulierung ist hier gerade nicht gewählt worden. Es ist vielmehr auf konkrete Verträge Bezug genommen worden, so dass eine Tarifwechselklausel ausscheidet (so auch schon LAG Berlin vom 31.03.2006 - 6 Sa 2262/05 -).

2.2.2 Derartige Klauseln in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag sind lange Zeit als Gleichstellungsabrede ausgelegt worden mit der Folge, dass die dynamische Entwicklung der tariflich geregelten Arbeitsbedingungen endet, wenn sie tarifrechtlich auch für einen tarifgebundenen Arbeitnehmer enden würden, z.B. bei Austritt des Arbeitgebers aus dem zuständigen Arbeitgeberverband. Neuerdings hat das Bundesarbeitsgericht angekündigt, künftig bei der Auslegung von Verträgen, die nach dem 31. Dezember 2001 abgeschlossen wurden, nicht mehr davon auszugehen, dass nur eine Gleichstellungsabrede vorliegt (BAG vom 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - NZA 2006, 607). Das ehemalige Auslegungsergebnis habe sich zu stark an einem unterstellten Sinn und Zweck der Regelung und zu wenig am Wortlaut orientiert. Aus Vertrauensschutzgesichtspunkten soll die alte Rechtsprechung jedoch für Verträge vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (01.01.2002) weiterhin zur Anwendung kommen. Inzwischen hat das Bundesarbeitsgericht die angekündigte Rechtsprechungsänderung für Neuverträge umgesetzt (Urt. vom 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 - Pressemitteilung Nr. 25/07).

Die hiesige Kammer folgt der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Insofern verbleibt es für den Kläger bei der Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Soweit das Bundesarbeitsgericht für Altverträge - ein solcher liegt hier vor - meint, dass es bei der Auslegung als Gleichstellungsabrede aus Vertrauensschutzgesichtspunkten zu verbleiben hat, kann hier offen bleiben, ob dem zu folgen ist. Dies hätte allenfalls zur Folge, dass bei einem Verbandsaustritt oder Betriebsteilübergang die entsprechenden Tarifverträge nur statisch weitergelten. Nur dies verlangt der Kläger hier jedoch.

2.2.3 Soweit in der Literatur (vgl. Küttner/Kreitner, Personalhandbuch 2006, Stichwort Betriebsübergang, Rdnr. 62) angenommen wird, dass auch in dem Fall der lediglich arbeitsvertraglichen Bezugnahme der Tarifverträge beim Veräußerer und bei späterer beidseitiger Tarifbindung beim Erwerber § 613 a Abs. 1 Satz 3 analog heranzuziehen sei mit der Folge, dass arbeitsvertragliche Regelungen durch die beim Erwerber geltenden tarifvertraglichen Regelungen abgelöst werden, kann dem nicht gefolgt werden. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (vom 20.07.2006 - 15 (4) Sa 62/06 - jetzt 4 AZR 767/06 -) geht bei entsprechenden Klauseln weiterhin von einer Gleichstellungsabrede aus. Bei einer sachgerechten Auslegung müsse angenommen werden, dass die zuvor nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer schon bei Vertragsschluss insofern ihr (antizipiertes) Einverständnis mit einer Ablösung ihrer arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge gegeben haben für den Fall, dass bei beiderseitiger Tarifbindung § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB zum Tragen gekommen wäre (LAG Düsseldorf a.a.O. Rdnr. 38).

Die hiesige Kammer hält dieses Auslegungsergebnis nicht mehr für gerechtfertigt. Es entfernt sich zu weit vom Wortlaut der vertraglichen Gestaltung. Soweit das Bundesarbeitsgericht für Altverträge Vertrauensschutzgesichtspunkte bei der Auslegung der Reichweite der Klauseln anführt, führt dies bei der hiesigen Problemkonstellation nicht weiter. Das Ergebnis dieser Rechtsprechung war nur, dass gegebenenfalls die Tarifverträge nicht mehr dynamisch, sondern statisch zur Anwendung zu bringen sind. Nur in diesem Punkt konnte sich ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitgeber als Klauselverwender ergeben haben. Vorliegend geht es jedoch um die Frage, wie sich die arbeitsvertragliche Bezugnahme (Tarifverträge) im Rahmen eines Betriebsübergangs auswirkt, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber anschließend beide tarifgebunden sind. Dies ist bisher vom Bundesarbeitsgericht nicht entschieden, sondern offen gelassen worden (BAG vom 30.08.2000 - 4 AZR 581/99 - NZA 2001, 510). Vertrauensschutzgesichtspunkte können daher nicht zur Anwendung kommen.

Insofern muss es gerade auch wegen der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu diesen Klauseln bei einer am Wortlaut orientierten Auslegung verbleiben mit der Folge, dass § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht zur Anwendung kommt.

2.3. Die nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte unverändert übergehenden Regelungen der Bezugnahme auf die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes werden nicht nach den Regeln der Tarifkonkurrenz verdrängt.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Verhältnis von Arbeitsvertrag und Tarifvertrag angenommen (vom 23.03.2005 - 4 AZR 203/04 - NZA 2005, 1003). Zu Recht weist Thüsing (NZA 2005, 1280) und ihm folgend das LAG Berlin in der Entscheidung vom 31.03.2006 (a.a.O.) darauf hin, dass konkurrieren im technischen Sinne nur Normen können, nicht jedoch eine höherrangige Rechtsquelle mit einer in der Hierarchie unter ihr stehenden. Dieses Problem wird nach dem Günstigkeitsprinzip gelöst (§ 4 Abs. 3 TVG). Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes sind jedoch für den Kläger eindeutig günstiger, da sie erhebliche Lohneinbußen vermeiden.

2.4 Entgegen der Auffassung der Beklagten führt die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 des Interessenausgleichs mit Sozialplan und die dort in der Anlage erfolgte Zuordnung des Klägers zur Lohngruppe 5 des Gebäudereiniger-Tarifvertrages nicht zur Anwendung dieser Tarifverträge. Insofern fehlt den Parteien dieser Vereinbarung die Kompetenz, den Inhalt des Arbeitsvertrages ohne Zustimmung des Klägers zu ändern. Eine entsprechende Öffnungsklausel enthält der Arbeitsvertrag nicht. Auch insofern wird auf die Entscheidungen des LAG Berlin in den vorangegangenen Parallelverfahren verwiesen. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten steht dem Kläger auch weiterhin eine Vergütung nach der Lohngruppe 3 a des Berliner Bezirkslohntarifvertrages Nr. 2 zu.

Der Kläger war arbeitsvertraglich als Transportarbeiter unter Hinweis auf die Lohngruppe 3 eingestellt worden. Nach Zurücklegung der Bewährungszeit erfolgte die entsprechende Höhergruppierung.

Soweit die Beklagte behauptet, der Kläger führe entsprechende Arbeiten bei ihr nicht aus, rechtfertigt dies eine andere Eingruppierung nicht. Die Beklagte ist vielmehr verpflichtet, den Kläger vertragsgemäß zu beschäftigen. Insofern hat sie ihm auch Arbeiten zuzuweisen, die der Lohngruppe 3 a entsprechen.

Das Bestreiten der Beklagten, dass der Kläger schon beim J. Krankenhaus entsprechende Arbeiten im Tarifsinne ausgeführt hätte, rechtfertigt ebenfalls nicht eine Herabgruppierung des Klägers. Eine korrigierende Rückgruppierung käme nur dann in Betracht, wenn das J. Krankenhaus sich bei der ursprünglichen Eingruppierung geirrt hätte. Dies hat die Beklagte jedoch nicht substantiiert dargelegt.

2.5. Die Berechnung der Klageforderung durch den Kläger ist nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den Differenzbeträgen zwischen der Vergütung, die der Kläger beim J. Krankenhaus erhalten hat und den Zahlungen bei der Beklagten. Einwände sind insofern von der Beklagten auch nicht vorgebracht worden.

Die tarifvertragliche Ausschlussfrist ist eingehalten worden (vgl. 1. der Gründe).

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus den Prinzipien des Annahmeverzugs.

3. Der Feststellungsantrag ist ebenfalls begründet.

Die Klage ist zulässig. Das Bundesarbeitsgericht hat schon früher entschieden, dass eine Feststellungsklage sich nicht auf die Geltung eines ganzen Tarifvertrages beziehen müsse, es könnten auch einzelne Leistungen herausgegriffen werden (BAG vom 21.02.2001 - 4 AZR 18/00 - NZA 2001, 1318, 1319). So verhält es sich hier, soweit der Kläger die Höhe des monatlichen Entgelts, eines jährlichen Urlaubsgeldes und einer Jahressonderzuwendung festgestellt wissen will.

Die Klage ist auch insofern begründet, da nach den obigen Ausführungen die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes weiter anzuwenden sind.

4. Die Beklagte hat nach § 92 ZPO die Kosten des Rechtsstreites zu tragen, da sie im Wesentlichen unterlegen ist und die Zuvielforderung des Klägers nur gering ist.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Insofern hat der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung. Im Übrigen liegt auch eine Abweichung gegenüber der Entscheidung des LAG Düsseldorf vor.

Für den Kläger war die Revision nicht zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG). Für ihn ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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