Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 14.05.2009
Aktenzeichen: 15 Ta 466/09
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 23 Abs. 3
1. Im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 23 Abs 3 BetrVG kann das Verschulden des Arbeitgebers auch in einem Organisations-, Auswahl- oder Überwachungsfehler liegen.

2. Hierbei sind sowohl der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen als auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schuldners, ferner der wirtschaftliche Erfolg, den der Schuldner bei einer weiteren Nichtbeachtung des Titels erzielen könnte. Ebenfalls ist zu beachten, ob ein Verstoß gegen einen Titel erstmalig oder wiederholt erfolgt.

3. Bei einer bundesweit operierenden Drogeriekette, also einem Großunternehmen, ist ein Ordnungsgeld bei 8 Verstößen in Höhe von insgesamt 8.000,-- € gerechtfertigt und ausreichend.


Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss

15 Ta 466/09

In der Beschwerdesache

hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 15. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht K. als Vorsitzenden am 14. Mai 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.02.2009 - 1 BV 4891/08 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen hinsichtlich Ziffer 1. des Tenors wie folgt gefasst:

"I. Gegen die Schuldnerin wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 8.000,-- € (achttausend) festgesetzt."

Gründe:

A.

Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Festsetzung eines Ordnungsgeldes im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach § 23 Abs. 3 BetrVG.

Die Schuldnerin/Arbeitgeberin betreibt bundesweit Drogeriefilialen. Gläubigerin ist der bei ihr gebildete elfköpfige Betriebsrat, der für Arbeitnehmer in verschiedenen Verkaufsstellen zuständig ist, die im Gebiet der Länder Berlin und Brandenburg liegen.

Im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren hatten die Beteiligten darüber gestritten, ob die Arbeitgeberin in 33 Fällen rechtswidrigerweise Überstunden angeordnet und gleichzeitig Arbeitnehmer nach geänderten Arbeitszeiten beschäftigt hat, obwohl die geänderten Arbeitszeiten dem Betriebsrat nicht zur Zustimmung vorgelegt worden waren.

Durch Beschluss vom 10.07.2008 - 1 BV 4891/08 - hat das Arbeitsgericht Berlin den Anträgen des Betriebsrates stattgegeben. Der Tenor des Beschlusses lautet u. a. wie folgt:

1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, gegenüber Arbeitnehmern oder Arbeitnehmerinnen in Verkaufsstellen des Bezirks 263 Überstunden anzuordnen, die nicht vorher beim Betriebsrat beantragt wurden, es sei denn, es handelt sich um einen Notfall, um einen Eilfall im Sinne des § 5 II Nr. 3 der zwischen den Beteiligten am 3. Juni 2008 vereinbarten Betriebsvereinbarung oder um eine arbeitskampfbezogene Maßnahme.

3. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach geänderten Arbeitszeiten in Arbeitszeit- und Pausenplänen zu beschäftigten, deren geänderte Arbeitszeit nicht vorher unter Vorlage der geänderten AZP beim Betriebsrat zur Zustimmung eingereicht wurden, ausgeschlossen sind Eilfälle im Sinne des § 5 II Nr. 3 der Betriebsvereinbarung vom 3. Juni 2008 und arbeitskampfbezogene Maßnahmen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung hat das Arbeitsgericht Berlin bezogen auf jeden Tag und jeden Arbeitnehmer ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,-- € angedroht.

Dieser Beschluss war der Arbeitgeberin am 28. Juli 2008 zugestellt worden. Danach fand zwischen dem Verkaufsleiter und den beiden betroffenen Bezirksleiterinnen ein Besprechung statt. Hierbei wies der Verkaufsleiter darauf hin, dass gegen diesen Beschluss nicht verstoßen werden dürfe. Auch durch den Verkaufsleiter selbst wurden Kontrollen durchgeführt.

Unter dem 18. September 2008 wurde dem Betriebsrat eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt. In der Betriebsratssitzung am 13. Dezember 2008 stellte der Betriebsrat fest, dass die Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts verstoßen habe. Daher werde der hiesige Prozessbevollmächtigte beauftragt, "die Festsetzung in jedem einzelnen Fall eines Ordnungsgeldes zu beantragen" (Bl. 302 f. d. A.).

Mit der Antragschrift vom 19. Dezember 2008 hat der Betriebsrat gerügt, dass die Arbeitgeberin in elf Fällen gegen Ziffer 3. des Beschlusses des Arbeitsgerichts Berlin und in drei weiteren Fällen gegen Ziffer 1. des gleichen Beschlusses verstoßen habe. Dies betraf Vorfälle in der Zeit vom 11. August 2008 bis 4. Oktober 2008. Gleichzeitig wird beantragt, entsprechende Ordnungsgelder festzusetzen.

Die Arbeitgeberin hat u. a. vorgetragen, im Fall Nr. 6 sei im Arbeitszeit- und Pausenplan (AZP) nur aufgrund einer Verwechslung ein falscher Name eingesetzt worden. Im Übrigen hätten die Arbeitnehmer (offenbar) eigenmächtig Änderungen im AZP vorgenommen. Die Bezirksleiterinnen seien ohne Kenntnis hiervor gewesen.

Mit Beschluss vom 6. Februar 2009 hat das Arbeitsgericht im Hinblick auf elf Vorfälle ein Ordnungsgeld in Höhe von 110.000,-- € festgesetzt. Es hat hierbei rechtskräftig festgestellt, dass hinsichtlich der Vorfälle mit den Nr. 2, 4, 9 und 10 die Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht in Betracht komme. Insofern hat es den Antrag des Betriebsrates abgewiesen. Bezüglich der übrigen Komplexe (Ziffern 1, 3, 5 bis 8, 11 und 12) hat es ein Organisations- und Überwachungsverschulden angenommen. Es fehle jeglicher Vortrag dazu, dass die Arbeitgeberin den Unterlassungstitel aus Juli 2008 zum Anlass genommen hätte, konkrete Weisungen oder Schulungen der für die Überwachung der Einhaltung der AZPs zuständigen Mitarbeiterinnen vorzunehmen. Auch sei nicht erkennbar, dass der Rhythmus der Kontrollen der Verkaufsstellen intensiviert worden sei. Hinsichtlich der Ziffer 6 sei jedenfalls Fahrlässigkeit zu bejahen, was ebenfalls ausreiche.

Dieser Beschluss ist der Arbeitgeberin am 24. Februar 2009 zugestellt worden. Die sofortige Beschwerde ging am 9. März 2009 beim Landesarbeitsgericht ein. Das Arbeitsgericht hat ihr mit Beschluss vom 13. März 2009 nicht abgeholfen und die Höhe des Ordnungsgeldes u. a. damit begründet, dass die Arbeitgeberin ein deutschlandweit operierendes wirtschaftsstarkes Unternehmen sei. Hinzu komme der Umstand, dass innerhalb relativ kurzer Zeit in mehreren Verkaufsstellen Verstöße zu verzeichnen gewesen waren.

Die Arbeitgeberin hat anfangs gerügt, dass ein Beschluss des Betriebsrates fehle. Die beiden betroffenen Bezirksleiterinnen würden seit fünf bzw. sieben Jahren gewissenhaft arbeiten. Diese hätten keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die ursprünglich dem Betriebsrat zugeleiteten AZPs später geändert worden waren. Insofern fehle es für die Zwangsvollstreckung an dem notwendigen Verschulden. Es sei völlig unerfindlich, warum das Arbeitsgericht bei jedem Verstoß auf das Höchstmaß des Ordnungsgeldes erkannt habe.

Die Arbeitgeberin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.02.2009, Az: 1 BV 4891/08, abzuändern und die Anträge insgesamt zurückzuweisen.

Der Betriebsrat trägt vor, dass ihm nicht bekannt sei, dass Arbeitnehmer selbständig die AZPs ändern würden. Aus dem Fax-Protokoll zu dem Vorfall Nr. 1 ergebe sich, dass die Bezirksleiterin Kenntnis von den Änderungen gehabt habe, da dort deren Fax-Nr. angegeben sei.

B.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin ist insofern begründet, wie das Arbeitsgericht Berlin ein höheres Ordnungsgeld als 8.000,-- € festgesetzt hat. Im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist gem. §§ 83 Abs. 5, 85 Abs. 1 S. 3, 78 S. 1 ArbGG i. V. m. §§ 793, 567 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO an sich im Beschlussverfahren statthaft. Sie ist von der Arbeitgeberin nach § 78 S. 1 ArbGG i. V. m. § 569 Abs. 1 und 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und darüber hinaus auch begründet worden.

Über die sofortige Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden (§ 78 S. 3 ArbGG).

II.

Die sofortige Beschwerde ist vor allem hinsichtlich der Höhe zum größten Teil begründet. Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 750 Abs. 1 ZPO (Titel, Klausel, Zustellung) sind erfüllt.

2. Es liegt auch ein wirksamer Beschluss des Betriebsrates zur Einleitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens vor.

Nachdem die Arbeitgeberin anfangs das Vorliegen eines solchen Beschlusses bestritten hatte, hatte der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 16. März 2009 Kopien der entsprechenden Beschlüsse zur Akte gereicht (Bl. 302 f. d. A.). Nach einem solchen konkreten Vorbringen des Betriebsrates kann ein Arbeitgeberin sich nicht weiter auf ihr Nichtwissen hinsichtlich des Beschlusses stützen (BAG vom 30.09.2008 - 1 ABR 54/07 - DB 2009, 407 Rn. 13). Auch hier hat die Arbeitgeberin danach nichts weiter vorgetragen, so dass ihr ursprüngliches Bestreiten unerheblich geworden ist.

3. Im Beschluss vom 10. Juli 2008 hatte das Arbeitsgericht Berlin auf die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 10.000,-- € angedroht. Insofern kann nunmehr nach § 23 Abs. 3 S. 2 BetrVG grundsätzlich ein solches Ordnungsgeld festgesetzt werden.

4. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes kann im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts nicht damit begründet werden, dass die Arbeitgeberin in den Komplexen Nr. 11 und 12 gegen Ziffer 1. des Beschlusses vom 10. Juli 2008 verstoßen hat, weil die entsprechenden Arbeitnehmer Überstunden geleistet haben. Zwar spricht viel dafür, dass die Arbeitgeberin in diesen beiden Fällen in mitbestimmungswidriger Weise die Ableistung der Überstunden geduldet hat, doch wäre dies im Rahmen des hiesigen Zwangsvollstreckungsverfahrens nur dann von Relevanz, wenn in Ziffer 1. des Tenors vom 10. Juli 2008 auch die Duldung von Überstunden mit aufgeführt worden wäre. In der Praxis erwirkt ein Betriebsrat auch üblicherweise solche Beschlüsse (vgl. BAG vom 25.08.2004 - 1 AZB 41/03 - AP Nr. 41 zu § 23 BetrVG 1972 Rn. 3). Hier war dies jedoch nicht der Fall. Der Arbeitgeberin war ausdrücklich nur aufgegeben worden, es zu unterlassen, "Überstunden anzuordnen". Vorliegend fehlt jedoch jegliches Vorbringen des Betriebsrates als Vollstreckungsgläubiger, dass die Arbeitgeberin tatsächlich in den beiden Komplexen die Überstunden angeordnet hat. Ein entsprechender Vortrag war aber vor allem deswegen erforderlich geworden, weil die Arbeitgeberin zu diesen Komplexen auch schon erstinstanzlich ausdrücklich vorgetragen hatte, dass die Mitarbeiterinnen eigenmächtig Veränderungen vorgenommen hätten. Hierin liegt keine einseitige Anordnung des Arbeitgebers.

5. Bezogen auf die vom Betriebsrat vorgetragenen Vorgänge Nr. 1., 3., 5. - 8. hat die Arbeitgeberin objektiv gegen ihre Verpflichtungen aus Ziffer 3 des Beschlusses vom 10. Juli 2008 verstoßen.

Unstreitig hat es Änderungen in den AZPs gegeben, ohne dass der Betriebsrat erneut über diese Änderungen informiert wurde. Dies betrifft auch die Namensverwechslung bei dem Komplex Nr. 6. Dem Betriebsrat war insofern fehlerhaft mitgeteilt worden, dass Frau J. Überstunden leisten sollte, während dies tatsächlich Frau K. betraf.

Die Arbeitgeberin hat auch nichts dazu vorgetragen, dass die Ausnahmevorschrift in Ziffer 3. des Beschlusses vom 10. Juli 2008 zum Tragen komme. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Eilfälle im Sinne des § 5 II Nr. 3. der Betriebsvereinbarung vom 3. Juni 2008 oder arbeitskampfbezogene Maßnahmen vorlagen.

6. Im Gegensatz zur Auffassung der Arbeitgeberin liegt auch ein Verschulden vor.

Die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO setzt wegen ihrer strafrechtlichen oder strafrechtsähnlichen Ahndung einer Tat ebenfalls die Schuld des Täters voraus (BVerfG, Beschluss vom 14.07.1981 - 1 BvR 575/80 - BVerfGE 58, 159 zu B. d. Gr.). Insofern verlangt § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG zwar keinen (weiteren) groben Verstoß, jedoch einen Verschulden des Arbeitgebers (LAG Berlin vom 09.04.2002 - 6 Ta 235/02 - AP Nr. 31 zu § 83 ArbGG 1979 Rn. 17), wobei Fahrlässigkeit ausreicht.

Im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG kann das Verschulden des Arbeitgebers auch in einem Organisationsverschulden liegen (LAG Niedersachsen vom 13.10.1999 - 13 TaBV 106/98 - juris, Rn. 89). Es kann darüber hinaus auch ein Auswahl- oder Überwachungsfehler vorliegen (LAG Hamm vom 03.05.2007 - 10 Ta 692/06 - juris Rn. 88). Das LAG Hamm verlangt insofern, dass der Schuldner alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen müsse, um Zuwiderhandlungen durch Angestellte oder Beauftragte zu verhindern. Der Arbeitgeber müsse auf die Mitarbeiter zur Einhaltung der Unterlassungsverfügung einwirken und sie entsprechend überwachen. (LAG Hamm a. a. O. m. w. N.).

Vorliegend sind der Arbeitgeberin mindestens Organisations- und Überwachungsfehler vorzuwerfen. Nachdem das Arbeitsgericht die behaupteten mindestens 33 Fälle im Zeitraum von November 2007 bis Januar 2008 zum Anlass genommen hatte, im Erkenntnisverfahren den Beschluss vom 10. Juli 2008 zu erlassen, hätte ein sorgfältiger Arbeitgeber dies zum Anlass genommen, die jeweiligen Vorwürfe näher zu ergründen. Nur dann ist es überhaupt möglich, für die Zukunft das Auftreten ähnlicher Fälle auszuschließen. Nach dem Vortrag der Arbeitgeberin fand jedoch nur ein Gespräch zwischen Verkaufsleiter und den beiden Bezirksleiterinnen statt. Hierbei wurde von diesen verlangt, dass künftig keinerlei Verstöße mehr vorkommen dürften. Dies wäre allenfalls dann sinnvoll gewesen, wenn die Bezirksleiterinnen die vorangegangenen Verstöße zu verantworten gehabt hätten. Dies behauptet die Arbeitgeberin jedoch selbst nicht. Sie trät nur völlig unvermittelt vor, die Bezirksleiterinnen hätten zumindest von den Verstößen, die Gegenstand des hiesigen Zwangsvollstreckungsverfahrens sind, keinerlei Kenntnis gehabt. Dies zeigt mehr als deutlich, dass es an einer sinnvollen Fehleranalyse gefehlt hat. Die unterste Hierarchieebene, die Verkaufsstellenleiterinnen, wurden in die Fehleranalyse nicht einbezogen, obwohl sie mit ihren Kenntnissen des Geschehens vor Ort sicherlich sinnvolle Hinweise hätten geben können. Darüber hinaus ist der Arbeitgeberin mindestens auch ein Überwachungsverschulden vorzuwerfen. Gerade weil sich im Erkenntnisverfahren innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Vorfälle ergeben hatten, wäre insofern eine systematische Überwachung der Arbeitszeit und Pausenpläne bezogen auf spätere Abänderung notwendig gewesen. Dies wäre auch einfach möglich gewesen. Die Bezirksleiterinnen hätten sich nur diejenigen AZPs aus den Verkaufsstellen jeweils vorlegen lassen brauchen, die zuletzt dort einschließlich der Änderungen an der Pinwand gehangen hatten. Durch einen Vergleich der bei den Bezirksleiterinnen vorhandenen AZPs, die diese auch an den Betriebsrat gefaxt hatten, wären Änderungen leicht zu erkennen gewesen. Es gibt auch keinen Grund dafür, von der Arbeitgeberin hier weniger Kontrollaufwand zu verlangen, zumal der Betriebsrat genau diese Kontrollen vorgenommen hat, obwohl er nicht über die Einwirkungsmöglichkeiten eines Arbeitgebers verfügt.

Darüber hinaus ist auch davon auszugehen, dass mindestens in dem Komplex Nr. 1. die Bezirksleiterin von den Änderungen wusste. Der Betriebsrat hatte in seinem Schriftsatz vom 16. März 2009 auf den Fax-Bericht (Bl. 310 d. A.) und auf die Tatsache hingewiesen, dass die dort angegebene Fax-Nr. diejenige der Bezirksleiterin sei. Mit gerichtlichem Schreiben vom 18. März 2009 war darauf hingewiesen worden, dass am 23. September 2008 unter der Angabe "von Schlecker" an irgendwen gefaxt worden war. Die ausdrückliche Frage an die Arbeitgeberin, wer dieses Fax versendet hat, wurde von dieser nicht beantwortet, so dass davon auszugehen ist, dass die Bezirksleiterin sehr wohl Kenntnis hatte.

7. Auf die sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin hin war das Ordnungsgeld auf 8.000,-- € zu ermäßigen. Insofern war die Beschwerde erfolgreich. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.

Bei der Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist in erster Linie zu berücksichtigen, welcher Druck erforderlich erscheint, um den Schuldner künftig zur Titelbefolgung zu veranlassen. Hierbei sind sowohl der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen als auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Schuldners, ferner der wirtschaftliche Erfolg, den der Schuldner bei einer weiteren Nichtbeachtung des Titels erzielen könnte (LAG Hamm vom 03.05.2007 a. a. O. m. w. N.). Ebenfalls ist zu beachten, ob ein Verstoß gegen einen Titel erstmalig oder wiederholt erfolgt.

Zu Gunsten der Arbeitgeberin war zu berücksichtigen, dass sie erstmals gegen den Beschluss vom 10. Juli 2008 verstoßen hat. Allein schon deswegen kann - im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts - nicht das Höchstmaß des Ordnungsgeldes in Höhe von 10.000,-- € pro Verstoß festgesetzt werden. Weiterhin war zu beachten, dass der Grad des Verschuldens teilweise gering war. So war beim Komplex Nr. 6. nur eine Namensverwechslung erfolgt. Manche Veränderungen waren hinsichtlich der Zeitspanne nur gering, was insofern auch für den wirtschaftlichen Nutzen gilt. Auch die Anzahl der Vorfälle sind zu reduzieren. Soweit das Arbeitsgericht bei dem Komplex Nr. 1. zwei Vorfälle angenommen hat, kann dem nicht gefolgt werden. Der Dienst der beiden Arbeitnehmerinnen war miteinander getauscht worden. Dies stellt jedoch nur einen einheitlichen Vorgang dar. Die Komplexe Nr. 3. und 8. bilden jedoch jeweils zwei Vorgänge, da entweder unterschiedliche Tage oder unterschiedliche Arbeitnehmerinnen betroffen waren. Unter Hinzuziehung der Komplexe 5., 6. und 7. verbleiben somit insgesamt nur 8 Verstöße. Zu Lasten der Arbeitgeberin ist jedoch zu berücksichtigen, dass sie trotz des Beschlusses vom 10. Juli 2008 eine fundierte Fehleranalyse unterlassen hat. Dies zeigt auch das mangelnde Interesse daran, den dort verlangten Unterlassungsverfügungen nachzukommen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass angesichts der wirtschaftlichen Größe der Arbeitgeberin ein höherer Betrag anzusetzen ist, um den erforderlichen Druck zur Titelbefolgung zu erzeugen. Insofern ist bei der hiesigen Arbeitgeberin als bundesweit operierendes Unternehmen ein Ordnungsgeld bezogen auf acht Verstöße in Höhe von insgesamt 8.000,-- € gerechtfertigt und ausreichend.

Dies hält sich im Rahmen dessen, was auch sonst von Arbeitsgerichten im Rahmen von Ordnungsgeldbeschlüssen nach § 23 Abs. 3 BetrVG festgesetzt wird. Das LAG Hamm (vom 03.05.2007 a. a. O.) war von 6.200,-- € ausgegangen. Aus den Entscheidungen des BAG (vom 02.06.2008 - 3 AZB 24/08 - AP Nr. 11 zu § 85 ArbGG 1979 und vom 25.08.2004 - AZB 41/03 - AP Nr. 41 zu § 23 BetrVG 1972) ergibt sich, dass letztendlich 10.000,-- € bzw. 7.000,-- € festgesetzt worden waren.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (BAG vom 02.06.2008 a. a. O.) Rn. 9 - 12 m. n. Ausf.).

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG bestand keine Veranlassung. Insofern ist ein Rechtsmittel für die Beteiligten nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück