Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 20.02.2007
Aktenzeichen: 6 Ta 324/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 4
Vom Zweck der Prozesskostenhilfe her ist eine Bewilligung nach Instanzende nur möglich, wenn das Gericht zuvor über den Antrag hätte positiv entscheiden können oder wenn es eine Frist zur Nachreichung einer noch fehlenden formularmäßigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und/oder entsprechender Belege nach Instanzende gesetzt hat oder die Partei dies im Falle einer im Hinblick auf ihre entsprechende Ankündigung entbehrlichen Fristsetzung zumindest unverzüglich nachgeholt hat.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss

6 Ta 324/07

In der Beschwerdesache

nach dem Rechtsstreit

Tenor:

wird die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des ArbG Frankfurt (Oder) vom 16.01.2007 - 5 Ca 1956/06 - auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1. Die sofortige Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat, ist unbegründet.

1.1 Nach § 114 ZPO, § 11a Abs. 3 ArbGG wird der mittellosen Partei Prozesskostenhilfe nur für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bewilligt. Der mittellosen Partei sollen die Prozesshandlungen ermöglicht werden, die für sie mit Kosten verbunden sind. Hat jedoch die Partei bzw. ihr Prozessbevollmächtigter die aus ihrer Sicht notwendigen Prozesshandlungen schon vor der ordnungsgemäßen Beantragung von Prozesskostenhilfe vorgenommen, so hängen diese nicht mehr davon ab, dass sie zuvor - etwa durch einen Vorschuss nach § 9 RVG - die entsprechenden Kosten deckt. Vielmehr geht es dann nur noch darum, ihrem Prozessbevollmächtigten durch nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse gemäß § 45 ff. RVG zu verschaffen. Vom Zweck der Prozesskostenhilfe her ist deshalb eine Bewilligung nach Instanzende nur möglich, wenn das Gericht zuvor über den Antrag hätte positiv entscheiden können (BGH, Beschluss vom 30.09.1981 - IVb ZR 694/80 - NJW 1982, 446 zu II 1 der Gründe) oder wenn es eine Frist zur Nachreichung einer noch fehlenden formularmäßigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und/oder entsprechender Belege nach Instanzende gesetzt hat (vgl. BAG, Beschluss vom 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 - MDR 2004, 415 zu II 2 b der Gründe) oder die Partei dies im Falle einer im Hinblick auf ihre entsprechende Ankündigung entbehrlichen Fristsetzung zumindest unverzüglich nachgeholt hat (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.10.2006 - 10 Ta 194/06 - n.v.). All dies war vorliegend nicht der Fall.

Die Klägerin hatte mit ihrer Klage bereits einen Antrag auf Prozesskostenhilfe verbunden, ohne die gemäß § 117 Abs. 2 ZPO erforderliche Erklärung nebst Belegen einzureichen. Indem ihr Prozessbevollmächtigter auf entsprechenden Hinweis des Gerichts im Gütetermin vom 09. Januar 2007, in dem der Rechtsstreit durch Prozessvergleich beigelegt worden ist, zugesichert hat, diese nachzureichen, bedurfte es keiner Auflage unter Fristsetzung mehr. Vielmehr genügte es, dass das Gericht angemessene Zeit mit seiner Entscheidung abwartete (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.11.1963 - 2 BvR 301/63 - BVerfGE 17, 191 zu II der Gründe). Angesichts dessen, dass bereits bei Klageinreichung das Fehlen der Erklärung als Voraussetzung für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe bekannt gewesen war, die Abgabe einer solchen keinen besonderen Aufwand bereitet und das Arbeitsgericht auch nicht auf Probleme bei der Beschaffung der Belege hingewiesen worden ist, erschien ein Zeitraum von zehn Kalendertagen ausreichend. Dass das Arbeitsgericht seinen am 29. Januar 2007 zugestellten Beschluss bereits nach sechs Tagen gefasst hat, war unschädlich, weil die Klägerin ihre Erklärung nebst Belegen erst mit einem am 22. Januar 2007 eingegangenen Schriftsatz vom 18. Januar .2007, mithin mehr als zehn Tage nach dem Gütetermin, zur Akte gereicht hat.

1.2 Es stand nicht entgegen, dass die Beschwerde gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO an sich auch auf neue Angriffsmittel gestützt werden kann. Die Regelung über die Versäumung einer gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzten Ausschlussfrist schließt eine Anwendung des § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO aus, andernfalls das Ausgangsgericht sehenden Auges zu einer vom Beschwerdegericht aufzuhebenden Entscheidung gezwungen wäre. Etwas anderes ergibt sich nur, wenn das Hauptsacheverfahren noch nicht abgeschlossen ist, weil dann etwa das Nachreichen von Belegen als neuer Antrag angesehen werden kann (LAG Nürnberg, Beschluss vom 15.04.2003 - 6 Ta 134/02 - AR-Blattei ES 1290 Nr. 34 zu II der Gründe).

Dass das Arbeitsgericht dem Kläger keine Frist gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gesetzt hat, war auch unter diesem Aspekt unerheblich. Diese Fristsetzung dient allein der Nachholung einer Glaubhaftmachung oder der Beantwortung bestimmter Fragen, enthebt die Partei aber nicht von ihrer Last, überhaupt erst einmal eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben. Eine Partei, die bereits dies versäumt hat, kann daraus verfahrensrechtlich keinen Vorteil ziehen. Vielmehr liegt noch überhaupt kein formgerechter Antrag vor. Dieser Mangel kann in der Beschwerdeinstanz nicht mehr geheilt werden (vgl. BFH, Beschluss vom 24.04.2001 - X B 56/00 - BFH/NV 2001, 1412 zu II der Gründe).

2. Mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die gemäß §§ 72 Abs. 2, 78 Satz 2 ZPO keine Veranlassung bestand, ist diese Entscheidung nicht anfechtbar.

Berlin, den 20.02.2007

Ende der Entscheidung

Zurück