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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 01.10.2004
Aktenzeichen: 13 Sa 1258/04
Rechtsgebiete: SZG


Vorschriften:

SZG § 5
Durch § 5 SZG konnte die Sonderzahlung für Versorgungsempfänger im Land Berlin rechtmäßig auf 320,-- Euro brutto für das Jahr 2003 gesenkt werden.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

13 Sa 1258/04

Verkündet am 01.10.2004

In Sachen

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 13. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 01.10.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Fenski als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Herrn Ziemek und Herrn Neumann

für Recht erkannt:

Tenor:

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. April 2004 - 91 Ca 4751/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2) Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe der Sonderzahlung für das Jahr 2003 für einen Versorgungsempfänger im Land Berlin.

Der Kläger war bis zum 31. Dezember 1986 Mitarbeiter der G., einem zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers Eigenbetrieb des beklagten Landes. Seit dem 1. Januar 1987 erhält er Versorgungsbezüge nach der Vereinbarung über die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des Landes Berlin (VVA). Gemäß § 26 Abs. 4 VVA regelt sich die Höhe der Sonderzahlung nach beamtenrechtlichen Vorschriften.

Nachdem die G. in eine Aktiengesellschaft überführt wurde, schlossen diese und das beklagte Land unter dem 16. Dezember 1992 eine Vereinbarung, wonach das Verwaltungsamt des beklagten Landes die Berechnung und Zahlbarmachung der Versorgungsbezüge nach der VVA für die Versorgungsempfänger der G. übernimmt. Hierzu gehören nach § 4 des Personalüberleitungsvertrages, geschlossen zwischen dem beklagten Land und der Gewerkschaft ÖTV vom 18. Juni 1992, dem die G. beigetreten ist, auch die ausgeschiedenen Betriebsangehörigen des Eigenbetriebes.

Durch das Berliner Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung für Landesbeamte (Sonderzahlungsgesetz vom 05.11.2003, GVBl. S. 538, im Folgenden: SZG) wurde die Sonderzahlung ab 2003 auf 320,-- Euro brutto für die Versorgungsempfänger gesenkt. Der Kläger erhielt für das Jahr 2003 nur 307,01 Euro netto statt wie bisher 2.562,80 Euro netto.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Berlin am 19. Februar 2004 eingegangenen Klage hat er die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen von dem beklagten Land verlangt.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Das beklagte Land sei passivlegitimiert, da der Kläger zum Zeitpunkt seines Ausscheidens Angestellter des beklagten Landes gewesen sei, da die G. damals noch als Eigenbetrieb des Landes Berlin handelte. Der Personalüberleitungsvertrag vom 18. Juni 1992 habe daran nichts geändert, da der Kläger daran nicht beteiligt worden sei und es sich auch nicht um einen das Ruhestandsverhältnis des Klägers betreffenden Tarifvertrag handele.

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der bisherigen und der nunmehr gezahlten Sonderzahlung, da diese durch § 5 Abs. 1 SZG zulässigerweise auf 320,-- Euro brutto begrenzt worden sei. Die VVA könnten als Tarifvertrag auf Beamtenrecht nach ständiger Rechtsprechung des BAG verweisen (vgl. etwa BAG 20.10.1993 - 4 AZR 26/93 - NZA 1994, 707 f. m.w.N.). Durch eine zulässige Verweisung werde auch die verschlechternde Regelung der beamtenrechtlichen Versorgung erfasst. Die Absenkung durch das SZG verstoße auch nicht gegen Artikel 33 Abs. 5 GG. Nach Artikel 33 Abs. 5 GG sei der Beamte entsprechend den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zur Sicherung eines amtsangemessenen Lebensunterhalts zu alimentieren. Die Angemessenheit richte sich nach den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen und dem allgemeinen Lebensstandart, was auch die Kürzungen von Leistungen zur Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse zulässig mache, soweit hiervon nicht der unentziehbare Kern des Alimentationsanspruches berührt sei. Zu dem nicht von Artikel 33 Abs. 5 GG geschützten Bestand gehörten unter anderem das 13. Monatsgehalt (BVerfGE 44, 249, 233, 263) und damit die durch § 5 Abs. 1 SZG gekürzte Sonderzahlung.

Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrages erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bl. 38 bis 44 d.A. verwiesen.

Gegen dieses ihm am 21. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 9. Juni 2004 eingegangene und am 23. August 2004 nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. August 2004 begründete Berufung des Klägers. Er wiederholt und vertieft seinen Vortrag erster Instanz und wendet außerdem ein, dass er selbst Beiträge zu seiner Versorgung aufgewendet habe. Vom 1. April 1955 bis zum 31. Dezember 1986 habe er insgesamt 11.759,72 DM als Eigenbeitrag für die Versorgung aufgewendet. Dies stehe einer Kürzung entgegen. Ferner habe das erstinstanzliche Gericht den Vertrauensschutz des Klägers nicht berücksichtigt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 2.562,80 Euro brutto abzüglich gezahlter 307,01 Euro netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit dem 1. Januar 2004 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land ist weiterhin der Auffassung, dass es nicht passivlegitimiert sei, da die G. die richtige Anspruchsgegnerin sei. Ansonsten verteidigt es das erstinstanzliche Urteil und weist darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung ausgeführt habe, dass dem Gesetzgeber bei Regelungen des Besoldungs- und Versorgungsrechts ein verhältnismäßig weiter Spielraum zur Verfügung stehe. Er sei unter Beachtung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums insbesondere grundsätzlich nicht gehindert, das Besoldungs- und Versorgungsrecht der Beamten dergestalt zu verändern, dass Ansprüche für die Zukunft verkürzt werden oder ganz entfallen. Der Beamte habe keinen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Erhaltung des Besitzstandes in Bezug auf ein einmal erreichtes Einkommen.

Wegen des konkreten Vortrags in der zweiten Instanz wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 23. August 2004 (Bl. 67 ff. d.A.) und des beklagten Landes vom 23. September 2004 (Bl. 82 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 b, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat die Berufung des Klägers jedoch keinen Erfolg.

1. Allerdings ist das beklagte Land entgegen seiner Auffassung passivlegitimiert. Denn der Personalüberleitungsvertrag stellt in § 4 eine Schuldübernahme im Sinne des § 415 BGB dar. Diese hängt von der Genehmigung des Gläubigers, hier des Klägers, ab. Eine solche Genehmigung ist im vorliegenden Fall vom Kläger nicht erteilt worden.

2. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der bisherigen und der jetzigen Sonderzahlung, wobei darauf hinzuweisen ist, dass der vom Kläger verlangte Bruttobetrag in Wirklichkeit ein Nettobetrag nach der von ihm selbst in der Klageschrift eingereichten Gehaltsabrechnung ist, da die Kürzung durch das SZG vom 5. November 2003 erfolgte, auf welches die VVA gemäß § 26 Abs. 4 VVA zulässigerweise verwiesen hat. Das SZG ist auch nicht verfassungswidrig. Es verstößt weder gegen Artikel 33 Abs. 5 GG noch gegen Artikel 14 GG.

a)

Der Anspruch des Klägers kann sich nur aus § 26 VVA, einer Tarifvertragsnorm, ergeben. Hinsichtlich der Höhe der Sonderzahlung verweist § 26 Abs. 4 VVA auf die beamtenrechtlichen Regelungen, somit auf das SZG vom 5. November 2003. Eine solche dynamische Verweisung ist zulässig und umfasst auch die verschlechternde Regelung, wie das Arbeitsgericht zutreffend und unter Zitierung der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeführt hat (zur Verweisung auf beamtenrechtliche Regelungen siehe nur BAG 20.10.1993, a.a.O.; zur Verschlechterung siehe nur BAG 24.08.1993 - 3 AZR 313/93 - NZA 1994, 807; aus neuerer Zeit dazu insgesamt siehe nur BAG 22.02.2000 - 3 AZR 39/99 - EzA § 1 BetrAVG Beamtenversorgung Nr. 3; BAG 20.03.2001 - 3 AZR 260/00 - EzA, a.a.O., Nr. 6).

b)

Die Absenkung der Sonderzuwendung verstößt auch nicht gegen Artikel 33 Abs. 5 GG.

Die beamtenrechtlichen Versorgungsvorschriften sind an Artikel 33 Abs. 5 GG zu messen. Artikel 33 Abs. 5 GG ist eine dem Artikel 14 GG vorgehende verfassungsrechtliche Sonderregelung. Sie belässt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Beamtenversorgung einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfG 30.09.1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 295). Er muss zwar das zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählende Alimentationsprinzip beachten. Dies betrifft jedoch nur den sogenannten Alimentationskern. Dazu gehört unter anderem nicht das 13. Monatsgehalt (vgl. BVerfGE 44, 249, 263) und damit die durch § 5 Abs. 1 SZG gekürzte Sonderzahlung, worauf ebenfalls das Arbeitsgericht schon zutreffend verwiesen hat.

c)

Die Einschränkung der betrieblichen Altersversorgung durch die Kürzung der Sonderzuwendung ist auch mit Artikel 14 GG zu vereinbaren. Daran ändert nichts, dass Betriebsrentenansprüche zu den durch Artikel 14 GG geschützten Rechtspositionen zählen. Wie weit der Schutz reicht, hängt vom konkreten Vertragsinhalt ab. Bloße Chancen und Erwartungen werden nicht geschützt. Über die Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung entscheiden die Arbeitsvertragsparteien, Betriebspartner oder Tarifvertragsparteien. Eine über die eingeräumten Ansprüche hinausgehende Rechtsposition gewährleistet Artikel 14 GG nicht (vgl. nur BAG 22.02.2000 - 3 AZR 108/99 - EzA, a.a.O., Nr. 4).

Der Kläger soll nach den getroffenen Vereinbarungen eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen erhalten und insoweit den Beamten gleich gestellt werden. Durch die dynamische Verweisung auf das Beamtenversorgungsrecht sind die jeweils geltenden Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes integraler Bestandteil des Betriebsrentenanspruchs. Verfassungsmäßige Änderungen des Beamtenversorgungsrechts stellen keinen Eingriff in die Versorgungsrechte des Klägers dar, sondern legen den aktuellen Anspruchsinhalt fest.

Der Kläger kann auch insofern keine Verletzung von Eigentumsrechten geltend machen, als die Altersrente auch auf Eigenbeiträgen beruht. Denn die Eigenbeiträge werden durch die Kürzung der Sonderzuwendung auf 320,-- Euro pro Jahr nicht entwertet. Dies zeigt eine einfache Rechnung. Würde man die Eigenbeiträge in Höhe von 11.759,72 DM durch die Anzahl der Beitragsjahre und wegen der Sonderzahlung durch 13 teilen, ergäbe sich ein Betrag von ca. 30,-- DM pro Jahr, den der Kläger für die Sonderzuwendung aufgewendet hätte, also 930,-- DM für die Gesamtzeit zuzüglich Zinsen.

Allein 2002 wurde dem Kläger ein Betrag von 2.562,80 Euro netto gezahlt, in den Jahren davor vergleichbare Beträge. Dies übersteigt die angeführten Eigenbeiträge des Klägers bei weitem.

III.

Die Berufung des Klägers war daher auf dessen Kosten gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

IV.

Für eine Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die zitierte ständige Rechtsprechung des BAG und des Bundesverfassungsgerichts keine Veranlassung, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorlagen.

Ende der Entscheidung

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