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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 23.10.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 1314/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a
1. Unterhält ein Unternehmen seit elf Jahren einen einzigen Betrieb mit zuletzt 19 Arbeitnehmern, dessen Zweck nur darin besteht, in einem räumlich abgrenzbaren Bereich eines Universitätskrankenhauses technische Dienstleistungen (technische Betriebsleitung, Wartung und Instandhaltung) zu erbringen, dann stellt das für den Bestand des Betriebes wesentliche Betriebsmittel der Auftrag des Krankenhauses zur Erbringung dieser technischen Dienstleistungen dar. Der ganze Betrieb ist zugeschnitten nur auf diesen einen Auftrag und Kunden.

2. Überträgt das Krankenhaus diesen - und weitere - Aufträge auf ein Unternehmen, das nur dazu gegründet wurde, den nunmehr ausschließlich einheitlich für sämtliche Standorte des Krankenhauses vergebenen Facility-Management-Auftrag zu erhalten, dann liegt allein darin ein Betriebsübergang begründet.

3.Es istmethodisch verfehlt, in einem betriebsmittelarmen Betrieb die Be-triebsübernahme allein daran scheitern zu lassen, dass der Betriebsübernehmer nicht bereit ist, den wesentlichen Teil der ursprünglichen Arbeitnehmerschaft zu übernehmen. Dies widerspräche der Zielsetzung der Richtlinie 2001/23/EG. Hauptzweck der Betriebsübergangsrichtlinie ist es, auch gegen den Willen des Erwerbers die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer des Veräußerers aufrecht-zuerhalten (EuGH, Urt. vom 20.11.2003 - Rs. C-340/01 - Abler - NZA 2003, 1385).

4. Ein Betriebsübergang kann nicht deswegen verneint werden, weilder Aufbau und die Organisation des Unternehmens nicht - und zwar nicht einmal teilweise - beibehalten worden ist (EuGH vom 7. 3. 1996 - NZA 96, 413, Rn 20 f - Mercks; a.A. BAGvom 6.4.2006 - NZA 2006, 1039).


Landesarbeitsgericht Berlin

15 Sa 1314/06

Verkündet am 23.10.2006

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 15. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 23.10.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht K. als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Herrn B. und Frau T.-P.

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16.05.2006 - 8 Ca 1249/06 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 30.12.2005 nicht beendet worden ist.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers seit dem 01.04.2006 mit der Beklagten zu 2) fortbesteht.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 1) und 2) je zur Hälfte.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 30. Dezember 2005 wegen einer beabsichtigten Betriebsstilllegung wirksam ist und ob das Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

Der Kläger war seit dem 15. September 1995 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 6. März 1997 (Bl. 8 ff. d. A.) bei der Beklagten zu 1) beschäftigt. Den arbeitsvertraglichen Aufgaben des Klägers lag zuletzt eine Stellenbeschreibung vom 19.12.2001 (Bl. 259 ff d. A.) zu Grunde. Das Bruttomonatsentgelt betrug 2.200,00 EUR. Die Beklagte zu 1) erbrachte ausschließlich für das Universitätsklinikum C. technische Dienstleistungen auf dem Ca. V. Klinikum. Diese werden von den Parteien wie folgt beschrieben:

Erbringung von technischer Betriebsleitung und Management technischer Anlagen und Systembetrieb und Instandhaltung sowie gebäudetechnischer Servicedienst für die betriebs- und versorgungstechnischen Anlagen/Systeme für die Gebäude der Ring- und der Nordbebauung.

Hierzu nutzte die Beklagte zu 1) vom Klinikum Büroräume, Aufenthaltsräume, Räume für Lager und Werkstatt. Das Klinikum stellte ferner eine Software für Reparaturaufträge zur Verfügung. Es übernahm auch die Kosten für Wasser und Elektrizität. Bis zu einer nicht näher bezifferten Obergrenze durfte die Beklagte zu 1) Aufträge an Subunternehmer vergeben. Die technischen Anlagen, die von der Beklagten zu 1) betreut wurden, wie zum Beispiel Klima-, Heizungs- und Elektroanlagen, standen durchgängig im Eigentum des Klinikums. Bis zum 31. April 2004 beschäftigte die Beklagte zu 1) 21 Arbeitnehmer und zum Kündigungszeitpunkt 19 Arbeitnehmer. Sonstige Facility-Leistungen wurden teilweise durch das Klinikum selbst auch an anderen Standorten und/oder mit anderen Leistungen erbracht. Teilweise waren sie über längere Zeit an Drittfirmen vergeben.

Im Sommer 2005 kündigte das Klinikum an, den Dienstleistungsauftrag künftig nicht mehr an die Beklagte zu 1) zu vergeben. Für diesen Fall beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) am 19. Dezember 2005, den Betrieb stillzulegen. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 kündigte das Klinikum den Dienstleistungsauftrag zum 31. März 2006. Hierauf kündigte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 30. Dezember 2005 das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30. April 2006.

Hintergrund hierfür war, dass das Klinikum für sämtliche lokalen Standorte und alle Aufgaben des Facility-Managements nur noch einen Auftrag vergeben wollte. Hierfür wurde die Beklagte zu 2) gegründet, an der das Klinikum 51 % der Anteile hielt, während sich die übrigen 49 % auf eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus den Gesellschaften D. Beteiligungsgesellschaft mbH, der V. Management und Service GmbH und der H. W. Logistic GmbH & Co. KG, verteilten. Die Beklagte zu 2) nahm mit ca.1900 Personen ab dem 1. Januar 2006 ihre Aufgaben wahr, wobei sie die Aufgaben der Beklagten zu 1) erst ab dem 1. April 2006 übernahm. Allein in der Betriebstechnik sind ca. 340 Arbeitnehmer beschäftigt. Bei ca. 225 Arbeitnehmern erfolgt dies im Rahmen von Personalgestellungsverträgen.

Zuvor hatte das Klinikum die bei ihr beschäftigten Mitarbeiter unter Hinweis auf § 613a BGB angeschrieben, dass an sich ihre Arbeitsverhältnisse auf die Beklagte zu 2) übergingen (Kopie Bl. 78 ff. d. A.). Hierbei wies das Klinikum auch darauf hin, dass die Beklagte zu 2) nicht tarifgebunden und nicht mit Mitglied der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) sei. Nachdem nahezu sämtliche der hiervon betroffenen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprochen hatten, werden diese im Rahmen von Personalgestellungsverträgen der Beklagten zu 2) zur Verfügung gestellt. Die Beklagte zu 2) hat auch alle Arbeitnehmer übernommen, die vorher bei der V. Management und Service GmbH für das Klinikum tätig waren. Dieses Unternehmen führte die gleichen Arbeiten aus wie die Beklagte zu 1) jedoch mit dem Unterschied, dass sie in der Süd- und Westbebauung tätig wurde.

Die Beklagte zu 2) hatte zuvor im Internet zahlreiche Stellen, zu besetzen zum 1. März 2006 oder 1. April 2006, ausgeschrieben (Kopien Bl. 94 bis 131 d. A.). Darunter befanden sich auch neun Stellen "Gebäudetechnischer Servicedienst", acht Stellen für "Facharbeiter Sanitär- und Heizungstechnik" und acht Stellen "Facharbeiter Elektrotechnik". Hierbei wurden jeweils "Referenzen über ähnliche Tätigkeiten, bevorzugt in der C." verlangt. Die Beklagte zu 2) forderte darüber hinaus gezielt neun Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) auf, sich bei ihr zu bewerben. Dies betraf nicht den Kläger. Hiervon stellte die Beklagte zu 2) letztlich sechs Arbeitnehmer ein.

Mit der Klageschrift vom 17. Januar 2006 und der Klageerweiterung vom 20. Januar 2006, den Beklagten jeweils zugestellt am 26. Januar 2006, setzt der Kläger sich gegen die Kündigung vom 30. Dezember 2005 zur Wehr und begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2) seit dem 1. Januar 2006, hilfsweise seit dem 1. April 2006 fortbesteht. Der Kläger hat erstinstanzlich unter anderem vorgetragen, die Beklagte zu 1) habe die Lüftungs-, Elektro-, Luft- und Wasserverteilungsanlagen nicht nur gewartet, sondern auch betrieben, konditioniert und den Bedürfnissen des Klinikums angepasst. Die Beklagte zu 1) habe auch Betriebsmittel genutzt, so zum Beispiel Rechner zur Steuerung der Lüftungsanlagen. Die Beklagte zu 1) betreibe einen gemeinsamen Betrieb mit weiteren Unternehmen, so dass die Arbeitnehmeranzahl höher als 20 liege. Die Kündigung sei deswegen unwirksam, weil es an der erforderlichen Massenentlassungsanzeige fehle. Ein betriebsbedingter Grund sei ebenfalls nicht gegeben. Die Sozialauswahl sei mangelhaft. Die Wirksamkeit der Kündigung sei wegen eines Betriebsübergangs ausgeschlossen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 30. Dezember 2005 nicht beendet ist und ungekündigt fortbesteht;

2. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis seit dem 1. Januar 2006, hilfsweise seit dem 1. April 2006 mit der Beklagten zu 2) fortbesteht.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) hat hierzu vorgetragen, dass der von ihr verfolgte Betriebszweck in der Wartung von Betriebsanlagen des Klinikums bestehe. Sie habe nicht Luft, Wärme und Kälte hergestellt, sondern nur die Maschinen hierfür gewartet.

Die Beklagte zu 2) hat vorgetragen, dass die Heizungsanlagen etc. technische Betriebsmittel des Klinikums seien. Es liege eine reine Funktionsnachfolge vor. Die Beklagte zu 1) habe nur Leistungen an den Anlagen und nicht mit den Anlagen erbracht. Das Facility-Management werde künftig für das gesamte Klinikum erbracht. Sie werde die Mitarbeiter entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen in unterschiedlichen Bereichen einsetzen.

Mit Urteil vom 16. Mai 2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Betrieb der Beklagten zu 1) stillgelegt worden sei. Ein Betriebsübergang liege nicht vor, sondern nur eine Funktionsnachfolge. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Beklagte zu 2) die bisherige Tätigkeit in einem wesentlich größeren organisatorischen Rahmen ausführe. Der Betrieb der Beklagten zu 1) sei betriebsmittelarm, so dass es entscheidend darauf ankomme, ob eine nach Zahl und Sachkunde erhebliche Zahl von Arbeitskräften übernommen werde. Dies sei bei nur 6 Arbeitnehmern nicht der Fall.

Gegen das dem Kläger am 29. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Juli 2006 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangene Berufung. Die Berufungsbegründung ging am 28. August 2006 ein.

Der Kläger weist erneut darauf hin, dass durch die Beklagte zu 1) die Anlagen nicht nur gewartet worden seien. Zu den Aufgaben habe es auch gehört, den Betrieb aufrechtzuerhalten. So sei durch das Klinikum zum Beispiel unstreitig vorgegeben worden, dass bestimmte Temperaturen in Operationssälen einzuhalten seien. Die Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen hätten sie daher wie Betriebsmittel nutzen müssen. Eigenwirtschaftlich müsse dies nicht geschehen. Unbeachtlich sei auch, dass die Beklagte zu 2) weitere Leistungen wie Telefonzentrale oder Pflege von Außenanlagen übernommen habe. Entscheidend sei allein, ob sie Arbeiten der Beklagten zu 1) weiterführe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Mai 2006, zugestellt am 29. Juni 2006, Az. 8 Ca 1249/06 aufzuheben und

1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 30. Dezember 2005 nicht beendet wurde;

2. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis seit dem 1. April 2006 mit der Beklagten zu 2) fortbesteht.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1) behauptet, die Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen seien zu warten. Nicht mit ihnen, sondern an ihnen sei zu arbeiten. Einer Betriebsübernahme stehe schon die veränderte Organisation bei der Beklagten zu 2) entgegen. Diese habe vielfältige Aufgaben übernommen. Die Aufgaben seien früher auf verschiedene Firmen in verschiedenen Teilen verteilt gewesen. Jetzt erledige eine Firma alle diese Aufgaben im Ganzen. Lediglich die Maschinen, an denen zu arbeiten sei, seien identisch. Kunden seien nicht übernommen worden.

Die Beklagte zu 2) weist darauf hin, dass die vom Kläger angeführten Betriebsmittel Objekte der Dienstleistung und nicht Mittel seien. Es käme auch auf den Betriebszweck der Beklagten zu 2) an. Die Tätigkeit der Beklagten zu 1) mache davon nur einen Bruchteil aus. Auch bestehe die betriebliche Organisation nicht fort. Allein der Bereich Betriebstechnik erstrecke sich mit 340 Arbeitnehmern einheitlich auf alle Campi. Die Leiter der Betriebstechnik, der verschiedenen Fachgebiete und der darunter befindlichen Arbeitsbereiche seien campusübergreifend tätig. Dies gelte auch für die Arbeitnehmer. So führen z.B. die Mitarbeiter der Sanitärgruppe mit ihren Werkstattwagen zu den verschiedenen Campi.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung hat in vollem Umfang Erfolg.

Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist unwirksam. Es liegt keine Betriebsstilllegung, sondern ein Betriebsübergang vor. Das Arbeitsverhältnis des Klägers besteht seit dem 1. April 2006 mit der Beklagten zu 2) fort. Daher war das Urteil des Arbeitsgerichts entsprechend abzuändern.

1.

Soweit der Kläger die Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 30. Dezember 2005 nicht aufgelöst worden ist, ist dem zuzustimmen.

Die Kündigung ist von der Beklagten zu 1) damit begründet worden, dass beabsichtigt gewesen sei, den Betriebszweck zum 31. März 2006 aufzugeben. Bei entsprechend längeren Kündigungsfristen sollten noch Restarbeiten verrichtet werden. Tatsächlich erfolgt durch die Beklagte zu 1) keinerlei Geschäftstätigkeit mehr seit dem 1. Mai 2006. Eine beabsichtigte oder tatsächlich schon durchgeführte Betriebsstilllegung vermag eine Kündigung sozial zu rechtfertigen im Sinne von § 1 KSchG. Liegt jedoch eine Betriebsveräußerung vor, dann wird der Betrieb nicht stillgelegt. Der Betrieb bleibt unter Wahrung seiner Identität erhalten. Es findet nur ein Betriebsinhaberwechsel statt (BAG vom 06.04.2006 - 8 AZR 222/04 - NZA 2006, 723, Rn. 17 f.).

1.1

Vorliegend ging der Betrieb der Beklagten zu 1) mit Ablauf des 31. März 2006 auf die Beklagte zu 2) über.

1.2

Wann ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB vorliegt, ist in der Rechtsprechung der letzten Jahre durchaus nicht immer einheitlich beurteilt worden. Das Bundesarbeitsgericht definiert dies unter Betonung an die Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH in der Entscheidung vom 6. April 2006 (NZA 2006, 723, Rn. 20) wie folgt:

"Erforderlich ist die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (...). In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. In diesem Fall ist die Wahrung ihrer Identität anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) keinen Betriebsübergang dar (...). In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (...). Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebes ein. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen. Die bloße Möglichkeit zu einer unveränderten Fortsetzung des Betriebs genügt für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht. Wesentliches Kriterium für die Übernahme ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Einer besonderen Übertragung einer irgendwie gearteten Leitungsmacht bedarf es wegen des Merkmals der Führung des Betriebs nicht (...)."

Unerheblich ist inzwischen, dass die überlassenen Betriebsmittel nicht eigenwirtschaftlich genutzt werden können (ebenda).

1.3

Die Kammer geht davon aus, dass die Voraussetzungen eines Betriebsübergangs schon deswegen gegeben sind, weil das Krankenhaus den Dienstleistungsauftrag, der ursprünglich der Beklagten zu 1) erteilt worden war, nunmehr an die Beklagte zu 2) übertragen hat.

Unterhält ein Unternehmen seit elf Jahren einen einzigen Betrieb mit zuletzt 19 Arbeitnehmern, dessen Zweck nur darin besteht, in einem räumlich abgrenzbaren Bereich eines Universitätskrankenhauses technische Dienstleistungen (technische Betriebsleitung, Wartung und Instandhaltung) zu erbringen, dann stellt das für den Bestand des Betriebes wesentliche Betriebsmittel der Auftrag des Krankenhauses zur Erbringung dieser technischen Dienstleistungen dar. Der ganze Betrieb ist zugeschnitten nur auf diesen einen Auftrag und Kunden. Überträgt das Krankenhaus diesen - und weitere - Aufträge auf ein Unternehmen, das nur dazu gegründet wurde, den nunmehr ausschließlich einheitlich für sämtliche Standorte des Krankenhauses vergebenen Facility-Management-Auftrag zu erhalten, dann liegt allein darin ein Betriebsübergang begründet.

Auch das Bundesarbeitsgericht (vom 06.04.2006 a. a. O.) geht davon aus, dass ein Kriterium für die Beibehaltung der Betriebsidentität ist, dass der ursprüngliche Arbeitgeber und der Betriebsübernehmer jeweils nur denselben Auftraggeber hatten. Dies sei für den Fortbestand des Betriebs wesentlich und stelle eine maßgebliche Kundenbeziehung dar.

Wenn es für die Schließung des Betriebs der Beklagten zu 1) und für die Eröffnung des Betriebs der Beklagten zu 2) nur darauf ankam, den jeweiligen Dienstleistungsauftrag durch das Krankenhaus zu erhalten, dann stellt dies ein derart wesentliches Betriebsmittel dar, dass allein deswegen ein Betriebsübergang angenommen werden kann.

Auch in der Vergangenheit hat die Rechtsprechung verschiedentlich - insbesondere bei Dienstleistungsbetrieben - einen Betriebsübergang nur daran festgemacht, dass ein einziges Kriterium erfüllt war, das als wesentlich angesehen wurde: Bei einem Handels- und Montagebetrieb die Übernahme der Kundenkartei (BAG vom 25.06.1985 - EzA § 613a BGB Nr. 48), bei einer Handelsvertretung die Rechte des Handelsvertreters, in einem bestimmten Bereich Kunden nur allein ansprechen zu dürfen (BAG vom 21.01.1988 - EzA § 613a BGb Nr. 73), bei einem Großhandelsunternehmen die Übernahme von Warenzeichen und Gebrauchsmustern, wenn Porzellan unter einem bestimmten Warenzeichen vertrieben wurde (BAG vom 28.04.1988 - EzA § 613a BGB Nr. 80), bei einem fremdgenutzten Mietshaus, dem nur eine Reinigungskraft zugeordnet war, der Verkauf des Mietshauses (BAG vom 19.03.1992 - 2 AZR 396/91 - Juris), bei einem Produktionsbetrieb zur Herstellung von Verkehrsschildern die Übernahme von zwei Warenzeichen und die Mitgliedschaft in einer Güterschutzgemeinschaft (BAG vom 16.02.1993 - EzA § 613a BGB Nr. 106) und die Übernahme der Konzession zum Alleinvertrieb von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Marke auch dann, wenn der Vertrieb nunmehr unter einer anderen Geschäftsbezeichnung, in anderen Geschäftsräumen und mit anderen Hilfsmitteln wahrgenommen wird (EuGH, Urteil vom 07.03.1996 - verb. Rs. C-171/94 u. C- 172/94 Albert Merckx - NZA 1996, 413).

1.4

Für den Betriebsübergang spricht ferner, dass die Beklagte zu 2) ihre Betriebstätigkeit am selben Ort, in den gleichen Räumen und ohne jegliche Unterbrechung nahtlos fortgeführt hat.

1.5

Soweit die Beklagte zu 2) nicht auch den wesentlichen Teil der Belegschaft der Beklagten zu 1) übernommen hat (nur sechs von 19 Arbeitnehmern), führt dies nicht dazu, dass ein Betriebsübergang zu verneinen ist.

Das Vorhandensein einer eingearbeiteten Belegschaft war und ist für die Existenz eines Betriebes der vorliegenden Art nicht wesentlich. Die Beklagte zu 1) hat ihren Betrieb nicht deswegen eingestellt, weil schlagartig alle Arbeitnehmer ihre Arbeitsverhältnisse gekündigt haben, sondern nur deswegen, weil der Auftrag entfiel. Umgekehrt hat die Beklagte zu 2) den Dienstleistungsauftrag erhalten, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nicht mal einen Betrieb mit einer relevanten Anzahl von Arbeitnehmern unterhielt. Sie war nichts anderes als eine Bietergemeinschaft, die sich unter Federführung des Krankenhauses und mit dessen Mehrheitsbeteiligung zusammengeschlossen hatte, um genau von diesem Krankenhaus einen Dienstleistungsauftrag zu erhalten. Personal sollte erst noch gewonnen werden. Soweit die Facility-Aufgaben vorher vom Krankenhaus selbst erbracht wurden, hätte nach Vorstellung des Krankenhauses und der Beklagten zu 2) das Personal im Wege des § 613a übergehen sollen (vgl. Anschreiben des Krankenhauses an die Arbeitnehmer, Bl. 92 f. d. A.). Nachdem praktisch alle Arbeitnehmer angesichts der verschlechterten Arbeitsbedingungen hiergegen Widerspruch erhoben hatten, erfolgte die Personalüberlassung im Wege der Personalgestellung. Hiervon sind allein 225 der 340 Arbeitnehmer im Bereich Betriebstechnik betroffen. Die Beklagte zu 2) hat auch unstreitig das Personal der Firma V., das zu Dienstleistungen im Klinikum eingesetzt war, tatsächlich übernommen. Die Gesellschaft gehörte ebenfalls zur Bietergemeinschaft. Offen bleibt zwischen den Parteien nur, ob dies im Wege eines Betriebsübergangs erfolgte. Darüber hinaus hat die Beklagte zu 2) weitere offene Stellen umfangreich im Internet ausgeschrieben (mindestens 100 Stellen, vgl. Bl. 80 bis 119 d. A0.). Für den hiesigen Teilauftrag schrieb die Beklagte zu 2) neun Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) gezielt an und forderte sie auf, sich bei ihr zu bewerben. All dies zeigt, dass die Beklagte zu 2) ursprünglich keine Arbeitnehmer hatte. Sie hat den Betrieb nur aufgebaut, weil sie den Dienstleistungsauftrag erhielt. Wäre das nicht erfolgt, wäre auch die Einstellung und Beschäftigung der Arbeitnehmer unterblieben. Kausal und für den Betrieb prägend ist nicht das Vorhandensein einer Belegschaft, sondern der Erhalt des Auftrags.

Soweit das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung fordert, dass in einem betriebsmittelarmen Betrieb für die Betriebsübernahme Voraussetzung ist, dass der überwiegende Teil der alten Arbeitnehmerschaft übernommen wird (BAG vom 06.04.2006 - NZA 2006, 723, Abs. 20), so ist dem zumindest im hiesigen Fall nicht zu folgen.

Ursprünglich hatte das BAG angenommen, dass selbst die Übernahme eines großen Teils der Arbeitnehmerschaft kein Kriterium für einen Betriebsübergang sei. Die Übernahme der Arbeitnehmer sei Rechtsfolge des § 613a BGB und könne daher nicht gleichzeitig Tatbestandsvoraussetzung sein (BAG vom 22.05.1985 - EzA § 613a BGB Nr. 114; Überblick bei KR-Pfeifer, 4. Aufl. 1996, § 613a Rdnr. 27). Nachdem der EuGH wiederholt zum Ausdruck brachte, dass die Übernahme eines wesentlichen Teils der Belegschaft ein Indiz für den Betriebsübergang sein könne, folgte das Bundesarbeitsgericht dem (Urteil vom 22.05.1997 - 8 AZR 101/96 - NZA 1997, 1050). Was anfangs nach einer Ausweitung der Kriterien für einen Betriebsübergang aussah, verkehrte sich spätestens dann in sein Gegenteil, als für betriebsmittelarme Betriebe die Übernahme der Hauptbelegschaft unabdingbare Voraussetzung für einen Betriebsübergang wurde. Bei einfachen Tätigkeiten reichte ein Übernahmegrad von 75 % der Beschäftigten nicht (BAG vom 10.12.1998 - NZA 1999, 420, zu Hol- und Bringediensten in einem Krankenhaus; a. A. EuGH vom 24.01.2002 - Rs. C-51/00 - Temco, NZA 2002, 265 zu Reinigungsarbeiten), 86 % wurden jedoch für ausreichend erachtet (BAG vom 11.12.1997 - NZA 1998, 534).

Es ist auch methodisch verfehlt, in einem betriebsmittelarmen Betrieb die Betriebsübernahme allein daran scheitern zu lassen, dass der Betriebsübernehmer nicht bereit ist, den wesentlichen Teil der ursprünglichen Arbeitnehmerschaft zu übernehmen. Dies widerspräche der Zielsetzung der Richtlinie 2001/23/EG. Hauptzweck der Betriebsübergangsrichtlinie ist es, auch gegen den Willen des Erwerbers die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer des Ver-äußerers aufrechtzuerhalten (EuGH, Urt. vom 20.11.2003 - Rs. C-340/01 - Abler - NZA 2003, 1385).

Regelmäßig wird das Interesse des möglichen Betriebsübernehmers darauf gerichtet sein, nur die leistungsstarken Arbeitnehmer, allenfalls einen kleineren Teil der Arbeitnehmer und/oder die Arbeitsverhältnisse zu abgesenkten Vergütungsstandards zu übernehmen. Dass ein Subunternehmer einen Auftrag dem Sub-Subunternehmer entzieht, weil der Hauptauftraggeber meint, dass das Personal durch die weitere Absenkung der Arbeitsbedingungen demotiviert werde, dürfte eine Ausnahme sein (EuGH vom 02.12.1999 - Rs. C-234/98 - Allen, NZA 2000, 587, zu Verhältnissen im Stollenvortrieb der britischen Kohleindustrie).

Diese Interessen des Betriebsübernehmers sind nachvollziehbar, da es ihm durch deren Verwirklichung in der Regel ermöglicht wird, den Betrieb kostengünstiger fortzuführen. Gemessen an der Zielsetzung der Richtlinie 2001/23/EG und an § 613a BGB sind diese Interessen jedoch nicht beachtlich. Beide Normen verfolgen das Ziel, nicht nur das Arbeitsverhältnis überhaupt übergehen zu lassen, sondern auch weitgehend zu individualrechtlich unveränderten Bedingungen. Dann kann es aber dem Betriebserwerber nicht erlaubt sein, einzig und allein durch sein Handeln genau diese Zielrichtung zu vereiteln.

Im deutschen Recht ist anerkannt, dass niemand aus einem treuwidrigen Verhalten Vorteile ziehen darf, so dass auch im Arbeitsrecht vielfach § 162 Abs. 1 Satz 1 BGB analog angewandt wird (Palandt, § 162 BGB Rdnr. 6 m. w. N.).

Käme wirklich dem Verhalten des Betriebsübernehmers im Hinblick auf die Übernahme des Personals entscheidende Bedeutung bei einer Verhinderung des Betriebsübergangs zu, dann überließe man dem Betriebsübernehmer erhebliche Manipulationsmöglichkeiten (KR-Pfeifer, 7. Aufl., § 613a BGB Rdnr. 44). Andere halten es für ein befremdliches Ergebnis, dass es der neue Unternehmer oftmals in der Hand habe, einen Betriebsübergang herbeizuführen oder auch nicht. Dem Schutzzweck der Richtlinie entspreche das nicht (ErfK/Preis, § 613a BGB Rdnr. 39). Diese Einschätzung ist zutreffend. Derartige befremdlichen Ergebnisse sind nur zu vermeiden, wenn der Entscheidung des Betriebsübernehmers, keinen wesentlichen Teil der Arbeitnehmerschaft zu übernehmen, allein keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen wird, solange durch die Erfüllung anderer Kriterien schon ein Betriebsübergang angenommen werden kann.

Dies entspricht mindestens auch teilweise der Rechtsprechung des EuGH (Urt. vom 07.03.1996 - verb. Rs. C-171/94 u. C-172/94 - Albert Merckx, NZA 1996, 413). Dort reichte es für die Bejahung eines Betriebsübergangs, wenn die Firma F. die Konzession zum Alleinvertrieb von Kraftfahrzeugen im Großraum Brüssel nicht mehr einem konzerneigenen Unternehmen, sondern einem unabhängigen Vertragshändler übertrug. Unerheblich war, dass sich die Geschäftsbezeichnung änderte und dass die Geschäfte in anderen Räumen und mit anderen Hilfsmitteln betrieben wurden. Die Übernahme von nur 22 % der Mitarbeiter war ebenfalls nicht entscheidend.

Hierdurch wird die Rechtsprechung zur bloßen Auftragsnachfolge nicht gegenstandslos. Der EuGH und das BAG nehmen wortgleich an, dass der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber für sich allein genommen keinen Übergang im Sinne der Richtlinie darstelle. Das zuvor beauftragte Dienstleistungsunternehmen verliere zwar einen Kunden, bestehe aber in vollem Umfang weiter, ohne dass einer seiner Betriebe oder Betriebsteile auf den neuen Auftragnehmer übertragen worden wäre (EuGH, Urt. vom 11.03.1997 - Rs. C-13/95 - Ayse Süzen, NZA 1997, 433; BAG vom 11.12.1997, NZA 1998, 532). Dies dürfte in all den Fällen zutreffend sein, in denen um einen Auftrag herum ein Arbeitgeber keine Strukturen schafft, die mindestens einem Betriebsteil entsprechen. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Die Beklagte zu 1) als hochspezialisiertes Unternehmen hatte über Jahre ihren einzigen Betrieb zugeschnitten genau auf den vorliegenden Dienstleistungsauftrag. Mit Verlust des Auftrages beendete sie ihre Tätigkeit. Umgekehrt nahm die Beklagte zu 2) ihre Betriebstätigkeit erst nach Übernahme des Auftrags auf.

1.6

Hilfsweise ist davon auszugehen, dass die Beklagte zu 2) von der Beklagten zu 1) auch wesentliche Betriebsmittel, nämlich die Heizungs-, Sanitär- und Klimaanlagen übernommen hat.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2006 stellte es sich zwischen den Parteien als unstreitig heraus, dass die Beklagte zu 1) nicht nur Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten vorzunehmen hatte, sondern dass ihr auch die technische Betriebsleitung oblag. Sie musste z.B. dafür sorgen, dass an bestimmten Tagen in bestimmten Operationssälen bestimmte Temperaturen erreicht wurden. Auch aus der Aufgabenbeschreibung des Klägers ergibt sich, dass er die gebäudetechnischen Anlagen zu bedienen hatte. Wenn die Beklagten diese Anlagen jedoch betrieben oder betreiben, um Wasser, Luft und Wärme im benötigten Umfang und Qualität dem Krankenhaus zur Verfügung zu stellen, dann stellen diese Anlagen auch ein Betriebsmittel der Beklagten dar. Üblicherweise zählt zu den klassischen Aufgaben des Facility-Management auch das Betreiben und nicht nur die Instandhaltung von Gebäudeanlagen (Najak NJW 2006, 2881).

Für die Betriebsmitteleigenschaft spricht auch folgende Überlegung: Hätte das Krankenhaus selbst diese technischen Anlagen betrieben, dann wären hierin unstreitig Betriebsmittel zu sehen. Die Benutzung dieser Mittel wäre notwendig, um das Krankenhaus in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Das gleiche würde gelten, wenn das Krankenhaus all diese Betriebsmittel an ein anderes Unternehmen verbunden mit dem Auftrag verkauft, für eine kontinuierliche Versorgung mit Wasser, Luft und Heizung zu sorgen. In der Regel wird sich wegen des hohen Kapitalbedarfs für den Kauf solcher Betriebsmittel jedoch niemand bereit finden. Klassischerweise verbleiben daher diese Betriebsmittel im Eigentum des Auftraggebers, während Betrieb, Wartung und technische Leitung an ein anderes Unternehmen vergeben werden. Auch wenn das Krankenhaus daher Eigentümer bleibt, verrichtet es selbst an und mit diesen technischen Anlagen keinerlei Tätigkeiten mehr. Dies kommt nunmehr ausschließlich dem Dienstleistungsunternehmen zu. Hierdurch verlieren die Anlagen aber nicht den Charakter von Betriebsmitteln. Durch diese Auftragsgestaltung ist der Dienstleister allein dafür verantwortlich, dass Wasser, Luft und Heizung so an den Krankenhausbetrieb geliefert werden, dass das Krankenhaus seinen Betrieb wiederum aufrechterhalten kann. Dann stellen diese Anlagen aber auch Betriebsmittel bei dem Dienstleister dar.

1.7

Dem Betriebsübergang steht auch nicht eine möglicherweise veränderte Arbeitsorganisation bei der Beklagten zu 2) entgegen.

In der Rechtsprechung wird hier unter anderem diskutiert, ob schon reine Änderungen in der Arbeitszeit, beispielsweise andere Schichtregelungen, relevant sind, was jedoch abgelehnt wurde (BAG vom 06.04.2006 - NZA 2006, 723, Rn 22).

Auch hier wird durch geschickte Erwerberkonzepte die Möglichkeit eröffnet, darüber zu entscheiden, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht. Nicht jede Abweichung kann daher als relevant eingestuft werden. Die Kriterien der Relevanz müssen sich nach der Zielsetzung der Betriebsübergangsrichtlinie bestimmen. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH. Dieser legt auch andere Begriffe im Rahmen des Betriebsübergangs so weit aus, dass hierdurch möglichst dem beabsichtigten Schutz der Arbeitnehmer bei einer Übertragung der wirtschaftlichen Einheit Rechnung getragen wird (EuGH vom 7.3.1996, NZA 1996, 413, Rn 28 - Mercks)

Zu Recht weist Preis darauf hin dass insofern entscheiden ist, ob die alte Belegschaft nicht in der Lage ist, auch das neue Organisationskonzept umzusetzen (ErfK/Preis, § 613a BGB Rdnr. 40).

Die Beklagten haben hier vorgetragen, die Arbeitsorganisation habe sich verändert. Dies wird damit begründet, dass früher verschiedene Firmen in verschiedenen Teilen des Klinikums mit unterschiedlichen Aufgaben betraut gewesen seien, während jetzt nunmehr nur noch die Beklagte zu 2) für alle Standorte und für alle Facility-Aufgaben zuständig sei. Auch seien die jeweiligen Arbeitnehmer campusübergreifend tätig.

Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Betriebsorganisation in relevantem Maßstab verändert worden ist. Für eine Veränderung reicht es zumindest nicht aus, dass die entsprechenden Techniker nunmehr nicht mehr nur allein auf einem Campus, sondern in verschiedenen örtlichen Bereichen eingesetzt werden. Dass die Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) grundsätzlich auch in der Organisationsform der Beklagten zu 2) eingesetzt werden können, ergibt sich auch daraus, dass sechs dieser Arbeitnehmer tatsächlich übernommen wurden.

Die Kammer ist sich bewusst, dass das Bundesarbeitsgericht dies anders gewichtet. So wird z. B. ein Betriebsübergang allein deswegen abgelehnt, weil die Tätigkeit einer Bewirtschaftung in 16 Zügen der Deutschen Bahn so vollständig in die Organisationsstruktur des potenziellen Übernehmers eingegliedert worden ist, dass kein abgrenzbarer Betrieb oder Betriebsteil verblieben ist (BAG vom 6.4.2006 - NZA 2006, 1039 Rn 22).

Hiermit steht das Bundesarbeitsgericht jedoch in Widerspruch zu der Rechtsprechung des EuGH. Es ist nicht ersichtlich, dass dem EuGH allein eine veränderte Organisationsstruktur ausgereicht hätte, um einen Betriebsübergang zu verneinen. Vielmehr hat der EuGH ausdrücklich festgestellt, dass es für einen Betriebsübergang nicht ausschlaggebend sei, wenn der Aufbau und die Organisation des Unternehmens nicht - und zwar nicht einmal teilweise - beibehalten worden ist (EuGH vom 7. 3. 1996 - NZA 96, 413, Rn 20 f - Mercks).

Das Bundesarbeitsgericht setzt sich mit dieser Entscheidung an keiner Stelle auseinander. Die hiesige Kammer folgt dem EuGH zum einen aus den obigen Erwägungen, zum anderen auch deswegen, weil dem EuGH letztendlich die Auslegungskompetenz der Voraussetzungen für einen Betriebsübergang zukommt. Zumindest solange der EuGH seine Rechtsprechung zur mangelnden Relevanz des Aufbaus und der Organisation einer wirtschaftlichen Einheit nicht aufhebt, kann nach Auffassung der Kammer hiervon auch nicht abgewichen werden.

1.8

Bei einer wertenden Gesamtbetrachtung überwiegen die Momente, die für einen Betriebsübergang sprechen.

Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Hauptzweck des § 613a BGB und der Richtlinie 2001/23/EG Rechnung getragen wird. Danach sollen auch gerade gegen den Willen des Erwerbers die Arbeitsverträge der Arbeitnehmer des Veräußerers aufrechterhalten werden. Ziel der Norm ist es, einen Gleichlauf zwischen Arbeitsplatz und Arbeitsverhältnis herzustellen. Es soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer trotz des Fortbestandes seines Arbeitsplatzes bei einem anderen Inhaber seine Arbeitsstelle verliert (ErfK/Preis, § 613a BGB Rdnr. 5).

Gerade der hiesige Fall zeigt, dass der Arbeitsplatz des Klägers bei der Beklagten zu 2) weiter vorhanden war. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Beklagte zu 2) bei Auftragserteilung überhaupt noch nicht über die erforderlichen Arbeitnehmer verfügte. Die neuen Arbeitsplätze waren nicht besetzt. Sie hätte problemlos die Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) übernehmen können, sowie dies problemlos mit den Beschäftigten der Firma V. und - im Rahmen von Personalgestellungsverträgen - mit den Arbeitnehmern des Klinikums geschah. Es ist kein Kriterium dafür ersichtlich, warum die Beklagte zu 2) die Möglichkeit erhalten müsste, völlig frei von den Regelungen des § 613a BGB sich eine neue Belegschaft zusammenstellen zu können.

1.9

Der Betriebsübergang ist auch durch ein Rechtsgeschäft erfolgt.

Der Begriff des Rechtsgeschäfts ist weit zu verstehen. Rechtsgeschäftlicher Betriebsinhaberwechsel bedeutet, dass die zum Betrieb gehörenden materiellen oder immateriellen Betriebsmittel durch besondere Übertragungsakte - und nicht durch Gesamtrechtsnachfolge oder Hoheitsakt - auf den neuen Inhaber übertragen werden. Dies ist durch eine Reihe von verschiedenen Rechtsgeschäften oder durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung mit verschiedenen Dritten möglich. Entscheidend ist, ob die Rechtsgeschäfte darauf gerichtet sind, eine funktionsfähige betriebliche Einheit zu übernehmen (BAG vom 06.04.2006 - 8 AZR 222/04 - NZA 2006, 723 Abs. 29 f.).

Dies ist hier der Fall. Das Klinikum hat gegenüber der Beklagten zu 1) den Dienstleistungsauftrag gekündigt und diesen zusammen mit weiteren Aufträgen dann an die Beklagte zu 2) vergeben. Dies allein ist ausreichend. Sieht man in den Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsanlagen Betriebsmittel, dann sind auch diese vom Klinikum der Beklagten zu 2) insofern überlassen worden, dass sie diese künftig zu betreiben hat.

1.10

Da die Kündigung schon wegen des Betriebsübergangs unwirksam ist, konnte offen bleiben, ob der Kläger sich auch mit Erfolg auf andere Unwirksamkeitsgründe berufen könnte. Insofern musste nicht entschieden werden, ob die Beklagte zu 1) mit anderen Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb führte, so dass die Sozialauswahl sich möglicherweise auch auf die Arbeitnehmer dieser Unternehmen zu erstrecken hatte. Ebenfalls konnte unentschieden bleiben, ob wegen der Annahme eines gemeinsamen Betriebes die Beschäftigtenzahl auf mehr als 20 Arbeitnehmer gestiegen ist, so dass vor Ausspruch der Kündigungen eine Massenentlassungsanzeige nach §§ 17, 18 KSchG vorgenommen hätte werden müssen.

2.

Der Antrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 2) ab dem 1. April 2006 fortbestanden hat, ist begründet. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach den obigen Erwägungen das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 1) im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

III.

Die Kosten des Rechtsstreites haben die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) je zu 50 % zu tragen, was dem Anteil ihres Unterliegens an dem Rechtsstreit entspricht. Hierbei wurde davon ausgegangen, dass für den klägerischen Antrag zu 1) und zu 2) jeweils drei Bruttomonatsentgelte zugrunde zu legen sind. Soweit der Kläger im Rahmen der Berufung nicht mehr festgestellt wissen wollte, dass ein Betriebsübergang schon zum 1. Januar 2006 stattgefunden hat, brauchten ihm hierfür nicht gesondert Kosten auferlegt werden, da die Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig war und nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat (§ 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO).

Die Revision für die Beklagten zu 1) und 2) war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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