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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 03.03.2004
Aktenzeichen: 17 Ta (Kost) 6138/03
Rechtsgebiete: BRAGO, GKG


Vorschriften:

BRAGO § 8
GKG § 19
Ein (echter) Hilfsantrag ist in gerichtlichen Verfahren, zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung nicht zu bewerten, wenn über ihn nicht entschieden oder er nicht durch Vergleich geregelt wurde.
Landesarbeitsgericht Berlin Beschluss

17 Ta (Kost) 6138/03

In Sachen

pp

in dem Streitwertfestsetzungsverfahren

nach dem Rechtsstreit

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 17. Kammer durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreßler als Vorsitzenden am 03. März 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. November 2003 - 39 Ca 15605/03 - wird auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert von 213,44 EUR zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat sich mit ihrer Klage gegen eine von der Beklagten zu 1) gerichteten Klage gegen eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt. Sie hat ferner im Wege von Hilfsanträgen das Bestehen eines Ar-beitsverhältnisses zu der Beklagten zu 2), die Verurteilung der Beklagten zu 2) zum Abschluss eines Arbeitsvertrages und zur tatsächlichen Beschäftigung sowie die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Zahlung eines Nachteilsausgleichs geltend gemacht. Der Rechtsstreit endete durch Klagerücknahme.

Das Arbeitsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes zum Zwecke der Berechnung der anwaltlichen Gebühren der Prozessbevollmächtigten der Klägerin durch Beschluss vom 24. November 2003 auf insgesamt 19.775,70 EUR festgesetzt, wobei es eine Bewertung des auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs gerichteten Hilfsantrages unterlassen hat.

Gegen diesen ihnen am 28. November 2003 zugestellten Beschluss richtet sich die am 11. Dezember 2003 eingelegte sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Sie sind der Auffassung, ein Hilfsantrag müsse zur Berechnung der anwaltlichen Gebühren bewertet werden, auch wenn über ihn eine Entscheidung oder eine vergleichsweise Regelung nicht getroffen worden sei.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat den Hilfsantrag auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs zu Recht nicht bewertet.

1.

Wird der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, in dem sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert der Angelegenheit richten, bestimmt sich der Gegenstandswert zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen gelten daher für die Streitwertfestsetzung neben den be-sonderen Bestimmungen des Arbeitsgerichtsgesetzes auch die Vorschrif-ten des Gerichtskostengesetzes (§ 1 Abs. 4 GKG). Dabei wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch, der nicht den gleichen Gegenstand wie der Hauptantrag betrifft, bei der Wertberechnung mit dem Hauptantrag nur zusammengerechnet, wenn über ihn eine gerichtliche Entscheidung ergeht oder die Parteien ihn in einem gerichtlichen Vergleich erledigen (§ 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 GKG). Fehlt eine derartige Entscheidung oder eine vergleichsweise Regelung des Hilfsantrags, bleibt dieser für die Berechnung der Gerichtsgebühren außer Betracht.

2.

Es ist in der Rechtsprechung und der Literatur allerdings umstritten, ob ein Hilfsantrag gleichwohl zur Berechnung der anwaltlichen Vergütung berücksichtigt werden kann, wenn über ihn - z .B. infolge einer Klagerücknahme - keine gerichtliche Entscheidung ergangen ist bzw. er keine vergleichsweise Regelung erfahren hat. Nach einer Auffassung stimmen in einem derartigen Fall gerichtliche und anwaltliche Tätigkeit nicht überein; die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren sei daher insoweit ohne Belang (LAG Köln, NZA-RR 2002, 437 f., GK-Wenzel, § 12, Rn. 88 m.w.N.). Die gegenteilige Auffassung lehnt demgegenüber eine Bewertung des Hilfsantrages nach § 8 Abs. 1 BRAGO, § 19Abs.1, 4 GKG ab (LAG Bremen, LAGE Nr. 18 zu § 19 GKG; Hessisches LAG, NZA 1999, 434 f.).

3.

Die Beschwerdekammer folgt der zuletzt genannten Auffassung. Die Verweisung des § 8 Abs. 1 GKG auf die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes ergibt, dass auch zur Berechung der anwaltlichen Vergütung für die Tätigkeit des Anwalts in gerichtlichen Verfahren (echte) Hilfsanträge unberücksichtigt bleiben, wenn über sie nicht entschieden worden ist oder sie nicht durch Vergleich erledigt wurden. Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, die Tätigkeit des Anwalts und des Gerichts be-zögen sich nicht auf den gleichen Gegenstand. Vielmehr bestand die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerade darin, den Nachteilsausgleich lediglich hilfsweise gerichtlich geltend zu machen. Der Hilfsantrag wurde als solcher Teil des gerichtlichen Verfahrens, für das der Rechtsanwalt entsprechend den für das gerichtliche Verfahren geltenden Wertvorschriften zu vergüten ist. Die gegenteilige Auffassung berücksichtigt nicht ausreichend, dass nicht jeder anwaltliche Arbeitsaufwand ohne weiteres zu vergüten ist. Solange daher die anwaltliche Vergütung für die Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren nach den gleichen Wertvorschriften wie die Gerichtsgebühren zu berechnen sind, kann ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch nur unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 und 4 GKG berücksichtigt werden; diese sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert bestimmt sich nach der Differenz zwischen einer Rechtsanwaltsgebühr nach dem festgesetzten und dem angestrebten Wert, wobei für den Nachteilsausgleichsanspruch 14.899,50 EUR (5,5 Monatsverdienste) angesetzt worden sind.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.



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