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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 18.03.2003
Aktenzeichen: 17 Ta 2210/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 124 Nr. 2
1. Der Beschluss, mit dem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO aufgehoben wird, ist der Partei und nicht dem Prozessbevollmächtigten zuzustellen.

2. Die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2, 2 Alt. ZPO stellt eine Sanktion für das völlige Ausbleiben einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO dar. Sie ist nicht zulässig, wenn die Partei die Erklärung verspätet einreicht.


Landesarbeitsgericht Berlin Beschluss

17 Ta 2210/02

In dem Beschwerdeverfahren

pp

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 17. Kammer durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dreßler als Vorsitzenden

am 18. März 2003

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. Januar 2002 - 56 Ca 34203/98 (56 Ca 34206/98) - aufgehoben.

Gründe:

I.

Der Kläger hat den Beklagten in den Rechtsstreiten Arbeitsgericht Berlin 56 Ca 203/98 und 56 Ca 206/98 auf Zahlung von Arbeitsentgelt und die Erteilung von Arbeitspapieren in Anspruch genommen. Das Arbeitsgericht hat ihm für diese Rechtsverfolgung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts bewilligt. Die Rechtsstreite wurden durch gerichtlich protokollierten Vergleich vom 16. April 1999 beendet.

Das Arbeitsgericht forderte den Kläger u.a. am 22. Mai und 5. September 2001 gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO auf, sich über eine Änderung seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären. Nachdem eine Antwort des Klägers ausgeblieben war, hob es die Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 23. Januar 2002 auf; der Beschluss wurde dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt.

Mit seinem am 10. November 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schreiben hat der Kläger sich gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gewandt. Er hat im Beschwerdeverfahren die geforderte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft. Sie wurde ferner rechtzeitig eingelegt, da die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) im Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerdeschrift noch nicht abgelaufen war.

Gemäß § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO beginnt die Beschwerdefrist bei nicht verkündeten Beschlüssen mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. Eine derartige Zustellung ist im vorliegenden Fall bislang nicht erfolgt. Zwar wurde der Beschluss vom 23. Januar 2002 dem ehemaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 28. Januar 2002 zugestellt. Diese Zustellung war jedoch unwirksam, weil der Beschluss dem Kläger hätte zugestellt werden müssen. Der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte den Kläger weder in dem Verfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO noch in dem Aufhebungsverfahren nach § 124 ZPO vertreten. Auch bezogen sich die ihm im Zusammenhang mit den Rechtsstreitigkeiten 56 Ca 34203/98 und 56 Ca 34206/98 erteilten Prozessvollmachten nicht auf diese Verfahren. Vielmehr war das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers erteilte Mandat mit der Erledigung der Rechtsstreitigkeiten durch den gerichtlichen Vergleich vom 16. April 1999 und die an diesem Tag erfolgte Bewilligung der Prozesskostenhilfe erledigt ( vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, Rechtspfleger 2002, 34 f.; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Auflage 2002, § 120 Rn. 28; a. A. wohl LAG Hamm JB 1998, 593 ). Die Verfahren nach § 120 Abs. 4 bzw. § 124 ZPO stellen demgegenüber eigene Angelegenheiten dar, die eine erneute Beauftragung des Prozessbevollmächtigten voraussetzen. Hiervon ist offenbar auch das Arbeitsgericht zunächst ausgegangen, weil es die Aufforderungen, sich über eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, an den Kläger und nicht an dessen ehemaligen Prozessbevollmächtigten gesandt hat. Es hätte daher auch den angefochtenen Aufhebungsbeschluss an den Kläger zustellen müssen.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Der Beschluss vom 23. Januar 2002 ist aufzuheben, weil der Kläger nunmehr die geforderte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hat und daher ein Fall des § 124 Nr. 2 ZPO nicht mehr vorliegt. Dem steht nicht entgegen, dass die Erklärung erst in der Beschwerdeinstanz erfolgt ist. Die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO stellt eine Sanktion für das völlige Ausbleiben der nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO abzugebenden Erklärung dar. Demgegenüber ist die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht bereits aufzuheben, wenn die Erklärung verspätet - und sei es gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO in der Beschwerdeinstanz - erfolgt ( vgl. hierzu Zöller/Philippi, a.a.O., § 124 Rn. 10 a m.w.N. ).

3. Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

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