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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin
Urteil verkündet am 08.10.2004
Aktenzeichen: 2 Sa 1340/04
Rechtsgebiete: VTV-Bau


Vorschriften:

VTV-Bau § 1 Abs. 2
Eine baugewerbliche Tätigkeit i.S. § 1 Abs. 2 VTV-Bau wird auch dann ausgeübt, wenn der Eigentümer mehrerer größerer Miethäuser mit angemeldeten Gewerbe-betrieben nur diese saniert und instand setzt, ohne daneben auf dem freien Markt baugewerbliche Leistungen anzubieten oder zu erbringen.
Landesarbeitsgericht Berlin Im Namen des Volkes Urteil

2 Sa 1340/04

Verkündet am 08.10.2004

In Sachen

hat das Landesarbeitsgericht Berlin, 2. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 08.10.2004 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Prof. Dr. Germelmann als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Otto und Dimmey

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. April 2004 - 98 Ca 63502/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist die tariflich bestimmte Einzugsstelle der Sozialkassen des Baugewerbes. Der Beklagte ist Eigentümer von mindestens fünf Häusern mit jeweils mehreren Mietwohnungen. Ferner hat er für mehrere Betriebe ein Gewerbe angemeldet, so beispielsweise am 20. Juli 1997 (BKN 32629306), ferner am 22. Dezember 1998 (Bl. 101 d.A.), wobei als Tätigkeit angemeldet worden ist, das "Verarbeiten von genormten Bauteilen". Weiterhin hat der Beklagte am 17. April 2002 einen Betrieb zur Gewerbeausübung angemeldet (BKN 32629208). Mit den zum 01. Januar 1999 und am 17. April 2002 angemeldeten Betrieben hat der Beklagte in den in seinem Eigentum stehenden Mietshäusern Arbeiten durchführen lassen. Die in diesen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmer haben arbeitszeitlich überwiegend die Montage von Baufertigteilen, Maurerarbeiten und Putzarbeiten durchgeführt.

In dem vorliegenden Verfahren hat der Kläger tarifliche Ansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht.

Von der weiteren Darstellung des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 49 bis 50 d.A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Durch Urteil vom 27. April 2004 hat das Arbeitsgericht unter Klageabweisung im Übrigen den Beklagten verurteilt, an den Kläger 57.566,90 EUR zu zahlen.

Gegen dieses ihm am 24. Mai 2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 23. Juni 2004 Berufung eingelegt, die er 23. Juli 2004 begründet hat.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass er keine gewerbliche Tätigkeit im Sinne der tariflichen Vorschriften ausgeübt habe. Die von ihm geführten Betriebe seien zu keinem Zeitpunkt am Markt aufgetreten. Die Tätigkeit dieser Betriebe hätte allein der Erhaltung und Sanierung der eigenen Objekte gedient. Zweck sei die Alterssicherung für ihn gewesen. Die Bausubstanz sei gesichert worden. Die Bau- und Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen hätte die Tätigkeit der Betriebe als "nicht gewerbsmäßig" eingestuft. Eine Pflicht zur Umsatzsteueranmeldung bestehe nicht.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. April 2004 - 98 Ca 63502/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er behauptet: Die Berechnung der Entgeltbeträge beruhe auf eigenen Meldungen des Beklagten. Nach den eigenen Angaben des Beklagten habe er schon im Jahre 2000 bis zu zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Mit Anmeldung vom 07. Januar 2002 sei der Betrieb mit der Nummer BKN 32629306 erweitert worden. Der Beklagte verfüge über mindestens fünf große Miethäuser mit jeweils mindestens acht Wohnungen. Die Erklärung der Berufsgenossenschaft B. und S. sei nicht von Bedeutung, sie beträfe einen anderen Betrieb.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 23. Juli 2004 und 26. August 2004 sowie 04. Oktober 2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthafte Berufung ist gemäß § 66 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung hatte keinen Erfolg.

II.

Die Arbeitnehmer in den Betrieben des Beklagten, die zum 01. Januar 1999 und im Jahre 2002 angemeldet worden sind, haben arbeitszeitlich überwiegend bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV-Bau erbracht. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Arbeitnehmer die Montage von genormten Baufertigteilen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffer 13, 37 VTV-Bau sowie Maurerarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffer 23 VTV-Bau sowie Putzarbeiten im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffer 34 VTV-Bau erbracht haben. Bei den Betrieben des Beklagten handelt es sich auch um Betriebe des Baugewerbes im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 VTV.

Der Gewerbebegriff im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 VTV-Bau umfasst alle selbständigen Tätigkeiten, die auf nachhaltige Gewinnerzielung gerichtet sind und fortgesetzt ausgeübt werden (BAG vom 11.03.1998 - 10 AZR 220/97). Ob hierbei ein Gewinn tatsächlich erzielt wird, ist unerheblich. Unter den betrieblichen Geltungsbereich der genannten Vorschrift fallen danach Betriebe, also organisatorische Einheiten, innerhalb derer der Unternehmer allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (BAG vom 26.04.1989 - 4 AZR 17/89 - m.w.N.).

Mit dem zum 01. Januar 1999 gegründeten Betrieb hat der Beklagte baugewerbliche Tätigkeiten in mehreren Mietshäusern, die in seinem Eigentum standen, durchgeführt. Die Tätigkeit der Arbeitnehmer, die bauliche Leistungen erbracht haben, stellt sich dabei als Annex zur Bewirtschaftung der jeweiligen Mietshäuser dar. Durch die Bautätigkeit sollten die Häuser saniert werden, die Häuser dienten auch der Erzielung von Mieteinkünften. Mit der Sanierung und baulichen Veränderung der Häuser wurde der jeweilige Mietwert gesteigert. Dies bedeutet aber, dass letztlich mit Hilfe der Steigerung des Mietwertes eine Gewinnerzielung angestrebt war.

Allerdings kann eine gewerbsmäßige Betätigung unter anderem dann fehlen, wenn lediglich die Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens im Vordergrund steht. Diese Voraussetzung ist aber dann nicht mehr gegeben, wenn die Verwaltung bzw. Vermietung eines Bauwerkes eine besonders umfangreiche berufsmäßige Tätigkeit erfordert (BAG vom 11.03.1998 - 10 AZR 220/97). Dies ist bei dem Beklagten der Fall. In seinem Eigentum standen mindestens fünf Miethäuser mit jeweils mindestens acht Mietwohnungen. Die Verwaltung und Nutzung dieser Mieteinheiten erforderte schon eine berufsmäßige Tätigkeit.

Für die Gewerbsmäßigkeit der von dem Beklagten ausgeübten Tätigkeit spricht ferner, dass er mehrere Betriebe geführt hat, die sich mit Arbeiten befassten, die der baulichen Sanierung der in seinem Eigentum stehenden Miethäuser dienten. Mit Hilfe dieser verschiedenen Betriebe hat der Beklagte zumindest über einen Zeitraum von vier Jahren hinweg fünf größere Mietshäuser saniert und instand gesetzt, um sie zur Erzielung laufender Einnahmen zu vermieten. Die Miethäuser dienten nicht eigenen Wohnzwecken. Die Tätigkeit des Beklagten hat sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpft. Dass er möglicherweise beabsichtigt hat, die Miethäuser letztlich als Vermögenswerte zu erhalten, um mit ihnen eine Altersvorsorge zu schaffen, steht dem nicht entgegen. Diese, in der Zukunft liegende Zielsetzung des gewerblichen Handelns des Beklagten schließt die vorgenommene Bewertung der gegenwärtigen Tätigkeit nicht aus. Handelt es sich jedoch bei der Tätigkeit des Beklagten um eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 VTV-Bau, konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

III.

Die Berufung des Beklagten war daher in vollem Umfange zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, es ist nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG erfüllt sind, die Entscheidung folgt der Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 1 VTV-Bau, die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorgezeichnet war.



Ende der Entscheidung

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